AG Zossen, Urteil vom 31.07.2014 - 75 C 8/13
Fundstelle
openJur 2014, 23424
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Veräußerung der im Grundbuch des Amtsgericht Zossen, eingetragenen Eigentumswohnung in bestehend aus einem 77,25/10.000-Miteigentumsanteil an den Flurstücken, zur Größe von 9.214 m², verbunden mit dem Sondereigentum an allen Räumen, die im Aufteilungsplan mit der Nr. 28 bezeichnet sind, nebst Pkw-Stellplatz Nr. T28 zuzustimmen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von € 618,48 freizustellen,

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des in dem Tenor zu Ziff. 1. genannten Wohnungseigentums und Mitglieder der von der Beklagten verwalteten Wohnungseigentumsanlage i. Gem. § 4 des Gemeinschafts- und Verwaltungsvertrags ist festgelegt, dass jeder Wohnungseigentümer zur Veräußerung des Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters bedarf.

Mit notariellem Vertrag vom 23.11.2012 veräußerten die Kläger ihr Wohnungseigentum an für € 64.000,-. Mit Erklärung vom 2.1.2013 vor dem Notar erteilte die Beklagte die Zustimmung zu dem Kaufvertrag, überlies den Klägern jedoch lediglich eine Kopie dieser Zustimmung. Unter dem 18.6.2013 forderten die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten die Beklagte erfolglos zur Zustimmung auf.

Die Eigentümerversammlung fasste am 6.9.2013 zu TOP 11 einen Beschluss, dass die Eigentümer die Entscheidung über den streitgegenständlichen Erwerbsvorgang an sich ziehen und die Verwalterin anweisen, den Klägern und dem Erwerber Gelegenheit zu geben, der Verwalterin Auskünfte über die finanzielle Situation des Erwerbers vorzulegen. „Für den Fall, dass die Prüfung der eingereichten Unterlagen es der Verwalterin nicht erlauben, die Zustimmung zu erteilen, wird die Zustimmung endgültig verweigert. Das Gleiche gilt, falls die geforderten Ergänzungen des Vertrages nicht vollständig erfolgt sind.“ Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 6.9.2013, Bl. 59 ff. d.A. Bezug genommen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass die Beklagte auch im Hinblick auf den Beschluss weiterhin passivlegitimiert sei, da der Beschluss lediglich eine Handlungsanweisung enthalte. Sie behaupten, dass die aus dem Protokoll ersichtliche Passage, dass „die Eigentümer die Entscheidung ... an sich ziehen“ am 6.9.2013 nicht beschlossen, sondern in der Protokoll zugefügt worden sei.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, der Veräußerung der im Grundbuch des Amtsgericht eingetragenen Eigentumswohnung in, bestehend aus einem 77,25/10.000-Miteigentumsanteil an den Flurstücken zur Größe von 9.214 m², verbunden mit dem Sondereigentum an allen Räumen, die im Aufteilungsplan mit der Nr. 28 bezeichnet sind, nebst Pkw-Stellplatz Nr. T28 zuzustimmen,

2. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von außergerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von € 618,48 freizustellen,

3. die Beklagte im Wege der Durchführung des Beschlusses vom 6.9.2013. TOP 11, zu verurteilen, die im Klageantrag zu Ziffer 1. begehrte Zustimmung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie nicht mehr passiv legitimiert sei, weil die Eigentümerversammlung die Entscheidung an sich gezogen hätten. Im Hinblick auf die in dem Beschluss genannte Ausschlussfrist gelte die Zustimmung als verweigert.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Beklagte ist passiv legitimiert. Im Hinblick auf die in § 4 des Gemeinschafts- und Verwaltungsvertrags vereinbarte Zustimmung durch den Verwalter ist die Beklagte als amtierende Verwalterin gem. § 12 WEG zustimmungsberechtigt. Diese Berechtigung ist durch den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 6.9.2013 nicht entfallen. Zwar wird der Verwalter regelmäßig als Treuhänder der Eigentümer, so dass die Gemeinschaft vor erteilter Zustimmung anderweitig entscheiden kann, indem sie die Zustimmung bzw. die Erklärungskompetenz wieder an sich zieht. Der Verwalter ist auch befugt, die Zustimmung der Gemeinschaft einzuholen (vgl. Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl. 2010, § 12 R. 8 m.w.Nw.). Durch den vorgenannten Beschluss haben die Eigentümer jedoch die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung nicht an sich gezogen. Zwar ergibt sich aus dem Protokoll eine Beschlussfassung, dass die Gemeinschaft den Erwerbsvorgang an sich ziehe. Aus der weiteren Fassung des Beschlusses ergibt sich jedoch ausdrücklich, dass die Beklagte als Verwalterin weiterhin über die Zustimmung entscheiden solle. Die Gemeinschaft stellt auf die Prüfung der eingereichten Unterlagen durch die Verwalterin und deren Entscheidung über die Zustimmung ab; eine Prüfung der Unterlagen durch die Gemeinschaft ist ebensowenig vorgesehen wie eine Entscheidung der Gemeinschaft über die Zustimmung. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus der Wendung, dass die Zustimmung, falls sie nicht erteilt werden kann, endgültig versagt werde, keine Entscheidung oder Vorgabe der Gemeinschaft für die Beklagte. Die Zustimmung kann lediglich erteilt oder versagt werden, so dass der Beschluss hier lediglich deklaratorischer Natur ist. Auch ist durch den Beschluss keine Entscheidung darüber getroffen worden, dass die Versagung durch die Gemeinschaft erfolgt.

