LG Wiesbaden, Urteil vom 09.09.2014 - 1 O 10/14
Fundstelle
openJur 2014, 21806
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt Ersatz für materielle und immaterielle Schäden wegen einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung. Am 23.3.2009 setzte der Beklagte am Zahn 14 des Klägers einen Stift, um die Fixierung einer Krone zu ermöglichen. Im Verlauf der Behandlung kam es zu einer Schwellung an dessen rechter Gesichtshälfte. Es bildete sich ein Emphysem.

Die Behandlung durch den Beklagten am 23.3.2009 war bereits Gegenstand eines zwischen den Parteien geführten Rechtsstreits vor dem AG Wiesbaden, Az. 91 C 7205/09 (84). In diesem hatte der Kläger beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 1.525 € (1.500 € Schmerzensgeld und 25 € Unkostenpauschale) nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit sowie zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu verurteilen. Mit Urteil vom 2.11.2010 wies das Amtsgericht nach Erhebung von Zeugenbeweis die Klage ab. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung beim Landgericht Wiesbaden (Az. 9 S 58/10) nahm der Kläger am 16.12.2011 zurück, nachdem das Gericht ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. A eingeholt hatte. Im Gutachten, S. 11 (Bl. 226 d. A. 91 C 7205/09 (84)), heißt es: „Die Entstehung eines Emphysems an sich stellt ebenfalls keinen Beleg für einen Kunstfehler dar [...]. Ein Hinweis auf eine Sorgfaltspflichtverletzung ergibt sich weder aus der Chronologie der Behandlung vor dem Emphysem, noch aus dem Verhalten nach der Emphysementstehung.“

Im amtsgerichtlichen Verfahren stützte der Kläger sein Begehren auf die Behauptung, die Bohrung des Beklagten im Kiefer des Klägers sei zu tief gewesen. Er habe deshalb starke Schmerzen im Ohr und im Hals gehabt und sei erst nach 14 Tagen beschwerdefrei gewesen.

Das amtsgerichtliche Urteil lautet auszugsweise wie folgt: „Ein Anspruch auf Schadensersatz bestünde [...] nur dann, wenn der Beklagte bei der Behandlung gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen hätte. Dies kann jedoch nach der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden.“ Die unstreitig beim Kläger aufgetretenen Symptome ließen, so das Amtsgericht, nicht auf ein Fehlverhalten des Arztes schließen, da bei jeder ärztlichen Behandlung Risiken bestünden und unerwünschte Folgewirkungen auftreten könnten. Das Amtsgericht vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass die betreffenden Symptome auf einer zu tiefen Bohrung in seinem Kiefer beruhten.

Im hiesigen Verfahren behauptet der Kläger, im Rahmen einer Röntgenuntersuchung am 26.3.2013 habe ein anderer Behandler, Herr Dr. med. dent. B, einen Wurzelstift außerhalb der Wurzel festgestellt. Am 4.7.2013 habe Herr Dr. med. dent. B nach Entfernung der Krone diagnostiziert, dass der verankerte Wurzelstift die Wurzelwand perforiert habe. Zudem seien drei Löcher in die Wurzel gebohrt worden anstatt der eigentlich erforderlichen zwei. Nach der korrigierenden Behandlung durch Herrn Dr. med. dent. B seien die Schmerzen schlagartig verschwunden.

Zur Schmerzentwicklung behauptet der Kläger, er habe aufgrund der fehlerhaften Behandlung durch den Beklagten vier Jahre lang nicht besonders schwere Schmerzen im Bereich des vom Beklagten behandelten Zahns gehabt. Der Kläger erachtet deshalb ein Schmerzensgeld von 5.000 € für angemessen. Er begehrt zudem Erstattung von Kosten i.H.v. insgesamt 1.582,76 €, welche ihm aufgrund der Behandlung durch Herrn Dr. med. dent. B entstanden seien. Hinzu träten 603,93 € für die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten.

