Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.08.2014 - 10 ZB 11.1920
Fundstelle
openJur 2014, 19841
  • Rkr:

Verfassungsmäßigkeit der Taubenfütterungsverbotsverordnung der Stadt Nürnberg; Grundrechte der Klägerin nicht verletzt; Berücksichtigung der Staatszielbestimmung „Tierschutz“; kein Anspruch auf Aufstellung von Taubenhäusern

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Im Bereich der Beklagten ist es verboten, verwilderte Tauben zu füttern, insbesondere auch Futter- und Lebensmittel für verwilderte Tauben auszulegen. Gegen dieses in § 1 Satz 1 und 2 der Verordnung der Beklagten über das Taubenfütterungsverbot vom 23. Juli 1996 festgesetzte Verbot kämpft die Klägerin seit Jahren. Sie hat auch wiederholt Tauben gefüttert bzw. Futter für wilde Tauben ausgelegt, weshalb mehrere Bußgeldverfahren gegen sie angestrengt worden sind.

Mit Bescheid vom 16. August 2010 untersagte die Beklagte der Klägerin, im Stadtgebiet der Beklagten verwilderte Tauben zu füttern. Dies gelte auch für das Auslegen von Futter- und Lebensmitteln, die erfahrungsgemäß von Tauben aufgenommen werden. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erheben. Sie berief sich insbesondere darauf, dass sie aus Mitgefühl und Gewissensnot handle, um die Tauben nicht qualvoll verhungern zu lassen. Die Verordnung der Beklagten über das Taubenfütterungsverbot sei nicht mit der Neufassung des Art. 20a GG und dem gesetzlichen Tierschutz zu vereinbaren. Die Beklagte verkenne, dass Stadttauben keine Wildtiere mehr seien. Es stimme nicht, dass sie wegen des fehlenden Futterangebots abwanderten. Vielmehr blieben sie in der Stadt und erlitten hier einen tierquälerischen Hungertod. Abgesehen davon, dass die von der Beklagten vorgebrachte Gefährdung der menschlichen Gesundheit sowie der Zerstörung von Gebäuden und Denkmälern angezweifelt werde, könne eine Bestandskontrolle der Stadttauben nicht über Fütterungsverbote erfolgen. Nur ein Gesamtkonzept mit kontrollierten Futterstellen ermögliche eine tiergerechte Lösung. Eine solche Strategie werde in zahlreichen anderen deutschen Städten mit Erfolg durchgeführt.

Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat die Klage mit Urteil vom 14. Juli 2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe der Klägerin zu Recht untersagt, in ihrem Stadtgebiet verwilderte Tauben zu füttern bzw. Futter auszulegen. Der Bescheid stütze sich auf die Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten vom 23. Juli 1996, die auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung, nämlich Art. 16 LStVG, beruhe und sich im Rahmen dieser Ermächtigung halte. Die Verbotsverfügung selbst verstoße weder gegen das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit der Klägerin nach Art. 2 Abs. 1 GG, weil dieses nur innerhalb der Schranken der Gesetze, zu denen auch auf gesetzlicher Grundlage erlassene Rechtsverordnungen zählten, gewährleistet werde, noch gegen das Grundrecht der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG, das die Klägerin ebenfalls beeinträchtigt sehe. Das Grundrecht der Gewissensfreiheit unterliege zwar keinem Gesetzesvorbehalt, gelte aber dennoch nicht uneingeschränkt, sondern tangierende andere Grundrechte seien zu beachten. Insbesondere könne die individuelle Überzeugung nicht Maßstab der Gültigkeit genereller Normen sein. Das Verbot der Taubenfütterung stehe auch mit Art. 20a GG in Einklang. Bei der Regelung in Art. 20a GG handle es sich um eine Staatszielbestimmung und nicht um eine individualschützende Norm. Zudem bestünden an der grundsätzlichen Berechtigung einer Gemeinde, ein Taubenfütterungsverbot zu erlassen, auch im Hinblick auf Art. 20a GG keine Bedenken.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2011 ließ die Klägerin beantragen, die Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Juli 2011 zuzulassen. Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 VwGO gestützte Zulassungsantrag wurde im Wesentlichen wie folgt begründet: Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Ausgangsentscheidung wegen eines Verfassungsverstoßes gegen Art. 20 Abs. 3 und Art. 20a GG. Das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung fälschlicherweise darauf gestützt, dass Art. 20a GG keine individualschützende Norm sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne aber, wenn sich ein die Handlungsfreiheit berührender Akt der öffentlichen Gewalt auf eine Rechtsnorm stütze, mit der Verfassungsbeschwerde unter Berufung auf Art. 2 Abs. 1 GG zur Nachprüfung gestellt werden, ob diese Norm zur verfassungsmäßigen Ordnung gehöre, d.h. formell und materiell mit den Normen der Verfassung in Einklang stehe. Auch wenn Art. 20a GG der Klägerin kein unmittelbar einklagbares Recht verschaffe, müsse außer Zweifel stehen, dass der staatliche Eingriff gegenüber der Klägerin nach Art. 20 Abs. 3 GG zwingend daran zu messen sei, ob er mit dem höheren Rang der Verfassung in Einklang stehe oder nicht. Die Klägerin mache zu Recht geltend, dass die angefochtene Verfügung und die Taubenfütterungsverbotsverordnung objektiv rechtswidrig seien und sie deshalb in ihren Rechten verletzt werde. Würde die Auffassung der ersten Instanz Geltung erhalten, wäre Art. 20a GG nahezu bedeutungslos. Der Zulassungsantrag sei schon deshalb nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO begründet.

