AG Ludwigshafen am Rhein, Beschluss vom 16.02.2012 - 3a IN 203/11
Fundstelle
openJur 2014, 27594
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens vom 20.5.2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf auf 1801,94 € festgesetzt.

Gründe

I.

Über das Vermögen der Antragsgegnerin wurden unter den Az. ... Regelinsolvenzverfahren geführt, die stets nach zulässigen Anträgen auf Grund von Zahlung der Antragsgegnerin für erledigt erklärt wurden.

Die Antragstellerin ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin der Sozialversicherung und hat mit Schriftsatz vom 20.5.2011 die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens beantragt; nach Zahlung der dem Antrag zugrundeliegenden Forderung beantragt sie nunmehr die Fortsetzung des Verfahrens nach § 14 Abs. 2 InsO.

Das Gericht hat mit Verfügung vom 15.12.2011 darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin erneut das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes glaubhaft machen muss. Die Klägerin erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 4.1.2012 und lehnt eine erneute Glaubhaftmachung ab.

II.

Der Antrag ist unzulässig und unterliegt der Verwerfung. Die Antragstellerin hat auch auf den gemäß § 4 InsO i.V.m. § 139 ZPO erteilten Hinweis des Gerichts keinen Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht. Dass anfänglich ein Eröffnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht worden war, führt nicht zu einer anderen Bewertung. (vgl. AG Köln, Beschl. v. 9. 5. 2011 - 71 IN 57/11, NZI 2011, 593; Beth, NZI 2012, 1).

Dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung ist ein solcher Verzicht nicht zu entnehmen. Unverändert geblieben ist § 14 Abs. 1 S. 1 InsO, wonach eine Forderung des antragstellenden Gläubigers und ein Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen ist. Von dieser Grundregel wird in § 14 Abs. 1 S. 2 InsO nur insoweit eine Ausnahme gemacht, als "nicht allein" durch Erfüllung der Forderung eine Unzulässigkeit eintreten soll. Damit ergibt sich bereits aus dem Gesetzwortlaut, dass die Erfüllung der Forderung eine Unzulässigkeit des Antrages bewirken kann. Das Gesetz verzichtet im Hinblick auf die Zulässigkeit des Antrages mithin lediglich auf das Erfordernis der bestehenden Forderung des Antragstellers. Diese Auslegung stützt auch § 14 Abs. 1 S. 3 InsO, da dort kumulativ ("auch") die vorherige Antragstellung glaubhaft gemacht werden müssen. Entsprechend dem Wortlaut des § 14 Absatz 1 InsO liegt ein zulässiger Fremdantrag daher nach der Erfüllung der Forderung des antragstellenden Gläubigers nur vor, wenn statt der Glaubhaftmachung einer Forderung des antragstellenden Gläubigers zusätzlich die ein vorheriger Antrag glaubhaft gemacht wird und im Übrigen die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen fortbestehen (vgl. Beth, a.a.O.).

Der Verzicht auf eine weitere Glaubhaftmachung wäre zudem systemwidrig im Lichte der Verweisung des § 4 InsO auf die ergänzend anzuwendenden Regeln der ZPO: Die Verfahrens- bzw. Eröffnungsvoraussetzungen haben zum Schluss der mündlichen Verhandlung, bzw. in diesem Falle dem Abschluss des Eröffnungsverfahrens, vorzuliegen.

Letztlich lässt sich historisch ebenso wenig ein solcher Verzicht begründen wie er praktisch geboten ist. Soweit die Antragstellerin auf die Begründung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 vom 9.12.2010 (BTDrs. 17/3030, s. 42, letzter Abs.) abhebt, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Freilich kann sich die Antragstellerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts und Träger der Sozialversicherung nicht einseitig von der Antragsgegnerin lösen und damit verhindern, dass weitere Rückstände auflaufen. Das Gericht verkennt keineswegs, dass seitens der Antragstellerin ein Interesse an der Fortsetzung des Verfahrens besteht. Das Gericht verkennt aber auch nicht, dass ein Interesse der Antragsgegnerin daran besteht, bei Fehlen eines Eröffnungsgrundes nicht in ein Insolvenzverfahren hineingezogen werden - mit den bekannten einschneidenden Folgen nicht nur hinsichtlich von Sicherungsmaßnahmen sondern auch der Kostenlast (vgl. § 14 Abs. 3 InsO).

Wenn die Klägerin ausführt, sie habe keine Erkenntnismöglichkeiten und sei deshalb nicht zur weiteren Glaubhaftmachung in der Lage, ist dies schlicht unzutreffend. Die Antragstellerin konterkariert damit geradezu ihren weiteren Vortrag: Wenn durch die Nichtfortsetzung des Verfahrens weitere Verbindlichkeiten auflaufen, dann ist gerade die Antragstellerin zu weiterem Vortrag und Glaubhaftmachung in der Lage. Wenn die Antragstellerin ggf. aus Kostengründen von der Inanspruchnahme ihres Vollstreckungsaußendienstes absehen und lediglich die hilfsweise eingeräumte Möglichkeit der dauerhaften Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zur Glaubhaftmachung anführen will, geht dies zu ihren Lasten.

Die Antragstellerin kann sich dabei auch nicht auf eine sekundäre Darlegungslast der Antragsgegnerin berufen. Deren Annahme ist nicht minder systemfremd (a.A. AG Köln, a.a.O.). Die bereits weit gehende Mitwirkungspflicht des § 20 InsO setzt ihrerseits einen zulässigen Antrag voraus; diese Mitwirkungspflicht noch weiter vor zu verlagern ist nicht geboten. Es ist nicht die Aufgabe des Antragsgegners, dem Antragsteller die für die Zulässigkeit seines Antrages erforderliche Tatsachenkenntnis zu verschaffen. Eine abweichende Handhabung ist hier nicht geboten, da ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich die Fälle erfasst werden sollten, in denen der Antragsteller zuverlässige Kenntnis vom Vorliegen eines Eröffnungsgrundes hat (s. Beth, a.a.O., II. 4.).