I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Ungarn im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.
Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge afghanischer Staatsangehöriger. Am 20. Dezember 2013 reiste er nach eigenen Angaben in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 3. Januar 2014 einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 3. Januar 2014 gab der Antragsteller an, er habe sich seit dem Verlassen seines Heimatlandes in Pakistan, Iran, Türkei und Griechenland aufgehalten. Er habe in keinem anderen Staat Asyl beantragt. Ihm seien in keinem Staat Fingerabdrücke abgenommen worden.
Am 28. Januar 2014 ergaben sich ein EURODAC-Treffer für Bulgarien (...) und ein EURODAC-Treffer für Ungarn (H...).
Am selben Tag ersuchte das Bundesamt die zuständige Behörde in Ungarn um Wiederaufnahme des Antragstellers. Ungarn erklärte am 11. Februar die Unzuständigkeit für das Asylverfahren des Antragstellers, da Bulgarien für zuständig gehalten werde.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2014 an die zuständige Asylbehörde in Ungarn erklärte die Antragsgegnerin, sie sei mit der Ablehnung der Zuständigkeit durch Ungarn nicht einverstanden, da der Antragsteller in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt habe. Ungarn sei der erste Mitgliedstaat, in dem er Asyl beantragt habe. Daher sei Ungarn zuständig gemäß Art. 16 Abs. 1 c Dublin-II-VO.
Am 18. Februar 2014 erklärte Ungarn die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO.
Mit Bescheid vom 19. Februar 2014, zugestellt am 8. März 2014, stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) fest, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig ist, (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziff. 2).
Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.
Am 13. März 2014 erhob der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage und beantragte gleichzeitig gemäß § 80 Abs. 5 VwGO:
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 19. Februar 2014 wird angeordnet.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, eine Abschiebung nach Ungarn sei bereits deshalb unzulässig, weil der Kläger über Bulgarien und Rumänien dorthin gekommen sei. In Ungarn sei er von der Polizei festgenommen und geschlagen worden. In der Unterkunft habe er keine ärztliche Versorgung erhalten. Die ersten drei Tage habe er nichts zu essen bekommen. Es seien systemische Mängel des ungarischen Asylverfahrens gegeben, insbes. unter Berücksichtigung einer zum 1. Juli 2013 in Kraft getretenen ungarischen Gesetzesänderung bezüglich der Inhaftierung von Asylbewerbern.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Die danach vorzunehmende Abwägung des sich aus § 75 Abs. 1 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG - wonach die Aussetzung der Abschiebung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes angeordnet werden darf - ist vorliegend nicht anwendbar (vgl. hierzu mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens VG Trier, B.v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR). Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt.
Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Für die Prüfung des vom Antragsteller am 3. Januar 2014 in Deutschland gestellten Asylantrages ist gemäß Art. 18 Abs. 1 b VO (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin-III-VO – Ungarn zuständig.
Da der Asylantrag sowie das Gesuch um Wiederaufnahme am 5. Februar 2014 gestellt wurden, ist die Dublin-III-VO anwendbar (Art. 49 Dublin-III-VO).
Ungarn hat mit E-Mail vom 18. Februar 2014 seine Zuständigkeit bejaht und der Wiederaufnahme des Antragstellers zugestimmt. Selbst wenn im vorliegenden Fall an sich Bulgarien oder Rumänien das „Dublin-Land“ wären, in die der Antragsteller nach eigenen Angaben unmittelbar eingereist ist (Art. 13 Dublin-III-VO), steht dies der Abschiebung nach Ungarn im Dublin-Verfahren nicht entgegen. Die Zuständigkeit Ungarns beruht nach Überzeugung des Gerichts schon auf Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO, wonach ein Mitgliedstaat, welcher abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüft, auch wenn er nach den in der Dublin-III-VO festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig wäre, dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung wird und die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen übernimmt. Dies ergibt sich für das Gericht, ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, auf welcher Motivation diese Bereitschaft beruht, eindeutig aus dem Umstand, dass die ungarischen Behörden ihre Zuständigkeit anerkannt und sich gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO bereit erklärt haben, den Antragsteller wieder aufzunehmen (ebenso zur Dublin-II-VO: VG Augsburg v. 05.12.2013, Az. Au 7 S 13.30454; VG München v. 11.02.2014, Az. M 24 S 13.31330; VG München v. 25.02.2014, Az. M 21 S 14.30357). Ob der Mitgliedstaat von der Befugnis nach Art. 17 Abs. 2 Dublin-III-VO Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist (EuGH v. 21.12.2011, Rs. C-411/10 u.a.).
