VG München, Urteil vom 01.08.2014 - M 6a K 14.1238
Fundstelle
openJur 2014, 23357
  • Rkr:

Mit der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 über die Popularklagen gegen den ab 1.1.2013 geltenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV - ist mit bindender Wirkung für die Bayerischen Verwaltungsgerichte geklärt, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnetKläger zahlte bis zum 31. Dezember 2012 Rundfunkgebühren nur für ein Hörfunkgerät;Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014;Bindung der bayerischen Gerichte an Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs; Rundfunkbeitrag im privaten Bereich für eine Wohnung; Inhaber einer Wohnung als Beitragsschuldner; Verfassungsmäßigkeit des RBStV; Fälligkeit des Rundfunkbeitrags; Säumniszuschlag

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Beklagte führte den Kläger seit April 1995 als privaten Rundfunkteilnehmer unter der Teilnehmernummer ... Ausweislich der letzten Fälligkeitsmitteilung bezüglich Rundfunkgebühren vom ... November 2012 wurde der Kläger jedenfalls zuletzt nur mit einem Hörfunkgerät geführt. Bis zuletzt zum ... Dezember 2012 wurde er daher zur Zahlung von Rundfunkgebühren jeweils in Höhe der Grundgebühr von a... Euro, also b... Euro jeweils für einen Dreimonatszeitraum, herangezogen. Mit einer Zahlung vom ... November 2012 über b... Euro war das Rundfunkteilnehmerkonto bis inklusive Dezember 2012 ausgeglichen.

Mit Zahlungserinnerung vom ... April 2013 wies der Beklagte den Kläger unter der Beitragsnummer ... auf rückständige Rundfunkbeiträge in Höhe von c... Euro hin, die am ... Februar 2013 fällig gewesen seien.

Nachdem ein Zahlungseingang nicht erfolgte, setzte der Beklagte mit Gebühren-/Beitragsbescheid vom ... Juni 2013 einen rückständigen Betrag von d... Euro für den Zeitraum vom ... Januar 2013 bis ... März 2013, bestehend aus c... Euro Rundfunkbeiträgen und 8,00 Euro Kosten (Säumniszuschlag) für eine Wohnung fest. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom ... Juni 2013 Widerspruch ein.

Nachdem auch nach einem Informationsschreiben des Beklagten vom ... Juli 2013 über den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag kein Zahlungseingang erfolgte, setzte der Beklagte mit Gebühren-/Beitragsbescheid vom ... September 2013 einen rückständigen Betrag in Höhe d... Euro für den Zeitraum vom ... April 2013 bis ... Juni 2013, bestehend aus c... Euro Rundfunkbeiträgen und 8,00 Euro Kosten (Säumniszuschlag) für eine Wohnung fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom ... September 2013 ebenfalls Widerspruch ein.

Am ... Oktober 2013 erließ der Beklagte einen weiteren Gebühren-/Beitragsbescheid mit dem er ebenfalls einen rückständigen Betrag von d... Euro, der sich zusammensetzte wie zuvor, für den Zeitraum vom ... Juli 2013 bis ... September 2013 für eine Wohnung festsetzte. Außerdem erging am ... Januar 2014 nochmals ein Gebühren-/Beitragsbescheid des Beklagten gegenüber dem Kläger für den Zeitraum vom ... Oktober 2013 bis ... Dezember 2013 über einen rückständigen Betrag wiederum von d... Euro. Hinsichtlich dieser Bescheide sind Widersprüche des Klägers der Akte des Beklagten nicht zu entnehmen.

Mit Schriftsatz vom ... März 2014, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am ... März 2014, erhoben die Bevollmächtigten des Klägers für diesen Klage mit dem Antrag,

1. den Gebühren-/Beitragsbescheid des Beklagten vom ... Juni 2013 aufzuheben und

2. den Gebühren-/Beitragsbescheid des Beklagten vom ... September 2013 aufzuheben.

3. Der Beklagte habe an den Kläger e... Euro zu bezahlen.

In der Klagebegründung wird ausgeführt, dass über die Widersprüche des Klägers gegen die Gebühren-/Beitragsbescheide vom ... Juni 2013 und vom ... September 2013 noch nicht entschieden sei. Der Kläger verfüge über kein Fernsehgerät. Der Kläger habe dem Beklagten zwischenzeitlich die festgesetzten Beträge durch Übergabe eines Verrechnungsschecks an den Gerichtsvollzieher beglichen.

