FG Köln, Urteil vom 26.06.2014 - 3 K 1906/12
Fundstelle
openJur 2014, 22348
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Befugnis des Beklagten zur Änderung zweier Feststellungsbescheide nach § 129 der Abgabenordnung (AO).

Der Kläger ist Gesellschafter der ärztlichen A und B Dres GbR Gemeinschaftspraxis, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt.

In dem den beiden Streitjahren 2007 und 2008 vorangegangenen Jahr 2006 war bei beiden Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis neben dem laufenden Gewinn jeweils ein negatives Ergebnis aus dem Sonderbetriebsvermögen zu berücksichtigen. Dieses erfasste der Beklagte zutreffend unter der Kennziffer 114.

In der Feststellungserklärung für das Streitjahr 2007 erklärten die beiden an der Gemeinschaftspraxis beteiligten Gesellschafter neben dem laufenden Gewinn in der Anlage FE 1 unter anderem unter der Kennziffer 113 Sonderbetriebseinnahmen des Klägers in Höhe von 19.850,22 €. Mit Feststellungsbescheid vom 17.11.2008 berücksichtigte der Beklagte diesen Betrag jedoch als Sonderbetriebsausgabe, da er ihn von der Feststellungserklärung abweichend in Kennziffer 114 erfasste. Der Feststellungsbescheid 2007 vom 17.11.2008 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nachdem die Gesellschafterin B ihre Gewinnermittlung zum Sonderbetriebsvermögen eingereicht hatte, die einen Verlust in Höhe von 14.720,09 € auswies, erhöhte der Beklagte mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Feststellungsbescheid vom 28.11.2008 die bisher festgestellten "Sonderbetriebsausgaben" der Gemeinschaftspraxis auf 34.570,31 €.

Am 05.02.2010 erließ der Beklagte für das Streitjahr 2007 einen weiteren nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid, in dem er nunmehr Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 256.873,48 € feststellte, wobei er nach wie vor "Sonderbetriebsausgaben" des Klägers in Höhe von 19.850,22 € berücksichtigte. Der Beklagte hob zugleich den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Bei der Veranlagung des Streitjahres 2008 lag dem Beklagten die Gewinnermittlung der Gesellschafterin B bereits vor, die wiederum ein negatives Sonderbetriebsergebnis in Höhe von 14.996,66 € auswies. Der Beklagte erhöhte den von den Gesellschaftern der Gemeinschaftspraxis erklärten Betrag an Sonderbetriebseinnahmen des Klägers in Höhe von 24.429,16 € um diese 14.996,66 € auf 39.425,82 € und erfasste den Gesamtbetrag wiederum unter der Kennziffer 114, so dass mit Feststellungsbescheid 2008 vom 08.02.2010 Sonderbetriebsausgaben der Gemeinschaftspraxis in der vorgenannten Höhe ausgewiesen wurden. Danach betrugen die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit 344.437,83 € unter Berücksichtigung von "Sonderbetriebsausgaben" in Höhe von 24.429,16 €.

Jeweils mit Feststellungsbescheid vom 25.03.2011 änderte der Beklagte die Feststellungsbescheide 2007 und 2008 nach § 129 AO dahingehend ab, dass er nunmehr die genannten "Sonderbetriebsausgaben" des Klägers als Sonderbetriebseinnahmen berücksichtigte. Zur Begründung führte er jeweils aus, dass die erklärten Sonderbetriebseinnahmen des Klägers irrtümlich in einer falschen Kennzahl und somit als Sonderbetriebsausgaben erfasst worden seien.

Hiergegen legte der Kläger am 21.04.2011 Einspruch ein.

Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO seien nicht gegeben. Der BFH habe in verschiedenen Entscheidungen die Auffassung vertreten, dass insbesondere bei einer unrichtigen Tatsachenwürdigung sowie bei der unzutreffenden Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts die Anwendung des § 129 AO nicht möglich sei.

