ArbG Köln, Urteil vom 14.10.2011 - 1 Ca 6564/09
Fundstelle
openJur 2015, 4235
  • Rkr:

Kein Leitsatz

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestandene Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 23.06.2009 nicht zum 31.07.2009, sondern erst zum 30.09.2009 beendet worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.

4. Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen Beendigungskündigung und die Zahlung von Arbeitsvergütung.

Der am ...geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem ... bei der Beklagten, die Spezialreinigungen in Kraftwerken durchführte, als Reiniger beschäftigt. Mit Bescheid vom ... stellte das Versorgungsamt Köln beim Kläger ab ... einen Grad der Behinderung von 20 fest. Seit Frühjahr 2008 erbrachte der Kläger durchgehend keine Arbeitsleistungen mehr für die Beklagte. In einer mit dem ... datierten "Ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitsamt" heißt es u.a., der Kläger leide an einem chronischen Rückenleiden. Zu vermeiden seien regelmäßige Wirbelsäulenzwangshaltungen, dauerhaft hockende, gebückte, knieende oder vorgebeugte Positionen, regelmäßige oder dauerhafte Erschütterungs-/Vibrationsbelastungen für die Wirbelsäule sowie dauerhafte HWS-belastende Tätigkeiten (z.B. Überkopfarbeit).

Am ... schlossen die Beklagte und die Firma ... Industriereinigung GmbH mit Wirkung vom 01.06.2009 einen Betriebspachtvertrag. In einem mit der Überschrift "Unterrichtungsschreiben gemäß § 613 a Abs. 5 BGB" versehenen Schreiben unterrichtete die Beklagte ihre Mitarbeiter u.a. von ihrer Absicht, zum ... ihr gesamtes operatives Geschäft der ... auf die Firma ...zu übertragen. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom ...widersprach der Kläger dem Betriebsübergang.

Am ... schlossen die Beklagte und die Firma ...auf der einen und der Betriebsrat der Beklagten auf der anderen Seite - jeweils vertreten durch ihre Bevollmächtigten - eine Betriebsvereinbarung, in er es unter I. heißt:

"Diese Betriebsvereinbarung gilt für die Arbeitnehmer der ... deren Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs mit Wirkung zum ... auf die ... übergeht. Sie erstreckt sich darüber hinaus auch auf die Arbeitnehmer, die zunächst gegen den Betriebsübergang Widerspruch eingelegt haben, diesen aber schriftlich bis zum ... zurück nehmen und ab dem ... das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit der ... . fortsetzen."

Mit Schreiben vom ... kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger, der bis dahin seinen Widerspruch gegen den Betriebsübergang nicht zurückgenommen hatte, zum ...

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am ... vorab per Telefax beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Kündigungsschutzklage, die er mit am ... beim Arbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom ... um die Zahlung von ... erweitert hat.

Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung sei wegen fehlender sozialer Rechtfertigung, unterbliebener Betriebsratsanhörung und Nichteinhaltung der Kündigungsfrist unwirksam. Er behauptet, die Beklagte setze nach wie vor Arbeitnehmer im Bereich ihrer Reinigungsarbeiten in Kraftwerken ein. Aus einem Zertifikat der ... vom ..., mit dem die Beklagte als "strategischer Lieferant für den Beschaffungsbereich ‚...’ des ..." bezeichnet werde, ergebe sich zudem, dass die Beklagte durchaus noch unternehmerische Tätigkeiten entfalte. Vor Ausspruch der Kündigung hätte die Beklagte nach Meinung des Klägers deren Betriebsrat nach § 102 BetrVG anhören müssen, da dieser auch nach dem Betriebsübergang noch ein Restmandat gemäß § 21 b BetrVG gehabt habe. Die Kündigungsfrist habe nach dem Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk, dessen Geltung arbeitsvertraglich vereinbart worden sei, drei Monate zum Monatsende betragen und sei von der Beklagten nicht gewahrt worden. Schließlich sei die Beklagte nach Ansicht des Klägers verpflichtet, ihm die Arbeitsvergütung für die Monate September bis einschließlich November ... in Höhe von jeweils 2.500,00 € zu zahlen. Der Kläger behauptet, er sei seit dem ... wieder arbeitsfähig gewesen, wie er dies auch der Beklagten mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom ... mitgeteilt habe.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom ... nicht aufgelöst worden ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem ..., aus weiteren 2.500,00 € seit dem ... sowie aus weiteren 2.500,00 € seit dem ... zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Kündigung sei aus betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, da sie, so behauptet sie, seit dem ... keine Arbeitnehmer mehr beschäftige und nur das Anlagevermögen innerhalb der Unternehmensgruppe halte. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung habe bei ihr auch kein Betriebsrat mehr bestanden, der hätte angehört werden müssen, da sämtliche Betriebsratsmitglieder ihre Widersprüche gegen den Betriebsübergang bis zum ... ausdrücklich zurückgenommen hätten.