Obwohl kein Widerspruchsbescheid ergangen sei, sei die Klage nach § 75 VwGO zulässig, da der Beklagte ohne zureichenden Grund über den Widerspruch bislang nicht entschieden habe und seit der Einlegung des letzten Widerspruchs mehr als drei Monate verstrichen seien.

Die Bescheide seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen in Art. 14 GG und Art. 2 GG geschützten Rechten. Insbesondere schütze das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG vor der Auferlegung von Steuern und anderen Abgaben. Nach Art. 2 Abs. 1 GG dürfe in das Recht der allgemeinen Handlungsfreiheit nur durch ein Gesetz eingegriffen werden, das der verfassungsmäßigen Ordnung entspreche. Die streitgegenständlichen Bescheide beruhten auf den Regelungen des landesrechtlichen Rundfunkbeitragsstaatsvertrags in der seit 1. Januar 2013 anwendbaren Fassung. Die Zahlungspflicht knüpfe allein an die bloße Inhaberschaft einer Wohnung an. Ob der betroffene Wohnungsinhaber über ein Radio oder Fernsehgerät verfüge, sei für die Zahlungsverpflichtung unerheblich. Die dem Kläger mit den angefochtenen Bescheiden auferlegte Zahlungsverpflichtung sei entgegen ihrer Bezeichnung jedoch weder eine Gebühr noch ein Beitrag, was jeweils weiter ausgeführt wurde. Der Rundfunkbeitrag sei auch nicht als zulässige Sonderabgabe zu qualifizieren sondern als Steuer, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstelle und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahme allen auferlegt werde, bei denen der Tatbestand zutreffe, an dem das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Bei der Zahlungspflicht nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag handele es sich um eine landesrechtlich auferlegte Steuer, da keine unmittelbare Gegenleistung mit der Zahlung abgegolten werde. Die Zahlungspflicht werde auch von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen, dem Freistaat Bayern, zur Erzielung von Einnahmen allen Wohnungsinhabern auferlegt. Der Rundfunkbeitrag sei somit als Steuer zu qualifizieren. Bei der Zahlungspflicht nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag handele es sich um eine landesrechtlich auferlegte Steuer, die sich jedoch nicht in das Steuersystem des Art. 105, Art. 106 GG eingliedern lasse. Somit enthalte die Finanzverfassung des Grundgesetzes keine Kompetenzgrundlage für die Erhebung einer Rundfunksteuer. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei somit als Ländergesetz kompetenzwidrig ergangen und verletze somit das Rechtsstaatsprinzip. Die dem Kläger im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag auferlegte Zahlungspflicht sei somit rechtswidrig und verletze diesen in subjektiven Rechten. Im Wege der Erfüllung des Folgenbeseitigungsanspruches seien die bezahlten Rundfunkbeiträge inklusive der Säumniszuschläge an den Kläger vom Beklagten zurückzuzahlen.

Der Beklagte legte mit Schriftsatz vom ... April 2014 seine Akte vor und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bereits unzulässig, da ein zureichender Grund im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO vorliege. Der Beklagte bzw. der für ihn handelnde Beitragsservice sei wegen der Umstellung von der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag derzeit überlastet. Dass eine vorübergehende Überlastung der Behörde infolge einer Gesetzesänderung einen zureichenden Grund darstelle, sei in Schrifttum und Rechtsprechung anerkannt. Wegen zahlreicher Widersprüche mit den auch im hiesigen Verfahren genannten Argumenten (Rundfunkbeitrag sei eigentlich eine Steuer, Länder seien unzuständig etc.) sei beim Zentralen Beitragsservice derzeit ein erheblicher Rückstau entstanden, der durch den einmaligen Meldedatenabgleich nach § 14 Abs. 9 RBStV noch gesteigert werde. Eine Untätigkeitsklage sei daher unzulässig.

Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in dessen Rechten. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum zur Entrichtung eines Wohnungsbeitrags und zur Zahlung der Säumniszuschläge verpflichtet gewesen. Im Wesentlichen wurde hierzu weiter ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die Festsetzung von rückständigen Rundfunkbeiträgen der seit 1. Januar 2013 geltende Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei, nachdem jeder Inhaber einer Wohnung einen Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 Euro zu entrichten habe. Als Inhaber werde jede Person vermutet, die in einer Wohnung nach Melderecht gemeldet sei oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt werde. Dementsprechend sei der Kläger als Inhaber einer Wohnung gemäß § 2 Abs. 1 RBStV beitragspflichtig.