Art. 16 LStVG schaffe zwar eine Ermächtigungsgrundlage für die Gemeinden, zur Verhütung von Gefahren Verordnungen über die Bekämpfung verwilderter Tauben zu erlassen, jedoch hätte die Beklagte die von ihr erlassene Verordnung an die Neufassung des Art. 20a GG anpassen müssen. Soweit sich das Erstgericht auf eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 9. November 2004 stütze, sei diese hier nicht einschlägig. In dieser Entscheidung werde nur darauf abgestellt, dass die streitgegenständliche Verbotsverordnung nicht das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit verletze. Im Fall der Klägerin gehe es aber um die Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG, um den Verfassungsrang des Tierschutzes nach Art. 20a GG und um den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG.

Der Zulassungsantrag sei auch begründet, weil das Urteil der Vorinstanz unvereinbar mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gemäß dem Beschluss vom 12. Oktober 2010 (2 BvF 1/07) sei. Aus dieser Entscheidung ergebe sich, dass ein Gesetz- oder Verordnungsgeber verpflichtet sei, den durch die zu erlassende Norm erfassten Sachverhalt umfassend zu ermitteln und sämtliche Verfassungsgüter zu benennen, die durch die Rechtsnorm betroffen sind, um mögliche tierschonendere Alternativen festzustellen. Diese gebotene Güterabwägung erfordere Beweiserhebungen, die hier nicht erfolgt seien. Ein fehlerhafter Abwägungsvorgang müsse aber zur Verfassungswidrigkeit der Norm führen.

Ernstliche Zweifel gegen die Richtigkeit des vorliegenden Urteils bestünden auch insoweit, als es um das Grundrecht der Gewissensfreiheit der Klägerin nach Art. 4 Abs. 1 GG gehe. Dieses laufe hier praktisch ins Leere, weil der Bedeutungszuwachs des Tierschutzes von der Vorinstanz nicht wahrgenommen worden sei.

Das Verhalten der Klägerin sei Hilfe für Tiere in Not, die nach § 323c StGB gerechtfertigt sein könne. Wenn aber die gezielte Fütterung von Tauben dem Verbot unterlassener Hilfeleistung entspreche, dürfe genau dies nicht durch eine Verbotsverfügung vereitelt werden. Des Weiteren sei § 2 TierSchG zu beachten. Eine niederrangige Verordnung, die den Tierschutz berühre, dürfe nicht im Gegensatz zu einer Bundesnorm stehen, so dass der Verordnungsgeber bei der Ausübung des Ermessens i.S. von Art. 16 LStVG sowohl die zitierten Verfassungsnormen wie auch Bundesgesetze beachten müsse, zu denen sowohl das Tierschutzgesetz wie § 323c StGB gehörten.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung werde schließlich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung gerügt. Dieser Verstoß sei darin zu sehen, dass sämtliche ordnungsrechtliche Verordnungen bayerischer Kommunen auf Art. 16 LStVG beruhten, jedoch völlig unterschiedlich ausgestaltet seien. So gebe es in anderen Gemeinden z.B. betreute Taubenhäuser mit artgerechter Fütterung. Gäbe es solche im Bereich der Beklagten, würde auch die Taubenfütterung der Klägerin entfallen. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei der Landesgesetzgeber aber seiner Verpflichtung aus Art. 3 GG, innerhalb des Landes auf Gleichbehandlung zu achten, nicht nachgekommen.