Die Rechtskraft des Urteils im Verfahren vor dem AG Wiesbaden stünde, so der Kläger, der vorliegenden Klage nicht entgegen, da Gegenstand jenen Verfahrens nur eine etwaige zu tiefe Bohrung gewesen sei. Die fehlerhafte Setzung des Stiftes und dessen Ursächlichkeit für seine Beschwerde habe er mit der Klage vor dem AG Wiesbaden nicht geltend gemacht. Sie sei ihm auch erst durch die Behandlung des Herrn Dr. med. dent. B im Jahr 2013 bekannt geworden.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger den Betrag von 6.582,76 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen;

2. den Beklagten weiter zu verurteilen, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 603,93 € freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Klage sei wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig. Der Vortrag des Klägers sei zudem widersprüchlich, da er im amtsgerichtlichen Verfahren behauptet habe, nach 14 Tagen beschwerdefrei gewesen zu sein, während er im vorliegenden Verfahren dauerhafte Schmerzen über einen Zeitraum von vier Jahren geltend mache. Als unschlüssig erweise sich der klägerische Vortrag auch vor dem Hintergrund, dass auf dem vom Kläger vorgelegten Röntgenbilder seines Kiefers, welche Herrn Dr. med. dent. B im Jahr 2013 fertigte, in der Wurzel des Zahnes 14 zwei Stifte zu sehen seien, von denen einer ordnungsgemäß gesetzt sei, während der andere möglicherweise die Wand des Zahnstumpfes perforiert habe. Er, der Beklagte, habe aber nur einen Stift gesetzt, und zwar in ordnungsgemäßer Art und Weise. Dies ergäbe sich aus den Röntgenbildern in Anlage zum Gutachten des Prof. Dr. Dr. A. Der im Jahr 2013 vorhandene zweite Stift sei von ihm nicht zu verantworten.

Gründe

II.

1. Die Klage ist unzulässig. Ihr steht die materielle Rechtskraft des Urteils des AG Wiesbaden vom 2.11.2010, Az. 91 C 7205/09 (84), entgegen.

Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung verbietet eine erneute Verhandlung über denselben Streitgegenstand. Unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits identisch ist (BGH, Urt. v. 13.1.2009 - XI ZR 66/08, NJW-RR 2009, 790, Tz. 16 m.w.N.).

a) Beim Streitgegenstand handelt es sich um den als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgebehauptung aufgefassten eigenständigen prozessualen Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet. In diesem Sinn geht der Klagegrund über die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zu ihm sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht zu unterbreiten hat (BGH, a.a.O., NJW-RR 2009, 790, Tz. 17; Urt. v. 24.5.2012 - IX ZR 168/11, VersR 2013, 454, 457, Tz. 21).

Die Umsetzung dieser Grundsätze im Arzthaftungsrecht ist im Einzelnen umstritten. Herrschend wird vertreten, streitgegenständlich sei das gesamte vorgetragene Behandlungsgeschehen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 12.7.2000 - 1 U 1082/99-263, MDR 2000, 1317, 1319 m. zust. Anm. Rehborn, MDR 2000, 1319; Frahm/Nixdorf/Walter, Arzthaftungsrecht, 5. Auf. 2013, Rn. 240, S. 257 mit Fn. 33; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. 746; Althammer, Streitgegenstand und Interesse, 2012, S. 498; aus prozessualen Gründen offengelassen von OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.9.2012 - 7 U 146/11, zitiert nach juris, Tz. 17), der Behandlungszeitraum (OLG Hamm, Urt. v. 27.1.1999 - 3 U 58/98, NJW-RR 1999, 1589, 1590) oder der gesamte Behandlungsvorgang (LG Koblenz, Urt. v. 18.2.2009 - 10 O 172/08, BeckRS 2009, 07440). Die Rechtskraft erstrecke sich auf alle mit dem Geschehen verknüpften Behandlungsfehler (Irrgang, MedR 2010, 533, 535). Nach diesen Maßstäben als streitgegenstandsidentisch angesehen wurden die Klage wegen Fehlerhaftigkeit einer Revisionsoperation einerseits und wegen zu später Durchführung dieser Operation nebst Gabe eines kontraindizierten Medikaments andererseits (OLG Hamm, NJW-RR 1999, 1589).

Nach einer restriktiveren Ansicht liegt ein einheitlicher Streitgegenstand nur vor, wenn für einen Gesundheitsschaden verschiedene Behandlungsfehler als Ursache in Betracht kämen, die sämtlich in einem einheitlichen Geschehen - etwa einer Operation - wurzeln (G. Wagner, in: MünchKom-BGB, 6. Aufl. 2013, § 823 Rn. 886). Sie führt ein obiter dictum des BGH (BGH, Urt. v. 5.12.2006 - VI ZR 228/05, NJW-RR 2007, 414, 415, Tz. 11) an, welches dahingehend zu verstehen sei, dass bei Klagen gestützt auf unzureichende ärztliche Aufklärung einerseits und fehlerhafter Behandlung andererseits keine Streitgegenstandidentität vorliege (gegen dieses Verständnis der genannten BGH-Entscheidung Haager, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 823 Rn. I-79).

