LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.07.2014 - L 3 KA 33/12
Fundstelle
openJur 2015, 324
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. März 2012 und der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2010 aufgehoben.

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2. - 7., die diese selbst tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten.

Die Klägerin ist eine aus ursprünglich drei Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Sie betreibt ein Dialysezentrum in J. mit der Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von (anfangs) bis zu 150 Dialysepatienten.

Der Beigeladene zu 1. war eines der fachärztlichen Mitglieder der BAG. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 beantragte er zeitgleich beim Zulassungsausschuss und bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes innerhalb von J. unter Mitnahme seines anteiligen Auftrags zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Die Beklagte stellte daraufhin das erforderliche Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen her und erteilte dem Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1. April 2010 für seine neugegründete Einzelpraxis in J. eine zusätzliche Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten (im Folgenden: Dialysegenehmigung) nach den §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw Ersatzkassenvertrag-Ärzte (BMV-Ä/EKV). Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene habe bisher 37 der knapp über 100 Dialysepatienten der Klägerin betreut. Dadurch sei ein besonderes Vertrauensverhältnis entstanden, sodass für eine kontinuierliche und wohnortnahe Versorgung dieser Patienten aus Sicherstellungsgründen eine zusätzliche Facharztpraxis in J. erforderlich sei (Bescheid vom 11. März 2010). Den von der Klägerin am 15. März 2010 hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück, weil der Klägerin gegenüber der erteilten Dialysegenehmigung keine Anfechtungsberechtigung zustehe (Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010).

Die Klägerin hat am 19. Juli 2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und dort geltend gemacht, dass die zum 1. Juli 2009 geänderten bundesmantelvertraglichen Vorgaben für die Erteilung eines Versorgungsauftrags zur Behandlung dialysepflichtiger Patienten Drittschutz vermittelten. Insoweit bestehe - entgegen der Auffassung der Beklagten - eine Anfechtungsberechtigung. Im Übrigen sei die erteilte Dialysegenehmigung rechtswidrig, weil sie zur Sicherstellung einer wohnortnahen Dialyseversorgung nicht erforderlich sei. Insbesondere könne die Erteilung der Genehmigung nicht pauschal mit dem „besonderen Vertrauensverhältnis“ begründet werden, das zwischen Dialysearzt und Patient regelmäßig bestehen soll.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. März 2012 abgewiesen. Die Klägerin sei nicht berechtigt, die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Dialysegenehmigung anzufechten. Durch die Genehmigung sei vorliegend weder die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet noch in irgendeiner Form erweitert worden. Es handele sich bei der Genehmigung auch nicht um eine statusrelevante Entscheidung, weil sie nicht mit einer Zulassung, einer Ermächtigung oder einer Sonderbedarfszulassung vergleichbar sei. Die Kammer sehe auch keine Veranlassung, einen Schutz vor Konkurrenz in den Fällen zu ermöglichen, in denen - wie hier - lediglich eine Genehmigung zur Erbringung spezieller Leistungen streitbefangen sei.

