VG Oldenburg, Urteil vom 22.10.2014 - 5 A 5466/13
Fundstelle
openJur 2014, 23678
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich - teils mit Anfechtungsklage und teils im Wege der Fortsetzungsfeststellungklage - gegen eine abfallrechtliche Verfügung des Beklagten, mit der ihr auferlegt wurde, Futtermais mit schädlichen Schimmelpilzanhaftungen (Aflatoxin B1) schadlos und ordnungsgemäß zu entsorgen und dies nachzuweisen. Im Parallelverfahren 5 A 5467/13 ficht sie den zugehörigen Kostenfestsetzungsbescheid an.

Die Klägerin ist ein in Norddeutschland ansässiges Unternehmen, das weltweit mit Futtermitteln und anderen landwirtschaftlichen Produkten handelt. Im Jahr 2012 importierte sie größere Mengen Futtermais von der Balkanhalbinsel (Serbien, Bulgarien und Rumänien) nach Deutschland und lagerte sie u.a. im B. Hafen bei der M. A.   GmbH & Co. KG (Lagerhalterin der Klägerin) sowie in der Freien Hansestadt B.. Aufgrund von Proben stellte sich heraus, dass dem Futtermais teilweise Aflatoxin B1 in einer Konzentration anhaftet, der die zulässigen Höchstgehalte für die Verwendung als Futtermittel in der Europäischen Union (0,02 mg/kg) überschreitet. Die Klägerin informierte ihre Kunden und wirkte im Rahmen des Schnellwarnsystems der Europäischen Union mit deutschen Gesundheits-, Verbraucherschutz- und Lebensmittelsicherheitsbehörden zusammen, um den Sachverhalt aufzuklären. In diesem Zusammenhang erließ das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) O. gegenüber der Lagerhalterin der Klägerin ein futtermittelrechtliches Verarbeitungs- und Verkehrsverbot. Zudem traf es mit Allgemeinverfügung vom 9. März 2013 weitere Anordnungen zum Schutz gegen Gefahren durch Aflatoxin B1 in Futtermitteln gegenüber Futtermittelunternehmen in Niedersachsen und der Freien Hansestadt B.. Die Klägerin beabsichtigte ursprünglich, als Futtermittel ungeeigneten Mais als Biomasse zur Energieerzeugung (etwa in Biogasanlagen oder zur Herstellung von Bio-Ethanol) zu verwenden. Vor diesem Hintergrund gab ihr der Beklagte mit abfallrechtlicher Verfügung vom 22. März 2013 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, „10.000 Tonnen Mais aus Serbien“, die im B. Hafen lagern und mit Aflatoxin B1 verunreinigt seien, einem abfallrechtlichen Entsorgungsverfahren zuzuführen, bei dem die Abfälle aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleust werden. Dagegen erhob die Klägerin am 2. April 2013 Widerspruch und beantragte erstinstanzlich erfolglos vorläufigen Rechtsschutz (Beschluss der Kammer vom 6. Mai 2013 - 5 B 4724/13 -, juris).

Während des Beschwerdeverfahrens beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht - Nds. OVG - verstärkte die Klägerin ihre Bemühungen um eine behördliche Genehmigung der zwischenzeitlich (auch) begehrten Verschiffung des mit Aflatoxin kontaminierten Maises serbischer Herkunft zum Export als Futtermittel in die USA, wo ein anderer Höchstwert für Aflatoxin B1 in Futtermitteln für bestimmte Tierarten (0,3 mg/kg) gilt. Nach ihrem Vortrag verfolgte sie von Anfang an parallel diese Verwendungsoption. So erlangte sie etwa vom LAVES eine mit zahlreichen Nebenbestimmungen versehene futtermittelrechtliche Freigabeverfügung vom 20. Juni 2013, ergänzt durch Bescheid vom 16. Juli 2013, für den in B. und in B. lagernden Mais aus Serbien. Am 22. Juli 2013 erfolgte die Verschiffung von etwa 8.700 Tonnen des in B. gelagerten kontaminierten Maises - zusammen mit ca. 25.000 Tonnen in B. gelagerten Mais - in die USA zur dortigen Verwendung als Futtermittel. Daraufhin erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit vor dem Nds. OVG in der Hauptsache für erledigt. Das Nds. OVG erklärte mit Beschluss vom 15. August 2013 (7 ME 29/13) die erstinstanzliche Entscheidung - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung - für wirkungslos und legte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf. Die zunächst auch unter dem 23. Juni 2013 erhoben Klagen gegen die futtermittelrechtlichen Freigabeverfügungen des LAVES vom 20. Juni 2013 (serbischer Futtermais in B.) und vom 16. Juli 2013 (serbischer Futtermais in B.) haben die Beteiligten ebenfalls zwischenzeitlich in der Hauptsache für erledigt erklärt (Einstellungsbeschlüsse vom 27. Dezember 2013 - 7 A 5558/13 und 7 A 5557/13 -).

Das Widerspruchsverfahren gegen die Verfügung vom 22. März 2013 wurde vom Beklagten wegen der vorgenannten Erledigung der Angelegenheit nicht förmlich abgeschlossen. Den Kostenfestsetzungsbescheid vom 25. März 2013 hält er aufrecht, hat dessen Vollstreckung aber wegen der schwebenden Klageverfahren ausgesetzt.

Die Klägerin hat bereits am 12. Juli 2013 Untätigkeitsklage erhoben, die sie nach angenommener Hauptsacheerledigung überwiegend als Fortsetzungsfeststellungklage fortführt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Sowohl hinsichtlich der in die USA verschifften Menge von 8.700 t Mais aus Serbien als auch hinsichtlich einer Menge von 1.300 t Mais aus Bulgarien/Rumänien, der nach schriftsätzlicher Erklärung des Beklagten vom 30. Juli 2013 im Beschwerdeverfahren nicht von der streitigen Verfügung erfasst werde, sei eine Erledigung eingetreten. Die vor Erledigung erhobene Untätigkeitsklage sei zulässig gewesen, weil der Beklagte ohne zureichenden Grund nicht über ihren Widerspruch vom 2. April 2013 entschieden habe. Sie habe ein besonderes Interesse an der begehrten Feststellung. Es liege eine Wiederholungsgefahr vor, da der Beklagte nicht von seiner Auffassung und den Vorgaben der ministeriellen Erlasse abgerückt sei und in zu erwartenden parallel gelagerten Fällen mit vergleichbaren abfallrechtlichen Verfügungen zu rechnen seien. Die ministeriellen Erlasse vom 4. und 6. März 2013 seien nicht aus inhaltlicher Überzeugung, sondern wegen der eingetretenen Erledigung aufgehoben worden. Das Verhalten des Beklagten im Verfahren 5 B 6093/13 betreffend die weitere Verwendung ähnlich verunreinigten Maises aus Bulgarien/Rumänien belege dies. Erst nach gewonnenem Beschwerdeverfahren und Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens (5 D 1419/14) habe der Beklagte dort das gebotene abfallrechtliche Negativattest abgegeben. Zudem habe sie ein Rehabilitationsinteresse, zumal öffentlichkeitswirksam fälschlicherweise über die Abfallqualität ihres Maises bzw. vermeintlich unverantwortliches Vorgehen berichtet worden sei (etwa: Presseerklärung des Nds. ML vom 10. Juli 2013; Antwort der Nds. Landesregierung auf Kleine Anfrage, LT-Drs. 17/817, Bl. 142 ff GA). Schließlich beabsichtige sie, wegen des rechtswidrigen Vorgehens Amtshaftungsansprüche geltend zu machen, die hinreichend aussichtsreich seien. Nach zutreffender Rechtsauffassung des Nds. OVG (vgl. Beschlüsse vom 15. August 2013 - 7 ME 29/13 - und 28. März 2014 - 7 ME 109/13 -) sei die abfallrechtliche Verfügung bis zu ihrer Erledigung rechtswidrig gewesen, insbesondere weil dem verunreinigten Mais keine Abfallqualität zukomme. Dies gelte sowohl bei einer bestehenden Verwendungsoption als Futtermittel für bestimmte Tierarten in den USA als auch bei Verwendungsoption als Biomasse zur Energieerzeugung in der Bio-Fermentation. Folglich könne sie auch mit Erfolg die sie nach wie vor belastende Kostengrundentscheidung in Nr. 5 des Bescheides anfechten.