Selbst bei einer Unzuständigkeit Ungarns wäre im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ausschließlich maßgeblich, dass Ungarn am 18. Februar 2014 gegenüber der Antragsgegnerin seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens erklärt hat. Denn nach überzeugender Ansicht gewährt die Dublin-III-VO dem Antragsteller keinen subjektiven, einklagbaren Rechtsanspruch darauf, dass sein Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedstaat geprüft wird, den er für zuständig hält. Es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den europarechtlichen Zuständigkeitsvorschriften um reine zwischenstaatliche Regelungen handelt, die grundsätzlich keine subjektiven Rechte von Asylbewerbern begründen, wonach das Asylverfahren in einem bestimmten Mitgliedstaat durchgeführt werden muss. Die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das europäische Zuständigkeitssystem lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens eines Drittstaatsangehörigen gewährleistet sein muss. Demgemäß sind die in der Dublin-III-VO niedergelegten Zuständigkeitsregeln an die Mitgliedstaaten adressiert und sehen Rechte und Pflichten für die EU-Mitgliedstaaten vor. Ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat besteht daher grundsätzlich nicht (VG Oldenburg v. 20.02.2014, Az. 3 B 145/14; VG München v. 06.02.2014, Az. M 23 S 14.30153; VG Regensburg v. 29.01.2014, Az. RN 5 S 14.30057; VG Regensburg v. 14.02.2014, Az. RN 5 S 14.30112; VG Ansbach v. 10.02.2014, Az. AN 1 S 14.30086 – jeweils m.w.N.). Dies entspricht auch der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat mit Urteil vom 10.12.2013, Rs. C- 394/12, entschieden, dass Art. 19 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung (Regelung zum Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eines Mitgliedstaates, den Asylantrag nicht zu prüfen) dahin auszulegen ist, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-Verordnung niedergelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (hierzu noch unten). Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken, die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs auch auf die vergleichbare Konstellation der Zustimmung eines Mitgliedstaates zur Wiederaufnahme eines Asylbewerbers zu übertragen (VG Oldenburg v. 20.02.2014, Az. 3 B 145/14; VG München v. 06.02.2014, Az. M 23 S 14.30153; VG Ansbach v. 10.02.2014, Az. AN 1 S 14.30086).
Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet, trotz der Zuständigkeit Ungarns den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
Die Auslegung der Dublin-III-Verordnung, die wie die Dublin-II-VO „einen der Bausteine des von der Europäischen Union errichteten Gemeinsamen Europäischen Asylsystems bildet“, und die sich daraus ergebenden Rechte der Asylbewerber sind durch neuere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs geklärt (EuGH, U.v. 21.12.2011 – N.S. u.a., C-411/10 und C-493/10 – Slg. 2011, I-13905; EuGH, U.v. 14.11.2013 – Puid, C-4/11 – NVwZ 2014, 129, mit Anm. Thym, NVwZ 2014, 130; EuGH, U.v. 10.12.2013 – Abdullahi, C-394/12 – juris).
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich, – ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (siehe BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – BVerfGE 94, 49) – auf die Annahme, dass alle daran beteiligten Staaten (ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten) die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden, und der Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, ferner dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 75, 78; vgl. dazu: Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406). Auf der Grundlage dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die Dublin-II-Verordnung und die Dublin-III-Verordnung erlassen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen (U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78, 79; U.v. 10.12.2013, a.a.O., Rn. 52, 53).