Der Rechtssache komme auch bezüglich verschiedener, näher bezeichneter Fragen grundsätzliche Bedeutung zu.

Die Beklagte trat dem Zulassungsantrag entgegen und führte aus, weder seien ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ersichtlich noch abweichende Rechtsprechung. Auch stellten sich keine neuen grundsätzlichen Rechtsfragen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie das Vorbringen der Beteiligten im Zulassungsverfahren Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Juli 2011 wird abgelehnt, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 VwGO nicht vorliegen. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag rechtfertigt keine Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellt (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Weder der angefochtene Bescheid selbst noch die Taubenfütterungsverordnung der Beklagten, die wiederum auf die Ermächtigungsnorm des Art. 16 Abs. 1 LStVG gestützt ist, begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung den Bescheid der Beklagten vom 16. August 2010 zu Recht als rechtmäßig angesehen. Die Beklagte durfte der Klägerin untersagen, verwilderte Tauben zu füttern und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld androhen, denn die Klägerin hat wiederholt – und dies bestreitet sie nicht – den Ordnungswidrigkeitentatbestand gemäß § 2 der Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten erfüllt, wonach mit Geldbuße belegt werden kann, wer vorsätzlich oder fahrlässig dem Fütterungsverbot nach § 1 zuwider handelt, wonach verboten ist, im Stadtgebiet der Beklagten verwilderte Tauben zu füttern bzw. Futter auszulegen. Zutreffend hat die Beklagte deshalb ihren Bescheid auf Art. 6 und Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützt. Weder bestreitet die Klägerin, dass sie verwilderte Tauben gefüttert hat, noch dass sie damit den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach der Taubenfütterungsverbotsverordnung verwirklicht hat. Sie ist jedoch letztendlich der Auffassung, dass die Taubenfütterungsverbotsverordnung verfassungswidrig und damit nichtig ist.

Entgegen dem Zulassungsvorbringen der Klägerin verstößt jedoch die Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten nicht gegen Grundrechte der Klägerin und ist auch ansonsten verfassungsgemäß. Es bestehen deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, die eine Zulassung der Berufung begründen könnten.

1.1. Das Verbot der Fütterung verwilderter Tauben verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG. Das Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG gewährt zwar die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinn (BVerfG, U.v. 16.1.1957 – 1 BvR 253/56 – juris Rn. 14), jedoch ist dieses Grundrecht von vornherein nur unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet (BVerfG, B.v. 14.3.1973 – 2 BvR 621/72 – juris Rn. 31). Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit aufgrund von formell und materiell verfassungsgemäßen Vorschriften verletzen daher Art. 2 Abs. 1 GG nicht. Dies gilt auch für Landesrecht und für Vorschriften ortsrechtlicher Verordnungen wie die angegriffene Taubenfütterungsverbotsverordnung (BVerfG, B.v. 23.5.1980 – 2 BvR 854/79 – juris Rn. 3).

Diese Grundsätze hat das Verwaltungsgericht beachtet und ist zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass das Grundrecht der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht verletzt ist, weil die Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt. Es hat zutreffend dargelegt, dass § 1 der Verordnung formell und materiell mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG durch die Beklagte liegt deshalb ebenfalls nicht vor.

Entgegen der Zulassungsbegründung bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht schon deshalb, weil das Verwaltungsgericht gar nicht geprüft habe, ob die Verordnung der Beklagten gegen die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG verstoße. Das Verwaltungsgericht hat zwar zutreffend festgestellt, dass es sich dabei nicht um eine die Klägerin individuell schützende Norm handle und eine unmittelbare Rechtsverletzung insoweit nicht vorliege. Es hat aber gleichwohl festgestellt, dass auch im Hinblick auf die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel sich keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken an der auf Art. 16 LStVG gestützten Verordnung der Beklagten als zulässige Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit ergäben.

Ein Verstoß der Beklagten gegen Verfassungsrecht ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht deshalb gegeben, weil die Beklagte ihr verordnungsgeberisches Ermessen im Hinblick auf Art. 20a GG fehlerhaft ausgeübt hätte. Insbesondere musste sie nicht wegen der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG in verfassungskonformer Auslegung des Art. 16 LStVG die Taubenfütterungsverbotsverordnung an die Neufassung des Art. 20a GG in einer Weise anpassen, „dass der Rücksichtnahme auf die Empfindungsfähigkeit und Leidensfähigkeit der Tauben in angemessener Weise Rechnung getragen worden wäre“. Dies wäre nach Auffassung der Klägerin nur dann der Fall gewesen, wenn das generelle Fütterungsverbot nicht aufrechterhalten worden wäre. Dieser Rechtsauffassung ist das Verwaltungsgericht aber zu Recht nicht gefolgt.