Die Klägerin beantragt,

1. die Kostengrundentscheidung in Nr. 5 des Bescheides des Beklagten vom 22. März 2013 (Az.: OL026103602-238) aufzuheben,

2. im Übrigen gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 22. März 2013 (Az.: ….) bis zu seiner Erledigung rechtswidrig gewesen ist,

3. die Hinzuziehung von Rechtsanwälten im Vorverfahren für notwendig zu erklären und

4. die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zuzulassen.

Er erwidert, bereits die ursprüngliche Untätigkeitsklage wegen des noch nicht beschiedenen Widerspruchs sei im Hinblick auf das seinerzeit schwebende Beschwerdeverfahren (7 ME 29/13) und eine sich abzeichnende Erledigung unzulässig gewesen. Zudem fehle der Klägerin das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Eine Wiederholungsgefahr könne schwerlich angenommen werden, da es jeweils auf die besonderen Umstände des Einzelfalles und die Verwendungsabsichten des Maisbesitzers ankomme. Mit Erlass vom 16. Oktober 2014 habe das Umweltministerium seine einzelfallbezogenen Erlasse vom 4. und 6. März 2013 wieder aufgehoben. Im Übrigen habe die Klägerin in einem parallel gelagerten Fall das begehrte abfallrechtliche Negativattest für ähnlich verunreinigten Futtermais aus Bulgarien/Rumänien bekommen, jedenfalls nachdem komplexe streitige Fragen in zwei Instanzen gerichtlich geklärt, innerbehördlich geprüft sowie die obergerichtlichen Vorgaben in angemessener Frist umgesetzt worden seien. Die abfallrechtliche Verfügung sei ursprünglich und bis zu ihrer Erledigung durch die mit behördlichen Maßnahmen (futtermittelrechtliche Freigaben vom 20. Juni und 16. Juli 2013) flankierte Verschiffung des Maises rechtmäßig gewesen. Die Verwendungsoption als Futtermittel in den USA habe die Klägerin erstmals während des laufenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens 5 B 4724/13 pauschal erwähnt und erst nach erstinstanzlicher Entscheidung im Beschwerdeverfahren 7 ME 29/13 konkretisiert. Wegen der auch vom Verwaltungsgericht gesehenen Rechtmäßigkeit fehle jegliche ehrverletzende Stigmatisierung der Klägerin und auch Amtshaftungsansprüche seien kaum aussichtsreich, zumal jedenfalls kein Schuldvorwurf gelingen könne. Das Nds. OVG verkenne bei seiner gegenteiligen Einschätzung insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes - EuGH - zum Abfallbegriff, der weit auszulegen sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die beigezogenen Gerichtsakten in den Verfahren 5 B 4724/13, 5 B 6093/13 und 5 A 5467/13 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Soweit sich die Klägerin gegen die Kostengrundentscheidung in Nr. 5 des Bescheides des Beklagten vom 22. März 2013 wendet, ist ihre Klage als Anfechtungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässig. Die insoweit zunächst als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erhobene Klage ist jedenfalls dadurch statthaft geworden, dass der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 2. April 2013 gegen den genannten Bescheid auch geraume Zeit nach der am 22. Juli 2013 erfolgten Verschiffung des streitgegenständlichen Futtermaises insoweit nicht förmlich beschieden oder ihm abgeholfen hat. Trotz des fehlenden abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens nach § 68 VwGO ist dieser Klageteil (ausnahmsweise) infolge besonderer Umstände zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ein Vorverfahren ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn dem Zweck des Vorverfahrens bereits Rechnung getragen ist oder der Zweck des Vorverfahrens ohnehin nicht mehr erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 2010 - 8 C 21.09 - m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Der Beklagte, der hier sowohl als Ausgangsbehörde als auch als Widerspruchsbehörde fungiert, hat seine abschließende Haltung zur streitigen Verfügung zum Ausdruck gebracht, die er nach wie vor für rechtmäßig erlassen und zumindest als Rechtsgrund für die Anforderung von Verwaltungskosten mit Bescheid von 25. März 2013 erachtet. Damit lässt er sich sachlich auch ohne Widerspruchsbescheidung auf das Begehren der Klägerin ein. Mithin wäre es eine bloße Förmelei, auf weitere Durchführung des absehbar negativen Widerspruchsverfahrens zu bestehen.

Soweit sich die Klägerin gegen die übrigen Anordnungen der abfallrechtlichen Verfügung vom 22. März 2013 wendet, ist ihre Klage als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Erledigt sich ein Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehren - wie hier durch behördlich begleitete Verschiffung des Futtermaises in die USA bzw. Klarstellung, dass eine bestimmte Teilmenge nicht von der Verfügung erfasst wird - vor Erlass des Widerspruchsbescheids, gewährt die Rechtsprechung Rechtsschutz nur durch die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO (vgl. auch zum Streit mit abweichenden Literaturansichten: Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Online-Kommentar, 26. EL 2014, § 68 Rn. 22 f.; § 69 Rn. 16): Ein Vorverfahren und dessen förmlicher Abschluss sind nach überwiegender Auffassung der Rechtsprechung unnötig bzw. unzulässig, weil es sich um eine Feststellungs- und nicht um eine Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage handelt. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltung, verbindlich über die Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes zu entscheiden. Das Vorverfahren kann nach Erledigung der Hauptsache seinen Zweck nicht mehr erfüllen. Ein Fortsetzungsfeststellungswiderspruch ist deshalb unstatthaft. Selbst wenn - entgegen hiesiger Meinung - ein Vorverfahren zu fordern wäre, würden die obigen Erwägungen zur Anfechtungsklage greifen, dass der Beklagte jedenfalls im Klageverfahren hinreichend bekräftigt hat, dass er seine sachlichen Anordnungen bis zur Erledigung als rechtmäßig erachtet.

Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO lässt sich in Anlehnung an den vom BVerwG entschiedenen Fall eines Fleischimporteurs (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1980 - 7 C 92.79 -, juris Rn. 13) jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr unschwer bejahen. Denn die Klägerin importiert regelmäßig große Mengen von Futtermais und andere Futtermittel aus dem Ausland, lässt diese hier lagern und veräußert sie in Abhängigkeit von den jeweiligen Produkteigenschaften zu verschiedenen Verwendungszwecken weiter. Nach ihren fachlich untermauerten Angaben kommt es bei der Lagerung solcher Stoffe häufiger bei ungünstigen klimatischen Verhältnissen zu vergleichbaren Aflatoxin-Verunreinigungen, die jedenfalls in der Europäischen Union eine Verwendung als Futtermittel ausschließen und die Frage nach der ggf. bestehenden Unterworfenheit unter ein anderes rechtliches Schutzregime aufwerfen. Mithin besteht mehr als nur die vage Möglichkeit der Wiederholung einer im Wesentlichen vergleichbaren Fallgestaltung. Ebenso wenig handelt es sich um abstrakte Rechtsfragen von nur theoretischer Bedeutung für die Klägerin, da die rechtliche Qualifizierung des Futtermaises für sie bedeutsame verfahrensmäßige und ökonomische Auswirkungen hat. Ein berechtigtes Interesse an gerichtlicher Klärung, von welcher Rechtsauffassung der Beklagte im Fall künftiger vergleichbarer Verhältnisse auszugehen haben wird, kann auch nicht mit Hinweis auf die o.g. Entscheidungen des Nds. OVG in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verneint werden. Denn der Beklagte folgt der obergerichtlichen Einschätzung wegen der prozessualen Bindung und mangels weiterer Anfechtungsmöglichkeiten, hält diese aber inhaltlich für nicht überzeugend. Folglich hegt die Klägerin den begründeten Verdacht, bei zu erwartenden ähnlichen Fallgestaltungen erneut mit vergleichbaren abfallrechtlichen Verfügungen überzogen zu werden. Ob sich die Klägerin zusätzlich mit Erfolg auf ein Rehabilitationsinteresse und die Klärung von bedeutsamen Vorfragen für die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen zu berufen vermag, erscheint mangels einer ehrverletzenden Stigmatisierung im Zusammenhang mit dem behördlichen Vorgehen aus Gründen der Gefahrenabwehr und angesichts eines schwierigen Schuldvorwurfs fraglich, mag hier aber dahinstehen.

