Hessischer VGH, Beschluss vom 09.07.2014 - 1 B 1006/14
Fundstelle
openJur 2014, 19750
  • Rkr:

1. Eine Regelung, die Tätowierungen an Körperstellen verbietet, die beim Tragen der Dienstuniform einschließlich des kurzärmeligen Diensthemdes sichtbar sind (Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 12. Mai 2006, B II - 652 100/120, Ziffer II.3.), betrifft auch das Erscheinungsbild der Betroffenen außerhalb der Dienstzeit, so dass die Einschätzung des Dienstherrn, Tätowierungen dürften im Dienst - ausgenommen beim Dienstsport - nicht sichtbar sein, weil dies dem mit dem äußeren Erscheinungsbild der Polizeivollzugskräfte der Bundespolizei verfolgten Zweck zuwider laufe, auf plausible und nachvollziehbare Gründe gestützt sein muss.

2. Tätowierungen können auch weiterhin alleine wegen ihres Inhalts als Ausschlussgrund bei einer Bewerbung für den Polizeivollzugsdienst bei der Bundespolizei herangezogen werden, und zwar dann, wenn es sich beispielsweise um gewaltverherrlichende, sexistische oder allgemein die Würde des Menschen verletzende Motive oder verbale Aussagen handelt aber auch dann, wenn die Tätowierung Symbole aufweist, die einen Bezug zu extremen politischen Auffassungen herstellen.

3. Großflächige Tätowierungen, die beim Tragen der vorgeschriebenen Dienstkleidung sichtbar sind, berechtigen den Dienstherrn ungeachtet ihres Inhalts zu einem Ausschluss des eine solche Tätowierung tragenden Bewerbers von der Teilnahme am Eignungsauswahlverfahren für den gehobenen Polizeivollzugsdienst bei der Bundespolizei, weil er in der Tätowierung einen Mangel der persönlichen Eignung des Bewerbers sieht (Bestätigung von VG Darmstadt, Beschluss vom 27.05.2014, 1 L 528/14.DA).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 27. Mai 2014 – 1 L 528/14.DA - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes durch Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht wendet, bleibt ohne Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die den Rahmen der Prüfung durch den Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO vorgeben, rechtfertigen nicht die Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Die Antragstellerin, die sowohl mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als auch mit ihrer gleichzeitig erhobenen Klage die Zulassung zum Eignungsauswahlverfahren für die Einstellung in den gehobenen Polizeidienst zum Einstellungstermin 1. September 2014 erreichen will, wendet sich in erster Linie gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die der Nichtzulassung der Antragstellerin zum Einstellungsauswahlverfahren für den gehobenen Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei zu Grunde liegenden Vorschriften der Antragsgegnerin zum Verbot des Tragens sichtbarer Tätowierungen seien im Wesentlichen nach wie vor nicht zu beanstanden. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei nichts dafür erkennbar, dass in der gesamten Bevölkerung ein diesbezüglicher Wandel der Gestalt eingetreten wäre, dass jegliche Tätowierungen allgemein akzeptiert würden, und zwar ungeachtet der Frage, ob es sich um Tätowierungen handele, die lediglich bei Freizeitaktivitäten zu bemerken seien, oder aber um solche, die auch während der Berufsausübung sichtbar seien, sei unzutreffend. Die Antragstellerin rügt, weder das Gericht noch die Antragsgegnerin hätten dargelegt, woraus sie ihre diesbezüglichen Erkenntnisse gewonnen hätten und hätten auch nicht berücksichtigt, ob die Akzeptanz und der Respekt gegenüber einem tätowierten Polizeibeamten nicht vielleicht sogar steige, zumindest bei der Bevölkerungsgruppe, mit der es Polizeibeamte immer wieder zu tun hätten. Die von der Antragstellerin auch schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Studie der Ruhruniversität Bochum belege, dass ein Wandel in der Akzeptanz von Tätowierungen in der Bevölkerung stattgefunden habe. Außerdem wendet sich die Antragstellerin gegen die Wertung des Verwaltungsgerichts, die Tätowierung der Antragstellerin sei großflächig und gehe damit über das auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts akzeptable Maß einer kleinen und dezenten Tätowierung hinaus, die in der breiten Gesellschaft heute akzeptiert werde und nicht mehr zu Ausgrenzungen führe und daher auch von der Uniform nicht verdeckt werden müsse. Sie ist der Auffassung, ihre Tätowierung sei zu Unrecht und ohne nähere Erläuterung nicht als klein und dezent beurteilt worden und rügt weiter, es seien mildere Mittel, wie die Auflage zum ständigen Tragen langärmeliger Dienstkleidung oder das Überschminken der Tätowierung nicht in Erwägung gezogen bzw. nicht überzeugend verworfen worden. Auch sei die Bereitschaft der Antragstellerin zum Entfernen der Tätowierung nicht in Betracht gezogen worden.

