Hessischer VGH, Beschluss vom 04.09.2014 - 27 F 1463/13
Fundstelle
openJur 2014, 25416
  • Rkr:
Tenor

Die Sperrerklärung des Beigeladenen zu 2 vom 22. Mai 2013 ist rechtswidrig, soweit sie sich auf die folgenden Unterlagen (laufende Nummern der Anlage zur Sperrerklärung) bezieht:

30 bis 37, 61, 186 bis 190, 219 bis 221, 223, 254 bis 259, 261(nur Blatt 167), 262 bis 264, 265 (nur 233 bis 241), 269, 280, 314bis 316, 318, 360, 389 bis 393, 401, 402, 420, 441, 449, 453 bis 457, 462, 463, 481, 482, 484, 593, 600, 695, 703, 706 bis 710, 732,734, 737 bis 742, 748, 749, 753, 757, 758, 760, 761, 766, 768, 770,771, 773, 774, 804, 832, 833, 841, 1430 (nur Blatt 145 bis 152),1502 (nur Blatt 264), 1591, 1619 bis 1622, 1623, 1695 bis 1698,1746, 2021, 2031 (nur Blatt 137 bis 202), 2035, 2039, 2044, 2056,2065, 2076, 2083, 2090, 2212.

Im Übrigen wird der Antrag des Klägers abgelehnt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit dem diesem Zwischenverfahren zugrundeliegenden Verfahren auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) Einsicht in Unterlagen der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Beigeladene zu 1 - eine Bank - in den Geschäftsjahren 2001bis 2007 angefallen sind.

Mit Beweisbeschluss vom 2. März 2010 hat der 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs als Gericht der Hauptsache die Beklagte aufgefordert, die vom Kläger präzisierten Unterlagen vorzulegen. Daraufhin hat das Bundesministerium der Finanzen - der Beigeladene zu 2 - als oberste Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 15. April 2010 eine Sperrerklärung bezogen auf sämtliche Unterlagen abgegeben. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2010 (- 27 F 1081/10 -, BB2011, 274 = Juris) hat der Fachsenat festgestellt, dass die Verweigerung der Vorlage der angeforderten Unterlagen der Beklagten rechtswidrig war. Die dagegen gerichteten Beschwerden der Beklagten und des Beigeladenen zu 2 hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 5. Oktober 2011 (- 20 F 24.10 -, Juris) als unbegründet zurückgewiesen.

Nach Wiederaufnahme des Hauptsacheverfahrens beim 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat dieser die Beklagte zur Stellungnahme hinsichtlich der Vorlage der begehrten Unterlagen aufgefordert. Daraufhin hat der Beigeladene zu 2 als oberste Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 22. Mai 2013 erneut eine Sperrerklärung abgegeben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die gesperrten Unterlagen seien ihrem Wesen nach geheim zu halten. Sie enthielten sowohl Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als auch personenbezogene Daten. Als Anlage ist der Sperrerklärung ein umfangreiches Verzeichnis beigefügt, in dem die einzelnen Unterlagen in unterschiedlichen Spalten mit einem Titel, ihrem Datum, Verfasser und Adressaten, einem Betreff, einem Ausschlussgrund nach dem IFG sowie einem dem Wesen nach schützenswerten Rechtsgut aufgeführt sind. Einzelne Unterlagen sind nicht gesperrt.

Mit Antrag vom 25. Juni 2013 hat der Kläger beantragt festzustellen, dass die Verweigerung der Vorlage aufgrund der Sperrerklärung des Beigeladenen zu 2 vom 22. Mai 2013 rechtswidrig ist.

II.

Der statthafte Antrag des Klägers, die Sperrerklärung des Bundesministeriums der Finanzen - des Beigeladenen zu 2 - vom 22.Mai 2013 für rechtswidrig zu erklären, über den gemäß § 99 Abs. 2Satz 1 und Satz 4 in Verbindung mit § 189Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - der zuständige Fachsenat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig.