Beide Klageteile sind aber unbegründet.

Die Entsorgungs- und Nachweisanordnung des Beklagten vom 22. März 2013, deren belastende Wirkung sich nach der behördlich begleiteten Verschiffung des streitigen Futtermaises in die USA in der Grundlage für die Erhebung von Verwaltungskosten mit im Parallelverfahren angefochtenen Kostenfestsetzungsbescheid beschränkt, ist insgesamt rechtmäßig (gewesen) und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

21Der Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die angefochtenen abfallrechtlichen Anordnungen bei Bescheiderlass (und bis zur behördlich begleiteten Verschiffung des Maises in die USA) vorlagen, insbesondere der verunreinigte Futtermais den Abfallbegriff erfüllte sowie dem Abfallregime unterlag, er im öffentlichen Interesse schadlos, ordnungsgemäß und insbesondere unter Ausschleusung aus dem Biokreislauf entsorgt werden musste und die Klägerin als Eigentümerin und Abfallbesitzerin mit entsprechender Verfügungsmacht zutreffend herangezogen werden konnte, ohne dass eine Unverhältnismäßigkeit und Ermessensfehler gegeben waren. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid vom 22. März 2013.

Die angefochtene Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 62 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (in der seit dem 1. Juni 2012 geltenden Fassung vom 24. Februar 2012 - KrWG -) i. V. m. § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. KrWG. Danach kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen, d.h. u.a. eine schadlose und ordnungsgemäße Entsorgung nebst Vorlage von Entsorgungsnachweisen fordern.

Bei verständiger Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont forderte die Entsorgungsanordnung (Nr. 1) von der Klägerin kein bestimmtes Entsorgungsverfahren. Vielmehr unterstellte sie den in Brake gelagerten verunreinigten Futtermais der abfallrechtlichen Überwachung, forderte ein Entsorgungsverfahren unter sicherer Ausschleusung des giftigen und krebserregenden Aflatoxin B1 aus dem biologischen Kreislauf und überließ es der Klägerin zu wählen, welches - ggf. auch mehrstufige - Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren sie organisiert. Sie eröffnete mithin einen Auswahl- und Handlungsspielraum, das für die Klägerin geeignetste und kostengünstigste Verfahren bei der Entsorgung mit zu bestimmen. Allerdings begrenzte sie diesen im Hinblick auf abfallrechtliche Bestimmungen durch die grundlegende Anforderung, Aflatoxin B1 aus dem biologischen Kreislauf auszuschleusen. Vorrangiges Ziel der Entsorgungsanordnung war es, eine Verwertung als Biomasse zur Energieerzeugung in Biogasanlagen regulärer Betriebsweise (d.h. mit anschließender Aufbringung der Rückstände nach Gasproduktion und Trocknung auf landwirtschaftliche Böden) zu unterbinden. Denn wegen der Thermostabilität der Aflatoxine befürchtete der Beklagte, dass diese Giftstoffe über die Aufbringung der Rückstände auf landwirtschaftliche Böden im biologischen Kreislauf verbleiben und weiterhin die Tiergesundheit, die Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit der Menschen gefährden könnten. Folglich erteilte er richtungweisende Vorgaben für die Auswahl möglicher Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren durch die Klägerin und forderte Nachweise zur Dokumentation der Beachtung der Vorgaben. Mit seinen Hinweisen zum Arbeitsschutz bot er fachliche Hilfestellungen für den weiteren Umgang mit dem verunreinigten Futtermais, die gleichzeitig das Gefährdungspotential des Aflatoxin B1 untermauern sollten.

Der mit grenzwertüberschreitendem Aflatoxin-B1-Gehalt verunreinigte Futtermais - aller Wahrscheinlichkeit nach fast die Gesamtpartie im B. Hafen (die teure Beprobung sämtlicher Chargen unterblieb, nachdem die Klägerin im Anschluss an eine Teilbeprobung entschieden hat, eine einheitliche Lösung für die Gesamtpartie zu finden) - unterfiel im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses dem Abfallbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 KrWG. Folglich war der Beklagte auch für die Anordnung zuständig. Abfälle im Sinne dieser Norm sind alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Besitzer von Abfällen ist in diesem Zusammenhang nach § 3 Abs. 9 KrWG jede natürliche oder juristische Person, die - wie hier die Klägerin über ihre Weisungsbefugnis der Lagerhalterin gegenüber - tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Wann eine solche Entledigung gegeben ist, ergibt sich aus den Begriffsbestimmungen der Absätze 2 - 4 des § 3 KrWG. Dort wird in Übereinstimmung mit unionsrechtlichen Vorgaben der Abfallbegriff konkretisiert, der tendenziell weit auszulegen ist (vgl. Kropp, Ist mit Schimmelpilzgift verunreinigter Futtermais Abfall?, AbfallR 2014, 196, 198 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des EuGH).

Nach § 3 Abs. 4 KrWG muss sich der Besitzer solcher Stoffe oder Gegenstände entledigen, die entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden kann (sogenannter Zwangsabfall oder Abfall im objektiven Sinn).

Für die Beurteilung des Wegfalls der Zweckbestimmung eines Stoffes/Gegenstandes ist auf den - nach objektiven Umständen zu bestimmenden - vorrangigen Nutzungszweck abzustellen, der im Zeitpunkt des behördlichen Einschreitens besteht bzw. zuvor bestand. Im Frühjahr 2013 ließ die Klägerin in B. „Futtermais“ lagern, den sie auch 2012 als „Futtermais“ aus Serbien importiert hatte. Dieser nach außen klar erkennbaren Deklaration entsprechend sollte der Mais auch als Futtermittel in der Landwirtschaft genutzt werden. Dagegen erschließt sich nicht mit der gebotenen Deutlichkeit, dass auch eine Nutzung des Maises als Biomasse zur Energieerzeugung in Biogasanlagen oder Anlagen zur Herstellung von Bio-Ethanol im Rahmen der ursprünglichen Zweckbestimmung lag; dies war erst eine neue Nutzungsoption, nachdem die Verwendung als Futtermittel hier nicht mehr in Betracht kam. Denn für die Klägerin lag der Zweck des Maisankaufs nicht lediglich in der späteren Verkaufsabsicht zu beliebigen Zwecken, sondern gerade im Verkauf als Futtermittel. Hierfür spricht u.a. der vergleichsweise höhere Veräußerungserlös als Futtermittel, den die Klägerin sogar noch für den verunreinigten Futtermais als Futtermittel in den USA erzielen konnte. Anders als das Nds. OVG (Beschluss vom 28. März 2014 - 7 ME 109/13 - S. 10 BA) meint, haben Agrarprodukte (hier der Futtermais) auf der Stufe des Händlers (hier der Klägerin) nicht mehrere Zweckbestimmungen im abfallrechtlichen Sinne und erst der spätere Produktverwerter konkretisiert den endgültigen Verwendungszweck, ohne dass der Händler den Zweck festlegen könne. Nach § 3 Abs. 1 bis 4 KrWG ist allein diejenige Zweckbestimmung maßgeblich, die der aktuelle Besitzer dem Stoff oder Gegenstand beimisst. Anderenfalls würde die Abfalleigenschaft von Stoffen und Gegenständen, von denen der Besitzer selbst nicht weiß, was er damit anfangen soll, von einem (ungewissen) Verwendungszweck eines (ungewissen) künftigen Besitzers abhängen (vgl. auch Kropp, a.a.O., S. 199). Die Zielsetzung des Abfallrechts, Umwelt und menschliche Gesundheit auch schon nach den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung zu schützen, wäre unterlaufen. Ob nach Wegfall der ursprünglichen Zweckbestimmung ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt, ist eine weitergehende Frage, die sich nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 KrWG speziell beim subjektiven Abfallbegriff stellen würde.