Das Gericht hat gemäß Beschluss vom ... Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom ..., ... und ... verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

I. Die Klage ist mit den zuletzt gestellten Anträgen zulässig, aber nur teilweise begründet.

1. Das zwischen den Parteien bestandene Arbeitsverhältnis endete auf Grund der von der Beklagten mit Schreiben vom ... nicht bereits zum ..., sondern erst zum ...

a) Die Kündigung der Beklagten vom ... ist dem Grunde nach wirksam.

aa) Die Kündigung ist - die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes hier zu Gunsten des Klägers unterstellt - sozial gerechtfertigt i.S. von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

(1) Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine ordentliche Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.

(2) Im Streitfall ist die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers in dem Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt.

(a) Die Stilllegung des Betriebes ist grundsätzlich geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial zu rechtfertigen (siehe etwa BAG, Urteil vom 29.09.2005 - 8 AZR 647/04, AP Nr. 139 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Eine Betriebsstilllegung setzt den ernsthaften und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraus, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuheben. Bei der Auflösung der Betriebsorganisation ist der Arbeitgeber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach deren Durchführung auszusprechen. Vielmehr kann er die Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung bereits dann erklären, wenn die betrieblichen Umstände einer Betriebsstilllegung schon "greifbare Formen" angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Stilllegung durchgeführt sein wird (BAG, Urteil vom 29.09.2005 - 8 AZR 647/04, AP Nr. 139 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 2. a) der Gründe m.w. Nachw.). Hingegen fehlt es an einem endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht und gleichwohl wegen Betriebsstilllegung kündigt (BAG, Urteil vom 29.09.2005 - 8 AZR 647/04, AP Nr. 139 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 2. a) der Gründe m.w. Nachw.). Ist andererseits zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, behält sich der Arbeitgeber aber eine Betriebsveräußerung vor, falls sich eine Chance biete, und gelingt dann später doch noch eine Betriebsveräußerung, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung, wobei allerdings ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht kommt (BAG, Urteil vom 29.09.2005 - 8 AZR 647/04, AP Nr. 139 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II. 2. a) der Gründe m.w. Nachw.).

(b) Nach diesen Grundsätzen stand im Streitfall auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte, wie von ihr behauptet, zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 23.06.2009, auf den es für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung grundsätzlich ankommt (vgl. BAG, Urteil vom 23.02.2010 - 2 AZR 268/08, AP Nr. 5 zu § 18 KSchG 1969, zu I. 1. der Gründe m.w. Nachw.), den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst und auch bereits umgesetzt hat, ihr gesamtes operatives Geschäft mit Wirkung zum 01.06.2009 auf die Firma Eichner Innovative Industriereinigung GmbH zu übertragen und seitdem keine Arbeitnehmer mehr zu beschäftigen, woraus sich zugleich ergibt, dass sie ihren gesamten (operativen) Betrieb bzw. die Erbringung von Reinigungsleistungen für Kunden mit eigenen, tatsächlich bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern zum ... dauerhaft stillgelegt hat.

Der Zeuge ...hat die Behauptung der Beklagten bestätigt, dass diese seit dem ... keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt. Die vom Kläger benannten Mitarbeiter ... und ... hätten zum ... ihre Arbeit für die ... aufgenommen. Der Mitarbeiter ...sei dauerhaft erkrankt und deshalb nicht aktiv tätig.