Dieses Beschwerdevorbringen vermag keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken an der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass in dem Begehren der Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt und die begehrte Regelung - wie auch die Antragstellerin einräumt - daher nur ausnahmsweise in Betracht kommt, nämlich wenn das Begehren in der Hauptsache schon auf Grund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden bloßen summarischen Prüfung des Sachverhalts erkennbar Erfolg haben wird (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Dezember 1989, - 2 ER 301/89 -, juris, Rn. 3 und vom 13. August 1999, - 2 VR 1/99 -, juris, Rn. 26). Erledigt sich mit dem Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung bereits das Hauptsacheverfahren, so ist an die Erfolgsaussichten einerseits ein strenger Maßstab anzulegen, andererseits aber dann, wenn die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes zu schweren und unzumutbaren Nachteilen führt, eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 25. Juli 1996, - 1 BvR 638/96, juris, Rn. 16).

Gemessen an diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht nach ausführlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Recht vorläufigen Rechtsschutz versagt, weil ein Obsiegen der Antragstellerin nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Rechtsausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Insbesondere ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass in Anbetracht dessen, dass das Verbot von sichtbaren Tätowierungen im Polizeidienst massiv auch den Bereich der privaten Lebensgestaltung der Beamtinnen und Beamten betrifft und in deren Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG eingreift und zudem über die Regelung in § 3 Abs. 6 der Richtlinien für die Auswahl und Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern nach § 14 BPolLV für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei – EinstRL gPVD BPOL (im Folgenden: Richtlinien) auch über das Merkmal der persönlichen Eignung den Zugang zu einem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) beschränkt, nur mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist und von daher die Ablehnung zur Zulassung zum Eignungsauswahlverfahren nur rechtfertigen kann, wenn es geeignet und erforderlich ist, um dienstliche Erfordernisse, nämlich die mit der Uniformpflicht verfolgten Zielsetzungen zu fördern, und die Grenzen der Zumutbarkeit für die Betroffenen wahrt (BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, - 2 C 3/05 -, juris, Rn. 21). Dabei steht der obersten Dienstbehörde bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit ein gerichtlich nur begrenzt nachprüfbarer Einschätzungsspielraum zu, dessen inhaltliche Reichweite insbesondere von Schwere und Intensität des jeweiligen Eingriffs abhängt (BVerwG, Urteile vom 2. März 2006, - 2 C 3/05 -, a.a.O. und vom 15. Januar 1999 - 2 C 11/98 -, juris, Rn. 13; BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Januar 1991, - 2 BvR 550/90 -, juris, Rn 6). Da es sich bei dem Verbot von Tätowierungen an Körperstellen, die beim Tragen der Dienstuniform einschließlich des kurzärmeligen Diensthemdes sichtbar sind (Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 12. Mai 2006, B II – 652 100/120, Ziffer II.3.), um eine Regelung handelt, die auch das Erscheinungsbild der Betroffenen außerhalb der Dienstzeit betrifft, muss die Einschätzung des Dienstherrn, Tätowierungen dürften im Dienst - ausgenommen beim Dienstsport - nicht sichtbar sein (Ziffer II.3. des Erlasses vom 12. Mai 2006), weil dies dem mit dem äußeren Erscheinungsbild der Polizeivollzugskräfte der Bundespolizei verfolgten Zweck zuwider laufe, bzw. seien ein Einstellungshindernis (§ 3 Abs. 6 der Richtlinien), auf plausible und nachvollziehbare Gründe gestützt sein.