Zutreffend ist, dass das Grundgesetz mit Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl I S. 2862) geändert worden ist und in Art. 20a GG neben dem Schutzgut der natürlichen Lebensgrundlagen auch der Tierschutz als Staatszielbestimmung verankert worden ist. Zu Recht verweist die Klägerin darauf, dass, auch wenn der in Art. 20a GG festgeschriebene Tierschutz dem einzelnen Bürger keinen subjektiv-rechtlichen, d.h. grundrechtlichen Anspruch auf Tierschutz als solchen gibt, diese Staatszielbestimmung dennoch von der Beklagten (hier als Sicherheitsbehörde) grundsätzlich zu beachten ist. Diese verfassungsrechtliche Pflicht besteht jedoch nur nach Maßgabe von Gesetz und Recht, wie Art. 20a GG ausdrücklich hervorhebt. Dies bedeutet, dass es sich beim Tierschutz um einen Belang von Verfassungsrang handelt, sich aus Art. 20a GG aber kein Vorrang im Sinne einer bestimmten Vorzugswürdigkeit ableiten lässt (vgl. BVerwG, B.v. 15.10.2002 – 4 BN 51/02 – juris Rn. 3). Damit ist zwar mit der Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz der Schutz der Tiere gestärkt worden, als Belang ist er aber nicht anders als der in Art. 20a GG schon früher zum Staatsziel erhobene Umweltschutz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zu berücksichtigen und kann geeignet sein, ein Zurücksetzen anderer Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht – wie etwa die Einschränkung von Grundrechten – zu rechtfertigen; er setzt sich aber gegen konkurrierende Belange von verfassungsrechtlichem Gewicht nicht notwendigerweise durch (vgl. BVerfG, B.v. 12.10.2010 – 2 BvF 1/07 – juris Rn. 121). Den normsetzenden Organen, die das Staatsziel Tierschutz zu beachten haben, kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfG a.a.O. Rn. 122).

Gemessen an diesen Vorgaben führt auch eine verfassungskonforme Auslegung von Art. 16 LStVG nicht dazu, dass die Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten aus dem Jahr 1996 mit der Neufassung von Art. 20a GG im Jahr 2002 nicht mehr verfassungsmäßig wäre. Vielmehr ist der Tierschutz nur ein verfassungsrechtlich gewichtiger Belang, der bei der zur Verhütung von Gefahren für das Eigentum und zum Schutz der öffentlichen Reinlichkeit auf der Ermächtigungsgrundlage von Art. 16 LStVG erlassenen streitgegenständlichen Verordnung zu beachten ist. Der Gesetzeszweck, der dieser Verordnung zugrunde liegt, verfolgt nicht primär den Tierschutz, sondern dient der Verhütung von Gefahren für das Eigentum sowie dem Schutz der öffentlichen Reinlichkeit, die insbesondere durch die Verkotung durch Tauben beeinträchtigt wird. Infolge dieser Beeinträchtigung kann es sogar zu einer Gefährdung der Gesundheit kommen (vgl. dazu den Gesetzesentwurf, LT-Drs. 13/1050). Diese Gefahren drohen insbesondere in größeren Städten, in denen die Menschen eng zusammenleben und den Tauben weniger Freiraum zusteht als z.B. in ländlichen Gegenden. Durch die gerade aufgrund von Fütterungen in großen Schwärmen im Stadtgebiet herumstreifenden Tauben, die sich auf Gehwegen, Straßen und Gebäuden drängen, erfolgt eine starke Verschmutzung, die nicht etwa nur eine geringe Beeinträchtigung darstellt, sondern massive Schäden an Gebäuden verursacht – was an besonders schützenswerten Gebäuden in größeren Städten zu einem unverhältnismäßig hohen finanziellen Renovierungsbedarf führt – und die (infolge der Verkotung) bei Menschen zu gesundheitlichen Schäden führen kann, insbesondere z.B. auf Kinderspielplätzen oder auf Märkten und in der Freiluftgastronomie (vgl. dazu BayVerfGH, E.v. 9.11.2004 – Vf. 5-VII-03 – juris Rn. 31). Die Beklagte hält sich angesichts dieser abzuwehrenden Gefahren aber auch nach der Änderung von Art. 20a GG im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung, wenn sie den in Art. 16 Abs. 1 LStVG genannten Belangen den Vorrang vor tierschutzrechtlichen Belangen einräumt.