Gegen dieses Urteil (zugestellt am 28. März 2012) wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung vom 12. April 2012 und stützt sich dabei ergänzend auf die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach bei der Erteilung einer Dialysegenehmigung eine Anfechtungsberechtigung zugunsten der Vertragsärzte bestehe, die in die dafür erforderliche Bedarfsprüfung mit einzubeziehen seien. Zudem habe die Beklagte die angefochtene Genehmigung willkürlich erteilt, sodass in jedem Fall eine Anfechtungsberechtigung bestehe. Schließlich beruhe der erst im Laufe des Berufungsverfahrens von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. erhobene Vorwurf - die verbliebenen fachärztlichen Mitglieder der BAG seien in mehrfacher Hinsicht unzuverlässig (wegen Verstoßes gegen Qualitätsvorgaben, Alkoholproblemen, sexueller Belästigung von Mitarbeiterinnen, Abrechnungs- und Rezeptbetrugs etc) - auf unwahren bzw verkürzten Darlegungen und sei außerdem nicht entscheidungsrelevant.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. März 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2010 aufzuheben,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise: den bereits schriftlich gestellten Beweisanträgen nachzukommen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und geht weiterhin davon aus, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Dialysegenehmigung anzufechten. Die Klägerin habe den ihr als Dialysepraxis zu gewährenden Konkurrentenschutz verwirkt, weil die „Flucht“ der Patienten aus der Praxis nicht auf einen wettbewerblich bedingten Verdrängungseffekt, sondern auf die in mehrfacher Hinsicht bestehende Unzuverlässigkeit der dort verbliebenen fachärztlichen Mitglieder zurückzuführen sei. Insbesondere wegen des hohen Alkoholkonsums der in der Praxis noch tätigen Ärzte (für den die Beklagte schriftlich Beweis durch die Einvernahme von Zeugen anbietet) sei die wohnortnahe Dialyseversorgung der Patienten gefährdet gewesen. Um dieser Gefährdung präventiv entgegenzuwirken, habe der Beigeladene zu 1. eine Dialysegenehmigung erhalten.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist ebenfalls der Auffassung, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, die ihm erteilte Dialysegenehmigung anzufechten. Dies ergebe sich daraus, dass der Versorgungsauftrag der Klägerin (Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 150 Dialysepatienten) zunächst nicht reduziert worden sei und er zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung - anders als in den Sachverhalten, die der neueren Rechtsprechung des BSG zur Anfechtungsberechtigung bei Dialysegenehmigungen zugrunde gelegen hätten - bereits über eine vertragsärztliche Zulassung verfügt habe. Im Übrigen gehe die Beklagte zu Recht davon aus, dass die fachärztlichen Mitglieder der Klägerin in mehrfacher Hinsicht unzuverlässig seien und durch sie eine Dialyseversorgung in Peine nicht sichergestellt werden könne.

Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Die Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet. Das SG hat ihre Klage zu Unrecht abgewiesen.

1. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin ist zu einer (Dritt-)Anfechtung der dem Beigeladenen zu 1. erteilten Dialysegenehmigung berechtigt (dazu 2.). Ferner ist die Entscheidung der Beklagten, dem Beigeladenen zu 1. eine Dialysegenehmigung zu erteilen, rechtswidrig. Die für die Erteilung einer solchen Genehmigung in den §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV normierten Voraussetzungen liegen nicht vor (dazu 3.).

2. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. ist die Klägerin gegenüber der angefochten Dialysegenehmigung (dritt-)anfechtungsberechtigt.

Nach der mittlerweile stRspr des BSG hat die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten zweistufig zu erfolgen (vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 10 Rn 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 4 Rn 22 ff; zuletzt BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 Rn 18 und Nr 31 Rn 27). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt (hier: die BAG) berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung etc) anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

Unter welchen Voraussetzungen zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen angefochten werden können (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG bereits im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17. August 2004 (vgl hierzu BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) dargelegt (vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen zunächst (a) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin (b) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner (c) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird.

a) Die erste Voraussetzung für die (Dritt-)Anfechtungsberechtigung der Klägerin - wonach der Anfechtende und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen müssen - ist vorliegend gegeben.

Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat (hierzu zuletzt BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 Rn 29). Maßgeblich kommt es dabei darauf an, ob sich der Patientenkreis des Anfechtenden mit dem Patientenkreis desjenigen, dessen Berechtigung angegriffen wird, in relevantem Umfang tatsächlich überschneidet (vgl hierzu BSG aaO). Dass zwischen der Praxis der Klägerin und der des Beigeladenen zu 1. ein solches Überschneidungsverhältnis besteht, liegt angesichts dessen, dass die beiden Praxen in derselben Stadt liegen und die miteinander konkurrierenden Ärzte in einem eng umgrenzten Fachgebiet (hier: der kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten) tätig sind, auf der Hand (vgl hierzu und zu den reduzierten Feststellungsanforderungen bei einer solchen Konstellation BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 mwN).

b) Die (Dritt-)Anfechtungsberechtigung der Klägerin scheitert auch nicht daran, dass die angefochtene Dialysegenehmigung keinen eigenen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt.

