OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.12.2014 - 13 E 1115/14
Fundstelle
openJur 2014, 27012
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 1. September 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Der Streitwert wird auf 1.474 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den ihre Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 16. Juli 2014 zurückgewiesen worden ist, hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bestätigt, mit der dieser die angemeldeten Reisekosten (Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld) des Prozessbevollmächtigten der Beklagten sowie die geltend gemachten Übersetzungskosten festgesetzt hat.

Die Festsetzung der Reisekosten auf der Grundlage der Auslagentatbestände 7004 und 7005 Nr. 3, 7008 der Anlage zu § 2 Abs. 2 RVG ist nicht zu beanstanden, weil die Kosten in Höhe von 479,10 Euro (342,60 Euro km-Geld, 60 Euro Tage- und Abwesenheitsgeld sowie hierauf entfallende Umsatzsteuer) nach § 162 Abs. 1 VwGO als notwendig anzuerkennen sind. Der Senat hält auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Verwaltungsgerichtsordnung keine Einschränkung des Inhalts kennt, dass Reisekosten eines nicht am Sitz des Gerichts tätigen oder wohnenden Rechtsanwalts nur erstattungsfähig sind, wenn seine Zuziehung notwendig ist. Die für den Zivilprozess insoweit in § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO getroffene Regelung findet über § 173 VwGO keine Anwendung. Der Gesetzgeber wollte die Beteiligten im Verwaltungsprozess bei der Wahl eines Rechtsanwalts ihres Vertrauens freier stellen, um es ihnen zu erleichtern, einen im Verwaltungsrecht qualifizierten Anwalt zu finden.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2008 - 13 E 61/08 -, juris, unter Hinweis auf BT-Drucks 3/55, S. 48; BVerwG, Beschluss vom 11. September 2007 - 9 KST 5.07 -, NJW 2007, 3656.

Selbst wenn man davon ausginge, nach Treu und Glauben und dem Grundsatz der Kostenminimierung sei bei auswärtigen Anwälten der Nachweis zu erbringen, dass die Beauftragung gerade dieses Anwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei, sind hier die geltend gemachten Reisekosten zu erstatten. Aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, auf die Bezug genommen wird, liegen diese Voraussetzungen vor.

S. auch OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2008 - 13 E 61/08 -, a. a. O.

Die Einwände gegen die Festsetzung der Übersetzungskosten in Höhe von 995,38 Euro greifen ebenfalls nicht durch. Sie sind gemäß § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähig, weil die Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten notwendig waren. Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist auf die Sicht eines verständigen Beteiligten abzustellen, der weder besonders ängstlich noch besonders sorglos ist, und zwar in dem Zeitpunkt, in dem der Beteiligte die Aufwendungen veranlasst hat und veranlassen durfte. Ausschlaggebend ist, was ein solcher Beteiligter mit Blick auf die Bedeutung der Sache sowie ihre tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit an Aufwendungen vernünftigerweise für erforderlich halten durfte, um seine Interessen sachgerecht zu wahren.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1963 - VII C 14.63 -, BVerwGE 17, 245; OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2013 - 12 E 28/13 -, juris; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 162 Rn. 10; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 162 Rn. 3.

Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass die Übersetzungskosten notwendig waren. Die Beklagte durfte die Übersetzung des von ihr eingereichten wissenschaftlichen Erkenntnismaterials vernünftigerweise für erforderlich halten, nachdem die Klägerin gerügt hatte, dass die Unterlagen nur in englischer Sprache vorgelegt worden seien und das Verwaltungsgericht der Beklagten mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung anheimgestellt hatte, sie insgesamt oder zumindest in den von ihr für entscheidungserheblich erachteten Passagen in deutscher Übersetzung vorzulegen. Auch wenn das Gericht nach § 86 Abs. 1 VwGO zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen verpflichtet ist und der Beklagten auch nicht ausdrücklich aufgegeben hat, eine Übersetzung der Unterlagen beizubringen, bestand aus der Sicht eines verständigen Beteiligten bei dieser Sachlage die Gefahr, dass die englischsprachigen Erkenntnisse, auf die die Beklagte ihre Rechtsauffassung zur entscheidungserheblichen Frage der pharmakologischen Wirkung des Melatonins - Wirkstoff im streitgegenständlichen Arzneimittel - stützte, ansonsten wegen § 184 GVG unbeachtet blieben. Gegen die Notwendigkeit der Übersetzung an sich, die sie schließlich selbst gefordert hat, wendet die Klägerin mit der Beschwerde auch nichts ein. Sie macht vielmehr geltend, dass die Beklagte die Unterlagen vollständig hätte übersetzen müssen und sich nicht auf die von ihr für erforderlich gehaltenen Teile beschränken durfte. Diese Beschränkung lässt aber die Notwendigkeit der Übersetzung nicht entfallen. Maßgeblich ist die Sicht der Beklagten, die zur Wahrung ihrer Interessen nur die ihre Position stützenden Passagen übersetzen lassen durfte. Die auszugweise Übersetzung war entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht sinnlos. Die Beklagte durfte sie schon deshalb für ausreichend halten, weil das Verwaltungsgericht ausweislich der Ladungsverfügung auch eine Übersetzung der Passagen genügen ließ, die die Beklagte für entscheidungserheblich erachtete. Ferner hat sie dadurch, auch im Sinne der Klägerin, die Kosten ihrer Prozessführung niedrig gehalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.