Das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren geht auch insofern fehl, als sie der Auffassung ist, aus Art. 20a GG ergebe sich eine Verpflichtung der Verordnungsgeberin, aus sämtlichen Alternativen, die zur Erreichung der mit der Verordnung verfolgten Zwecke, nämlich der Abwehr der durch verwilderte Tauben entstehenden Gefahren für das Eigentum und zum Schutz der öffentlichen Reinlichkeit, geeignet sind, nur die dem Tierschutz am meisten entgegenkommende Alternative zu wählen, wobei die Klägerin die Aufstellung von betreuten Taubenhäusern für die einzige tierschutzgerechte Lösung des Taubenproblems hält. Die Klägerin hat bereits nicht substantiiert dargelegt, dass die wirksamste tierschutzkonforme Methode zur Abwehr der genannten Gefahren die von ihr präferierte Methode ist. Der Verweis auf die Praxis in anderen Städten genügt insoweit nicht. So hat sie sich zum Beispiel nicht mit den Empfehlungen der Expertenkommission des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration zur Umsetzung des Taubenfütterungsverbots – Sitzung vom 3. Juli 1996 – (vgl. Stöckel in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 16 Rn. 5) auseinandergesetzt, die sich intensiv damit befassen, wie der verfolgte Zweck mit größtmöglichem Erfolg erreicht, dabei aber den Anforderungen des Tierschutzes bestmöglich Rechnung getragen werden kann. Diese Empfehlungen raten aber gerade wegen der damit verbundenen Folgen, wie Bewirtschaftung, Reinigung, Instandhaltung und Haftung, sowie aus Kostengründen von der Errichtung von Taubenhäusern ab.

Im Übrigen weist der Senat nochmals darauf hin, dass der Tierschutz nur ein Belang ist, der im Zusammenhang mit dem Fütterungsverbot zu beachten ist. Der Verordnungsgeberin steht ein weiter Ermessensspielraum zu, wie sie die von ihr beabsichtigten Zwecke zu erreichen gedenkt. Mit dem Taubenfütterungsverbot zielt sie in erster Linie darauf ab, die Tauben zu vergrämen und sie dazu zu bewegen, innerstädtische Bereiche, in denen sie kein Futter mehr finden, zu verlassen. Ein direkter Eingriff in Leben und Gesundheit der Tauben, wie dies z.B. bei einem Abschuss oder der Vergiftung von Tauben der Fall wäre, findet demgegenüber gerade nicht statt.

Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zeigt die Klägerin auch mit ihrem Vorbringen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 12. Oktober 2010 (2 BvF 1/07) unvereinbar, nicht auf. Denn der Normgeber hat es gerade nicht unterlassen, „Beweis zu erheben“ und sich mit speziellen Fachkenntnissen und Erfahrungen vertraut zu machen. Art. 16 LStVG beruht vielmehr auf entsprechenden Expertenempfehlungen, worauf oben bereits hingewiesen worden ist. Demgegenüber hat die Klägerin wiederum nicht dargelegt, dass diese wissenschaftlich und tierschutzfachlich unvertretbar wären. Hat der Gesetzgeber aber die Ermächtigungsnorm unter Einbeziehung entsprechender Expertenempfehlungen erlassen, bedarf es keiner weiteren „Beweiserhebungen“ durch den Verordnungsgeber.

Hinzu kommt, dass das hier strittige Taubenfütterungsverbot schon vom Ansatz her nicht mit dem Streitgegenstand in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 12.10.2010 – 2 BvF 1/07 – juris) vergleichbar ist, in der es um tierschutzrechtliche Regelungen für die Käfighaltung von Legehennen ging und das Bundesverfassungsgericht bemängelt hat, dass in einer tierschutzrechtlichen Bestimmung über die Bedingungen der Haltung von Tieren in großer Zahl geeignete Verfahrensnormen fehlten, um tierschutzrechtliche Standards festzulegen.