Der Wegfall der Zweckbestimmung eines Stoffes/Gegenstandes beurteilt sich ferner am Maßstab der örtlichen Rechtsordnung, hier des nationalen Futtermittelrechts, entsprechend den Vorgaben der Europäischen Union und nicht etwa nach dem Futtermittelrecht der USA. Anderenfalls stünde es im Belieben des Besitzers eines Stoffes/Gegenstandes, diesen unter Hinweis darauf dem nationalen Abfallregime zu entziehen, dass seine Verwendung jedenfalls im Ausland noch zu dem ursprünglichen Zweck zulässig sei. Dies begründet im Übrigen keineswegs ein abschließendes Hindernis für eine spätere Verbringung und Verwertung des Stoffes/Gegenstandes im Ausland im Einklang mit der dortigen Rechtsordnung. Es werden erforderliche Verfahrensvorschriften vorgegeben, die die Transparenz des Verbleibs der Materialien auf jeder Verwertungsstufe sicherstellen sollen.

Mithin durfte der verunreinigte Futtermais nach der für seinen Lagerort allein maßgeblichen Rechtsordnung, dem nationalen Futtermittelrecht entsprechend den Vorgaben der Europäischen Union, nicht mehr entsprechend der ursprünglichen Zweckbestimmung als Futtermittel verwendet werden. Seine zunächst maßgebliche Zweckbestimmung war daher wegegefallen. Sein Aflatoxingehalt überstieg nach den Ergebnissen der Beprobungen unstreitig deutlich den nach geltendem Futtermittelrecht zulässigen Höchstgehalt von 0,02 mg/kg (vgl. im Einzelnen Beschluss der Kammer vom 6. Mai 2013 - 5 B 4724/13 - und die den Beteiligten bekannten futtermittelrechtlichen Anordnungen vom 22. Februar 2013 sowie vom 9. März 2013 nebst ergänzender Stellungnahme des LAVES vom 28. Oktober 2013).

Unschädlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Gesamtpartie nicht bereits umfassend beprobt worden war. Entgegen der Auffassung des Nds. OVG (vgl. Beschluss vom 15. August 2013 - 7 ME 29/13 - S. 3 BA) handelte es sich nicht um eine unzulässige Verfügung auf „Vorrat“ oder einen „vorsorglichen Verwaltungsakt“. Vielmehr hat der Beklagte ausgehend von einem für einzelne Chargen des Futtermaises sicher erbrachten Gefahrennachweis verfahrensbegleitende Anordnungen getroffen, die geboten waren, um frühzeitig zur Gefahrenabwehr tätig zu werden und dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen. Zwar sollten die Regelungen der abfallrechtlichen Verfügung nur wirksam sein, wenn „im Rahmen der geplanten Untersuchung der … Partie Futtermais …, welche mit schädlichen Schimmelpilzanhaftungen … belastet sein kann, festgestellt (wird), dass Einzelpartien oder das Gesamthaufenwerk nicht mehr als Futtermittel verwendet werden kann …“. Dies war dem Umstand geschuldet, dass Aflatoxin-Verunreinigungen üblicherweise nicht gleichmäßig dem Lagergut anhaften, sondern sich Nester mit sehr hohen Konzentrationen bilden, die (zunächst) räumlich begrenzt sind. Auch wegen der großen streitigen Futtermaismenge war demgemäß zunächst nicht abschließend geklärt, ob die gesamte Menge - den ersten Proben entsprechend – mit gleicher Konzentration verunreinigt ist. Wegen des besonderen Gefährdungspotentials von Aflatoxin B1 und der großen Menge des gelagerten Maises war aber ein sofortiges Einschreiten geboten. Aus denselben Gründen und wegen der Gefahr einer weiteren Streuung der Kontamination bei umfassenden Beprobungen war es gerechtfertigt, die streitigen Vorgaben zum weiteren Vorgehen mit dem verunreinigten Mais zu machen. Danach war es der Klägerin unmittelbar in Anschluss die jeweilige Beprobung einer Charge möglich, ggf. nicht verunreinigten Mais sofort abzusondern und seiner ursprünglichen Verwendung zuzuführen, während für verdachtsgemäß kontaminierten Mais die angeordneten Einschränkungen zu beachten waren. Auch im wohlverstandenen Kosteninteresse der Klägerin und damit aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erscheint das gewählte Vorgehen angemessen. Denn anderenfalls hätte ihr zunächst eine umfassende - aufwendige, teure und ggf. gefahrenträchtige - Beprobung und Sortierung auferlegt werden müssen, um weitere Anordnungen treffen zu können. Im Übrigen bestätigt der Umstand, dass die Klägerin nach den Ergebnissen der weiteren Proben die weitere umfassende Beprobung aufgegeben und eine einheitliche Verwendungsmöglichkeit für die Gesamtmenge gesucht hat, dass trotz verbliebener Ungewissheiten über den jeweiligen Verunreinigungsgrad von Teilmengen eine einheitliche Regelung für den gesamten Mais sachgerecht war.

Der Futtermais mit einem Aflatoxingehalt deutlich oberhalb von 0,02 mg/kg war geeignet, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit zu gefährden. Dieses Gefährdungspotential kommt nicht nur in den Bestimmungen des Futtermittelrechts (vgl. die futtermittelrechtliche Verfügung vom 22. Februar 2013) und des Lebensmittelrechts (vgl. nur Gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. S., Technische Universität D., vom 22. April 2013, S. 7 f.) einschließlich des zugrunde liegenden Fachverstandes zum Ausdruck, sondern auch in fachlichen Einschätzungen, etwa den arbeitsschutzrechtlichen Hinweisen des Gewerbearztes der Niedersächsischen Gewerbeaufsichtsverwaltung vom 14. März 2013 oder selbst in den von der Klägerin hier vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen. Zusammenfassend beruht es auf den hohen giftigen und krebserregenden Eigenschaften von Aflatoxin B1, das auf verschiedenen Wegen unmittelbar und mittelbar die tierische Gesundheit, die Lebensmittelsicherheit und die menschliche Gesundheit gefährdet. Als Gefährdungspotenzial sind unter anderem die hohe Lebertoxizität und bei chronischer Aufnahme ein kanzerogenes (krebserregendes) Potenzial zu berücksichtigen. Hinzu kommt die dermale Toxizität, d.h. die giftige Wirkung bei Hautkontakt.

Dieses Gefährdungspotential kann nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung (vgl. Verfahren R 1 in Anlage 2 zu § 3 Abs. 23 KrWG) oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung (vgl. Verfahren D 1, D 8 in Anlage 1 zu § 3 Abs. 26 KrWG) ausgeschlossen werden. Das ist bereits in der gesetzlich vorgesehenen Kategorie „Abfälle zu Verwertung“ angelegt. Außerdem gelingt es nach plausibler und nachvollziehbarer fachlicher Einschätzung wegen der Gefährlichkeit, Resistenz und der Verbreitungswege des Aflatoxins B1 erst in aufwändigen, teilweise mehrstufigen Verfahren und unter Beachtung von Besonderheiten, die Umweltgefahren auszuschließen. Wegen der Thermostabilität der Aflatoxine bedarf es hierzu etwa einer hinreichenden thermischen Behandlung, um auch Reststoffe vorausgehender Verwertungsstufen sicher aus dem biologischen Kreislauf auszuschleusen. So fordern auch die von der Klägerin vorgelegten Gutachterlichen Stellungnahmen im Anschluss an einen von ihnen empfohlenen Einsatz des Futtermaises als Biomasse zur Energieerzeugung (Biogas- oder Bio-Ethanolproduktion) eine anschließende thermische Behandlung der Rückstände und eine biologische Reinigung der ggf. anfallenden Abwässer (vgl. Prof. Dr. Dr. S. vom 22. April 2013, S. 7 ff.; Dr. B. und Dr. P. vom 3. April 2013). Die Nichterfassung des Aflatoxin B1 im Gefahrstoffrecht mindert das vorstehend beschriebene Gefährdungspotential nicht.