Beruft sich die Behörde auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit oder Vertraulichkeit von Akten oder Auskünften, ist Voraussetzung für einen zulässigen Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO an den Fachsenat,dass das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der begehrten Unterlagen festgestellt hat. Grundsätzlich bedarf es dafür gemäß § 98 VwGO in Verbindung mit § 358 Zivilprozessordnung eines Beweisbeschlusses oder einer vergleichbaren förmlichen Äußerung des Gerichts der Hauptsache (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. November 2003 - 20 F 13.03 -, BVerwGE 119, 229, 232, und vom 12. Januar 2006 - 20 F 12.04 -, BVerwGE 125, 40,42).

Bereits mit Beschluss vom 2. März 2010 hat der 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs als Gericht der Hauptsache die Beklagte im Berufungsverfahren aufgefordert, die streitigen Unterlagen vorzulegen. Aus dem Beweisbeschluss ergibt sich, dass der 6. Senat die Entscheidungserheblichkeit dieser Unterlagen in Bezug auf die Beurteilung des Vorliegens rechtlicher Hindernisse gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz bejaht. Nachdem die erste Sperrerklärung des Beigeladenen zu 2 vom Fachsenat für rechtswidrig erklärt worden war und die dagegen gerichteten Beschwerden vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen worden waren, hat der 6.Senat im Hauptsacheverfahren entgegen der Anregung der Beklagten den Beweisbeschluss nicht geändert, sondern erneut die Vorlage der Unterlagen durch die Beklagte gefordert und damit deutlich gemacht,dass er diese Unterlagen weiterhin für entscheidungserheblich hält.

Die Sperrerklärung des Beigeladenen zu 2 vom 22. Mai 2013bezieht sich auf die in der Anlage zur Sperrklärung genannten Dokumente, für die ausdrücklich ein Geheimhaltungsgrund aufgeführt ist, der bewirken würde, dass das betreffende Dokument dem Wesen nach geschützt ist. Ausdrücklich erstreckt sich die Sperrklärung nicht auf die Dokumente, für die kein derartiger Geheimhaltungsgrund in der Übersicht aufgeführt ist.

Der Antrag des Klägers ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Behörden zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zur Erteilung von Auskünften an das Gericht verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente oder Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte verweigern (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Damit setzt diese Vorschrift zum einen das Vorliegen (zumindest) eines der Tatbestandsmerkmale, die eine Verweigerung der Vorlage zulassen, und zum anderen bei Vorliegen des Tatbestandes eine Ermessensentscheidung der obersten Aufsichtsbehörde voraus.

Das Bundesministerium der Finanzen beruft sich in der streitigen Sperrerklärung darauf, dass die Unterlagen, deren Vorlage verweigert wird, ihrem Wesen nach geheim zu halten sind, da sie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, personenbezogene Daten von Personen mit Bezug zur Beigeladenen zu 1 sowie schutzwürdige Daten Dritter - auch insoweit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse oder personenbezogene Daten - enthielten.

Sowohl Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse als auch personenbezogene Informationen - seien sie auf Verfahrensbeteiligte oder Dritte bezogen - sind grundsätzlich "ihrem Wesen nach" im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGOgeheim zu halten, so dass die betroffenen Rechteinhaber nicht rechtlos gestellt sind.