1.2. § 1 der Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten verstößt nach zutreffender Bewertung des Verwaltungsgerichts des Weiteren nicht gegen das Grundrecht der Klägerin auf Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG. Die von Art. 4 Abs. 1 GG erfasste Gewissensfreiheit umfasst zwar nicht nur die Freiheit, ein Gewissen zu haben, sondern grundsätzlich auch die Freiheit, von der öffentlichen Gewalt nicht verpflichtet zu werden, gegen Gebote und Verbote des Gewissens zu handeln (vgl. BVerfG, B.v. 30.6.1988 – 2 BvR 701/86 – juris Rn. 16). Art. 4 Abs. 1 GG ist auch nicht durch einen Gesetzesvorbehalt eingeschränkt. Jedoch ist die sich daraus ergebende Schutzpflicht des Staates nicht grenzenlos. Aus ihr kann niemand das Recht herleiten, die Rechtsordnung nur nach seinen Glaubens- und Gewissensvorstellungen zu gestalten und zu verlangen, dass seine Überzeugung zum Maßstab der Gültigkeit genereller Rechtsnormen oder ihrer Anwendung gemacht wird (BVerfG, B.v. 18.4.1984 – 1 BvL 43/81 – juris Rn. 35). Vielmehr können Einschränkungen dieses Grundrechts im Hinblick auf ihre Schrankenfreiheit aus der Verfassung selbst hergeleitet werden. Konflikte zwischen dem Grundrecht der Gewissensfreiheit und dem Schutz anderer verfassungsrechtlich garantierter Rechtsgüter müssen dann nach Maßgabe der grundgesetzlichen Wertordnung und unter Berücksichtigung der Einheit dieses grundrechtlichen Wertsystems durch Verfassungsauslegung situationsgebunden nach dem Grundsatz des schonendsten Ausgleichs gelöst werden. Nur wenn ein solcher Ausgleich nicht möglich ist, muss geprüft werden, welches Grundrecht nach den Umständen des Einzelfalls das größere Gewicht hat (BVerwG, U.v. 18.6.1997 – 6 C 5/96 – juris Rn. 35).

Unter Beachtung dieser Vorgaben ergibt sich, dass sich die Klägerin auch dann, wenn sie tatsächlich aufgrund des Fütterungsverbots in einen ernsthaften und beachtlichen Gewissenskonflikt kommt, nicht mit Erfolg auf Art. 4 GG berufen kann mit der Folge, dass sie an das Taubenfütterungsverbot der Beklagten nicht mehr gebunden wäre. Denn diese hat im vorliegenden Fall zutreffend den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung den Vorrang vor den Einzelinteressen der Klägerin gegeben und die Bekämpfung der Gefahren durch das Taubenfüttern, das wilde Stadttauben anzieht und die Überpopulation und die Verkotung der Stadt verstärkt, als vorrangig angesehen. Diese Abwägungsentscheidung ist nicht zu beanstanden. Dem steht auch nicht das Vorbringen der Klägerin entgegen, das Taubenfüttern sei Hilfe für Tiere in Not, die nach § 323c StGB gerechtfertigt sein könne. Es kann dahinstehen, ob der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323c StGB auf wildlebende Tiere, selbst wenn sie bereits geschwächt sind, überhaupt Anwendung findet. Denn die Klägerin würde den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung nicht dadurch erfüllen, dass sie wilde (gesunde) Tauben nicht füttert, sondern ihrem eigenen Vortrag nach allenfalls dann, wenn sie sich nicht um bereits vorgeschädigte oder leidende Tiere kümmern würde. Dies ist ihr aber weder mit dem angefochtenen Bescheid der Beklagten verboten worden noch enthält die Taubenfütterungsverbotsverordnung ein entsprechendes Verbot. Vielmehr darf die Klägerin weiter kranke und verletzte Tiere einfangen und gesund pflegen, oder diese Tiere bei geeigneten Stellen wie etwa dem Tierschutzverein abliefern. Dabei zieht das Argument der Klägerin nicht, „fast verhungernde Tauben“ könne sie nur durch vorausgehendes Auslegen von Futter einfangen. Denn wenn diese Tauben fähig sind, der Klägerin zu entkommen, sind sie augenscheinlich noch kräftig genug, sich selbst Futter zu suchen.

Nicht nachvollziehbar ist des Weiteren das Vorbringen der Klägerin, „die offenkundige Tatsache, dass bei einer größeren Taubenpopulation gesundheitliche Schäden, Schmerzen und Leiden der Tiere eine menschliche Betreuung erfordern können, macht eine Obhut- und Fürsorge i.S.v. § 2 TierSchG notwendig, zu der bei Bedarf auch die artgemäße Ernährung der Tiere gehört.“ Denn § 2 TierSchG setzt gerade voraus, dass jemand ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, enthält aber keine Verpflichtung bezüglich der Ernährung verwilderter Tiere bzw. Tauben.

