VG Regensburg, Beschluss vom 20.11.2014 - RO 5 M 14.1241
Fundstelle
openJur 2014, 24878
  • Rkr:

Die Kosten für die Anreise von Behördenvertretern zur mündlichen Verhandlung können nur insoweit im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden, als der Sparsamkeitsgrundsatz beachtet worden ist. Erfolgte die Anreise mit der Deutschen Bahn AG auf einer Strecke, die nur von Nahverkehrszügen befahren wird und ist die Anreise innerhalb der Geltungsdauer des Bayerntickets möglich, so muss dieses Ticket gebucht werden, wenn die Fahrtkosten dadurch im Vergleich zur üblichen Buchung über ein bestehendes Großkundenabonnement erheblich reduziert werden können.

Tenor

I. Die der Beklagten vom Kläger zu erstattenden notwendigen Aufwendungen werden unter Abänderung von Nr. I des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 3. Juli 2014 (Az. RO 5 K 13.522) auf 23,33 EUR festgesetzt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Erinnerungsverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Regensburg.

Am 21.11.2013 um 13.30 Uhr fand beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg die mündliche Verhandlung in 3 Streitsachen des Klägers gegen die Beklagte statt. Die Streitsachen RO 5 K 12.1287, RO 5 K 12.1283 sowie RO 5 K 13.522 wurden seitens des Gerichts durch Beschluss zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung verbunden.

Mit Urteilen vom 21.11.2013 wurden die Klagen in allen 3 Verfahren abgewiesen. Die Kosten wurden jeweils dem Kläger auferlegt.

Vom Kläger gestellte Anträge auf Zulassung der Berufung wurden vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 23. Mai 2014 abgelehnt (Az. 21 ZB 14.410; 21 ZB 14.411; 21 ZB 14.412).

Mit Schreiben vom 11.6.2014 beantragte die Beklagte beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg in allen 3 Streitsachen die Kosten für die 1. Instanz festzusetzen. Die Beklagte machte dabei Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 149,00 EUR geltend. Die Fahrtkosten seien für die Bahnfahrt von München nach Regensburg und zurück für die beiden Assessorinnen der Beklagten angefallen, die an der mündlichen Verhandlung am 21.11.2013 teilnahmen. Die beiden Bediensteten hätten die 1. Wagenklasse benutzt. Die Fahrkarten seien über das Großkundenabonnement des Freistaats Bayern erworben worden. Die Antragsgegnerin habe hierfür 149,00 EUR verauslagt. Ferner hat die Beklagte einmalig die Pauschale nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO in Höhe von 20,00 EUR geltend gemacht (Nr. 7002 der Anlage 1 zum RVG).

Der Kostenbeamte hat daraufhin den Kläger mit Schreiben vom 16.6.2014 zum Kostenfestsetzungsantrag angehört. Der Kläger führte daraufhin mit Schreiben vom 26.6.2014 aus, die Entsendung von 2 Bediensteten zum Gerichtstermin durch die Beklagte sei nicht erforderlich gewesen. Außerdem habe der Gerichtstermin am Nachmittag stattgefunden, sodass es möglich gewesen wäre, mit dem Bayernticket anzureisen. Dieses koste für eine Person in der 2. Klasse 23,00 EUR und für zwei Personen 27,00 EUR. Selbst wenn man die Nutzung der 1. Klasse für erforderlich halten wolle, koste das Bayernticket für eine Person in dieser Klasse 34,50 EUR und für zwei Personen 50,00 EUR.

