KG, Beschluss vom 09.12.2014 - 1 W 269/14
Fundstelle
openJur 2015, 1014
  • Rkr:

Ein den Antrag des Testamentsvollstreckers auf Erteilung eines Zeugnisses über den Fortbestand der Testamentsvollstreckung zurückweisender rechtskräftiger Beschluss des Nachlassgerichts kann geeignet sein, gegenüber dem Grundbuchamt die Beendigung der Testamentsvollstreckung nachzuweisen.

Tenor

Die Beschwerde wird bei einem Wert von 5.000,00 EUR mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beseitigung des Eintragungshindernisses auch durch Vorlage der beglaubigten Abschrift des mit einem Rechtskraftvermerk versehenen Beschlusses des Amtsgerichts Schöneberg vom 23. August 2011 - 67/63 VI 587/80 - nachgewiesen werden kann. Insoweit wird eine weitere Frist von einem Monat gesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 wurden am 10. Juni 1982 auf Grund der Auflassung vom 12. Mai 1982 - UR-Nr. 1... /1... des Notars P... K... in Berlin „nach Maßgabe des Erbscheins vom 27.11.1981“ des Amtsgerichts Schöneberg - 63 VI 651/81 - in Erbengemeinschaft im Grundbuch von Tempelhof Blatt 1... eingetragen. Zugleich wurde in Abt. II lfd. Nr. 7 vermerkt, dass Testamentsvollstreckung angeordnet sei. Testamentsvollstrecker war der Beteiligte zu 1, dem das Amtsgericht Schöneberg am 21. Oktober 1980 zu 63 VI 587/80 ein Testamentsvollstreckerzeugnis ohne weitere Zusätze erteilt hatte.

Nach Aufteilung des Grundstücks gemäß § 8 WEG wurden u.a. die im Beschlusseingang näher bezeichneten Grundbücher angelegt, in denen die Beteiligten in Erbengemeinschaft als Eigentümer sowie in Abt. II lfd. Nr. 2 der Testamentsvollstreckervermerk eingetragen sind.

Am 26. November 2013 schlossen die Beteiligten zur UR-Nr. 6... /2... des Notars Dr. A... N... in Berlin einen Erbauseinandersetzungsvertrag und ließen u.a. die hiesigen Wohnungseigentumsrechte auf den Beteiligten zu 1 auf. Die Beteiligten gingen dabei davon aus, dass die Testamentsvollstreckung durch Zeitablauf beendet sei.

Am 25. März 2014 hat Notar Dr. N... u.a. beantragt, die Testamentsvollstreckervermerke in den Grundbüchern zu löschen und das Eigentum auf den Beteiligten zu 1 umzuschreiben. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 4. April 2014 u.a. den Nachweis der Beendigung der Testamentsvollstreckung in öffentlicher Urkunde durch Vorlage eines Erbscheins ohne Hinweis auf eine Testamentsvollstreckung oder die Genehmigung des Testamentsvollstreckers unter Beifügung des Testamentsvollstreckerzeugnisses erfordert. Hieran hat das Grundbuchamt mit weiterer Zwischenverfügung vom 25. April 2014 festgehalten. Dagegen richtet sich die im Namen der Beteiligten zu 1 und 2 erhobene Beschwerde vom 19. Mai 2014 mit dem Einwand, es sei Dauervollstreckung angeordnet gewesen, die nach Ablauf von 30 Jahren beendet sei. Aus diesem Grund habe das Amtsgericht Schöneberg mit Beschluss vom 23. August 2011 die Erteilung eines Zeugnisses über den Fortbestand der Testamentsvollstreckung zurückgewiesen.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Juni 2014 nicht abgeholfen.

II.

1. Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde hat in der Sache nur insoweit Erfolg, dass die angefochtene Zwischenverfügung um ein weiteres, von dem Grundbuchamt bisher nicht aufgezeigtes Beseitigungsmittel zu ergänzen ist.

a) Die Löschung eines Testamentsvollstreckervermerks erfolgt auf Antrag, § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs insoweit nachgewiesen ist, § 22 Abs. 1 GBO. Da der Testamentsvollstrecker auf die Eintragung des Vermerks nicht verzichten kann (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 52, Rdn. 15), kommt eine Löschung auf Grund dessen Bewilligung, § 19 GBO, nicht in Betracht (Schaub, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 52, Rdn. 96; Weidlich, MittBayNot 2007, 513). Die in der UR-Nr. 6... /2... auch enthaltene Löschungsbewilligung geht insoweit ins Leere.

Nach allgemeiner und vom Senat in ständiger Rechtsprechung geteilter Ansicht sind an die Führung des Unrichtigkeitsnachweises strenge Anforderungen zu stellen; ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit reicht nicht. Der Antragsteller muss sämtliche Umstände nachweisen, welche die Grundbuchunrichtigkeit begründen, und zudem lückenlos alle nicht ganz entfernt liegenden Möglichkeiten ausräumen, die der Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung entgegenstehen können (Senat, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 1 W 557/03 - KG-Report 2004, 544). Der Nachweis ist in der Form des § 29 GBO zu führen (Senat, Beschluss vom 9. August 2012 - 1 W 113/11 - BeckRS 2012, 18405; Weidlich, a.a.O.). Daran fehlt es vorliegend.

aa) Eine Einigung zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben über die Beendigung des Amts ist rechtlich grundsätzlich ohne Bedeutung (Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl., § 2225, Rdn. 4; Schaub, a.a.O., § 52, Rdn. 101). Die entsprechenden Erklärungen der Beteiligten zur UR-Nr. 6... /2... des Notars Dr. A... N... vom 26. November 2013 sind deshalb zur Löschung des Testamentsvollstreckervermerks ebenfalls nicht geeignet.

bb) Allerdings wird eine von dem Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung unwirksam, wenn seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen sind, § 2210 S. 1 BGB, was vorliegend der Fall ist. Dann muss es sich aber um eine - vom Regeltyp der Abwicklungsvollstreckung abweichende - Dauervollstreckung nach § 2209 BGB handeln. Ob der Erblasser hier eine solche Anordnung getroffen hat, haben die Beteiligten bislang lediglich behauptet, in der erforderlichen Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO jedoch nicht nachgewiesen.

In den Akten befindet sich die beglaubigte Kopie der ersten Ausfertigung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 21. Oktober 1980. Daraus ergibt sich keine Anordnung einer Dauervollstreckung. Enthält ein Zeugnis aber insoweit keine Angaben, so kommt damit zum Ausdruck, dass dem Testamentsvollstrecker die Befugnisse nach §§ 2203 bis 2206 BGB zustehen, also die nach dem gesetzlichen Regeltyp mit seinem Amt verbundenen Befugnisse, aber auch nur diese, also nicht die eines Verwaltungs- oder Dauertestamentsvollstreckers im Sinne des § 2209 BGB (Senat, Beschluss vom 7. März 1991 - 1 W 3124/88 - OLGZ 1991, 261, 267; J. Mayer, Münchener Kommentar, BGB 6. Aufl., § 2368, Rdnr. 35; Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2368, Rdnr. 3; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 3464).

b) Vor diesem Hintergrund war der Erlass einer Zwischenverfügung dem Grunde nach nicht zu beanstanden.

Allerdings hat das Grundbuchamt nicht sämtliche zur Beseitigung des Eintragungshindernisses geeigneten Mittel bezeichnet. Bestehen mehrere Möglichkeiten, sind alle aufzuzeigen (Demharter, a.a.O., § 18, Rdn. 31; Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 451). Wird dies von dem Grundbuchamt unterlassen, kann die Zwischenverfügung durch das Beschwerdegericht ergänzt werden (BayObLG, NJW-RR 1990, 906, 907; Demharter, a.a.O.). So ist es hier. Die Beseitigung des Eintragungshindernisses kann - neben dem von dem Grundbuchamt bereits erwähnten Erbschein ohne Hinweis auf eine Testamentsvollstreckung (vgl. hierzu Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 3473 Fußnote 27) - auch durch den Nachweis des Eintritts der Rechtskraft, vgl. § 46 FamFG, des Beschlusses des Amtsgerichts Schöneberg - Nachlassgericht - vom 23. August 2011 in der Form des § 29 Abs. 1 S. 2 GBO erbracht werden.