Zwar trifft es zu, dass vertragsärztliche Abrechnungsgenehmigungen nicht von Konkurrenten angefochten werden können, weil sie nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht aber diesen Kern selbst und den ihm zugrundeliegenden Basis-Status betreffen. In dem dazu höchstrichterlich entschiedenen Fall hat die noch nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren vom 16. Juni 1997 erteilte Dialysegenehmigung dem Arzt auch nur einen zusätzlichen Leistungsbereich eröffnet. Dies hat sich daraus ergeben, dass nach den damals gültigen Vorgaben die Erteilung einer Dialysegenehmigung allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten gewesen ist (vgl hierzu BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 10).

Für die Erteilung einer Dialysegenehmigung nach neuem Recht hat das BSG allerdings die (Dritt-)Anfechtungsberechtigung einer bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31). Zur Begründung ist dabei vor allem darauf abgestellt worden, dass die nach § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV durchzuführende besondere Bedarfsprüfung (in Hinblick auf die Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur) auch dem Schutz der bereits in dem betroffenen Versorgungsbereich tätigen Leistungserbringer dient und daher ebenfalls Drittschutz für diejenigen vermittelt, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen sind.

Eine damit vergleichbare Konstellation ist bei der hier maßgeblichen Erteilung einer Dialysegenehmigung nach den §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV gegeben. Danach ist eine Genehmigung zwar unabhängig davon zu erteilen, ob eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur (weiterhin) gewährleistet ist; stattdessen müssen aber „Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern.“ Das soll der Fall sein, „wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss.“ Deutlich wird damit bereits am Wortlaut der Anlage zu den Bundesmantelverträgen, dass bei dieser Form der Dialysegenehmigung der Sicherstellungsaspekt im Vordergrund steht. Maßgeblich für die Erteilung einer solchen Genehmigung ist demnach, dass unter Berücksichtigung der vor Ort erforderlichen Dialyseformen und -verfahren keine ausreichende wohnortnahe Versorgung der Versicherten besteht. Dies erfordert regelmäßig die Feststellung eines Versorgungsdefizits durch eine Bedarfsermittlung im zu versorgenden Bereich. Insoweit dient die Regelung ebenfalls dem (Dritt-)Schutz der bereits in dem Wohnort tätigen Leistungserbringer, und zwar in dem Umfang der von ihnen vor Ort angebotenen Dialyseleistungen.

c) Als Genehmigungsinhaberin kommt der Klägerin schließlich auch ein Vorrang gegenüber dem Beigeladenen zu 1. zu. Das ist immer dann anzunehmen, wenn - wie hier - einem Konkurrenten aufgrund einer (lokalen) Versorgungslücke der Zugang zu einem Teilbereich der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet wird, die nicht von den bereits zugelassenen Leistungserbringern abgedeckt wird.

d) Vor diesem Hintergrund ist die Klägerin dem Grunde nach berechtigt, die dem Beigeladenen zu 1. hier zusätzlich erteilte Dialysegenehmigung anzufechten. Anhaltspunkte dafür, dass diese (Dritt-)Anfechtungsberechtigung verwirkt sein könnte, sind nicht ersichtlich.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs <BGB>) sowie als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung auf das vorangestellt dargelegte Anfechtungsrecht der Klägerin überhaupt anwendbar ist. Denn die Voraussetzungen einer solchen Verwirkung liegen hier erkennbar nicht vor. Hierfür wäre neben einem Umstandsmoment (welches die Beklagte wegen unterstellter Unzuverlässigkeit der ärztlichen Mitglieder der Klägerin als erfüllt ansieht) auch ein sogenanntes Zeitmoment erforderlich (vgl im Einzelnen zu den Anforderungen einer Verwirkung BSG SozR 2200 § 1399 Nr 11); dh, die Klägerin müsste über einen längeren Zeitraum das ihr an sich zustehende Anfechtungsrecht nicht geltend gemacht haben. Tatsächlich hat sie aber bereits wenige Tage nach der Erteilung der zusätzlichen Dialysegenehmigung zugunsten des Beigeladenen zu 1. Widerspruch eingelegt und - nachdem die Beklagte die sofortige Vollziehung der Genehmigung angeordnet hatte - unverzüglich beim Sozialgericht die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs beantragt. Entsprechend ist für die Annahme einer Verwirkung der (Dritt-)Anfechtungsberechtigung kein Raum.