Es sei zu berücksichtigen, dass die Sachbearbeiterin seine, des Klägers, Steuererklärungen hinsichtlich jeder einzelnen Position und jedes einzelnen Betrages bis ins Kleinste durchgearbeitet habe. Es habe eine Reihe von Nachfragen und Anmerkungen gegenüber seiner Steuerberaterin gegeben, wobei es teilweise um geringfügige Beträge in Höhe von 10 bis 20 € gegangen sei. Von der Steuerberaterin seien immer wieder weitere Angaben und Informationen angefordert und es sei darauf hingewiesen worden, dass angeblich Beträge in der falschen Zeile eingetragen worden seien. Diese intensive Bearbeitung lasse den Schluss zu, dass die Sachbearbeiterin sich mit dem Sachverhalt in vollem Umfange inhaltlich auseinandergesetzt habe. Wenn dann anstelle einer Sonderbetriebseinnahme eine Sonderbetriebsausgabe berücksichtigt werde, sei dies das Ergebnis der Sachverhaltsermittlung und kein mechanisches Versehen.

Die intensive Bearbeitung der Steuerakte sei für jeden Veranlagungszeitraum mehrfach erfolgt. Dies führe dazu, dass der Sachverhalt von der Sachbearbeiterin vollkommen erfasst und durchdrungen worden sei, so dass man zu dem Ergebnis kommen müsse, dass eine Sachverhaltsermittlung durchgeführt worden sei. Dies könne aber nur zu einem Tatsachenirrtum führen, der die Berichtigung nach § 129 AO ausschließe.

Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass derselbe Fehler zweimal hintereinander passiert sein solle, obwohl die Erklärungen für die Jahre 2007 und 2008 zu unterschiedlichen Zeitpunkten bearbeitet worden seien. Dies lasse den Schluss zu, dass für beide Veranlagungszeiträume eine eigene Sachverhaltsermittlung erfolgt sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18.05.2012 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte er aus, die Verwechslung der Kennziffer 113 mit der Kennziffer 114 stelle eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit dar. Darunter fielen Unrichtigkeiten, die ihren Grund in einem auf Unachtsamkeit, Flüchtigkeit oder Abgelenktheit beruhenden mechanischen Versehen hätten wie z.B. Übersehen, Vergreifen, falsches Ablesen, falsches Übertragen, Verwechseln oder Vertauschen. Ein solcher Fall des Verwechselns oder Vertauschens der Kennziffern liege hier vor.

Jede mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Rechts- oder Tatsachenirrtums könne ausgeschlossen werden. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass der Kläger und die Gesellschafterin B die Beträge in beiden Jahren zutreffend als Sonderbetriebseinnahmen erklärt hätten und auch die dazugehörigen Gewinnermittlungen die Beträge zweifelsfrei als solche auswiesen. Unabhängig davon, ob man den Ausführungen des Klägers hinsichtlich des Durcharbeitens beider Feststellungserklärungen bis ins Kleinste folge oder auf den Akteninhalt verweise, der lediglich eine punktuelle Erörterung der Feststellungserklärung für das Jahr 2008 erkennen lasse, komme man zu dem Ergebnis, dass nur eine offenbare Unrichtigkeit vorliegen könne. Es sei nämlich nicht denkbar, dass jemand, der eine Steuererklärung bis ins Kleinste durcharbeite, bei einem Betrag in der Größenordnung von 20.000 € ohne erkennbaren Grund einen für das Finanzamt günstigen Sachverhalt in Form einer Betriebseinnahme als Betriebsausgabe berücksichtige. Der Mutmaßung, die Fehler würden auf einer Sachverhaltsermittlung beruhen, fehle danach die Begründung. Auch der Behauptung, die intensive Bearbeitung der Steuererklärung sei nicht nur einmal, sondern mehrmals bei jeder Änderung vorgenommen worden, fehle die Grundlage. Es hätten jeweils unterschiedliche Gründe für die Änderung des Feststellungsbescheides 2007 vorgelegen, welche nicht zu einer erneuten Gesamtüberprüfung des Steuerfalles geführt hätten. Dieser sei vielmehr in verschiedenen Einzelpunkten geändert worden. Der Fehler der Erstveranlagung sei dabei in den jeweiligen Änderungsbescheid übernommen worden.

Nichts anderes ergebe sich auch aus der Tatsache, dass der Bearbeiterin der gleiche Fehler für das Jahr 2008 erneut unterlaufen sei. Dadurch, dass für das Jahr 2007 lediglich die Kennzahl 114 angesprochen worden sei, sei diese im Folgejahr 2008 wieder maschinell im Eingaberaster zur Werteingabe angeboten und erneut mit der Kennzahl 113 verwechselt worden.