Soweit die Klägerin (wie etwa im ähnlich gelagerten Eilverfahren 5 B 6093/13) einwenden will, die Rückstände aus der Bio-Ethanolherstellung mit vergleichbar Aflatoxin-belastetem Mais in G./Belgien aus jüngerer Zeit wiesen verringerte Aflatoxinwerte (ggf. sogar unterhalb der für Futtermittel geltenden Höchstwerte) auf und würden dort in der Biogasherstellung weitergenutzt, stellt dies das angenommene Gefährdungspotential der Reststoffe nach ersten Verwertungsschritten nicht in Frage, sondern bekräftigt es. Derartige Erkenntnisse lagen dem Beklagten im Zeitpunkt des Bescheiderlasses schon nicht vor. Im Übrigen lassen sich aus den insoweit vorgelegten Messberichten keine zwingenden Rückschlüsse auf das Gefährdungspotential des hier streitigen Maises zugunsten der Klägerin ziehen. Angaben zum Grad der Verunreinigung der in G./Belgien zur Bio-Ethanolherstellung eingesetzten Biomasse fehlen ebenso wie die Bezeichnung, in welche Biogasanlagen die Reststoffe dort angeblich eingebracht werden und was mit den späteren Gärresten geschieht. Auch gibt es keine Angaben zur wohl gebotenen Aufbereitung des bei der Bio-Ethanolherstellung anfallenden Abwassers. Schließlich vermutet die Klägerin selbst, dass die niedrigen Messwerte wohl auf die Durchmischung des Maises mit größeren Mengen anderer Einsatzstoffe während des Herstellungsprozesses von Bio-Ethanol zurückzuführen sind, also auf eine Vermischung und Verdünnung gefährlicher Materialien. Im Grundsatz bleibt es daher bei der Gefährlichkeit der Reststoffe des grds. isoliert zu betrachtenden Futtermaises, es sei denn durch – nachgewiesene und für alle Verwertungsstufen sichergestellte – Besonderheiten eines Verwertungsprozesses ergeben sich im Ausnahmefall Abweichungen.

Entgegen der im Eilverfahren unterbreiteten Auffassung der Klägerin unterfiel der verunreinigte Futtermais nicht der Bereichsausnahme nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG. Danach gelten die Vorschriften des KrWG nicht für natürliche nicht gefährliche landwirtschaftliche Materialien, die in der Landwirtschaft zur Energieerzeugung aus einer solchen Biomasse durch Verfahren oder Methoden verwendet werden, die die Umwelt nicht schädigen oder die menschliche Gesundheit nicht gefährden. Diese Bereichsausnahme setzt wort- und inhaltsgleich die Regelung des Art. 2 Abs. 1 Buchstabe f) der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2008/098/EG) um. Sie bezieht sich zwar auch auf die Gaserzeugung durch Biomasse in Biogasanlagen. Allerdings begrenzt sie dies schon tatbestandlich auf ungefährliche Materialien (vgl. Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, 3. Auflage 2012, § 2 Rn. 21). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/6052, Seite 69) sind dies vornehmlich Pflanzenreste wie Rübenblätter oder Gemüsestrünke. Für die Begrenzung auf solche unmittelbar in der Landwirtschaft anfallende Materialien spricht bei systematischer Auslegung zudem die gleichzeitig in der Vorschrift geregelte Bereichsausnahme für Fäkalien wie Gülle, Jauche und Festmist. Demgegenüber werden pflanzliche Abfälle, zum Beispiel in der Lebensmittel- oder Futtermittelherstellung oder aus dem Handel nicht erfasst, wenn sie – wie hier – ein Gefährdungspotenzial enthalten, das sich erst in einem besonderen und aufwändigen Behandlungsprozess verringern lässt.

Die Möglichkeit einer energetischen Verwertung des Futtermaises mit einer unter Umständen nachfolgenden thermischen Zerstörung von Aflatoxin B1 steht nicht im Widerspruch zur Annahme eines Gefährdungspotenzials im Sinne der Bereichsausnahme oder des Abfallbegriffs. Vielmehr stellt die energetische Verwertung eines der gesetzlich vorgegebenen Entsorgungsverfahren dar. Für die Abfallentsorgung steht die energetische Verwertung auf der 4. Stufe der abzuprüfenden Abfallhierarchie nach § 6 KrWG („sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung…“) und ist im Anhang 2 KrWG als Verwertungsverfahren R1 verzeichnet. Die Verwertungsverfahren nach Anhang 2 beziehen sich nach § 3 Abs. 23 KrWG auf Abfälle, sind mithin typische Abfallverwertungsverfahren. Dementsprechend unterscheidet auch das Anlagenzulassungsrecht zwischen der energetischen Verwertung von Abfällen (z. B. Nr. 8.2 im Anhang zur 4. BImSchV) und der Energieerzeugung aus Regelbrennstoffen (Nr. 1.1-1.5 im Anhang zur 4. BImSchV). Die Zulassung von Biogasanlagen mit einer Kapazität oberhalb der Mengenschwellen, in denen Abfälle eingesetzt werden, muss etwa die Nr. 8.6 des Anhangs zur 4. BImSchV – betrifft Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen – als Genehmigungsgrundlage umfassen.

Allein aus der Zuordnung oder Nutzbarkeit eines Stoffes zur energetischen Verwertung (z. B. durch den Einsatz bei der Bio-Ethanolherstellung oder der direkte Einsatz als Biomasse) ergibt sich mithin keineswegs, dass es sich nicht um einen Abfall im Sinne des KrWG handelt. Im Gegenteil schließt der Begriff der anerkannten Biomasse nach § 2 der Biomasseverordnung bestimmte Abfälle ein, ausdrücklich auch „Bioabfälle im Sinne von § 2 Abs. 1 der Bioabfallverordnung“ (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 Biomasseverordnung). Die zutreffende Einstufung als Abfall oder Nichtabfall ist dafür ausschlaggebend, ob bei der Verwertung oder Verwendung abfallbezogene Anforderungen zu beachten sind. Erst wenn ein zur Energieerzeugung bestimmtes Material gemessen an seinem Gefahrenpotential zutreffend unter die „anderen natürlichen nicht gefährlichen landwirtschaftlichen Materialien“ im Sinne der Anwendungsbereichsausnahme nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrWG gefasst werden kann, ist dessen Einsatz z. B. in einer Biogasanlage nicht an den abfallbezogenen Vorschriften zu messen.