Im Grundbuchverfahren kommt dem Testamentsvollstreckerzeugnis wie dem Erbschein volle Beweiskraft zu, § 35 Abs. 1 und 2 GBO (Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 3464; Demharter, a.a.O., § 35, Rdn. 62). Jedoch wird das Zeugnis mit der Beendigung des Amts kraftlos, § 2368 Abs. 3 HS 2 BGB. Dies kann auch im Verfahren vor dem Grundbuchamt nicht unberücksichtigt bleiben (OLG München, ZEV 2006, 173, 174). Allerdings muss die Beendigung der Testamentsvollstreckung zur vollen Überzeugung des Grundbuchamts feststehen (Schöner/Stöber, a.a.O., Rdn. 3464). Im Hinblick auf die Regelungen in §§ 35 Abs. 2, 29 Abs. 1 S. 2 GBO bedarf es hierzu des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

Eine solche Urkunde kann der Beschluss des Nachlassgerichts vom 23. August 2011 sein. Damit ist der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Zeugnisses über den Fortbestand der Testamentsvollstreckung zurückgewiesen worden, weil die Testamentsvollstreckung wegen Zeitablaufs beendet sei. Das Testamentsvollstreckerzeugnis vom 21. Oktober 1980 weise in unzutreffender Weise den Umstand der Dauervollstreckung nicht aus. Eine Auseinandersetzungsvollstreckung im Anschluss an die Dauervollstreckung habe der Erblasser nicht angeordnet.

Aus der funktionellen Zuständigkeitsverteilung zwischen Grundbuchamt und Nachlassgericht folgt, dass letzterem die vorrangige Kompetenz in der Beurteilung zukommt, ob eine Testamentsvollstreckung angeordnet worden ist und ob sie noch besteht (vgl. Zimmermann, ZEV 2006, 174, 175; Demharter, a.a.O., § 35, Rdn. 46). Die Beendigung der Testamentsvollstreckung kann deshalb durch den Beschluss des Nachlassgerichts nachgewiesen werden. Der hiesige Sachverhalt unterscheidet sich von den Fällen, in denen eine Befristung der Testamentsvollstreckung von dem Erblasser angeordnet, diese aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis aber nicht ersichtlich ist. Wegen des Vorrangs der nachlassgerichtlichen Entscheidung kann ein Testamentsvollstreckervermerk dann nicht gelöscht werden (vgl. Demharter, a.a.O., § 52, Rdn. 31). Hier ist es jedoch anders, weil mit dem Beschluss vom 23. August 2011 eine Entscheidung des Nachlassgerichts vorliegt, die den Fortbestand der Testamentsvollstreckung zum Gegenstand hatte. Letztlich gilt insoweit nichts anderes, als wenn das Nachlassgericht die Beendigung der Testamentsvollstreckung auf dem Testamentsvollstreckerzeugnis vermerkt hätte, was als Nachweis zur Löschung des Vermerks im Grundbuch in jedem Fall ausreichend gewesen wäre (Demharter, a.a.O.).

Der Beschluss des Nachlassgerichts kann im Grundbuchverfahren jedoch erst dann verwendet werden, wenn er in öffentlicher Form zur Akte gereicht wird, § 29 Abs. 1 S. 2 GBO, und nachgewiesen worden ist, dass er in Rechtskraft erwachsen ist, was durch ein entsprechendes Zeugnis belegt werden kann, § 46 FamFG. Mit dem Rechtskraftzeugnis wird ausgeschlossen, dass es eine andere Interpretation der testamentarischen Anordnungen durch das für Nachlasssachen zuständige Beschwerdegericht gibt.

2. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 61, 31 Abs. 3 GNotKG.