VG Ansbach, Urteil vom 19.08.2014 - AN 1 K 14.50026
Fundstelle
openJur 2014, 20551
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der am ...1990 geborene, ledige Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Kosovo albanischer Volkszugehörigkeit.

Er beantragte am ... 2014 im Bundesgebiet politisches Asyl.

Im Rahmen der Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens trug der Kläger am ... 2014 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vor, er habe bereits im Juli 2013 in ... (Frankreich) einen Asylantrag gestellt. Der Asylantrag sei schriftlich abgelehnt worden. Nach zwei Monaten sei er aufgefordert worden, Frankreich zu verlassen. Im September 2013 sei er in die Republik Kosovo zurückgekehrt.

Am ... Januar 2014 habe er die Republik Kosovo wieder verlassen. Er sei auf dem Landweg über Serbien, Ungarn und Österreich nach Deutschland eingereist. Der Schleuser habe ihn direkt nach ... gebracht. Dies sei am 7. Januar 2014 gewesen.

Am ... 2014 wurde der Kläger vom Bundesamt gemäß § 25 AsylVfG zu seinen Asylgründen angehört.

Nachdem eine EURODAC-Anfrage am ... Februar 2014 einen Treffer für Frankreich ergeben hatte, richtete das Bundesamt am ... März 2014 an Frankreich ein Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 16 Abs. 1 c Dublin-II-VO. Der Kläger habe am ... 2013 in Frankreich Asyl beantragt. Da es keine Beweise für ein Verlassen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten gebe, werde um die Übernahme des Klägers gebeten.

Unter dem ... März 2014 erklärte die Französische Republik die Übernahme des Klägers auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 d) der Verordnung 604/2013/EG (Dublin-III-VO).

Mit Bescheid vom 27. März 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Frankreich an.

Der Bescheid wurde dem Kläger am 11. April 2014 zugestellt.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22. April 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am selben Tag, Klage erheben und beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. März 2014 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass bei Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 und Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Zugleich wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Klage und der Antrag wurden nicht begründet.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 28. April 2014,

die Klage abzuweisen.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss vom 5. Mai 2014 – AN 1 S 14.50025 abgelehnt.

Mit Schriftsätzen vom ...2014 und ...2014 erklärten die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Die in Ziffer 2. und 3. des Klageschriftsatzes erhobene Verpflichtungsklage ist unzulässig.

Der Kläger hat vorliegend nur die Möglichkeit, den streitgegenständlichen Bescheid vom 27. März 2014 mit einer (isolierten) Anfechtungsklage anzugreifen (Ziffer 1. des Klageantrags).

Ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus kommt im Dublin-II-Verfahren bzw. Dublin-III-Verfahren nicht in Betracht. Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 7. März 1995 - 9 C 264/94, NVwZ 1996, 80, und vom 5. September 2013 - 10 C 1.13, NVwZ 2014, 158, entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97, NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (vgl. OVG Münster, Urteil vom 7.3.2014 – 1 A 21/12.A; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.4.2014 – A 11 S 1721/13).

Nur die in Ziffer 1. des Klageschriftsatzes erhobene Anfechtungsklage ist demnach zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Frankreich angeordnet.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Für die Prüfung des vom Kläger am ... 2014 in Deutschland gestellten Asylantrags sind die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin-III-Verordnung), maßgebend (Art. 49 Abs. 2 Dublin-III-VO).

Der Kläger hat im Rahmen der Befragung durch das Bundesamt angegeben, im Juli 2013 erfolglos in Frankreich Asyl beantragt zu haben. Eine EURODAC-Anfrage des Bundeamtes verlief positiv (Treffer für Frankreich).

Die Republik Frankreich gab dem Wiederaufnahmegesuch des Bundesamtes vom ... März 2014 mit Schreiben vom ... März 2014 auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 d) Dublin-III-VO statt.