Bei personenbezogenen Daten besteht ein privates Interesse an der Geheimhaltung, das grundrechtlich geschützt ist. Geschützt sind dabei nicht nur personenbezogene Daten, die ohne weiteres zur Identifikation der Personen führen, sondern auch Äußerungen und Angaben zur Sache können geheimhaltungsbedürftig seien, wenn die Mitteilungen Rückschlüsse auf die Person erlauben und in Abwägung mit den Interessen des Antragstellers ein berechtigtes Interesse an einer Geheimhaltung besteht (BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2010 -20 F 11.10 -, NVwZ 2010, 1493). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind dabei auch personenbezogene Angaben wie Name, Funktionsbezeichnungen, Telefonnummer und andere Angaben zu Telekommunikationsverbindungen von Behördenmitarbeitern in Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben oder auch von Beschäftigten der beaufsichtigten Unternehmen vom Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz - GG - erfasst . Schon die Tatsache des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses ist schützenswert (BVerwG, Beschluss vom 28. November 2013 - 20 F 11.12-, Juris). Der Senat schließt sich nunmehr dieser Auffassung aus Gründen einer einheitlichen Rechtsprechung an.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, deren Schutz sich sowohl aus Art. 12 Abs. 1 als auch aus Art. 14 Abs. 1 GG ableitet - bei ausländischen natürlichen und juristischen Personen aus Art. 2Abs.1 GG - sind ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig (BVerwG,Beschluss vom 8. Februar 2011 - 20 F 13.10 -, DVBl. 2011, 501 =Juris). Zu ihnen zählen alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig sind. Neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrundeliegenden Informationen setzt ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis aber auch ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht etwa, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbspositionen des Unternehmens nachhaltig zu beeinflussen. Geschäftsgeheimnisse zählen auf den Schutz kaufmännischen Wissens und betreffen alle Konditionen, die die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Unternehmens maßgeblich bestimmen können, wie Umsätze, Ertragslage, Geschäftsbücher,Kundenlisten, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit und Kalkulationsunterlagen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2011, a.a.O., und vom 5. Oktober 2011 - 20 F 24.10 -, Juris). Ein berechtigtes Interesse versteht sich allerdings nicht von selbst.Vielmehr ist die Wettbewerbsrelevanz der Informationen darzulegen,insbesondere für Unterlagen, die sich auf bereits länger zurückliegende Vorgänge und eine gegebenenfalls abgeschlossene Geschäftspolitik beziehen.

In der Sperrklärung hat der Beigeladene zu 2 im Einzelnen dargelegt, dass die unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen zu 1 gesperrten Unterlagen aus der Aufsichtstätigkeit der Beklagten auch derzeit noch Auswirkungen auf die Geschäftspolitik der Beigeladenen zu 1 haben können. Dabei handelt es sich um Unterlagen im Zusammenhang mit der Überwachung von Zins- und Währungsänderungsrisiken, die noch von Bedeutung sein können, da die Beigeladene zu 1 noch Geschäfte im Bestand hat, deren Abschluss bis in das Jahr 1999 zurückreicht.Auch Unterlagen, die sich auf die Sitzungen des Aufsichtsrats, des Vorstands und der Ausschüsse der Beigeladenen zu 1 beziehen und aus denen Entscheidungen bezüglich der Geschäftspolitik hervorgehen,sind Betriebsgeheimnisse. Insbesondere fällt in den Zeitraum, auf den sich die gesperrten Unterlagen beziehen, eine Krise der Beigeladenen zu 1, die zu einer vollständigen Liquidation hätte führen können und in deren Folge die Aktienmehrheit an den heutigen Alleinaktionär der Beigeladenen zu 1 veräußert worden ist. Die in der Folge vorgenommenen Umstrukturierungen sind aufgrund ihrer Fortwirkungen bis in die Gegenwart auch heute noch für die Geschäftspolitik der Beigeladenen zu 1 von Bedeutung und deshalb für eventuelle Wettbewerber von Interesse. Beispielhaft führt die Sperrklärung insofern in Ihrem Text einzelne der in der Anlage zur Sperrerklärung vollständig aufgeführten Unterlagen zum Beleg an.