Das Gericht hat dem Zeugen geglaubt. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen oder an der Glaubhaftigkeit von dessen Aussage rechtfertigen, haben sich nicht ergeben. Der Zeuge hat dem Gericht den Sachverhalt lebensnah und nachvollziehbar geschildert. Allein der Umstand, dass es sich bei dem Zeugen um den kaufmännischen Leiter der Beklagten handelt, ist - jedenfalls ohne Hinzutreten von weiteren Umständen, die hier weder konkret vorgetragen worden, noch in sonstiger Weise erkennbar sind - für sich allein nicht geeignet, Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen oder an der Glaubhaftigkeit von dessen Aussage zu rechtfertigen, zumal eine grundsätzliche Zeugenabwertung für bestimmte Personenkreise unzulässig ist (so ausdrücklich LAG Köln, Urteil vom 01.12.2000 - 11 Sa 1147/00, LAGE § 448 ZPO Nr. 4, Leitsatz 1; ebenso bereits zuvor LAG Köln, Urteil vom 26.02.1999 - 11 Sa 1106/98, zitiert nach juris).

Die gegenbeweislich vom Kläger benannten Zeugen ..., ... und ...haben dessen Behauptung, die Beklagte beschäftige - anders als von dieser behauptet - nach wie vor noch Arbeitnehmer, nicht bestätigt: Die Zeugen ... und ...bekundeten beide übereinstimmend u.a., dass sie nunmehr für die "neue Firma" arbeiten. Auch wenn beide Zeugen ihre Widersprüche gegen den Übergang des Betriebes der Beklagten auf die ... . - formal - nicht zurückgenommen haben sollten, steht damit fest, dass sie nicht (mehr) bei der Beklagten tatsächlich beschäftigt sind und für diese auch keine Arbeitsleistungen erbringen. Der Zeuge ... gab an, dass er seit ... krank gemeldet ist und seitdem auch nicht mehr gearbeitet hat. Die Behauptung der Beklagten, sie beschäftige seit dem ... tatsächlich keine Arbeitnehmer mehr, wird nach alledem durch die Aussagen der drei Zeugen nicht widerlegt.

Nichts anderes gilt hinsichtlich des vom Kläger eingereichten Zertifikats der ... vom ..., in dem die Beklagte als "strategischer Lieferant für den Beschaffungsbereich ‚..." bezeichnet wird. Denn dieser Umstand belegt nicht einmal ansatzweise, dass die Beklagte selbst Dienstleistungen mit eigenen Arbeitnehmern erbringt.

(c) Bei der von der Beklagten beabsichtigten und auch mit Wirkung vom ... tatsächlich umgesetzten Stilllegung ihres Betriebes handelt es sich um eine sog. freie Unternehmerentscheidung, die nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung, sondern nur darauf gerichtlich überprüft werden kann, ob sie offensichtlich unvernünftig oder willkürlich ist (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.2008 - 2 AZR 1037/06, NZA 2008, 878 m.w. Nachw.). Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Maßnahme spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und kein Rechtsmissbrauch vorliegt. Deshalb hat im Kündigungsschutzprozess der Arbeitnehmer grundsätzlich die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, dass die getroffene Maßnahme offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG, Urteil vom 23.04.2008 - 2 AZR 1110/06, NZA 2008, 939). Dabei zielt die Missbrauchskontrolle der unternehmerischen Entscheidung weder darauf ab, dem Arbeitgeber organisatorische Vorschriften zu machen, noch darf sie dazu dienen, die Stichhaltigkeit der Erwägungen zu prüfen, die den Arbeitgeber gerade zu dem von ihm gewählten Konzept geführt haben. Es geht in diesem Zusammenhang allein um die Verhinderung von Missbrauch (BAG, Urteil vom 23.04.2008 - 2 AZR 1110/06, NZA 2008, 939).

Tatsächliche Umstände, aus denen sich ergibt, dass die von der Beklagten beschlossene und auch tatsächlich umgesetzte Stilllegung ihres Betriebes zum ... offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, wurden vom Kläger bisher nicht konkret dargetan und sind auch nicht erkennbar.