Daraufhin führte die Beklagte aus, sie sei als Großkunde im Firmenkundenportal der Deutschen Bahn AG registriert und buche über dieses die entsprechenden Fahrkarten für die Dienstreisen ihrer Mitarbeiter. Dabei sei man grundsätzlich bemüht, die kostengünstigsten Tarife zu wählen. Jedoch sei die Buchung eines Bayerntickets oder Bayerntickets First in diesem System nicht möglich. Die Nutzung der 1. Klasse entspreche im Übrigen der üblichen Klasse für Dienstreisen, sodass die geltend gemachten Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 149,00 EUR gerechtfertigt seien.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 3.7.2014 setzte der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts Regensburg die der Beklagten erwachsenen notwendigen und zu erstattenden Aufwendungen wie beantragt auf 56,33 EUR fest (1/3 des gesamten geltend gemachten Betrages in Höhe von 169,00 EUR). Gemäß § 91 Abs.1 Satz 2 ZPO umfasse die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für notwendige Reisen. Bei der Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln seien die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der 1. Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks zu ersetzen.

Soweit eingewendet werde, vergünstigte Angebote seien nicht im erforderlichen Umfange genutzt worden, führe dies zu keinem anderen Ergebnis, weil der Antragsgegnerin als Behörde des Freistaats Bayern im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr die Kosten der Wagenklasse zu erstatten seien, die sie bei Dienstreisen nach dem Bayerischen Reisekostengesetz (BayRKG) ihren Mitarbeitern zu ersetzen hätte. Art. 5 Abs. 1 BayRKG bestimme, dass den Angehörigen der Besoldungsgruppen A 8 bis A 16 für Dienstreisen bei der Benutzung regelmäßig verkehrender Schienenfahrzeuge die entstandenen notwendigen Fahrtkosten der 1. Klasse erstattet werden, wobei Fahrpreisermäßigungen zu berücksichtigen seien. Dies folge aus dem im Reisekostenrecht herrschenden Sparsamkeitsgebot des Art. 3 Abs. 2 BayRKG, wonach Dienstreisen so sparsam wie möglich auszuführen seien. Diesem Sparsamkeitsgrundsatz sei durch die Nutzung des Großkundenrabatts genüge getan worden. Der allgemeine Sparsamkeitsgrundsatz enthalte darüber hinaus keine Ermächtigung für ein kleinliches Abrechnungsgebaren. Daher seien die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Fahrtkosten festzusetzen gewesen, wie dies in einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 22.7.2011 (Az: M 17 M 10.4792 <juris>) ausgeführt sei.

Gegen den am 7.7.2014 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss beantragte der Kläger am 10.7.2014 die Entscheidung des Gerichts. Selbst wenn im Firmenportal der Deutschen Bahn AG für Großkunden eine Buchung des Bayerntickets nicht möglich sein sollte, so bestehe doch auf jeden Fall die Möglichkeit, ein Bayernticket außerhalb des Firmenportals online zu buchen. Diese Möglichkeit habe die Antragsgegnerin wahrnehmen müssen, um Kosten einzusparen. Darüber hinaus verweist der Kläger darauf, dass zwischen München und Regensburg ausschließlich Nahverkehrszüge verkehren, in denen das Bayernticket nutzbar sei. Dementsprechend sei es zwingend, dass die Antragsgegnerin das günstigste Angebot auf der Relation München – Regensburg nutze. Dies sei das Bayernticket.

Der Kostenbeamte half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist als Erinnerung gemäß den §§ 165, 151 VwGO zulässig. Er ist auch begründet, da als notwendige und zu erstattende Aufwendungen der Beklagten lediglich die Kosten für ein Bayernticket der 1. Klasse für zwei Reisende anzusetzen waren.

Das Kostenfestsetzungsverfahren ist ein von der Kostenentscheidung in der Hauptsache abhängiges Nebenverfahren. Deshalb entscheidet das Gericht über eine Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten in derselben Besetzung, in der die zugrunde liegende Kostenlastentscheidung getroffen wurde (näher dazu: BayVGH vom 3.12.2003, BayVBl 2004, 505 unter Hinweis auf BVerwG vom 14.2.1996, NVwZ 1996, 786). Findet sich somit die Kostenlastentscheidung – wie hier – in einem Urteil der Kammer, die in der Besetzung mit 3 Berufsrichtern und 2 ehrenamtlichen Richtern entschieden hat, so entscheidet auch über die Erinnerung die Kammer, wobei die ehrenamtlichen Richter insoweit gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 VwGO nicht mitwirken.