Das Verwaltungsgericht führt dazu zutreffend im Einzelnen aus, dass rechtlicher Anknüpfungspunkt hier die Vorschrift des § 74 BBG ist, wonach die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident oder die von ihr oder ihm bestimmte Stelle die Bestimmungen über Dienstkleidung, die bei Wahrnehmung des Amtes üblich oder erforderlich ist, erlässt und dass dies die Befugnis einschließt, den Trägern der Dienstkleidung auch Vorgaben hinsichtlich des sonstigen äußeren Erscheinungsbildes zu machen. Maßgeblich sei der Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 12. Mai 2006 („Erscheinungsbild der Polizeikräfte der Bundespolizei"), in dem es unter I. („Allgemeines") heiße, das Tragen der Dienstkleidung bezwecke ein einheitliches Erscheinungsbild, das den polizeilichen Auftrag der Gewährleistung der inneren Sicherheit glaubhaft verkörpere. Die grundsätzliche Uniformiertheit bedeute nicht die Aufgabe jeglicher Individualität. Den Bürgerinnen und Bürgern solle auch vermittelt werden, dass ihnen die Bundespolizeibeamtinnen und -beamten als Menschen und Mitbürger gegenüberstünden. Es sei aber erforderlich, dass die durch die Uniform bezweckte Erkennbarkeit und Einheitlichkeit nicht durch die abträgliche Gestaltung von Haar- und Barttracht sowie das Tragen persönlicher Accessoires in Frage gestellt werde. Das Erscheinungsbild der Polizeivollzugskräfte der Bundespolizei solle daher frei von Übertreibungen sein. Weiter werde unter II.3. des Erlasses ausgeführt, im Dienst - ausgenommen Dienstsport - dürften Tätowierungen, Brandings, Mandies und ähnliches nicht sichtbar sein. Hieran anschließend heiße es in § 3 Abs. 6 der Richtlinien, Tätowierungen und Piercings könnten als Einstellungshindernis gewertet werden.

Das Verwaltungsgericht hat die mit dem Erlass vom 12. Mai 2006 zum Erscheinungsbild der Polizeivollzugskräfte der Bundespolizei verfolgten Zielsetzungen (siehe dazu auch BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, - 2 C 3/05 -, juris, Rn 24, 25), nämlich der Gewährleistung und Förderung des Ansehens und des Vertrauens in der Bevölkerung sowie der Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen, der glaubhaften Verkörperung des polizeilichen Auftrags der Gewährleistung der inneren Sicherheit, der Verdeutlichung der Autorität der Bundespolizeibeamtinnen und -beamten und der Legitimitätsfunktion der Uniform, denen die Regelungen zum Erscheinungsbild der Polizeivollzugskräfte der Bundespolizei dienen sollen, zutreffend als legitim angesehen. Die dazu im Erlass vom 12. Mai 2006 angestellten Erwägungen, dass das Erscheinungsbild der Polizeivollzugskräfte der Bundespolizei frei von Übertreibungen sein soll (Ziffer I) und der Dienst in Dienstkleidung nicht geeignet ist, durch übertriebene und auffällige Äußerlichkeiten persönliche, politische der andere (Lebens-) Einstellungen aufmerksamkeitswirksam zur Schau zu stellen, sind vom Einschätzungsspielraum der Antragsgegnerin gedeckt, was von der Antragstellerin dem Grunde nach auch nicht in Frage gestellt wird.

Ebenso zutreffend und von der Antragstellerin ebenfalls im rechtlichen Ansatz nicht in Abrede gestellt hat das Verwaltungsgericht zudem ausgeführt, dass sich der Dienstherr bei der dabei gebotenen Ermittlung des Rahmens des Üblichen an den Anschauungen zu orientieren hat, die in der heutigen pluralistischen Gesellschaft herrschen und dass er sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen darf. Das Phänomen von Tätowierungen und deren Beurteilung durch die Gesellschaft unterliege Veränderungen, mit der Folge, dass das Gericht bei seiner Entscheidung auch zu prüfen habe, ob die seinerzeit bei Erlass der entsprechenden Anordnungen bzw. Richtlinien herrschenden Verhältnisse auch noch den heutigen Gegebenheiten entsprechen oder ob von einem Wandel der Anschauungen gesprochen werden könne, der die Erwägungen des Dienstherrn als überholt erscheinen lasse, mit der Folge, dass es der streitigen Anordnung heute an der erforderlichen Rechtfertigung fehle (siehe dazu BVerfG, Beschluss vom 10. Januar 1991, - 2 BvR 550/90 -, juris, Rn. 7).

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Richtlinien unterlägen unter Beachtung dieser Grundsätze keinen rechtlich durchgreifenden Bedenken, wird durch die Beschwerdebegründung der Antragstellerin ebenso wenig erschüttert wie die Annahme, dass die konkrete Entscheidung der Antragsgegnerin keine Ermessensfehler aufweise, die ein Obsiegen der Antragstellerin wahrscheinlicher erscheinen lassen als ihr Unterliegen.