Der Kläger hat am 20.06.2012 Klage erhoben.

Zur Begründung wiederholt er seinen Vortrag aus dem Einspruchsverfahren und führt ergänzend aus, aufgrund der vielen Nachfragen an die Steuerberaterin müsse davon ausgegangen werden, dass die Bearbeitung der Erklärungen mehrmals im gesamten Umfang erfolgt sei.

Wenn die Sachbearbeiterin für das Streitjahr 2007 nicht beachte, dass eine Sonderbetriebseinnahme vorgelegen habe, sondern eine Sonderbetriebsausgabe annehme, wie sie im Jahr 2006 zu berücksichtigen gewesen sei, habe sie eine aus tatsächlichen Gründen erforderliche Sachverhaltsermittlung unterlassen, was kein mechanisches Versehen darstelle.

Er beantragt,

die Feststellungsbescheide 2007 und 2008 vom 25.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.05.2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.

Gründe

Die Klage ist unbegründet und hat keinen Erfolg.

Die Feststellungsbescheide 2007 und 2008 vom 25.03.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

1. Der Beklagte hat sowohl den Feststellungsbescheid 2007 vom 05.02.2010 als auch den Feststellungsbescheid 2008 vom 08.02.2010 zu Recht nach § 129 AO berichtigt, indem er die fälschlicherweise als Sonderbetriebsausgaben erfassten Sonderbetriebseinnahmen des Klägers in Höhe von 19.850,22 € bzw. 24.429,16 € in den streitgegenständlichen Feststellungsbescheiden vom 25.03.2011 nunmehr zutreffend erfasste.

a) Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Feststellungsbescheide 2007 und 2008 vom 05. bzw. 08.02.2010 nach § 129 Satz 1 AO waren erfüllt. Dem Beklagten ist jeweils beim Erlass der ursprünglichen Feststellungsbescheide 2007 und 2008 vom 17.11.2008 bzw. vom 08.02.2010 eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit unterlaufen.

aa) Unter einer ähnlichen Unrichtigkeit im Sinne des § 129 Satz 1 AO versteht man eine solche, die einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich ist, d.h. es muss sich um ein mechanisches Versehen handeln, das ebenso mechanisch, d.h. ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden kann (vgl. BFH v. 27.05.2009, X R 47/08, BStBl. II 2009, 946; BFH v. 31.07.1990, I R 116/88, BFHE 162, 115; Ratschow, in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 129, Rz. 5). Mechanisch in diesem Sinne ist ein Fehler, der aus einem bloßen Vertun besteht, das auf Gedankenlosigkeit, Flüchtigkeit, Unachtsamkeit oder Abgelenktsein beruht (vgl. Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 6, Stand März 2012). Erfasst werden Fehler aufgrund von Übersehen, Vergreifen, falschem Ablesen oder falschem Ein- oder Übertragen, Verwechseln oder Vertauschen (vgl. FG Köln v. 28.11.2007, 5 K 3381/06, EFG 2008, 271; Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 6, Stand März 2012; Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 129 AO, Rz. 40, Stand November 2012). Nach § 129 AO zu berichtigende Fehler müssen auf einem Versehen beruhen (BFH v. 13.06.2012, VI R 85/10, BStBl. II 2013, 5). Dabei ist eine Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeiten nicht von Verschuldenserwägungen abhängig und kann auch dann erfolgen, wenn der Veranlagungssachbearbeiter notwendige Überlegungen nicht anstellt und sein Versehen bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen können (vgl. BFH v. 30.11.2010, III B 17/09, BFH/NV 2011, 412; BFH v. 21.01.2010, III R 22/08, BFH/NV 2010, 1410).

Keine "mechanischen" Fehler sind dagegen grundsätzlich solche, die das Denken, Subsumieren und Schlussfolgern betreffen. Darunter fallen insbesondere Fehler bei der Auslegung, Anwendung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung, die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung oder Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen (vgl. Ratschow, in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 129, Rz. 9). Allein die Tatsache, dass der gleiche Fehler mehrfach vorgekommen ist, führt nicht zu der Annahme eines Rechtsfehlers oder Tatsachenirrtums (vgl. BFH v. 11.07.2007, XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810; Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 12, Stand März 2012).