Die Beklagte war zur Erteilung der Zustimmung zu der streitgegenständlichen Veräußerung des Wohnungseigentums durch die Kläger zu verpflichten. Die von der Beklagten bereits am 2.1.2013 erklärte Zustimmung war durch den Beschluss der Eigentümerversammlung widerrufen worden. Ein Versagungsgrund liegt nicht vor.

Die von der Beklagten erteilte Zustimmung konnte durch die Gemeinschaft widerrufen werden. Die Beklagte war hinsichtlich der Erklärungskompetenz, wie bereits dargestellt, lediglich Treuhänderin der Eigentümer. Anhaltspunkte, dass die Beklagte aus eigenem Recht über die Zustimmung entscheiden können sollte, sind nicht ersichtlich. Die Zustimmung war auch zum damaligen Zeitpunkt noch widerrufbar. Die notarielle Urkunde hatte die Beklagte nicht an die Kläger herausgegeben. Die Zustimmung zu dem schuldrechtlichen Verkauf und der dinglichen Veräußerung kann nur einheitlich beurteilt werden. Bei der Zustimmung handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit ihrem Zugang gegenüber dem Veräußerer oder Erwerber wirksam wird (§ 182 Abs. 1 BGB. Da die Zustimmung auch für die „Veräußerung“erforderlich und diese erst mit der Umschreibung im Grundbuch vollzogen ist, stellt die zuvor erteilte Zustimmung eine Einwilligung gem. § 183 BGB dar, die als einheitliche Erklärung zu beiden Rechtsgeschäften auch nur einheitlich bis zum Eingang der Umschreibungsunterlagen beim Grundbuchamt widerruflich ist (vgl. Bärmann a.a.O., § 12 Rn. 32). Nach dem Inhalt des Beschlusses wollte die Gemeinschaft die bereits von der Beklagten getroffene Entscheidung nicht gelten lassen und hat damit die bereits erteilte Zustimmung widerrufen.

Die Kläger haben gegen die Beklagte schließlich auch einen Anspruch auf Zustimmung zu der Veräußerung ihres Wohnungseigentums mit Vertrag vom 17.1.2013. Nach § 12 Abs. 1 WEG kann als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Eigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Die Zustimmung darf gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 WEG nur aus einem wichtigen Grund versagt werden. Ein wichtiger Grund für die Versagung liegt vor, wenn der Erwerbsinteressent im Hinblick auf seine Person oder seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Wohnungseigentümer unzumutbar ist, weil aufgrund konkreter Anhaltspunkte objektiv begründete Zweifel bestehen, die erwarten lassen, dass der Erwerber nicht willens oder in der Lage sein wird, seinen Pflichten in der Wohnungseigentümergemeinschaft nachzukommen und die Rechte der anderen Wohnungseigentümer zu achten. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist der Zustimmungsberechtigte (vgl. Bärmann, a.a.O. § 12 Rn. 42). Derartige konkrete Anhaltspunkte hat die hier zustimmungsberechtigte Beklagte nicht ansatzweise dargelegt.

Der Anspruch der Kläger auf Freistellung von den ihnen für die vorgerichtliche Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten ergibt sich aus den §§ 280, 286, 249 BGB.

Einer Entscheidung über die weiteren Klageanträge der Kläger bedurfte es nicht, da diese - nach ihrem Inhalt erkennbar - nur hilfsweise gestellt waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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