Welcher der genannten Ansichten der Vorzug zu geben ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn auch nach dem engeren Streitgegenstandbegriff der letztgenannten Ansicht ist der Streitgegentand des vorliegenden Verfahrens mit dem des Prozesses AG Wiesbaden, Az. 91 C 7205/09 (84), identisch.

aa) Als jeweiliger Anspruchsgrund werden Fehler der durch den Beklagten am 23.3.2009 durchgeführten Stiftsetzung behauptet. Diese Fehler - zu tiefe Bohrung einerseits, Bohren eines dritten, nicht erforderlichen Lochs und falsche Setzung eines Stiftes andererseits - stehen auf Grundlage des klägerischen Vortrags in einem unmittelbaren räumlichen, sachlichen und zeitlichen Zusammenhang. Sie erfolgten im Rahmen derselben Heilbehandlung am selben Tag in einem einheitlichen, soweit ersichtlich nicht unterbrochenen Behandlungsgeschehen und dienten demselben Behandlungsziel, nämlich der Fixierung der Krone bei Zahn 14. Auch die Schmerzen, für welche der Kläger eine Kompensation begehrt, sind zumindest insofern teilidentisch als sie die ersten 14 Tage nach der Behandlung betreffen. Die nunmehrige Behauptung weiterer Schmerzen sowie die Geltendmachung materiellen Schadens, der aufgrund der Behandlung durch Herrn Dr. med. dent. B entstand, haben nur die Anspruchshöhe bei gleichem Haftgrund zum Gegenstand. Bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise gehören der materielle Schaden sowie das erhöhte Schmerzensgeldbegehren zum Tatsachenkomplex, welcher bereits dem AG Wiesbaden, Az. 91 C 7205/09 (84), zur Entscheidung unterbreitet wurde. Wollte man dies anders sehen, wären Prozesse über den Haftgrund - vorliegend: die Fehlerhaftigkeit der Behandlung durch den Beklagten - wiederholbar, wenn der Patient weitere Schäden behauptet. Im Arzthaftungsrecht soll das Institut der Rechtskraft jedoch gerade verhindern, dass ein Patient die ärztliche Behandlung unter Berufung auf immer neue Gesichtspunkte wiederholt einer gerichtlichen Prüfung zuführen kann (OLG Saarbrücken, MDR 2000, 1317, 1319).

bb) Die materielle Rechtskraft soll unterbinden, dass über denselben Streitgegenstand ein weiterer Rechtsstreit geführt und darüber erneut oder abweichend entschieden wird. Die Sachentscheidungen eines Gerichts sollen grundsätzlich eine dauernde innere Bestandskraft entfalten können, damit dem Streit der Parteien nicht nur in dem laufenden Verfahren, sondern darüber hinaus grundsätzlich ein Ende bereitet wird (Gottwald, in: MünchKom-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 322 Rn. 1 f.; vgl. auch Spickhoff, NJW 2008, 1636, 1641). Die Reichweite des Streitgegenstandbegriffs, welcher für die Reichweite der Rechtskraft Maß gibt, steht unter dem Einfluss dieses Zwecks der materiellen Rechtskraft.

Wollte man im vorliegenden Verfahren einen anderen Streitgegenstand als denjenigen im Verfahren des AG Wiesbaden, Az. 91 C 7205/09 (84), erblicken, käme die genannte Wirkung der materiellen Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils nicht zur Entfaltung. Zwar stützt das Amtsgericht seine Entscheidung zentral auf den Umstand, dass die beim Kläger aufgetretenen Symptome nicht auf einer zu tiefen Bohrung im Kiefer des Klägers beruhten. Jedoch führt es auch aus, nicht festgestellt zu haben, dass „der Beklagte bei der Behandlung gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen“ hätte. Die beim Kläger aufgetretenen Symptome ließen nicht auf ein Fehlverhalten des Arztes schließen, da bei jeder ärztlichen Behandlung Risiken bestünden und unerwünschte Folgewirkungen auftreten könnten. Eine der Klage stattgebende Entscheidung im vorliegenden Verfahren müsste sich in Widerspruch zu diesen amtsgerichtlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen setzen. Damit würde die innere Bestandskraft der amtsgerichtlichen Entscheidung beschädigt und ihr Zweck, dem Streit der Parteien über das amtsgerichtliche Verfahren hinaus ein Ende zu bereiten, nicht umfassend erreicht.