Ist die mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums gegeben, liegt ebenfalls kein mechanisches Versehen und damit keine offenbare Unrichtigkeit vor (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH v. 06.02.2008, VII B 23/07, BFH/NV 2008, 814; BFH v. 24.07.1984, VIII R 304/81, BStBl. II 1984, 785; BFH v. 28.11.1985, IV R 178/83, BStBl. II 1986, 293; BFH v. 05.02.1998, IV R 17/97, BStBl. II 1998, 535). Deuten die Gesamtumstände des Falles jedoch auf ein mechanisches Versehen hin und liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Fehler auf rechtliche oder tatsächliche Erwägungen zurückzuführen ist, kann berichtigt werden (vgl. BFH v. 13.06.2012, VI R 85/10, BStBl. II 2013, 5; Ratschow, in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 129, Rz. 21).

Danach war vorliegend jeweils eine, einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche Unrichtigkeit i.S.d. § 129 Satz 1 AO gegeben.

(1) So kann ein mechanisches Versehen insbesondere in der Eintragung oder Eingabe einer unrichtigen Kennziffer liegen (vgl. BFH v. 14.06.1991, III R 64/89, BStBl. II 1992, 52; Ratschow, in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 129, Rz. 28; Wernsmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 129 AO, Rz. 58, Stand November 2012). Ebenso liegt eine, einem Schreib- oder Rechenfehler vergleichbare Unrichtigkeit vor, wenn der Finanzbeamte das von ihm gewollte Ergebnis verfehlt, weil eine Eintragung in der falschen Zeile erfolgt (vgl. Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 32, Stand März 2012).

Mit diesen Fallkonstellationen ist diejenige, welche dem Beklagten bei Erlass des ursprünglichen Feststellungsbescheides 2007 unterlaufen ist, vergleichbar. Bei der Veranlagung des Streitjahres 2007 hat der Beklagte mit ursprünglichem Feststellungsbescheid vom 17.11.2008 die als solche erklärten Sonderbetriebseinnahmen des Klägers in Höhe von 19.850,22 € nicht, wie es zutreffend gewesen wäre, unter der Kennziffer 113 als Sonderbetriebseinnahmen, sondern unter der Kennziffer 114 als Sonderbetriebsausgaben erfasst. Dabei geht der Senat nach seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung davon aus, dass dies seine Ursache darin hatte, dass diese Kennziffer noch aus dem Vorjahr 2006, in dem tatsächlich Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen gewesen waren, voreingestellt und von der Sachbearbeiterin des Beklagten ohne Prüfung rechtlicher oder tatsächlicher Art schlicht übernommen worden war.

Die versehentliche Berücksichtigung eines positiven Ergebnisses als negatives Ergebnis aufgrund Eintragung in einer falschen voreingestellten Kennziffer ist nach Auffassung des Senats nicht anders zu beurteilen und stellt gleichsam ein mechanisches Versehen dar, als wenn die Sachbearbeiterin selbst eine unrichtige Kennziffer eingetragen hätte oder bei der Eintragung der Sonderbetriebseinnahmen in der Zeile verrutscht wäre. Die Sachbearbeiterin des Beklagten hat nach Überzeugung des Senats lediglich aus Flüchtigkeit übersehen, dass aus dem Vorjahr eine auf das Streitjahr nicht passende Kennziffer im Computerprogramm voreingestellt war. Dass sie dies bei Anwendung der gehörigen Sorgfalt hätte erkennen und ihren Fehler vermeiden können, ist für die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 Satz 1 AO irrelevant.

Entgegen der Annahme des Klägers vermag der Senat in der Berücksichtigung der Sonderbetriebseinnahmen als Sonderbetriebsausgaben weder eine unrichtige Tatsachenwürdigung noch die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts zu sehen. Die Möglichkeit, dass die Sachbearbeiterin ein erklärtes positives Ergebnis bewusst als negatives berücksichtigen wollte, ist nicht mehr als allenfalls theoretischer Natur und schließt daher die Anwendbarkeit des § 129 Satz 1 AO nicht aus.

Aus dem Vortrag des Klägers, die Sachbearbeiterin habe die Feststellungserklärungen jeweils bis ins kleinste Detail durchgearbeitet und geprüft, ergibt sich nichts anderes. Denn zum einem schließt auch dies das Vorkommen mechanischer, nach § 129 Satz 1 AO berichtigungsfähiger Fehler nicht aus. Zum anderen ist insbesondere aus den Akten nicht ersichtlich, dass Grund und Höhe der Sonderbetriebseinnahmen des Klägers jemals Gegenstand von Nachfragen oder Beanstandungen der Sachbearbeiterin des Beklagten gewesen wären.