Es kann offenbleiben, ob das Bundesamt und nachfolgend die Republik Frankreich im Rahmen der Erklärung zur Übernahme des Klägers zu Recht davon ausgegangen sind, dass Frankreich zur Wiederaufnahme des Klägers verpflichtet ist, oder ob diese Verpflichtung aus Art. 18 Abs. 1 d) Dublin-III-VO gemäß Art. 19 Abs. 2 oder 3 Dublin-III-VO erloschen ist. Denn es ist davon auszugehen, dass die Republik Frankreich im Rahmen der nach Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO durchzuführenden Prüfung, ob dem Wiederaufnahmegesuch, das seine Rechtsgrundlage in Art. 23 Abs. 1 Dublin-III-VO findet, stattzugeben ist, auch die Erlöschensgründe der Art. 19 Abs. 2 und 3 Dublin-III-VO geprüft und deren Vorliegen verneint hat.

Ob die Behauptung des Klägers, er sei im September 2013 in die Republik Kosovo zurückgereist und habe sich dort bis zum ... Januar 2014 aufgehalten (womit er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mehr als drei Monate verlassen hätte), zutrifft, kann dahinstehen. Gegen die Richtigkeit der Behauptung spricht, dass der Kläger trotz der behaupteten Einreise aus Österreich in ... Asyl beantragt hat, was eher für eine Einreise aus Frankreich sprechen dürfte.

Denn maßgeblich ist allein, dass Frankreich sich unter dem ... März 2014 zum (noch) zuständigen Mitgliedsstaat erklärt und hieraus folgend auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 d) Dublin-III-VO der Wiederaufnahme des Klägers in sein Hoheitsgebiet zugestimmt hat. Ob Frankreich nach den Kriterien der Art. 5 ff. Dublin-II-VO für den im August 2013 gestellten ersten Asylantrag des Klägers zuständig war, ist unerheblich. Denn durch die sachliche abschließende Prüfung des ersten Asylantrags hat Frankreich bewusst oder unbewusst jedenfalls von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: November 2013, Rn. 240 zu § 27 a; Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO; Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO).

Die Dublin-III-Verordnung gewährt dem Kläger keinen subjektiven, einklagbaren Rechtsanspruch darauf, dass die Zustimmung des anderen Mitgliedstaates (vorliegend Frankreich) zur Wiederaufnahme des Asylbewerbers objektiv mit dem Zuständigkeitssystem der Dublin-III-Verordnung in Einklang steht (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, a.a.O., Rn. 55 zu § 27 a).

Aus der Formulierung des Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO, wonach u.a. eine Person im Sinne des Art. 18 Abs. 1 d) Dublin-III-VO, also auch der Kläger, das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung in Form einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch ein Gericht hat, lässt sich nicht herleiten, dass die Bestimmungen der Dublin-III-Verordnung dem Betroffenen ein subjektives Recht auf fehlerfreie Einhaltung des Zuständigkeitssystems der Verordnung einräumen.

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 10.12.2013 – C-394/12 entschieden, dass Art. 19 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung (Regelung zum Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eines Mitgliedstaates, den Asylantrag nicht zu prüfen; nunmehr: Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO) dahin auszulegen ist, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-Verordnung niedergelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (ebenso: BVerwG, Beschluss vom 19.3.2014 – 10 B 6/14; vgl. nunmehr Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO).

Der Europäische Gerichtshof hebt in seiner Entscheidung den Aspekt hervor, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem in einem Kontext entworfen wurde, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen.

Gerade aufgrund dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die Verordnung Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) erlassen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Klägers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen. Zum anderen wurden die für Asylanträge geltenden Regelungen in weitem Umfang auf Unionsebene harmonisiert, so insbesondere jüngst durch die Richtlinien 2011/95 und 2013/32. Der von einem Asylbewerber gestellte Antrag wird daher weitgehend nach den gleichen Regelungen geprüft werden, welcher Mitgliedstaat auch immer für seine Prüfung nach der Verordnung Nr. 343/2003 (nunmehr: Verordnung Nr. 604/2013) zuständig ist.

Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken, die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs auch auf die vergleichbare Konstellation der Zustimmung eines Mitgliedstaates zur Wiederaufnahme eines Asylbewerbers nach Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO und das Rechtsmittelverfahren nach Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO zu übertragen.

Es ist dem Kläger deshalb verwehrt, sich darauf zu berufen, dass Frankreich nicht für die Wiederaufnahme zuständig sei.

Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Anhörung des Klägers zu seinen Asylgründen nach § 25 AsylVfG auch nicht konkludent von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO Gebrauch gemacht.

Ob eine Anhörung des Asylbewerbers zu den Gründen der Verfolgungsfurcht hinreichend zweifelsfrei die Ausübung des Selbsteintrittsrechts zum Ausdruck bringt, lässt sich nicht grundsätzlich klären, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei auch eine "konkludente" Ausübung des Rechts denkbar ist (BayVGH, Beschluss vom 3.3.2010 – 15 ZB 10.30005; vgl. auch Marx, Änderungen im Dublin-Verfahren nach der Dublin III-Verordnung, ZAR 2014, 5). Vorliegend lässt sich dem Verfahrensablauf nicht entnehmen, die Bundesrepublik Deutschland habe mit der am ... 2014 erfolgten Anhörung des Klägers zu seinen Asylgründen bereits den Entschluss gefasst, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, das Asylverfahren abweichend vom Regelfall in seiner "Gesamtheit" in eigener Verantwortung durchzuführen. Denn diese Anhörung erfolgte bereits am ... 2014, also nur wenige Tage nach dem Gespräch mit dem Kläger zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und noch vor der Einleitung des Dublin-III-Verfahrens. Die Anhörung erfolgte somit rein vorsorglich für den Fall, dass keine Übernahme des Klägers durch einen Mitgliedstaat möglich sein würde. Nach der Anhörung zu den Asylgründen erfolgte auch keine Sachentscheidung. Vielmehr wurde umgehend das Dublin-III-Verfahren durchgeführt und nach einem positiven EURODAC-Treffer ein Wiederaufnahmegesuch an Frankreich gerichtet. In der Anhörung nach § 25 AsylVfG kann deshalb nach den Gesamtumständen nicht die konkludente Ausübung des Selbsteintrittsrechts gesehen werden (a.A. wohl Marx, a.a.O.).

Dem Kläger steht auch kein subjektiver Rechtsanspruch zu, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO Gebrauch macht (vgl. EuGH, Urteil vom 14.11.2013 - C-4/11).

Das in dieser Verordnung (wie bereits in der Dublin-II-VO) und in weiteren Rechtsakten geregelte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) stützt sich – ähnlich wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) – auf die Annahme, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, und der Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, ferner dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, 417; vgl. Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406). Auf der Grundlage dieses Prinzips des gegenseitigen Vertrauens hat der Unionsgesetzgeber die Verordnung Nr. 604/2013 erlassen, die wie die Vorgängerverordnung Nr. 343/2003 davon ausgeht, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 14. Dezember 2007 (ABl. C 303, S. 1) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12. 2011 – C-411/10 und C-493/10 – Slg. 2011, I-13905; EuGH, Urteil vom 14.11.2013 – Pui, C-4/11; EuGH, Urteil vom 10.12.2013, C-394/12; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6.8.2013 - 12 S 675/13).

Die Rechtsprechung lässt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von diesem Konzept zu. Das Konzept der normativen Vergewisserung wird danach insbesondere dann durchbrochen, wenn – wie oben ausgeführt – ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers i.S. von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (vgl. EuGH vom 21.12.2011 - C 411/10, C 393/10, NVwZ 2012, 417 und vom 10.12.2013 – C-394/12; BVerwG, Beschluss vom 19.3.2014 – 10 B 6/14).

Es liegen jedoch keinerlei Anhaltspunkte vor, dass in Frankreich derartige systemische Mängel bestehen, die einer Wiederaufnahme des Klägers entgegenstünden (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 14.3.2014 - AN 4 S 14.30390). Solche werden vom Kläger auch nicht behauptet.

Frankreich gilt außerdem als sicherer Drittstaat im Sinn des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylVfG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist – bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat – etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93, BVerfGE 94, 49).

Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen, im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Solche Sonderfälle liegen im Falle Frankreichs nicht vor.

Ist eine Rückführung des Klägers nach Frankreich auf Grund der Übernahmeerklärung vom ... März 2014 demnach möglich, durfte das Bundesamt auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Frankreich anordnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.  

Beschluss

Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 EUR (§ 30 Abs. 1 RVG).

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.