1.3. Schließlich liegt auch keine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG vor. Mit ihrem Vorbringen, die Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten verstoße deshalb gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG, da in verschiedenen bayerischen Gemeinden unterschiedliche Ausgestaltungen dieser auf Art. 16 LStVG beruhenden Verordnungen bestünden, rügt die Klägerin offensichtlich eine Verletzung von Art. 3 GG durch die Ermächtigungsgrundlage des Art. 16 LStVG, der den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, unterschiedliche Verordnungen zu erlassen. Der Gesetzgeber hat aber gerade deshalb den Gemeinden als Verordnungsgeber die Möglichkeit eingeräumt, unterschiedliche Maßnahmen zur Abwehr der in Art. 16 LStVG genannten Gefahren zu ergreifen, um den örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen der einzelnen Gemeinden gerecht zu werden. So ist nicht jede Gemeinde in Bayern gleichermaßen von den Gefahren, die durch verwilderte Tauben herrühren, betroffen. Auch machen die örtlichen Gegebenheiten unterschiedliche Maßnahmen erforderlich. Demgemäß entspricht es einer sachgerechten Ausgestaltung der Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen nach Art. 16 LStVG, den Kommunen über das Ob und das Wie der Bekämpfung dieser Gefahren einen erheblichen (Ermessens-)Spielraum einzuräumen. Weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 20a GG zwingt den Gesetzgeber, allein das von der Klägerin gewünschte „Alternativkonzept zur tierschutzgerechten Begrenzung der Taubenpopulation“ zu ermöglichen.

Dem steht nicht entgegen, dass das Bundesverfassungsgericht in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 7. November 1995 (BVerfG, B.v. 7.11.1995 – 2 BvR 413/88 – juris Rn. 181) entschieden hat, dass der Gleichheitssatz den Landesgesetzgeber dazu verpflichtet, innerhalb des Landes auf Gleichbehandlung zu achten. Denn dieses aus dem Zusammenhang gerissene Zitat, auf das sich die Klägerin beruft, betraf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Erhebung einer Grundwasserabgabe in den Ländern Hessen und Baden-Württemberg und bezog sich darauf, dass zwar in verschiedenen Bundesländern abweichende Regelungen getroffen werden können, die Einwohner eines Landes aber im Hinblick auf ein Wasserentnahmeentgelt gleich zu behandeln seien. Diese Entscheidung, die das Abgabenrecht der Länder betrifft, steht aber in keinem Zusammenhang mit der hier zu entscheidenden Frage, ob und wie einzelne Gemeinden landesrechtliche Verordnungsermächtigungen, hier die Ermächtigungsnorm des Art. 16 LStVG, ausfüllen dürfen.

2. Die Klägerin hat auch nicht den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nur dann den Anforderungen von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt, wenn der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutert, weshalb sie klärungsbedürftig ist, und darlegt, warum ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2013 – 10 ZB 11.1390 – juris Rn. 17). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen der Klägerin in der Zulassungsbegründung jedoch nicht.

Die von der Klägerin zunächst aufgeworfene Frage, ob „bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer tierschutzrelevanten Verordnung – hier der Taubenfütterungs-Verbotsverordnung der Beklagten – der vorstehend erwähnte, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei konfligierenden Verfassungsgütern entwickelte Grundsatz der „praktischen Konkordanz“ und des möglichst schonenden Ausgleichs heranzuziehen ist, und zwar möglichst tierschutzkonform im Sinne der Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20a GG und im Sinne der Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG auch dann, wenn Polizei und Ordnungsrecht mitbetroffen ist und ob bereits bestehende tierschutzrelevante Verordnungen vom Verordnungsgeber auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 20a GG hin überprüft und gegebenenfalls dem dort genannten Staatsziel angepasst werden müssen,“ ist nicht klärungsbedürftig. Denn wie das Verwaltungsgericht ist der Senat (entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BVerfG) ohnehin davon ausgegangen, dass bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Taubenfütterungsverbotsverordnung zwischen den in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 LStVG genannten Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und den Grundrechten der Klägerin sowie der Staatszielbestimmung des Tierschutzes in Art. 20a GG abzuwägen ist. Wie oben dargelegt ist der Tierschutz jedoch nur ein Belang, der mit anderen Belangen in Ausgleich zu bringen ist und nicht von vornherein andere Belange zurücktreten lässt, weshalb nicht grundsätzlich geklärt werden kann, ob die Abwägung „möglichst tierschutzkonform“ vorzunehmen ist und ob dem Tierschutz ein größeres Gewicht zukommt als anderen Belangen. Des Weiteren ist nicht hinreichend dargelegt worden, wieso die Frage, ob bestehende Verordnungen bei einer Änderung des Grundgesetzes geprüft und angepasst werden müssen, grundlegende Bedeutung haben soll. Vielmehr handelt es sich hier um eine nur abstrakte Frage ohne direkten Fallbezug.