(d) Musste nach alledem davon ausgegangen werden, dass zum einen die Beklagte den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst und auch umgesetzt hatte, ihren Betrieb zum ... durch Übertragung ihres gesamten operativen Geschäfts auf die ... mit Wirkung ab dem ... dauerhaft stillzulegen, und zum anderen seitdem keine eigenen Arbeitnehmer mehr tatsächlich beschäftigt, kamen auch die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers zu geänderten - u.U. auch schlechteren - Arbeitsbedingungen auf einem anderen freien, vergleichbaren Arbeitsplatz oder eine fehlerhafte Sozialauswahl i.S. von § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG nicht in Betracht.

bb) Die Kündigung der Beklagten ist auch nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wegen unterbliebener vorheriger Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

(1) Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom ... war bei der Beklagten kein Betriebsrat (mehr) vorhanden, der vor deren Ausspruch nach § 102 BetrVG hätte angehört werden müssen. Denn nach dem insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom ... (dort auf Seite 2) haben alle Betriebsratsmitglieder ihre Widersprüche gegen den Übergang des Betriebes von der Beklagten auf die ... entsprechend der in der Betriebsvereinbarung vom ... eingeräumten Möglichkeit bis zum ... zurückgenommen, so dass der bei der Beklagten bestandene Betriebsrat spätestens bis zu diesem Zeitpunkt ebenfalls auf die ...übergegangen ist.

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers stand dem zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom ... bereits auf die ...übergegangenen - früheren - Betriebsrat der Beklagten kein sog. Restmandat i.S. von § 21 b BetrVG zu, auf Grund dessen dieser vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung zu dieser hätte angehört werden müssen.

Soweit vereinzelt angenommen wird, dass der Betriebsrat ein Restmandat behalte, wenn bei einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB der übertragende Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer kündige, die dem Betriebsübergang widersprochen haben (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18.04.2005 - 2 TaBV 15/05, NZA-RR 2005, 529; wohl auch ArbG Berlin, Urteil vom 25.01.2002 - 88 Ca 28454/01, zitiert nach juris), vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Vielmehr folgt die Kammer der gegenteiligen - nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts "herrschenden Meinung" - wonach der bei einem Betriebsübergang auf den Betriebserwerber übergegangene Betriebsrat kein Restmandat hinsichtlich derjenigen Arbeitnehmer hat, die von ihrem Widerspruchsrecht nach § 613 a Abs. 6 BGB Gebrauch machen und denen der Betriebsveräußerer (betriebsbedingt) kündigt (siehe etwa Kreitner, Kündigungsrechtliche Probleme beim Betriebsinhaberwechsel, 1989, S. 157; Pietzko, Der Tatbestand des § 613 a BGB, 1988, S. 308; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, 1980, S. 115; Fitting/Engels/Schmitz/Trebinger/Linsenmaier, Kommentar zum BetrVG, 25. Aufl. 2010, § 21 b Rdnr. 6 m.w. Nachw.; ausdrücklich offen gelassen von BAG, Urteil vom 21.03.1996 - 2 AZR 559/95, AP Nr. 81 zu § 102 BetrVG, zu III. 2. a) der Gründe). Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass § 21 b BetrVG in dem Fall weder seinem Wortlaut noch seinem Sinn und Zweck nach eingreift (zutreffend Fitting/Engels/Schmitz/Trebinger/Linsenmaier, Kommentar zum BetrVG, 25. Aufl. 2010, § 21 b Rdnr. 6).

Dem Wortlaut des § 21 b BetrVG nach bleibt der Betriebsrat, sofern ein Betrieb durch Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung untergeht, so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist. Im Streitfall hat die Beklagte zwar mit Wirkung zum ... ihren Betrieb stillgelegt. Gleichwohl ist der Betrieb der Beklagten bzw. der bei ihr bestandene Betriebsrat nicht i.S. von § 21 b BetrVG "untergegangen", sondern gewissermaßen "nahtlos" mit Wirkung ab dem ... auf die ... übergegangen.

Seinem Sinn und Zweck nach soll § 21 b BetrVG die mit einer Betriebsstilllegung verbundenen Rechte des Betriebsrats über das Ende seiner Amtszeit hinaus gewährleisten (Fitting/Engels/Schmitz/Trebinger/Linsenmaier, Kommentar zum BetrVG, 25. Aufl. 2010, § 21 b Rdnr. 1 f. unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/3741, S. 39, 42). Im Hinblick auf diesen Sinn und Zweck kann § 21 b BetrVG in der vorliegenden Fallkonstellation von vornherein nicht eingreifen: Anders als bei einer "reinen" Betriebsstilllegung und der daraus resultierenden Beendigung des Betriebsrats lag hier nach dem ... kein gleichsam betriebsverfassungsrechtliches "Vakuum" vor, das durch die Vorschrift des § 21 b BetrVG kompensiert werden soll. Vielmehr ist der bei der Beklagten bis zum ... bestandene Betriebsrat unstreitig zeitlich nahtlos ab dem ... auf die... übergegangen, wodurch die betriebsverfassungsrechtlichen Vertretungsrechte der von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern hinreichend gewahrt sind. Wenn es der Kläger durch seinen Widerspruch gegen den Übergang des Betriebes der Beklagten auf die ... sowie durch Nichtwahrnehmung des ihm durch die Betriebsvereinbarung vom ... eingeräumten Rechts, diesen Widerspruch bis zum ... schriftlich zurückzunehmen, unterlässt, sich in den betriebsverfassungsrechtlichen Schutz des bis zum ... bei der Beklagten und ab dem ... auf die Firma ...vorhandenen Betriebsrats zu begeben, der ihn in dem Fall betriebsverfassungsrechtlich vertreten hätte, kann er hieraus keine - rechtlich nicht vorgesehenen - betriebsverfassungsrechtlichen Vorteile ziehen.