3. Ferner ist die hier angefochtene Entscheidung der Beklagten, dem Beigeladenen zu 1. eine zusätzliche Dialysegenehmigung zu erteilen, rechtswidrig. Die dafür in den §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV normierten Voraussetzungen liegen nicht vor.

a) Nach dem Wortlaut der Anlage zu den Bundesmantelverträgen kann eine Dialysegenehmigung grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden. Hierzu zählen neben der ärztlichen Fachkunde regelmäßig auch betriebsstättenbezogene Anforderungen, ua in Form einer kontinuierlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur für die angestrebte Dialysepraxis (vgl hierzu § 4 Abs 1 S 2 Nr 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV). Hiervon kann ausnahmsweise abgesehen werden, „wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Dies ist der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss“ (§ 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV).

Erkennbarer Sinn und Zweck dieser Ausnahmeregelung ist es, aus Sicherstellungsgründen einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit in der Dialysebehandlung entgegenwirken zu können, das auch nicht unter Berücksichtigung der Versorgungsstrukturen in benachbarten Planungsbereichen abgedeckt werden kann (§ 6 Abs 4 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV). Dabei ist maßgeblich auf den insoweit in § 3 Abs 1 S 3 dritter Spiegelstrich der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV legaldefinierten Versorgungsauftrag bei der Behandlung chronisch niereninsuffizienter Patienten (Dialyseformen: Zentrumsdialyse, Heimdialyse, zentralisierte Heimdialyse; Dialyseverfahren: Peritonealdialyse, Hämodialyse einschließlich Hämofiltration und Hämodiafiltration) abzustellen.

b) Allerdings verfügen die KÄVen bei der Konkretisierung und Anwendung der Tatbestandsmerkmale - "Gründe der Sicherstellung" in Form einer "wohnortnahe<n> Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren“ - über einen Beurteilungsspielraum. Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG zu der strukturell vergleichbaren Feststellung eines besonderen lokalen Versorgungsbedarfs auf der Grundlage von § 101 Abs 1 S 1 Nr 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)  iVm den §§ 36 ff der aktuellen Bedarfsplanungsrichtlinie (BedarfsplRL) oder eines qualitativ-speziellen Sicherstellungsbedarfs iSv § 116 S 2 SGB V.

Zurückzuführen ist dies darauf, dass die Beantwortung der Frage - ob im ambulanten Bereich ein Versorgungsdefizit besteht - von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist. Hierunter fallen ua das Leistungsangebot der Ärzte, die konkrete Bevölkerungsverteilung, die Mobilität vor Ort sowie Art und Umfang der vorhandenen Verkehrsverbindungen. Insoweit können selbst die Zulassungsgremien nur ungefähr entscheiden, ob die bereits niedergelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob Bedarf für die weitere Zulassung eine spezialisierten Arztes besteht. Dies rechtfertigt es, den "ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen" einen Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (vgl hierzu ua BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 7, Rn 15: "durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt"). Diese Grundsätze für die Überprüfung eines geltend gemachten Versorgungsbedarfs hat das BSG bereits im Zusammenhang mit § 24 Buchst a BedarfsplRL aufgegriffen (mittlerweile durch § 36 BedarfplRL ersetzt) und auf das dort verwandte Tatbestandsmerkmal "lokaler Sonderbedarf" übertragen (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5). Auch insoweit wird den Zulassungsgremien höchstrichterlich ein (weiter) Beurteilungsspielraum zuerkannt, nämlich bei der Frage, "welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist". Dabei ist zu entscheiden, "ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll" (vgl hierzu BSG aaO Rn 26).