Dieselbe Systematik findet sich nochmals speziell im Regelungsbereich für Bioabfälle und ihre Verwendung auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Böden. Nach nicht zu beanstandender Auffassung des Beklagten unterfällt der verunreinigte Futtermais dem Begriff der Bioabfälle nach § 3 Abs. 7 Nr. 4 KrWG („Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 [Garten- und Parkabfälle, Landschaftspflegeabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle verschiedener Herkunft] vergleichbar sind“). Ein Bioabfall ist nach der Bioabfallverordnung - BioAbfV - vom 21. September 1998 (BGBl. I S. 2955), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. April 2012 (BGBl. I S. 611), vgl. Neufassung durch Bekanntmachung vom 4. April 2013 (BGBl. I S. 658), zu beurteilen, wenn er unbehandelt oder behandelt (z.B. in Form eines Gärrückstandes) auf landbaulich oder gärtnerisch genutzte Böden ausgebracht werden soll. Dies ist bei der Betriebsweise der regulären Biogasanlagen, die neben nachwachsenden Rohstoffen auch entsprechende pflanzliche oder tierische Abfälle annehmen, stets der Fall, zumal die Verwendung der Rückstände als Düngemittel den Betrieb solcher Anlagen wirtschaftlich lukrativer macht. Auch bei einem Aufbringen auf sonstige Böden zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht (z.B. Rekultivierungsvorhaben) sind die stofflichen Anforderungen der BioAbfV entsprechend anzuwenden (§ 12 Abs. 1 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung). Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BioAbfV darf der Bioabfallbehandler jedoch nur Bioabfälle (für die vorgenannten Zwecke) verwenden, bei denen u.a. keine Anhaltspunkte für überhöhte Gehalte an anderen als den von Absatz 3 erfassten Schadstoffen bestehen. Soweit der Verordnungsgeber für bestimmte Verwertungswege keine konkretisierten Maßstäbe vorgegeben hat, ist diese (auch) nach § 7 Abs. 3 KrWG geforderte Schadlosigkeit aufgrund anderer geeigneter Maßstäbe zu beurteilen. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet auf diesem Weg das Gefährdungspotential des Aflatoxin B1 auch hier Berücksichtigung. Gehalte an derartigen Schadstoffen sind nach § 4 Abs. 1 Satz 3 BioAbfV überhöht, wenn durch sie bei bestimmungsmäßiger Verwendung der Bioabfälle (oder ihrer Rückstände nach Behandlung) u.a. die Gesundheit von Menschen oder Haus- und Nutztieren gefährdet werden können. Dies ist hier zutreffend vom Beklagten angenommen worden. Nach der Beprobung war der Futtermais weitgehend signifikant mit giftigem und krebserregendem Aflatoxin B1 verunreinigt, das wegen seiner thermischen Resistenz selbst bei einer Verwendung als Biomasse zur Energieerzeugung (Biogas oder Bio-Ethanol) in den Rückständen und ggf. Abwässern verbleibt, so dass weitere besondere Behandlung (Verbrennen und ggf. biologische Klärung) bzw. Deponierung geboten ist (vgl. auch vorstehende Ausführungen).

Dieses Normverständnis ist auch im umweltrechtlichen Gesamtkontext schlüssig, weil durch die abfallbezogenen Anforderungen, Zulassungsvorbehalte sowie Überwachungs- und Eingriffsmöglichkeiten erreicht wird, dass der sachgerechte Umgang mit abfalltypischen Gefährdungspotenzialen auch ordnungsrechtlich durchgesetzt werden kann.

Mithin ist die Kammer weiterhin der Auffassung, dass das Gefährdungspotential des streitigen Maises seinerzeit nur unter der Regie des Abfallrechtes, etwa durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung, jedenfalls aber einer abfallrechtlichen Überwachung des Verbleibs des Maises, ausgeschlossen werden konnte. In diesem Zusammenhang ist es der Klägerin weder gelungen, überzeugend darzulegen, dass das Gefährdungspotential nach Maßgabe eines anderen einschlägigen Fachrechts vergleichbar beherrscht werden konnte, noch ist dies sonst ersichtlich.

Soll das Gefährdungspotential anstelle des Abfallrechts durch ein anderes einschlägiges Fachrecht beherrscht werden, kommt es darauf an, ob die einschlägigen Schutznormen oder das allgemeine Ordnungsrecht für sich allein ausreichen, um die von dem Stoff oder Gegenstand auszugehenden Gefahren umfänglich in Bezug auf alle Einzelaspekte (z.B. Bereitstellung, Transport, Lagerung, Behandlung) zu beherrschen (Kropp, in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Loseblattsammlung, Stand: Mai 2013, § 3 KrWG Rn. 68). Den Abfallerzeuger/-besitzer trifft die Darlegungslast dafür, dass er in tatsächlicher, organisatorischer, finanzieller, personeller, unternehmerischer und rechtlicher Hinsicht in der Lage ist, den Stoff oder Gegenstand alsbald einer solchen umweltunschädlichen Nutzung zuzuführen. Gegenüber der Abfallbehörde hat er entsprechende Mitwirkungsobliegenheiten. Ein noch vorhandener Marktwert der streitigen Materialien ist bei der Abgrenzungsfrage lediglich ein Kriterium für die Einschätzung in Grenzfällen (Kropp, a.a.O., Rn. 68). In systematischer Hinsicht ist ferner zu berücksichtigen, dass die aus der obergerichtlichen Rechtsprechung abgeleitete Vorschrift in § 5 Abs. 1 KrWG hohe Anforderungen an das Ende der Abfalleigenschaft stellt, etwa der Stoff oder Gegenstand u.a. das vorgesehene Verwertungsverfahren durchlaufen haben muss und seine Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führen darf.

Hiervon ausgehend ließ sich trotz der gegenteiligen Darlegungen der Klägerin nicht annehmen, dass das Gefährdungspotential des streitigen Maises seinerzeit - bei der zwischenzeitlich gewollten Verwendung als Biomasse zur Energieerzeugung - vergleichbar sicher außerhalb des Abfallregimes beherrscht werden konnte. Unerfindlich bleibt, nach Maßgabe welcher einschlägigen Schutznormen außerhalb des Abfallrechts die gebotene Transparenz beim Transport, der Lagerung und der Behandlung des Materials ohne die dem Abfallrecht eigenen Bescheinigungen und Kennzeichnungen für Abnehmer, Dritte und andere örtlich zuständige Behörden hätte gewährleistet werden können. Umgekehrt bedeutete die Beachtung des Abfallregimes nicht notwendig ein Verbot der von der Klägerin beabsichtigten Verwertungskette (etwa als Biomasse zur Energieerzeugung), sondern fordert im Gemeinwohlinteresse vorrangig Transparenz des Verbleibs der Materialien auf jeder Verwertungsstufe.

Unionsrecht und die Rechtsprechung des EuGH stehen der hier vertretenen Auslegung nicht entgegen. Die Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG entspricht genau der Definition in Art. 3 Abs. 1 der Abfallrahmenrichtlinie - AbfRL - 2008/98/EG, und auch sonst folgt der deutsche Abfallbegriff dem europäischen Abfallbegriff, der nach der Rechtsprechung des EuGH angesichts der Zielsetzung in Art. 1 AbfRL (Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit), dem hohen Schutzniveau der Umweltpolitik der Gemeinschaft nach Art. 191 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - und der Grundsätze der Vorsorge und Vorbeugung weit auszulegen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - C-241/12 und C-242/12 -, juris, Rn. 38; Kropp, a.a.O., § 3 Rn. 20 und 21 m.w.N.; ders. a.a.O. AbfallR 2014, 196, 198). Der Abfallbegriff umfasst nach der Rechtsprechung des EuGH alle Gegenstände und Stoffe, derer man sich entledigt, auch wenn sie einen Handelswert haben, Gegenstand eines Rechtsgeschäfts oder einer Notierung in amtlichen oder privaten Kurszetteln sind oder gewerbsmäßig zum Zweck der Verwertung, Rückgewinnung oder Wiederverwendung eingesammelt werden (EuGH, Urteil vom 24. Juni 2008 - C-188/07 -, juris). Er bezieht sich also nicht nur auf Stoffe oder Gegenstände, die zur Beseitigung bestimmt sind, sondern auch auf wirtschaftlich wiederverwertbare Stoffe und Gegenstände (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Juni 1997 - C-304/94, C-330/94, C-342/94, C-224/95 -, juris). Der Anwendungsbereich des Begriffs „Abfall“ hängt dabei von der Bedeutung des Ausdrucks „sich entledigen“ ab (EuGH, Urteil vom 12. Dezember 2013 - C-241/12 und C-242/12 -, juris, Rn. 37). Ein Anhaltspunkt für eine Entledigung liegt bei einem Rückstand vor, dessen Zusammensetzung seiner Verwendung wegen der Gefährlichkeit der Zusammensetzung für die Umwelt unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen stattfinden müsse (EuGH, Beschluss vom 15. Januar 2004 - C-235/02 -, juris, Rn. 39). In dem Urteil des EuGH vom 7. März 2013 (Rechtssache C-358/11 – juris, Rn. 63 f.) betont der Gerichtshof schließlich den Grundsatz, von dem auch der Beklagte und das erkennende Gericht ausgehen, dass es für die Zuordnung als Abfall oder Produkt auf die Umstände des Einzelfalles und die ggf. einschlägigen Schutzsysteme für die menschliche Gesundheit und Umwelt ankommt und allein das Durchlaufen eines vollständigen Verwertungsverfahrens nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung erlaubt, diesen Stoff nicht mehr als Abfall anzusehen. Anders als in dem dort zugrunde liegenden Fall ist Aflatoxin B1 im Übrigen kein Stoff, der auf der Produktseite durch die sog. REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Autorisation and Restriction of Chemicals-Verordnung) geregelt wird.