Aus diesen Gründen kann nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedsstaat die Verpflichtung der übrigen Mitgliedsstaaten zur Beachtung der Dublin-III-Verordnung berühren und deren Pflicht vereiteln, einen Asylbewerber an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen (vgl. U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 82, 84, 85). Fehlleistungen im Einzelfall stellen diese Vertrauensgrundlage ebenso wie das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Auch wenn die sozialen und medizinischen Standards in Ungarn aufgrund der dortigen schwierigen Wirtschaftslage niedriger sein sollten als in der Bundesrepublik Deutschland, ist nichts dafür ersichtlich oder konkret vorgetragen worden, dass Ungarn die Mindeststandards bei der Behandlung der Asylbewerber im Allgemeinen oder im konkreten Einzelfall nicht einhalten würde. Einzelne Missstände begründen keine systemischen Mängel im oben genannten Sinn.
Die Mitgliedstaaten dürfen einen Asylbewerber nur dann nicht an den zuständigen Mitgliedsstaat überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 94, 106; U.v. 10.12. 2013, a.a.O., Rn. 60, 62; U.v. 14.11.2013. a.a.O., Rn. 30).
In Bezug auf Ungarn sind nach aktuellem Kenntnisstand nicht hinreichend „ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe“ dafür anzunehmen, dass dem Antragsteller in Ungarn infolge systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen tatsächlich die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung droht.
Die Kritik an der Situation in Ungarn, die im Jahr 2012 von verschiedenen Seiten erhoben wurde, trifft in dieser Form aktuell nicht mehr zu.
In dem 28seitigen Positionspapier „Ungarn als Asylland – Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn“ vom April 2012 (engl. „Hungary as a country of asylum - Observations on the situation of asylum-seekers and refugees in Hungary“) beschrieb der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) die Situation von Asylsuchenden in Ungarn sehr kritisch und wandte sich insbesondere gegen die häufige Inhaftierung von Asylsuchenden ohne Visum (hierzu auch die Erklärung „Bericht zur Situation von Asylsuchenden in Ungarn“ vom 24.4.2012; die Dokumente sind über www.unhcr.de oder www.unhcr.org zugänglich). In dem Positionspapier richtete UNHCR eine Vielzahl von „Empfehlungen“ an die ungarischen Behörden, würdigt aber auch deren Kooperationsbereitschaft und die bereits getroffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Vor allem aber enthält es jedoch keine Aufforderung an die anderen EU-Mitgliedsstaaten, von Überstellungen nach Ungarn im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems abzusehen. In Anbetracht der seinerzeit gegenüber Griechenland erfolgten deutlichen Stellungnahmen wäre dieses aber zu erwarten, wenn UNHCR von einer menschenrechtswidrigen Situation ausgehen würde.
Soweit UNHCR im Oktober 2012 eine Aufforderung veröffentlichte, keine Asylbewerber gemäß den Dublin-II-Regularien nach Ungarn zu überstellen, wenn diese vor ihrer Ankunft in Ungarn durch Serbien gekommen waren, wurde diese Aufforderung im Dezember ausdrücklich wieder aufgehoben („amends its previous position“) und die Veränderungen in der ungarischen Asylpraxis ausdrücklich positiv gewürdigt („Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia – update“, December 2012).
Das Auswärtige Amt hat sich 2013 in zwei umfangreichen Stellungnahmen zur ungarischen Asylgesetzgebung und -praxis geäußert (an das VG Augsburg am 23.5.2013 und an den BayVGH am 9.7.2013). Auch hieraus ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens.