Nichts anderes kann bei einer (aus Sicherstellungsgründen) zu erteilenden Dialysegenehmigung nach den §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV gelten. Hier ist zu beurteilen, ob für eine „wohnortnahe Versorgung“ der Versicherten eine zusätzliche Dialysepraxis erforderlich ist - und zwar unter Berücksichtigung der in § 3 Abs 1 S 3 dritter Spiegelstrich der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV legaldefinierten Dialyseformen und -verfahren. Die Beantwortung dieser Frage hängt insbesondere von den vor Ort bereits bestehenden Behandlungsstrukturen ab (Umfang des regionalen Versorgungsbedarfs, konkrete Verkehrsanbindung der bereits bestehenden Dialysepraxen etc). Eine Beurteilung über die speziellen Strukturen am Ort der beabsichtigten Niederlassung eines weiteren Dialysearztes können in sachgerechter Weise aber nur die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien (hier: die KÄVen) vornehmen. Dementsprechend ist den Körperschaften für die Merkmale "Gründe der Sicherstellung " in Form einer "wohnortnahe<n> Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren“ auch ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen.

c) Den Beurteilungsspielraum, der nach diesen Grundsätzen den KÄVen bei der Entscheidung darüber, ob in einer bestimmten Region aus Sicherstellungsgründen die Erteilung einer (zusätzlichen) Dialysegenehmigung erforderlich ist, hat die Beklagte aber nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Insbesondere die Subsumtion der Beklagten unter die hier maßgeblich auf die Sicherstellung einer wohnortnahen Dialyseversorgung gerichteten Tatbestandsmerkmale kann keinen Bestand haben.

aa) Einerseits hält die Beklagte die Erteilung einer zusätzlichen Dialysegenehmigung aus Sicherstellungsgründen für erforderlich, weil Dialysepatienten besonders „umsichtig und engmaschig“ zu betreuen seien; daher bestehe regelmäßig ein besonders enges Vertrauensverhältnis zwischen behandelndem Arzt und Patient. Vor diesem Hintergrund habe der Weggang des Beigeladenen zu 1. aus der Praxis der Klägerin vor Ort zu einem behandlerbezogenen Sicherstellungsbedarf geführt.

Die auf diese Weise begründete Entscheidung der Beklagten kann selbst unter Berücksichtigung des ihr dabei zuzubilligenden Beurteilungsspielraums nicht überzeugen. So ergibt sich schon aus dem Wortlaut der §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV („unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren“), dass bei einer aus Sicherstellungsgründen zu erteilenden Dialysegenehmigung auf die besondere Beziehung zwischen Dialysearzt und Patient nicht abgestellt werden kann. Dagegen sprechen aber auch konzeptionelle Gründe; so folgt aus § 4 Abs 1a und b der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV, dass die Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten nicht dem einzelnen Vertragsarzt, sondern der Dialysepraxis iS von § 1a Nr 18 BMV-Ä/EKV erteilt wird. Entsprechend verbleibt ein bereits genehmigter Versorgungsauftrag auch dann bei der in gemeinschaftlicher Berufsausübung tätigen Dialysepraxis, wenn ein Arzt dort ausscheidet. Es obliegt daher in erster Linie den in einer BAG verbleibenden Ärzten, die vor dem Weggang eines Kollegen bestehende Versorgungsstruktur auch anschließend aufrecht zu erhalten. Erst wenn sich abzeichnet, dass eine wohnortnahe Versorgung der Patienten unter Berücksichtigung der vor Ort dann noch zur Verfügung stehenden Dialyseformen und -verfahren nicht mehr kontinuierlich gewährleistet ist, kann aus Sicherstellungsgründen die Genehmigung einer zusätzlichen Dialysepraxis erfolgen. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor.

bb) Darüber hinaus hält die Beklagte die Erteilung einer zusätzlichen Dialysegenehmigung aus Präventionsgründen für erforderlich, weil die fachärztlichen Mitglieder der Klägerin (wegen übermäßigen Alkoholkonsums, einer Privatinsolvenz, teilweise gestörter Arzt-Patienten-Beziehungen) eine wohnortnahe Dialyseversorgung nicht mehr zuverlässig hätten sicherstellen können. Dem habe die Beklagte entgegenwirken müssen.