Bei den nach Auffassung des Beigeladenen zu 2 und der Beklagten dem Wesen nach zu schützenden Daten, seien es schützenswerte Daten von natürlichen Personen, seien es schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, hat der Senat die in der Anlage der Sperrerklärung aufgeführten umfangreichen Unterlagen durch Einsichtnahme überprüft. Dabei hat sich die Einstufung durch den Beigeladenen zu 2 hinsichtlich der im Tenor aufgeführten Unterlagen nicht bestätigt. Für die übrigen Unterlagen hat der Beigeladene zu 2 zu Recht angenommen, dass sie "ihrem Wesen nach" geheim zu halten sind. Dabei sieht es der Senat als unschädlich an, dass die Aktenbände mit dem Aktenzeichen BA 31 - K 5102-104015/001 in der Anlage zur Sperrerklärung mit einem "Nummerndreher"mit BA 31-K 5012-104015/001 bezeichnet sind (Nrn. 185 bis 215 der Anlage). Anhand der Inhaltsbeschreibungen im jeweiligen “Betreff“ der Anlage sind sie eindeutig zu identifizieren.

Bei den im Tenor aufgeführten Unterlagen fehlt es zum Teil bereits am Vorliegen eines schützenswerten Rechtsguts, sei es einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis oder einem schützenswerten Datum einer Person. Dies gilt für die Unterlagen der Nrn. 254, 258, 259,261 (nur Blatt 167), 263, 264, 265 (nur Blatt 233 bis 241), 280,804, 832, 833, 841, 1430 (nur Blatt 145 bis 152), 1502 (nur Bl.264), 2031 (nur Blatt 137 bis 202), 2035, 2039, 2044, 2056, 2065,2076, 2083, 2090, 2212.

Der Senat nimmt dies auch dann an, wenn sich der Inhalt der jeweiligen Unterlage bereits vollständig aus der Inhaltsangabe im "Betreff" der Anlage zur Sperrerklärung ergibt, so etwa hinsichtlich der Namen der Geschäftsleiter der Beigeladenen zu 1(vgl. dazu: Nrn. 681 bis 742 und 804 bis 868 der Anlage zur Sperrerklärung).

Nicht gesondert aufgeführt hat der Senat dabei allerdings leere Wiedervorlageblätter am Anfang der Akten, die zum Teil in der Anlage zur Sperrerklärung zurecht von der Sperrung ausgenommen sind, teilweise aber auch gesperrt sind, weil in ihnen Geschäfts-und Betriebsgeheimnisse enthalten seien sollen. Da sie aussagelos sind, erübrigt sich eine Vorlage.

Bei den übrigen im Tenor aufgeführten Unterlagen sind zwar schutzwürdige Daten enthalten. Allerdings kann bei ihnen mit der aufgrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorrangigen teilweisen Schwärzung der jeweiligen Unterlage dem gebotenen Schutz ausreichend Rechnung getragen werden. Da es aber nicht Aufgabe des Fachsenats ist, die Rechtmäßigkeit einer möglichen Ausgestaltung der Sperrerklärung vorab festzustellen,sondern er die Sperrerklärung in der Gestalt überprüft, die sie von der obersten Aufsichtsbehörde erhalten hat, ist auch insofern die Sperrerklärung für rechtswidrig zu erklären. Über die Ausgestaltung der Schwärzung muss vielmehr die oberste Aufsichtsbehörde im Rahmen der Sperrerklärung eine Ermessensentscheidung treffen (vgl. BVerwG,Beschlüsse vom 28. November 2013, a.a.O., vom 19. Juni 2013 - 20 F10.12 -, Juris, und vom 5. April 2013 - 20 F 7.12 -, Juris).Allerdings hat auch hier der Fachsenat davon abgesehen, die Sperrung von Unterlagen für rechtswidrig zu erklären, bei denen bei einer Schwärzung kein Informationsgehalt mehr übrig bleiben kann.Bei den nach diesen Kriterien rechtswidrig gesperrten Unterlagen handelt es sich um die übrigen im Tenor aufgeführten Dokumente, für die nicht bereits im Vorhergehenden ausgeführt worden ist, dass sie keine schützenswerten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder personenbezogene Daten enthalten.