Es bedarf auch keiner grundsätzlichen Entscheidung darüber, ob „das vorbehaltlos und „unverletzlich“ gewährte Grundrecht der Gewissensfreiheit seit dem Verfassungsrang des Tierschutzes in der Beziehung des Menschen zum Tier prinzipiell in gleicher Weise gelte, wie in der zwischenmenschlichen Beziehung“, denn am Grundrecht der Gewissensfreiheit des Einzelnen selbst hat sich auch mit der Einführung des Tierschutzes in die Verfassung grundsätzlich nichts geändert. Ob im Einzelfall dieses Grundrecht verletzt ist, ist keine Frage, die sich grundsätzlich klären lässt.

Ebenfalls nicht grundsätzlich klären lässt sich die Frage, ob „die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (siehe den oben zitierten Beschluss vom 12.10.2010, Rn. 122), wonach angemessener Schutz der Tiere in vielen Bereichen nur auf der Grundlage spezieller Fachkenntnisse, Erfahrungen und systematisch erhobener Informationen möglich ist, bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Taubenfütterungs-Verbotsverordnung der Beklagten dazu führen muss, dass die mangelnde Einbeziehung der Fachkenntnisse und Erfahrungen zur Problematik der Regulierung der Taubenpopulation – siehe dazu das „Konzept zur tierschutzgerechten Regulierung der Taubenpopulation“ – verfassungswidrig ist“. Denn diese Frage ist nicht verallgemeinerungsfähig, sondern nur jeweils für den Einzelfall zu entscheiden. Im Übrigen geht sie bereits von einem falschen Ansatz aus, denn die Frage wäre allenfalls bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsnorm des Art. 16 Abs. 1 LStVG relevant, nicht aber bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Verordnung selbst.

Ebenso stellt sich die Frage, ob „totale Taubenfütterungsverbotsverordnungen gegenüber verletzten, kranken und in Not befindlichen Tieren und damit in Zusammenhang stehender Fütterung der Tiere zum Zuge kommen können“, in dieser verallgemeinernden Weise nicht. Im Übrigen steht das Fütterungsverbot, worauf bereits hingewiesen wurde, einer eventuellen Betreuung und Pflege kranker und verletzter Tauben nicht entgegen.

Schließlich ist auch die von der Klägerin als Grundsatzfrage aufgeworfene Frage, ob die angefochtene Verfügung und die Taubenfütterungsverbotsverordnung der Beklagten gegen Art. 3 GG verstoßen, nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich anhand der oben zitierten Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten.

3. Die Divergenzrüge der Klägerin nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Mit dem Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren, das Urteil des Verwaltungsgerichts weiche „von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts“ ab, wird dieser Zulassungsgrund schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Denn die Klägerin hat weder ein bestimmtes Gericht bezeichnet noch eine konkrete Divergenzentscheidung angegeben, zu der dargelegt wurde, welcher Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch stehen soll (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn.73 m.w.N.). Auch wenn der Zulassungsantrag damit begründet wird, das Urteil der Vorinstanz sei „unvereinbar“ mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gemäß dem Beschluss vom 12.10.2010, wird keine Abweichung im genannten Sinn dargelegt, sondern lediglich darauf verwiesen, dass die dortigen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet worden seien.

Die womöglich ebenfalls als Divergenzrüge gedachte Argumentation der Klägerin, die Beklagte stelle sich im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG „im Gegensatz zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 zeigt keine Divergenz zwischen dem Urteil des Verwaltungsgerichts und dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts auf. Damit rügt die Klägerin lediglich, dass der Landesgesetzgeber (und wohl auch das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil) einen Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts nicht richtig angewandt habe. Damit macht sie aber ebenfalls keine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO geltend.

Aus diesen Gründen war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. Juli 2011 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).