Diese von der Beklagten im Laufe des Berufungsverfahrens nachgeschobene Begründung (§ 41 Abs 2 SGB X) greift ebenfalls nicht durch. Dabei kann aus Sicht des Senats dahingestellt bleiben, ob die in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe gegenüber den fachärztlichen Mitgliedern der Klägerin überhaupt zutreffen. Denn die KÄVen sind unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt, zusätzliche Dialysegenehmigungen losgelöst von konkreten Bedarfsermittlungen zu erteilen.

Nach dem bereits dargelegten Kontext der §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV ist die Erteilung einer zusätzlichen Dialysegenehmigung ausnahmsweise möglich, wenn in der wohnortnahen Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten ein Versorgungsdefizit „unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren“ besteht. Maßgeblich ist demnach, ob neben den vor Ort bereits bestehenden Behandlungsstrukturen noch ein zusätzlicher qualitativ-lokaler Versorgungsbedarf feststellbar ist, der auch unter Einbeziehung der Versorgungssituation in den benachbarten Planungsbereichen (§ 6 Abs 4 Anl. 9.1 BMV-Ä/EKV) nicht abgedeckt werden kann. Bei der Klärung dieser Frage steht den KÄVen zwar ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr des BSG, vgl hierzu ua BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 3; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 7). Die abschließende Bewertung der Körperschaften muss sich allerdings auf ausreichend fundierte Ermittlungen stützen (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 7). Dafür sind zunächst diejenigen Ärzte, die vor Ort bzw in den benachbarten Planungsbereichen bereits Dialyseleistungen erbringen, zu Art und Umfang ihrer Versorgungsleistungen unter Berücksichtigung von § 3 Abs 1 S 3 dritter Spiegelstrich der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Ergänzende Rückschlüsse hinsichtlich eines zusätzlichen qualitativ-lokalen Versorgungsbedarfs können sich auch aus der Anzahl der im Umfeld tätigen Dialyseärzte und ihrer Behandlungsfälle bzw der dort bestehenden Wartezeiten ergeben. Diese Ermittlungen haben sich einzelfallbezogen so weit zu erstrecken, wie sie sich unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten als erforderlich erweisen (§ 21 Abs 1 S 1 SGB X; vgl hierzu auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 7 mwN). Vor diesem Hintergrund ist eine Berechtigung dafür, zusätzliche Dialysegenehmigungen auch präventiv - also „auf Vorrat“ - zu erteilen, nicht zu erkennen.

Für diese Auffassung sprechen auch systematische Gesichtspunkte. So sind die KÄVen nach § 8 Abs 1 der Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse (QSD-RL) ua berechtigt, bei begründeten Hinweisen auf die unzureichende Qualität einer Dialysebehandlung ein Überprüfungsverfahren (durch die bei den Körperschaften angesiedelte Qualitätssicherungs-Kommission „Dialyse“) durchzuführen. Werden dabei festgestellte Mängel nicht innerhalb einer angemessenen Frist abgestellt, können die KÄVen nach § 10 Abs 2 S 2 QSD-RL eine bereits erteilte Dialysegenehmigung uU mit sofortiger Wirkung widerrufen. Demnach obliegt es den Körperschaften, möglichen Qualitätsmängeln bei der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten durch ein Überprüfungsverfahren nachzugehen und ihnen ggf in Zusammenarbeit mit der betroffenen Dialysepraxis abzuhelfen. Diese letztlich aus der Rahmengesetzgebung in § 136 Abs 2 SGB V resultierende Verpflichtung der KÄVen zur Durchführung regelmäßiger Qualitätskontrollen in der vertragsärztlichen Versorgung ist die Beklagte vorliegend nicht nachgekommen, obwohl sie aufgrund der Amtsermittlungen des Niedersächsischen Zweckverbands zur Approbationserteilung (NiZzA) sowie aufgrund zahlreicher Patientenbeschwerden über Hinweise verfügt hat, dass fachärztliche Mitglieder der Klägerin bereits 2009 in stark alkoholisiertem Zustand Dialysebehandlungen durchgeführt haben sollen. Diesen Hinweisen hätte die Beklagte vorliegend nachgehen und - soweit sie sich als zutreffend herausgestellt hätten - unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Auswahlermessens unverzüglich Maßnahmen zur Qualitätssicherung - ggf durch einen Widerruf bereits erteilter Dialysegenehmigungen - ergreifen müssen.