cc) Die Weite des Streitgegenstandbegriffs in arzthaftungsrechtlichen Zusammenhängen wird teilweise mit den maßvollen Substantiierungsanforderungen an den Vortrag des klagenden Patienten begründet. Wenn sich aus einem Sachverständigengutachten ergäbe, dass ein anderer als der mit der Klage ursprünglich gerügte Behandlungsfehler vorläge, könne der Kläger ohne Änderung des Streitgegenstands seine Klage auf diesen durch den Sachverständigen aufgedeckten Behandlungsfehler stützen. Dann müsse es der Patient umgekehrt aber auch hinnehmen, dass die Rechtskraft eines Vorprozesses sämtliche dem Behandlungsgeschehen möglicherweise anhaftenden Behandlungsfehler erfasse (vgl. OLG Saarbrücken, MDR 2000, 1317, 1319; mit zust. Anm. Rehborn, MDR 2000, 1319, 1320; LG Koblenz, BeckRS 2009, 07440; Irrgang, MedR 2010, 533, 535). Diese Auffassung beruht auf der Prämisse, dass das Gericht eine umfassende Prüfung der Behandlung auf ihre Ordnungsgemäßheit hin veranlassen bzw. ein gerichtlich bestellter Sachverständiger infolge seiner besonderen Sachkunde auf im Prozess noch nicht thematisierte Behandlungsfehler hinweisen werde. Ob diese Auffassung und die aus ihr abgeleitete Weite des Streitgegenstandbegriffs unabhängig davon trägt, ob im konkreten Fall tatsächlich eine sachverständige Prüfung der Behandlung im vorgenannten Umfang erfolgte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Dagegen spräche, dass eine nicht in diesem Umfang durchgeführte Beweisaufnahme schwerlich geeignet ist, den Streitgegenstand i.S. des klägerischen Rechtsschutzbegehrens zu konkretisieren; dafür hingegen, dass die materielle Rechtskraft auch Umstände des Lebenssachverhalts erfasst, welche den Parteien nicht bekannt sind. Vorliegend hatte der Sachverständige im amtsgerichtlichen Verfahren jedenfalls ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich weder aus der Chronologie der Behandlung vor dem Emphysem noch aus dem Verhalten des Beklagten nach der Emphysementstehung eine Sorgfaltspflichtverletzung ergäbe. Die Entstehung eines Emphysems an sich stelle keinen Beleg für einen Kunstfehler dar. Insofern hat der Sachverständige nicht nur den im dortigen Verfahren behaupteten Behandlungsfehler, der Beklagte habe zu tief in den Kiefer gebohrt, untersucht, sondern umfassend das Verhalten des Beklagten im Rahmen der Behandlung am 23.3.2009 und die Entstehungsgründe für die beim Kläger aufgetretenen Beschwerden.

b) Hinsichtlich des Anspruchsgrundes als Teil des Streitgegenstands ist unerheblich, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht und ob die Parteien die im Vorprozess nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können (BGH, Urt. v. 19.11.2003 - VIII ZR 60/03, NJW 2004, 1252, 1253, auch veröffentlicht in BGHZ 157, 47, m.w.N.). Deshalb erweist sich der klägerische Einwand, der im hiesigen Prozess behauptete Behandlungsfehler sei ihm erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens vor dem AG Wiesbaden, Az. 91 C 7205/09 (84), im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung im Jahr 2013 bekannt geworden, als unbehelflich. Denn die Kenntnis vom behaupteten Lebenssachverhalt hat auf den Streitgegenstand und mit ihm auf den Umfang der Rechtskraft der Entscheidung des AG Wiesbaden keinen Einfluss.

2. Auf die Widersprüchlichkeiten im Vortrag des Klägers hinsichtlich der Dauer der von ihm erlittenen Schmerzen kommt es folglich nicht an. Gleiches gilt für die Behauptung des Beklagten, bei Zahn 14 hätten sich im Jahr 2013 zwei Stifte gefunden, wohingegen er am 23.3.2009 nur einen Stift gesetzt habe. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass es diesen Einwand bei Vergleich des durch Herrn Dr. med. dent. B gefertigten Röntgenbilds und der Röntgenbilder in Anlage zum Gutachten des Prof. Dr. Dr. A für durchgreifend erachten dürfte.

3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.

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