Die Auffassung des Veraltungsgerichts, die von Verfassungs wegen gebotene Überprüfung der maßgeblichen Anschauung in der Bevölkerung führe zu der Erkenntnis, dass es zwar im Vergleich zu 2006, als der Erlass bezüglich des Erscheinungsbildes der Polizeivollzugskräfte des Bundes in Kraft gesetzt worden sei, sicherlich Veränderungen hinsichtlich der Zahl der Tätowierten und auch mit Blick auf die Motive und die Ausführung der Tätowierungen gegeben habe, dass gleichwohl aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts dafür erkennbar sei, dass in der Gesamtbevölkerung ein diesbezüglicher Wandel dergestalt eingetreten sei, dass jegliche Tätowierung allgemein akzeptiert würde, und zwar ungeachtet der Frage, ob es sich um Tätowierungen handele, die lediglich bei Freizeitaktivitäten zu bemerken seien, oder aber um solche, die auch während der Berufsausübung sichtbar seien, wird durch die in der Beschwerdebegründung angeführten Studien und die Ausführungen der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Insbesondere vermag die von der Antragstellerin vorgelegte Studie der Ruhruniversität Bochum zu „Tattoos und Piercings in Deutschland“ vom 21. Mai 2014 eine gewandelte Anschauung im Hinblick auf beim Tragen von Dienstkleidung sichtbaren Tätowierungen nicht zu belegen, da sie sich dieser Frage gar nicht widmet und im Übrigen auch keinerlei Aussage dazu trifft, ob die dort errechneten, bereits tätowierten Bevölkerungsanteile ihre Tätowierungen selbst an sichtbarer/auffälliger Stelle tragen. Allein der Umstand, dass ein zunehmender Bevölkerungsanteil - nicht notwendig jederzeit sichtbare - Tätowierungen trägt, zwingt die Antragsgegnerin nicht dazu, die nach wie vor damit verbundenen Auffälligkeiten den Zielen zu opfern, denen die Bekleidungsvorschriften der uniformierten Bundespolizei dienen sollen. Denn wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, soll das Verbot sichtbarer Tätowierungen - ebenso wie das Verbot übertriebenen, auffälligen Schmucks oder ebensolchen Make-ups (siehe II.1. des Erlasses vom 12. Mai 2006) - dem berechtigten Anliegen Rechnung tragen, dass ein im Wesentlichen gleiches einheitliches Erscheinungsbild, das den polizeilichen Auftrag der Gewährleistung der inneren Sicherheit glaubhaft verkörpern soll, nicht durch übertriebene individuelle Gestaltung in Frage gestellt wird. Eine andere Einschätzung ergibt sich auch nicht zwingend aus der von der Antragstellerin ins Feld geführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main (Beschluss vom 14. Februar 2002, - 9 G 411/02 -, juris, Rn. 8) und des Verwaltungsgerichts Aachen (Beschluss vom 31. Juli 2012, - 1 L 277/12 -, juris, Rn. 7), die ihre (gegenteilige) Einschätzung zur Verbreitung und Akzeptanz von Tätowierungen nicht näher begründet haben.

Der Vorwurf der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht und letztlich auch die Antragsgegnerin hätten ihre Auffassung zum (noch) nicht vollzogenen Wandel in der Anschauung der Bevölkerung zu sichtbaren und auffälligen Tätowierungen bei uniformierten Beamten nicht mit Erkenntnisquellen belegt, verkennt zum einen den Einschätzungsspielraum, der der Antragsgegnerin insoweit zusteht (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 2. März 2006, - 2 C 3/05 -, juris, Rn 26) und zeigt zum anderen auch nicht auf, aus welchen Erkenntnisquellen sich ein solcher Wandel umgekehrt ergeben soll. Dass die von der Antragstellerin erwähnte Studie der Ruhruniversität Bochum in dieser Hinsicht keine aussagekräftige Erkenntnisquelle ist, wurde oben bereits dargelegt. Der Antragsgegnerin ist demgegenüber auf Grund ihrer stetigen Erfahrungen im Polizeidienst zuzugestehen, die Wirkungen eines einheitlichen und nicht durch auffällige individuelle Merkmale beeinträchtigten Erscheinungsbildes der Polizeivollzugskräfte einschätzen zu können. Dies gilt auch für die von der Antragstellerin aufgeworfenen Frage, ob die Akzeptanz und der Respekt gegenüber tätowierten Beamten bei „der Bevölkerungsgruppe, mit der es die Polizeibeamten immer wieder zu tun haben“, nicht vielleicht sogar steige. Stichhaltige Argumente dafür, dass die Einschätzung der Antragsgegnerin über die von ihr angestrebte Akzeptanz und den ihren Beamtinnen und Beamten entgegen gebrachten Respekt auf einer unzutreffenden Wahrnehmung der Reaktion der mit den Polizeivollzugskräften in Kontakt tretenden Bevölkerung beruht, hat die Antragstellerin demgegenüber nicht aufgezeigt.