Schließlich kann die Erteilung einer zusätzlichen (präventiven) Dialysegenehmigung auch nicht als ein geeignetes Mittel angesehen werden, um der von der Beklagten hier angenommenen Gefährdung bei der Versorgung niereninsuffizienter Patienten in Peine wirksam entgegenzuwirken. Dies wird schon an den unterschiedlichen Behandlungskapazitäten deutlich; so hat der Beigeladene zu 1. für seine neugegründete Einzelpraxis unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben nur eine Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten erhalten. Tatsächlich sind zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung in der Praxis der Klägerin aber über 100 Dialysepatienten behandelt worden. Entsprechend haben nur einige davon in die hinzugekommene Praxis des Beigeladenen zu 1. wechseln können, der überwiegende Teil ist hingegen weiter von den - aus Sicht der Beklagten in mehrfacher Hinsicht unzuverlässigen - fachärztlichen Mitgliedern der Klägerin behandelt worden. Im Ergebnis ist die Vorgehensweise der Beklagten daher auch nicht mit einem zusätzlichen Sicherstellungseffekt verbunden gewesen, sondern nur mit der Einführung einer regional unwirtschaftlichen Versorgungsstruktur bei der Behandlung chronisch niereninsuffizienter Patienten in J..

4. Nach alledem kann die dem Beigeladenen zu 1. auf der Grundlage der §§ 4, 6 Abs 3 der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV erteilte Dialysegenehmigung keinen Bestand haben. Die entsprechenden Bescheide der Beklagten und das Urteil der Vorinstanz sind daher aufzuheben.

Bei dieser Entscheidung hat der Senat von der Durchführung weiterer Sachverhaltsermittlungen - wie von der Beklagten hilfsweise beantragt - absehen können. Hintergrund ist, dass für die rechtliche Bewertung der hier angefochtenen Dialysegenehmigung nicht maßgeblich gewesen ist, ob und in welchem Umfang fachärztliche Mitglieder der Klägerin Alkohol konsumiert haben (etc) und inwiefern dieser Umstand ggf bei dem Beigeladenen zu 1. zu dem Entschluss geführt hat, die BAG zu verlassen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm den §§ 154 Abs 1 und 3, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm den §§ 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG). In dem Rechtsstreit hat sich die Klägerin gegen eine dem Beigeladenen zu 1. erteilte Dialysegenehmigung gewandt. Die Bedeutung eines solchen Verfahrens lässt sich anhand der Umsatzeinbußen bestimmen, die regelmäßig mit der Erteilung einer solchen Genehmigung für die vor Ort bereits tätigen Ärzte verbunden sind (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 7. Dezember 2006 - B 6 KA 42/06 R - juris). Hierzu hat die Klägerin im Laufe des Verfahrens wiederholt geltend gemacht, dass ein Teil ihrer Patienten in die neugegründete Dialysepraxis des Beigeladenen zu 1. abgewandert sei; dessen Einnahmen - über einen Zeitraum von drei Jahren - dürften daher im Wesentlichen den mit der Praxisgründung für die Klägerin verbundenen Umsatzeinbußen entsprechen. Ausgehend von einem Quartalsumsatz des Beigeladenen zu 1. von 200.000 Euro (vgl hierzu den unbestrittenen Vortrag der Beklagten in dem zwischen den Beteiligten geführten vorläufigen Rechtsschutzverfahren L 3 KA 53/10 B ER) und unter Berücksichtigung fiktiver (bei Dialysebehandlungen üblicherweise hoher) Praxiskosten von 90 vH errechnet sich ein Wert von 240.000 Euro, den der Senat auf 200.000 Euro reduziert hat, weil im oa Quartalsumsatz auch (nicht abgewanderte) Neupatienten enthalten sein können.