Nach § 162 Abs. 1 VwGO zählen zu den erstattungsfähigen Kosten neben den Gerichtskosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Beteiligten. Dazu gehören auch die Kosten für die Anreise zur mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht durch die Behördenvertreter (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 162 Rn. 4).

Die Notwendigkeit einer Aufwendung im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO beurteilt sich aus der Sicht einer verständigen Partei, die bemüht ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (BVerwG vom 3.7.2000, BayVBl 2001, 763; VG Neustadt (Weinstraße) vom 25.11.2013, Az. 4 K 177/12.NW <juris>; Kopp/Schenke a.a.O., § 162 Rn. 3). Nach diesem Maßstab war im vorliegenden Fall die Anreise zweier Behördenvertreterinnen zur mündlichen Verhandlung am 21.11.2013 gerechtfertigt. Einerseits ist insoweit zu berücksichtigen, dass bei dem Verhandlungstermin drei verschiedene Streitsachen verhandelt worden sind und andererseits hat die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 17.7.2014 nachvollziehbar dargelegt, dass die beiden in der mündlichen Verhandlung anwesenden Assessorinnen die streitgegenständlichen Verfahren des Antragstellers in verschiedenen Zeiträumen bearbeitet haben. Deshalb durfte die Beklagte davon ausgehen, dass die Anwesenheit beider Bediensteten zur Sachaufklärung zweckdienlich war.

Der Umfang der notwendigen Reisekosten bemisst sich gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG). Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 JVEG werden bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der 1. Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt. Bei Bediensteten, die die Behörde in der mündlichen Verhandlung vertreten, sind in der Regel die Kosten der Wagenklasse zu ersetzen, die sie bei Dienstreisen nach dem Bayerischen Reisekostengesetz (BayRKG) benutzen dürfen. Art. 5 Abs. 1 BayRKG bestimmt, dass den Angehörigen der Besoldungsgruppen A 1 bis A 7 für Dienstreisen bei der Benutzung regelmäßig verkehrender Land- oder Wasserfahrzeugen die entstandenen notwendigen Fahrtkosten der 2. Klasse erstattet werden. Den übrigen Besoldungsgruppen steht die Erstattung für Fahrzeuge der 1. Klasse zu. Dementsprechend haben die beiden Vertreterinnen der Antragsgegnerin als Assessorinnen einen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten für die 1. Wagenklasse.

Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayRKG sind allerdings Fahrpreisermäßigungen zu berücksichtigen. Diese Festlegung entspricht dem im gesamten Haushaltsrecht vorherrschenden Grundsatz der Sparsamkeit (vgl. Art. 34 Abs. 2 BayHO). Eine konkrete Ausgestaltung des Sparsamkeitsgrundsatzes findet sich in den Haushaltsvollzugsrichtlinien 2013/2014 des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 28.12.2012 (HvR – FMBl Nr. 1/2013, S. 9 ff.). Dort ist insbesondere ausgeführt:

Für Dienstreisen ist das wirtschaftlichste Beförderungsmittel zu wählen (Nr. 5.8.7 HvR). Nach Nr. 5.8.8 HvR sind bei den Fahrtkosten alle bestehenden Ermäßigungsmöglichkeiten auszunützen. Bei Dienstfahrten mit der Deutschen Bahn AG ist sicherzustellen, dass die Fahrkarten im Rahmen der mit der Deutschen Bahn AG abgeschlossenen Großkundenvereinbarung (Rabatt derzeit 10 vom Hundert) gebucht werden. Sofern die Art des Dienstgeschäftes eine genaue Planung des Reiserverlaufs zulässt, sind die reduzierten Sparpreise der Bahn (Festpreis ab 19,00 EUR mit Zugbindung, 3 Tage Vorausbuchungsfrist, besondere Stornobedingungen, Mitfahrerermäßigung möglich) durch rechtzeitige Buchung in Anspruch zu nehmen.