Für den Senat schließlich ebenfalls nicht erkennbar ist die Behauptung des Klägers, die Berücksichtigung der Sonderbetriebseinnahmen als Sonderbetriebsausgaben beruhe auf einer Ermittlung des Sachverhalts bzw. auf einer unzureichenden Ermittlung desselben. Die Tatsache, dass der Kläger im Streitjahr 2007 Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 19.850,22 € erwirtschaftet hatte, stand vielmehr zwischen den Beteiligten von vorneherein unstreitig fest. Anlass zu einer weitergehenden Sachverhaltsermittlung war insoweit nicht gegeben. Unzutreffend erfolgt ist lediglich die Übernahme des für die Beteiligten feststehenden Sachverhalts in das der Veranlagung zugrunde liegende Computerprogramm. Gerade Fehler, die die Übernahme des Sachverhalts in das Besteuerungsverfahren betreffen, können jedoch wie vorliegend offenbare Unrichtigkeiten sein (vgl. Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 18, Stand März 2012).

(2) Eine, einem Schreib- oder Rechenfehler ähnliche Unrichtigkeit ist dem Beklagten auch im Feststellungsbescheid 2008 vom 08.02.2010 unterlaufen.

Zwar bestätigt sich der Vortrag des Beklagten bei Durchsicht der Akten nicht, es sei bei Erlass des Feststellungsbescheides 2008 der gleiche Fehler wie bei Erlass des Feststellungsbescheides 2007 unterlaufen und die Sonderbetriebseinnahmen des Klägers schlicht unter der falschen Kennziffer 114 eingetragen worden. Wie der Beklagte im Tatbestand seiner Einspruchsentscheidung vom 18.05.2012 selbst ausführt und es sich im Übrigen auch einer handschriftlichen Berechnung der Sachbearbeiterin des Beklagten in den Steuerakten des Streitjahres 2008 entnehmen lässt, hat der Beklagte vielmehr den Sonderbetriebsausgaben der Gesellschafterin B in Höhe von 14.996,66 € die vermeintlichen Sonderbetriebsausgaben des Klägers in Höhe von 24.429,16 € hinzugerechnet und erst die Summe von 39.425,82 € unter der Kennziffer 114 für Sonderbetriebsausgaben erfasst. Der Fehler des Beklagten bestand im Streitjahr 2008 folglich nicht in einer bloßen Kennzahlenverwechslung, sondern in dem Verwechseln eines positiven mit einem negativen Ergebnis noch im Vorfeld der Erfassung im Computerprogramm.

Nach Überzeugung des Gerichts ist jedoch auch diese Unrichtigkeit lediglich auf eine Unachtsamkeit der Sachbearbeiterin zurückzuführen und nicht auf einen Vorgang des Denkens, Subsumierens oder Schlussfolgerns. Insbesondere sieht der Senat wertungsmäßig keinen Unterschied darin, ob ein positives Ergebnis durch Eintragung in einer falschen Kennziffer als negativ erfasst wird oder ob das positive Ergebnis im Vorfeld der Eintragung als negatives Ergebnis aufgefasst und daher in der gleichen unzutreffenden Kennziffer wie in der ersten Fallkonstellation eingetragen wird. Beide Fehler stellen lediglich auf Unachtsamkeit beruhende Unrichtigkeiten und damit mechanische Versehen dar, die einer Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO gleichermaßen zugänglich sind.