Gleiches gilt für den Bericht zweier Berichterstatter einer Arbeitsgruppe des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), „Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the Conclusion of its Visit to Hungary, 23 September - 2 October 2013“. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich aufgrund ihres Mandats nicht mit dem Asylverfahren speziell, sondern allgemein mit „willkürlicher Haft“ („arbitrary detention“); der Bericht kritisiert demzufolge in erster Linie den exzessiven Gebrauch und Mängel bei der Zugänglichkeit von Rechtsbeiständen bei der Untersuchungshaft in Ungarn sowie die Möglichkeit von Freiheitsentziehungen nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz. In Bezug auf die Inhaftierung von Asylbewerbern würdigt der Bericht ausdrücklich die Verbesserungen durch im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderungen; diese würden jedoch in der Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt. Der Bericht kritisiert vor allem Mängel in Bezug auf die Information der Inhaftierten über ihre Rechtsbehelfsmöglichkeiten, sowie in Bezug auf die Verfügbarkeit von Dolmetschern und den Zugang zu Rechtsbeiständen. Außerdem handelt es sich bei diesem Bericht lediglich um vorläufige Ergebnisse („preliminary findings“); ein abschließender Bericht soll dem Menschenrechtsrat erst im Lauf des Jahres 2014 vorgelegt werden. Auch aus diesem Bericht ergeben sich jedoch keine ausreichenden Belege für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens (a.A. z.B. VG München, B.v. 28.10.2013 – M 21 S 13.31076).
Dieses Ergebnis deckt sich mit der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hat in seinem Urteil vom 6. Juni 2013 (Mohammed gegen Österreich, Nr. 2283/12, hier zitiert nach der inoffiziellen Übersetzung des Informationsverbunds Asyl und Migration) festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Regelungen nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, einer den Art. 3 EMRK verletzenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Gerichtshof hat hierzu umfangreich Stellungnahmen von UNHCR und anderer Stellen ausgewertet; es ist nicht ersichtlich, dass sich die Tatsachengrundlage seither wesentlich verändert hätte.
Ferner hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Situation eines Asylbewerbers schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Art. 3 EMRK kann nicht so ausgelegt werden, dass er die Vertragsstaaten verpflichtet, jeder Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen; diese Regelung enthält auch keine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, B.v. 2.4.2013 – 27725/10 – ZAR 2013, 336, Rn. 70, 71; bezogen auf Italien; ebenso EGMR, B.v. 18.6.2013 – 53852/11 – ZAR 2013, 338; hierzu auch BVerwG, B.v. 11.9.2013 – 10 B 17.13 – unter www.bverwg. de).
Gestützt wird dieses Ergebnis weiterhin durch das Erkenntnis des Österreichischen Asylgerichtshofs vom 9. Juli 2013 (S 21 436096-1/2013, zugänglich über www.ris.bka.gv.at). Der Asylgerichtshof hat ausdrücklich festgestellt, dass in Ungarn am 1. Januar 2013 ein überarbeitetes Asylgesetz in Kraft getreten ist, das die nötigen Verbesserungen gebracht habe, weshalb nicht erkannt werden könne, „dass im Hinblick auf Asylbewerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen nach der EMRK erfolgen würden, so dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde“.
Auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat festgestellt, es sei nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Ungarn systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der nach dort überstellten Asylbewerber erwarten lassen (VGH BW, B.v. 6.8.2013 – 12 S 675/13 – juris; ebenso zum Beispiel: VG Regensburg, B.v. 17.12.2013 – RN 5 S 13.30749 – juris; VG Augsburg, B.v. 5.12.2013 – Au 7 S 13.30454 – juris; VG Ansbach, B.v. 6.9.2013 – AN 10 S 13.30604; VG Ansbach, B.v. 11.9.2013 – AN 2 S 13.30685, AN 2 E 13.30664; anderer Ansicht zum Beispiel: VG München, B.v. 23.12.2013 – M 23 S 13.31303; B.v. 17.12.2013 – M 21 S 13. 31196; B.v. 28.10.2013 – M 21 S 13.31076; B.v. 6.12.2013 – M 22 S 13. 31235; jeweils mit der Feststellung, dass die Verhältnisse in Ungarn nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen seien).
Ungarn gilt außerdem als sicherer Drittstaat i.S. des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs- und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist – bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat – etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – BVerfGE 94, 49).
Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen, im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Solche Sonderfälle liegen, wie oben dargestellt, im Falle Ungarns nicht vor.
Der Eilantrag ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.