Der Rundfunkbeitrag sei keine Steuer sondern ein Beitrag im abgabenrechtlichen Sinne, was weiter ausgeführt wurde. Insbesondere wurde erklärt, dass der Rundfunkbeitrag nicht der Finanzierung staatlicher Aufgaben, sondern der Finanzierung des staatsfreien öffentlichen Rundfunks diene. Der Rundfunkbeitrag werde auch nicht – wie Steuern – durch den Staat erhoben, sondern durch die Landesrundfunkanstalten selbst. Eine Steuerfinanzierung müsse wegen des Gebots der Staatsfreiheit des Rundfunks ausscheiden. Grundsätzlich seien alle Bürgerinnen und Bürger mit eigenem Einkommen steuerpflichtig. Demgegenüber zahlten aber nur volljährige Wohnungsinhaber einen Rundfunkbeitrag, und zwar nur einen gemeinsamen Beitrag pro Wohnung. Im Gegensatz zur Steuer hänge die Beitragshöhe auch nicht vom Einkommen ab, sondern betrage pauschal 17,98 Euro pro Monat. Anders als Steuern würden Beiträge für die Möglichkeit erhoben, Angebote öffentlicher Einrichtungen zu nutzen. So falle der Rundfunkbeitrag für die Möglichkeit an, den überall verbreiteten Rundfunk empfangen zu können. Obwohl nicht mehr an das Bereithalten von Empfangsgeräten angeknüpft werde, bestehe nach wie vor ein hinreichender Zusammenhang zwischen der Beitragspflicht und der Möglichkeit des Rundfunk-empfangs. Die Möglichkeit zum Rundfunkempfang bestehe typischerweise in Wohnungen. Hierzu erfolgten weitere Erläuterungen. Nach alledem sei der Rundfunkbeitrag keine unzulässige Steuer und verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz. Die Rundfunkbeiträge seien daher zu Recht festgesetzt worden. Die Bescheide des Beklagten seien daher rechtmäßig. Da eine rechtzeitige und ausgleichende Zahlung nicht geleistet worden sei, seien auch die Säumniszuschläge zu Recht festgesetzt worden. Abschließend erklärte der Beklagte, dass auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werde.

Die Bevollmächtigten des Klägers erklärten mit Schriftsatz vom ... Juli 2014 ebenfalls, dass mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren Einverständnis bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet und hat daher keinen Erfolg.

Die nach Erhebung von Widersprüchen gegen die streitgegenständlichen Bescheide vom ... Juni 2013 und vom ... September 2013 erhobene Klage ist zulässig geworden, auch wenn ein Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen worden ist. In seiner Klageerwiderung vom ... April 2014 legte der Beklagte zwar die außergewöhnlichen Umstände dar, warum bislang ein Widerspruchsbescheid noch nicht habe erlassen werden können, kündigte jedoch weder den Erlass eines Widerspruchsbescheids an noch beantragte er die Setzung einer Frist nach § 75 Satz 3 VwGO. Er erklärte sich jedoch mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden. In all dem sieht das Gericht die konkludente Erklärung des Beklagten, dass er einen Widerspruchsbescheid in dieser Sache nicht mehr erlassen werde, sondern unmittelbar eine gerichtliche Entscheidung wünsche.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Gebühren-/Beitragsbescheide des Beklagten vom ... Juni 2013 und vom ... September 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz VwGO). Daher hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des vom Kläger angeblich an einen Gerichtsvollzieher bezahlten Betrags in Höhe von e... Euro, der der Summe der mit den Bescheiden festgesetzten Beträge entspricht (§ 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

1. Die streitgegenständlichen Bescheide vom ... Juni 2013 und vom ... September 2013 sind formell- und materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die vom Kläger insoweit erhobenen Einwände greifen im Ergebnis nicht durch.

1.1 Die Bescheide sind nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensrechts formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Beklagte als die die Bescheide erlassende Stelle ohne weiteres erkennbar.

1.2 Mit den Bescheiden hat der Beklagte gegenüber dem Kläger auch materiell rechtmäßig Rundfunkbeiträge für eine Wohnung für insgesamt Januar 2013 bis inklusive Juni 2013 festgesetzt. Die Festsetzung jeweils eines Säumniszuschlages ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

1.2.1 Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258], § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [GVBl S. 566], zuletzt geändert durch Art. 6 Nr. 8 des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 7.6.2011).