Die Kammer verkennt auch nicht, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein noch vorhandener Marktwert belasteter Materialien ein Kriterium für die Einschätzung in Grenzfällen zwischen Abfall und Produkt ist. Als lediglich ein Kriterium unter mehreren kommt ihm jedoch kein Vorrang zu (so auch: Kropp, a.a.O., AbfallR 2014, 196, 202 m.w.N.). Hier war für die Annahme der gleichwohl bestehenden Abfalleigenschaft aber maßgeblich, dass ein vergleichbarer Schutz des Allgemeinwohls durch andere spezielle Schutznormen oder das allgemeine Ordnungsrecht nicht angenommen werden konnte.

Dahinstehen mag, ob gleichzeitig nach der (als Korrektiv wirkenden) Verkehrsanschauung auch der subjektive Abfallbegriff nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG erfüllt war (so etwa Kropp, a.a.O., AbfallR 2014, 196, 199 f.), weil der behauptete neue Verwendungszweck des verunreinigten Futtermaises als Biomasse zur Energieerzeugung nicht unmittelbar, sondern im Einklang mit den Grundpflichten aus § 7 Abs. 3 Satz 1 KrWG (ordnungsgemäße und schadlose Verwertung) allenfalls in einem mehrstufigen und aufwändigen Verwertungsverfahren realisierbar war und auch die ordnungsgemäße Versendung und Verwertung als Futtermittel in den USA bei Bescheiderlass keineswegs hinreichend gewiss war. Schon nach dem objektiven Abfallbegriff handelt es sich um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG.

Mit der streitigen Entsorgung- und Nachweisanordnung bezweckte der Beklagte, die Klägerin zur Einhaltung ihrer Grundpflichten aus § 7 Abs. 3 KrWG sowie ihrer Nachweispflichten aus § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. KrWG und der Nachweisverordnung anzuhalten.

Keineswegs war die Entsorgung- und Nachweisanordnung wegen eines unauflöslichen Widerspruchs zu anderen behördlichen Verfügungen oder dem Zwang, eine Straftat (etwa nach § 58 Abs. 1 Nr. 17 LFGB) zu begehen, gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG nichtig. Das Bewegungsverbot in der per E-Mail erlassenen Verfügung vom 22. Februar 2013 stand nicht in einem solchen Widerspruch zur streitigen Entsorgungsverfügung. Es war Teil einer futtermittelrechtlich begründeten Anordnung gegenüber der Lagerhalterin, bei der schon nach verständiger Auslegung zweifelhaft war, da sie unter Berücksichtigung von Zeitpunkt des Erlasses, der Regelungsform und der erkennbar weiteren Dialogbereitschaft ein belastbares Verbot im Zusammenhang mit später ggf. abfallrechtlich zu überwachenden Entsorgungsfragen regelte. Die nachfolgende (förmliche) futtermittelrechtliche Allgemeinverfügung des Beigeladenen vom 9. März 2013 und eine entsprechende Allgemeinverfügung der Freien und Hansestadt H. vom 19. März 2013 enthielten beispielsweise kein solch striktes Bewegungsverbot. Jedenfalls wurde ein etwaiges Bewegungsverbot zwischenzeitlich für behördlich abgestimmte Entsorgungsvorgänge konkludent in der nachfolgenden Korrespondenz (vgl. E-Mail vom 9., 14. und 15. März sowie 11. April 2013) und nochmals ausdrücklich per E-Mail vom 19. April 2013 für behördlich abgestimmte Entsorgungsvorgänge aufgehoben. Dabei war auch aus Sicht der Klägerin von Anfang an vorhersehbar und wahrscheinlich, dass eine Anpassung an abfallrechtliche Folgeanordnungen erfolgt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin erwies sich die Anordnung am Maßstab des § 114 VwGO als ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Der Beklagte hatte die maßgeblichen Belange gesehen und vertretbar abgewogen. Unschädlich ist, dass die Entsorgungsanordnung deutlich an die Erlasse des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz vom 4. und 6. März 2013 anknüpfte. Darin hatte die oberste niedersächsische Abfallbehörde unter anderem mit dem Ziel einheitlicher Vorgaben für die Verwaltungspraxis der unteren Abfallbehörden grundlegende Festlegungen getroffen. Aufgrund von Anfragen bestand etwa Klärungsbedarf, ob verunreinigter Futtermais in regulären Biogasanlagen oder vergleichbaren Verfahren verwertet werden darf. Bei ihrem grundsätzlichen Verbot hatte die oberste Abfallbehörde bereits zwischen dem Gefährdungspotenzial durch überhöhte Aflatoxin-B1-Gehalte und den wirtschaftlichen Interessen der Abfallbesitzer an einer möglichst lukrativen Verwertung des verunreinigten Futtermaises abgewogen. Hinsichtlich der verbleibenden Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren lies auch sie einen Auswahl- und Handlungsspielraum zu Gunsten der Abfallbesitzer. Der Beklagter war sich seines verbleibenden Ermessens- und Regelungsspielraums bewusst und hatte die Klägerin am 21. März 2013 - wenn auch nur fernmündlich - angehört, um sich Kenntnis von ihren Belangen und Interessen zu verschaffen; die zu Grunde liegenden Erlasse dürften der Klägerin aus dem E-Mail-Verkehr mit der Lagerhalterin spätestens seit dem 11. März 2013 bekannt gewesen sein.

47Die Entsorgungsanordnung war geeignet, den angestrebten Zweck zu erreichen, das Gefährdungspotenzial durch überhöhte Aflatoxin-B1-Gehalte sicher zu minimieren und die abfallrechtlichen Grundpflichten einzuhalten. Jedenfalls im Ergebnis war das Gefährdungspotenzial durch nicht sicher aus dem biologischen Kreislauf ausgeschleustes Aflatoxin B1 – wie oben näher ausgeführt – hinreichend widerspruchsfrei dargestellt. Ein Handlungsbedarf bestand bis zur behördlich begleiteten Verschiffung, weil die Klägerin seinerzeit unter Hinweis auf Kaufinteressenten meinte, den verunreinigten Mais ohne Beachtung abfallrechtlicher Bestimmungen etwa als Biomasse zur Energieerzeugung veräußern und abgeben zu dürfen, was sie im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzungen auch durch Privatgutachten zu belegen versuchte. Bei Bescheiderlass war dem Beklagten die alternative Beseitigung des Gefährdungspotentials durch Verwertung des Maises als Futtermittel in die USA im Einklang mit dem dortigen Recht weder bekannt noch war eine ordnungsgemäße Verbringung dorthin hinreichend gewiss. Erst während des Beschwerdeverfahrens (7 ME 29/13) konkretisierte die Klägerin diese Handlungsoption in einer Weise, die den nationalen Futtermittelbehörden eine Begleitung des Vorhabens mit Ordnungsverfügungen ermöglichte. Im Übrigen zeigte sich, dass die streitigen abfallrechtlichen Anordnungen die Klägerin keineswegs hinderten, diese weitere Handlungsoption zu organisieren und durchzuführen.