Das dem Beigeladenen zu 2 gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGOeingeräumte Ermessen hinsichtlich der Geheimhaltung der nicht im Tenor aufgeführten Unterlagen ist im vorliegenden Fall zugunsten einer Geheimhaltung rechtlich vorgezeichnet (BVerwG, Beschlüsse vom 3. August 2011 –20 F 23.10 -, Juris, und vom 28. November 2013 – 20 F 11.12-, Juris). Darauf beruft sich die Sperrerklärung im Rahmen der Ermessenserwägungen unter 2.d) im Ergebnis zu Recht. Allerdings ergibt sich diese Ermessensreduzierung nicht bereits aus der einfachgesetzlichen Verschwiegenheitspflicht, der die Beklagte gemäß § 9 Abs. 1 KWGunterliegt, wie es die Sperrerklärung annimmt.

§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ermächtigt die zuständige oberste Aufsichtsbehörde unter den dort genannten Voraussetzungen zur Verweigerung der Aktenvorlage, verpflichtet sie aber nicht dazu.Das Gesetz stellt die Auskunftserteilung und Aktenvorlage in das Ermessen der obersten Aufsichtsbehörde und lässt ihr damit die Wahl, ob sie die Akten oder die Auskunft wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit zurückhält oder ob sie davon um des effektiven Rechtsschutzes willen absieht (BVerwG, Beschluss vom 26.August 2004 - 20 F 16.03 -, NVwZ 2005, 334mwN). Im Rahmen der Ermessensausübung muss die Sperrerklärung als Erklärung des Prozessrechts auf die Prozesslage abgestellt sein, in der sie abgegeben wird. Deshalb genügt es grundsätzlich nicht, in ihr nur auf die Gründe des - im Einzelnen, meist fachgesetzlich normierten - Geheimnisschutzes zu verweisen. Aus diesem Grund ist im Rahmen des Prozessrechts der obersten Aufsichtsbehörde auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde materiell kein Ermessen einräumt. Die in §99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorgeschriebene Ermessensausübung stellt damit im Verhältnis zu den allgemeinen Geheimhaltungsvorschriften eine prozessuale Spezialnorm dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.Juni 2006 - 20 F 5.05 -, Buchholz 310§99 VwGO Nr. 42). Im Falle der grundrechtlich geschützten Daten Dritter kann das Ermessen aus Verhältnismäßigkeitsgründen gebunden sein. Beeinträchtigungen von Grundrechten sind nur dann zulässig, wenn sie durch hinreichende,dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende Gründe gerechtfertigt werden. Derartige Fragen eines mit der Aktenvorlage verbundenen Grundrechtseingriffs stellen sich vor allem in mehrpoligen Rechtsverhältnissen, in denen neben dem Kläger und dem beklagten Staat von einer Auskunft oder Akteneinsicht auch Dritte - seien es natürliche oder juristische Personen - betroffen sein können, deren Interessen denen des Klägers entgegengesetzt sind. In diesen Fällen sind neben den öffentlichen und privaten Interessen an der Wahrheitsfindung und einem effektiven Rechtsschutz auch die dem Rechtsstreit zugrundeliegenden und seinen Inhalt prägenden widerstreitenden Individualinteressen in die Entscheidung einzubeziehen.

Die Daten der in den Aktenvorgängen genannten natürlichen Personen sind als Daten Dritter durch Art. 2 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützt, ebenso wie die den juristischen Personen zuzuordnenden Daten, die ihrem Wesen nach als Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse durch Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GGgeschützt sind. Demgegenüber macht der Kläger ein Auskunftsbegehren aufgrund des allgemeinen Auskunftsanspruchs nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes und damit nach einfachem Gesetzesrecht geltend. Ohne Hinzutreten von Besonderheiten, die der grundsätzlichen Geheimhaltungsbedürftigkeit der genannten Daten entgegenstehen könnten, kommt den grundrechtlich geschützten Rechten natürlicher Personen bzw. den geheimhaltungsbedürftigen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach den oben gemachten Ausführungen daher ein höheres Gewicht zu. Die übrigen Ausführungen der Sperrerklärung zur Ermessensbetätigung bedürfen deshalb keiner weiteren Erörterung.