Im privaten Bereich ist nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 Euro im Monat zu entrichten (ebenso BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 7 ZB 13.1817 – juris Rn. 16). Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).

Der Kläger – der nach Aktenlage jedenfalls zuletzt bis zum ... Dezember 2012 als Rundfunkteilnehmer mit nur einem Hörfunkgerät zur Zahlung der Grundgebühr von a... Euro monatlich herangezogen worden war – hat nicht in Abrede gestellt, im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaber einer Wohnung gewesen zu sein. Vielmehr wendete er sich gegen den Rundfunkbeitrag als solchen mit dessen Anknüpfung an das Innehaben einer Wohnung.

1.2.2 Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegnet jedoch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 15. Mai 2014 auf zwei Popularklagen (Az.: ... und ...) hin unanfechtbar und für alle bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof – VfGHG –) insbesondere entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RBStV über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung mit der Bayerischen Verfassung – BV – vereinbar sei (die Entscheidung ist im Volltext veröffentlicht unter www.bayern.verfassungsgerichtshof.de; Leitsatz Nr. 1). Die Norm verstoße nicht gegen die Rundfunkempfangsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen (Rn. 62). Bei dem Rundfunkbeitrag handele es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe, die zu regeln in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle. Sie sei sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern werde als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben (Leitsatz Nr. 2). Die Abgabe habe den Charakter einer Vorzugslast; dem stehe nicht entgegen, dass auch die Inhaber von Raumeinheiten, in denen sich keine Rundfunkempfangsgeräte befinden, zahlungspflichtig seien. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwinge den Gesetzgeber nicht dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollten (Leitsatz Nr. 3). Im privaten Bereich werde mit der Anbindung der Beitragspflicht an das Innehaben einer Wohnung (§ 3 Abs. 1 RBStV) die Möglichkeit der Rundfunknutzung als abzugeltender Vorteil sachgerecht erfasst (Leitsatz Nr. 4).

Das Recht aus Art. 112 Abs. 2 BV auf Rundfunkempfangsfreiheit werde nicht beeinträchtigt (Rn. 63). Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) sei ebenfalls nicht verletzt (Rn. 65), insbesondere weil das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV nicht wegen eines Wider-spruchs zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt sei (Rn. 68). Der Freistaat Bayern habe mit seiner Zustimmung zum RBStV von seiner Gesetzgebungskompetenz aus Art. 70 Grundgesetz – GG – Gebrauch gemacht, ohne dabei die durch die Finanzverfassung des GG gezogenen Grenzen zu überschreiten (Rn. 70). Die Zahlungspflichten im privaten und nicht privaten Bereich seien verhältnismäßig (Rn. 97).

Die Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV (Rn. 101). Indem der Gesetzgeber für jede Wohnung deren Inhaber ohne weitere Unterscheidung einen einheitlichen Rundfunkbeitrag auferlege, habe er nicht wesentlich Ungleiches ohne Rechtfertigung gleich behandelt. Anknüpfungspunkt für die Rundfunkbeitragspflicht sei die Möglichkeit der Programmnutzung, die im privaten Bereich typisierend den einzelnen Wohnungen und damit den dort regelmäßig in einem Haushalt zusammenlebenden Personen zugeordnet werde. Durch den Wohnungsbegriff würden verschiedene Lebenssachverhalte – von dem allein lebenden „Medienverweigerer“ über die „typische Familie“ bis hin zur „medienaffinen“ Wohngemeinschaft – normativ zusammengefasst und einer einheitlichen Beitragspflicht unterworfen, die sämtliche Möglichkeiten der Rundfunknutzung einschließlich der mobilen und derjenigen in einem privaten Kraftfahrzeug abdecke und die vorbehaltlich der Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen des § 4 RBStV unausweichlich sei. Diese Typisierung für den privaten Bereich beruhe auf einleuchtenden, sachlich vertretbaren Gründen und sei auch unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit nicht zu beanstanden (Rn. 105 ff).

Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt der Bayerische Verfassungsgerichtshof sodann noch klar, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Programmangebot im Rahmen seines klassischen Funktionsauftrags, zur Meinungs- und Willensbildung beizutragen, zu unterhalten und zu informieren sowie eine kulturelle Verantwortung wahrzunehmen, als allgemein zugängliche Informationsquelle im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bereitstelle (Rn. 72).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 verwiesen.