Hiernach werden die Behörden explizit verpflichtet, bei Dienstreisen das billigste Angebot der Bahn wahrzunehmen, wobei die Haushaltsvollzugsrichtlinien davon ausgehen, dass eine Buchung im Rahmen der zwischen dem Freistaat Bayern und der Deutschen Bahn AG geschlossenen Großkundenvereinbarung das günstigste Angebot darstellt.

Dass dies nicht immer der Fall ist, zeigt die vorliegende Fallkonstellation. Im Rahmen der Großkundenvereinbarung betrug der Fahrpreis für die 1. Wagenklasse für zwei Personen für die Strecke München – Regensburg und zurück trotz Großkundenrabatts 149,00 EUR. Nachdem der Gerichtstermin erst um 13.30 Uhr stattfand, konnte das ab 9.00 Uhr gültige Bayernticket ohne Weiteres genutzt werden. Hinzu kommt, dass auf der Strecke zwischen München und Regensburg ausschließlich Nahverkehrszüge fahren, die alle mit dem Bayernticket benutzt werden können. Ein Bayernticket der 1. Klasse für 2 Personen konnte am Reisetag für 50,00 Euro erworben werden. Demnach hätte dieses Ticket nur ca. 1/3 des von der Beklagten aufgewendeten Fahrpreises gekostet. Selbst wenn man davon ausgeht – wie von der Beklagten vorgetragen – dass ein Bayernticket im Firmenportal der Deutschen Bahn AG bei dem die Beklagte als Großkunde registriert ist, nicht gebucht werden kann, so ist es der Beklagten aus Gründen der Kostenersparnis zumutbar, das Bayernticket anderweitig zu buchen. So kann die Beklagte – wie jeder Privatkunde – ein entsprechendes Ticket online buchen oder im Bahnhof erwerben. Jedenfalls im Hinblick darauf, dass die Reisekosten bei Inanspruchnahme der Großkundenvereinbarung nahezu um 300 % höher sind als bei Verwendung des Bayerntickets ist es mit dem Sparsamkeitsgebot nicht zu vereinbaren, wenn das Bayernticket nicht in Anspruch genommen wird. Zwar hat das Verwaltungsgericht München in einem ähnlichen Fall ausgesprochen, dass der Sparsamkeitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 BayRKG keine Ermächtigung für ein kleinliches Abrechnungsgebaren enthalte (VG München vom 22.7.2011, Az: M 17 M 10.4792 <juris>). Zu bedenken ist jedoch, dass es im vom VG München zu entscheidenden Fall um eine Differenz von lediglich 3,00 EUR ging. Die Behörde wendete dort für eine Fahrkarte der 1. Klasse 33,00 EUR auf, während ein Bayernticket der 1. Klasse zum damaligen Zeitpunkt 30,00 EUR gekostet hätte. In einem derartigen Fall mag es so sein, dass der für die Behörde entstehende Aufwand für die Buchung eines vom Großkundenabonnement nicht umfassten Angebots einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellt. Aus Sicht der entscheidenden Kammer liegt es jedoch auf der Hand, dass sich der Kläger im vorliegenden Fall nicht darauf verweisen lassen muss, dass ein „kleinliches Abrechnungsgebaren“ auszuscheiden habe; denn wie bereits dargestellt hat die Antragsgegnerin einen im Vergleich zum Bayernticket um nahezu 300 % erhöhten Fahrpreis geltend gemacht.

Nach alledem sind als Fahrkosten nur insgesamt 50,00 EUR erstattungsfähig. Mit der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Pauschale gemäß § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO i.V.m. Nr. 7002 der Anlage 1 zum RVG in Höhe von 20,00 EUR kann die Antragsgegnerin in den 3 Verfahren insgesamt 70,00 EUR als notwendige Auslagen erstattet verlangen. Auf das vorliegende Verfahren entfallen 1/3, also 23,33 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden jedoch nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG analog).