cc) Andere Gründe, aus denen sich die Unwirksamkeit der von der Beklagten mit Schreiben vom ... ausgesprochenen Kündigung dem Grunde nach ergibt, wie etwa ein Verstoß gegen die §§ 138, 242, 612 a BGB, sind weder vom Kläger dargetan worden, noch in sonstiger Weise erkennbar.

b) Die Kündigungsfrist wurde allerdings von der Beklagten in der Tat zu kurz bemessen. Bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens acht und weniger als zehn Jahren hatte die Beklagte gemäß § 19 Nr. 2 des - auf das Arbeitsverhältnis der Parteien unstreitig anwendbaren - Rahmentarifvertrags für gewerbliche Beschäftigte in der Gebäudereinigung eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats zu beachten, so dass die Kündigung vom ... das Arbeitsverhältnis der Parteien - wie dies von der Beklagten am Ende ihrer Klageerwiderung vom ... auch selbst eingeräumt wurde - nicht bereits zum ..., sondern erst zum ... beenden konnte.

2. Mit dem Zahlungsbegehren hatte die Klage keinen Erfolg.

a) Für die Monate Oktober und November ... kann der Kläger von der Beklagten bereits deshalb nicht die Zahlung von Arbeitsvergütung verlangen, weil - wie oben unter 1. im Einzelnen ausgeführt - das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom ... zum ... wirksam beendet worden ist.

b) Ebenso wenig steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Monat September ... zu.

Als insoweit erforderliche Anspruchsgrundlage käme allein § 615 Satz 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs der Beklagten in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre aber u.a., dass der Kläger imstande gewesen wäre, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu verrichten (vgl. § 297 BGB). Selbst wenn hier zu Gunsten des Klägers dessen Behauptung, er sei seit dem ... wieder arbeitsfähig gewesen, als zutreffend unterstellt würde, erschließt sich dem bisherigen Vorbringen des Klägers nicht einmal ansatzweise, weshalb es ihm trotz des in der ärztlichen Bescheinigung vom ... attestierten "chronischen Rückenleidens" und der darin weiterhin genannten Tätigkeitsbeschränkungen gesundheitlich möglich gewesen sein soll, im September ... seine Arbeitsaufgaben als Kesselreiniger zu verrichten, die naturgemäß genau mit denjenigen körperlichen Belastungen verbunden sind, die dem Kläger in der ärztlichen Bescheinigung vom ... gerade gleichsam "untersagt" wurden.

Unabhängig davon wurde vom Kläger bislang auch nicht mitgeteilt, ob und in welcher Höhe ihm für den Monat September ... Lohnersatzleistungen, wie insbesondere Krankengeld, das er den Angaben der Beklagten am Ende der zweiten Seite ihres Schriftsatzes vom ... "nach wie vor" bezogen habe, gewährt wurden, hinsichtlich derer er nicht aktivlegitimiert wäre (vgl. § 115 Abs. 1 SGB X).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG.

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG, § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG, §§ 3, 5 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 2 ArbGG.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :

Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien

B E R U F U N G

eingelegt werden.

Die Berufung muss

innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat

schriftlich beim Landesarbeitsgericht Köln, Blumenthalstraße 33, 50670 Köln eingegangen sein.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zuzulassen:

1. Rechtsanwälte,

2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung oder Prozessvertretung der Mitglieder dieser Organisation oder eines anderen Verbandes oder Zusammenschlusses mit vergleichbarer Ausrichtung entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.