Die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags im Rahmen der Popularklagen vorgebrachten Argumente sind damit nicht durchgreifend. Ergänzend ist anzumerken, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof seine Prüfung bei Popularklageverfahren auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung erstreckt, selbst wenn sie von der Antragspartei nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (Rn. 60). Nachdem in der Entscheidung vom 15. Mai 2014 eine Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsrechts nach Art. 103 Abs. 1 BV nicht stattfand ist offensichtlich, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof noch nicht einmal dessen Schutzbereich durch die Rundfunkbeitragspflicht als berührt angesehen hat. Gleichermaßen hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 13. Mai 2014 (VGH B 35/12 – juris) auf eine Verfassungsbeschwerde gegen den RBStV hin den Schutzbereich unter anderem der Eigentumsfreiheit nach der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – als schon gar nicht berührt erachtet und die Verfassungsbeschwerde insoweit als unzulässig angesehen (juris Rn. 37, 53). Die Rundfunkbeiträge hätten keine übermäßig belastende oder gar erdrosselnde Wirkung. Auch knüpfe die Abgabenpflicht nicht an den Hinzuerwerb von Eigentum oder den Bestand des Hinzuerworbenen an (juris Rn. 54). Von daher ist ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 103 Abs. 1 BV nicht ersichtlich.

1.2.3 Hieraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die streitgegenständlichen Bescheide materiell rechtmäßig sind. Der Kläger war für den festgesetzten Zeitraum Januar 2013 bis einschließlich Juni 2013 verpflichtet, einen monatlichen Rundfunkbeitrag in Höhe von b... Euro zu bezahlen. Dies folgt daraus, dass er zu dieser Zeit Inhaber einer Wohnung und damit Beitragsschuldner im Sinne des § 2 Abs. 1 RBStV war. Insoweit hat er Einwände gegen die vorliegenden Bescheide auch nicht erhoben. Gründe, die ausnahmsweise zu einer Befreiung oder Ermäßigung von der Beitragspflicht hätte führen können bzw. müssen, wurden vom Kläger nicht geltend gemacht.

Der Kläger hat auch Anlass für die erfolgte Festsetzung von Rundfunkbeiträgen durch den Beklagten mit den streitgegenständlichen Bescheiden geboten, § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV.

Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 RBStV ist der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet. Er ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten. Die für den Kläger vorliegend individuell relevanten Dreimonatszeiträume umfassten die Monate Januar 2013 bis März 2013 und April 2013 bis Juni 2013. Der Kläger hätte also die Rundfunkbeiträge für diese Zeiträume am ... Februar 2013 und am ... Mai 2013 leisten müssen. Der Kläger hatte die Rundfunkbeiträge jedoch trotz deren Fälligkeit nicht gezahlt.

1.2.4 Die gegen die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom Kläger erhobenen grundlegenden Einwände gegen den Rundfunkbeitrag als solchen greifen angesichts der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs nicht durch.

Insbesondere seine Argumente hinsichtlich einer Verletzung des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV, entsprechend Art. 2 Abs. 1 GG), des Grundrechts auf Eigentum (Art. 103 Abs. 1 BV, entsprechend Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und des Rechtsstaatsprinzips sind als vollständig widerlegt anzusehen. Gleiches gilt für das Argument des Rundfunkbeitrags als einer unzulässigen landesrechtlichen Steuer. Gerade dieses Argument hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof eingehend behandelt und entkräftet. Der Rundfunkbeitrag wird im Übrigen nicht vom Freistaat Bayern erhoben, sondern von der Landesrundfunkanstalt Bayerischer Rundfunk und dient allein dessen staatsferner Finanzierung (Rn. 82).

1.2.5 Die Festsetzung von Säumniszuschlägen in den streitgegenständlichen Bescheiden ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung – vom 19. Dezember 2012, in Kraft getreten am 1. Januar 2013 (veröffentlicht im Bayerischen Staatsanzeiger vom 21.12.2012, StAnz Nr. 51-52/2012, S. 3; § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung).

Vorliegend hatte der Kläger die geschuldeten Rundfunkbeiträge jeweils bis vier Wochen nach Fälligkeit nicht bezahlt, so dass der Beklagte in jedem der streitgegenständlichen Bescheide einen Säumniszuschlag festsetzen durfte. Die Festsetzung erfolgte auch der Höhe nach zutreffend, weil der Kläger jeweils c... Euro Rundfunkbeiträge schuldete, wovon 1% weniger als 8,00 Euro sind, so dass der Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 Euro anzusetzen war.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

3. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.  

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 123,88 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).