Im Übrigen kann auf die Ausführungen zum Streitjahr 2007 verwiesen werden, da es trotz der leicht abweichend gearteten Fehlerursache allenfalls theoretisch ist, dass die Sachbearbeiterin des Beklagten bewusst die Sonderbetriebseinnahmen des Klägers als Sonderbetriebsausgaben aufgrund unrichtiger Tatsachenwürdigung oder der Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts berücksichtigen wollte. Dass die Unrichtigkeit Folge einer (unzureichenden) Sachverhaltsermittlung des Beklagten war, ist auch nicht erkennbar. Eine mögliche detaillierte Überprüfung der Feststellungserklärung 2008 durch Rücksprache mit der Steuerberaterin des Klägers schließt wie ausgeführt die Berichtigungsmöglichkeit ebenfalls nicht aus.

bb) Die Unrichtigkeit in den Feststellungsbescheiden 2007 und 2008 vom 17.11.2008 bzw. vom 08.02.2010 war auch jeweils offenbar im Sinne des § 129 Satz 1 AO. Eine Unrichtigkeit ist dann offenbar, wenn sie klar auf der Hand liegt, durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist (vgl. BFH v. 08.12.2011, VI R 45/10, BFH/NV 2012, 694; Ratschow, in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 129, Rz. 12). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte. Maßgebend ist, ob der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist (BFH v. 08.12.2011, VI R 45/10, BFH/NV 2012, 694; BFH v. 21.10.1987, IX R 156/84, BFH/NV 1988, 277). Dabei ist insbesondere der gesamte Inhalt der Steuerakten einzubeziehen (vgl. BFH v. 06.11.2012, VIII R 15/10, BStBl. II 2013, 307).

Danach war die Berücksichtigung der Sonderbetriebseinnahmen des Klägers als Sonderbetriebsausgaben sowohl im Feststellungsbescheid 2007 vom 17.11.2008 als auch im Feststellungsbescheid 2008 vom 08.02.2010 offenbar, da die Unrichtigkeit sogar ohne Heranziehung der Akten allein aus den ursprünglichen Feststellungsbescheiden 2007 und 2008 für jedermann eindeutig erkennbar war.

So fand sich genau der vom Kläger als Sonderbetriebseinnahmen 2007 erklärte Betrag in Höhe von 19.850,22 € sowohl unter den dem Kläger zuzurechnenden Einkünften als auch als Summe der Sonderbetriebsausgaben der A und B Dres GbR Gemeinschaftspraxis im Feststellungsbescheid 2007 vom 17.11.2008 wieder.

Dass auch die vom Kläger erklärten Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 24.429,16 € als Sonderbetriebsausgaben Eingang in den Feststellungsbescheid 2008 vom 08.02.2010 gefunden hatten, war ebenfalls dadurch eindeutig erkennbar, dass sie unter den Einkünften des Klägers ausdrücklich als Sonderbetriebsausgaben aufgeführt waren.

cc) Da die Unrichtigkeit allein dem Beklagten zuzurechnen war, handelte es sich schließlich auch um eine Unrichtigkeit bei Erlass der beiden Feststellungsbescheide 2007 und 2008 (vgl. Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 27, Stand März 2012).

b) Indem der Beklagte die Feststellungsbescheide 2007 und 2008 vom 05.02.2010 bzw. vom 08.02.2010 berichtigt hat, hat er auch die richtige Rechtsfolge getroffen und nicht ermessensfehlerhaft gehandelt.

Grundsätzlich steht es zwar im Ermessen der Behörde, ob sie berichtigt oder nicht. Entschließt sie sich jedoch zur Berichtigung, handelt sie in der Regel nicht ermessenfehlerhaft, da der Grundsatz der Gleichmäßigkeit und Richtigkeit der Besteuerung es regelmäßig verbietet, offenbare Unrichtigkeiten trotz Änderungsmöglichkeit aufrechtzuerhalten. Die Finanzbehörde muss daher Ermessenserwägungen im Regelfall weder im Berichtigungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung begründen (vgl. FG Köln v. 05.09.1991, 7 K 5921/90, EFG 1992, 107; Ratschow, in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 129, Rz. 42; vgl. Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 35, Stand März 2012).

c) Schließlich stand der Berichtigung des Feststellungsbescheides 2007 vom 05.02.2010 nach § 129 Satz 1 AO nicht entgegen, dass der ursprüngliche, die offenbare Unrichtigkeit erstmalig enthaltende Feststellungsbescheid 2007 vom 17.11.2008 vor der Berichtigung mehrfach unter Übernahme des Fehlers geändert worden war, da die Übernahme eines offenbar unrichtigen Wertes auch den geänderten Verwaltungsakt offenbar unrichtig macht. Ebenfalls unschädlich ist die mit Feststellungsbescheid vom 05.02.2010 erfolgte Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO (vgl. Frotscher, in: Schwarz, AO, § 129, Rz. 24, Stand März 2012).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.