Ein gleich geeignetes, milderes Mittel zur Erreichung des genannten Ziels war seinerzeit nicht ersichtlich. Bei einem Verzicht auf das Verbot, den verunreinigten Futtermais in regulären Biogasanlagen mit anschließender Verbringung der Rückstände zu Düngezwecken auf landwirtschaftliche Böden zu verwerten, wäre das Gefährdungspotenzial nicht in vergleichbarer Weise sicher minimiert worden, wovon auch die Gutachter der Klägerin ausgingen. Nach überzeugender Einlassung war dem Beklagten im Zeitpunkt des Erlasses der Entsorgungsanordnung der Betrieb von Biogasanlagen mit anschließender Deponierung belasteter Rückstände (außerhalb von Anlagen zur thermischen Behandlung oder energetischen Verwertung von Abfällen oder mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen) nicht bekannt, zumal die Verwendung der Rückstände als Düngemittel den Betrieb solcher Anlagen wirtschaftlich lukrativer macht. Im Übrigen wäre – wie der Beklagte bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes klargestellt hat – die Verwertung des Futtermaises in einer solchen Anlage durchaus im Einklang mit der Entsorgungsanordnung möglich, wenngleich mit einem erhöhten Nachweisaufwand (und unter weitergehender Abstimmung mit dem Beklagten). Überhaupt bestand der Auswahl- und Handlungsspielraum der Klägerin, entweder den Hinweisen entsprechend eine Verwertung in klassischen Abfallbehandlungsanlagen zu wählen und Vorteile bei der Nachweisführung zu erlangen (Regelentsorgungswege) oder andere in dem gesteckten Rahmen zulässige Verwertungsverfahren (Alternativentsorgungswege) zu bevorzugen, bei denen ggf. ein höherer Erlös für den Einsatz der Abfälle zur Energieerzeugung erzielbar wäre, sich aber der Aufwand für den Nachweis dahin vergrößert, dass auch die Rückstände (aus Biogasanlagen oder Anlagen zur Bio-Ethanolherstellung) schadlos und ordnungsgemäß verwertet oder deponiert werden. Schließlich war sie nicht gehindert, weitere Verwendungsmöglichkeiten im Ausland zu suchen.

Hinsichtlich der zunächst benannten und verfolgten Verwertungsoption in Biogasanlagen hatte der Beklagte auf Anfrage des Gerichts im vorläufigen Rechtsschutz nachvollziehbar erläutert, dass bei der Verwertung in klassischen Abfallbehandlungsanlagen durch deren Verfahrensweise und Zulassung in der Regel der Nachweis nach Nr. 2 der Anordnung mit der Ausstellung von Übernahmescheinen erfüllt ist, sich die Kosten allerdings trotz teilweise energetischer oder thermischer Verwertung in der von der Klägerin genannten Größenordnung halten. Bei Beschreiten eines Regelentsorgungsweges ist das geforderte Ausschleusen aus dem biologischen Kreislauf unmittelbar sichergestellt, wenn der Abfallbesitzer und der Abfallbeförderer einerseits und der Abfallbeförderer und der übernehmende Entsorger andererseits sich jeweils wechselseitig die Übernahme der Transportchargen mit Übernahmeschein quittieren. Bereits mit Anlieferung bei der übernehmenden Anlage endet hier die angeordnete Nachweisführung. Demgegenüber mögen die Kosten bei anderen von der Anordnung zugelassenen Verwertungsarten geringer ausfallen oder sogar in Erlöse umschlagen, müssen allerdings im Zusammenhang mit den Kosten für den weiter reichenden Entsorgungsnachweis gesehen werden. Bei Beschreiten eines Entsorgungsweges, der die Anforderungen der Anordnung nur dann gewährleistet, wenn zusätzliche Maßnahmen bezüglich der weiteren Entsorgung oder Behandlung der Rückstände eingehalten sind, müssen neben der Nachweisführung der ersten Behandlungsstufen noch zusätzliche Prüfschritte eingehalten werden. So wäre etwa bei der von der Klägerin erwogenen Bio-Ethanolherstellung bei einem belgischen Unternehmer das Erfordernis eines Notifizierungsverfahrens nach der europäischen Abfallverbringungsverordnung zu prüfen. Auch bei grenzüberschreitender Verbringung verunreinigter Abfälle gilt es zur Sicherstellung der angestrebten Umweltvorsorge, den (zusätzlichen) Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung der Rückstände auf späteren Verwertungsstufen dem jetzigen Abfallbesitzer aufzuerlegen. Sollte sich auf diesem Weg zu Gunsten der Klägerin auch bei Beachtung der erweiterten Nachweispflichten ein lukrativer Erlös für die Abnahme des verunreinigten Futtermaises ergeben haben, so hätte sie diesen realisieren können.

Entsprechendes galt für das andere von der Klägerin erwogenen Alternativverfahren (Behandlung in einer einzigen Biogasanlage unter separater Lagerung des Einsatzstoffs und thermischer Verwertung der Gärreste). Allerdings dürfte der Begleitaufwand deutlich höher ausfallen als bei einem der beispielhaft angegebenen Regelentsorgungswege. Die bei regulären Biogasanlagen eintretende Wertschöpfung durch die Verwendung der Rückstände als Düngemittel entfiele hier nämlich. Außerdem könnte die Überwachung des Abfallstromes nicht mit der Übernahme durch die Anlage enden, sondern müsste die in Aussicht gestellte thermische Verwertung der Gärreste mit umfassen. Hiervon ausgehend hatte es die Klägerin in der Hand, im Rahmen des vorgegebenen Rahmens selbst die ihr am mildesten erscheinende Verwertungsweise unter dem geltenden Abfallregime zu wählen.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zum verbleibenden Auswahl- und Handlungsspielraum erwies sich die Anordnung auch als angemessen. Die bei energetischer Verwertung im europäischen Rechtsraum wohl verbleibende bedeutsame wirtschaftliche Belastung durch den Nachweis bzw. die Nachweiskette einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung war gerechtfertigt, um hier aus Gründen der Umweltvorsorge und des Gesundheitsschutzes ein dauerhaftes Ausschleusen von Aflatoxin B1 aus dem biologischen Kreislauf sicherzustellen. Zutreffend hat der Beklagte den geschützten Rechtsgütern Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit des Menschen ein großes Gewicht beigemessen. Hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Belastungen verkennt die Klägerin, dass der verunreinigte Futtermais jedenfalls in der Europäischen Union kein uneingeschränkt verkehrstaugliches Wirtschaftsgut ist, sondern Abfall mit einem weitreichenden Gefährdungspotenzial. Ihr Eigentum war situationsbedingt vorbelastet, die nicht näher bekannten Umstände des Eigentumserwerbs fielen ohnehin in ihren Verantwortungsbereich. Soweit es zum Schutz der benannten Rechtsgüter vertretbar war, beließ der Beklagte ihr Handlungsoptionen. Der Umstand, dass die Klägerin anderenorts weitere große Partien offenbar ebenfalls mit Aflatoxin B1 verunreinigten Futtermais besaß, dessen ordnungsgemäße und schadlose Entsorgung sie wirtschaftlich zusätzlich belastete, rechtfertigte keine andere Entscheidung.

Rechtliche Bedenken gegen die nicht näher angefochtene Zwangsgeldandrohung bestanden nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Sprungrevision war gemäß § 134 Abs. 1 VwGO zuzulassen, nachdem die Beteiligten dies beantragt haben und die Voraussetzungen des § 134 Abs. 2 in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegen. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Rechtssache im Hinblick auf die Auslegung des Abfallbegriffs und  die Einstufung des Aflatoxin-verunreinigtem Futtermaises als Abfall grundsätzliche Bedeutung hat.