Durch die Beschränkung des Verbots der Tätowierungen auf den sichtbaren Körperbereich, d.h. Kopf- und Halsbereich, Hände und (beim Tragen des Sommer-Diensthemdes) Unterarme, trägt der Erlass vom 12. Mai 2006 schließlich auch den Interessen der Beamtinnen und Beamten an einem individuellen Körperschmuck ausreichend Rechnung. Darüber hinaus gewährleistet die ein Ermessen eröffnende Regelung in § 3 Abs. 6 der Richtlinien eine differenzierende Betrachtung der Tätowierung im Einzelfall, so dass aus den Gründen des Beschwerdevorbringens die Auffassung des Verwaltungsgerichts zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Erlasses vom 12. Mai 2006 nicht in Frage gestellt wird.

Ausgehend von der insoweit von der Antragstellerin nicht angegriffenen Annahme des Verwaltungsgerichts, wonach die gebotene Berücksichtigung sicherlich gegebener Veränderungen hinsichtlich der Zahl der Tätowierten und auch der Blick auf die Motive und die Ausführung der Tätowierungen dazu führe, dass die unter II.3. des Erlasses des Bundesministeriums des Innern vom 12. Mai 2006 getroffene Regelung, wonach im Dienst Tätowierungen nicht sichtbar sein dürfen, in dieser Absolutheit heute nicht mehr angewandt werden könne, greift die Antragstellerin ebenso erfolglos mit ihrer Beschwerde die gerichtliche und behördliche Einschätzung an, die Tätowierung der Antragstellerin liefe den im Einzelnen im angefochtenen Beschluss dargestellten Zwecken nach wie vor zuwider. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zutreffend festgestellt, dass die Antragsgegnerin die maßgeblichen Richtlinien und Erlasse im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung beachtet hat.

Soweit die Antragstellerin rügt, das Gericht stelle nur auf die Großflächigkeit einer Tätowierung ab und berücksichtige nicht auch andere Aspekte, nämlich zum Beispiel, wie viele Tätowierungen insgesamt vorhanden seien, welches Motiv oder Bedeutung die jeweilige Tätowierung habe und welchen Eindruck die jeweilige Person mit der Tätowierung erwecken wolle, vermag dieser Einwand der Beschwerden nicht zum Erfolg zu verhelfen. Das Verwaltungsgericht hat dazu vielmehr ausgeführt, dass es sich von selbst verstehe, dass Tätowierungen auch weiterhin alleine wegen ihres Inhalts als Ausschlussgrund bei einer Bewerbung für den Polizeivollzugsdienst bei der Bundespolizei herangezogen werden könnten, und zwar dann, wenn es sich beispielsweise um gewaltverherrlichende, sexistische oder allgemein die Würde des Menschen verletzende Motive oder verbale Aussagen handele, aber auch dann, wenn die Tätowierung Symbole aufwiesen, die einen Bezug zu extremen politischen Auffassungen herstellten, dass dagegen Tätowierungen von minderer Größe und ohne besondere Symbolik heutzutage nicht mehr als Eignungsmangel angesehen werden könnten. Damit sind die von der Antragstellerin gerügten Aspekte durchaus und in zutreffender Weise berücksichtigt.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass, wenn es sich hingegen um großflächige, beim Tragen der vorgeschriebenen Uniform sichtbare Tätowierungen handele, der Dienstherr ungeachtet des Inhalts der Tätowierung berechtigt sei, hierin einen Eignungsmangel des Bewerbers für den gehobenen Polizeivollzugsdienst in der Bundespolizei zu sehen und den Bewerber auszuschließen, ist im Hinblick auf die mit dem Verbot verfolgte Zielsetzung (siehe dazu oben) nicht zu beanstanden.

Das Verwaltungsgericht hat auch entgegen der Auffassung der Antragstellerin deren Tätowierung am rechten Unterarm nicht zu Unrecht als großflächig und damit nicht mehr als „als kleines und dezentes Tattoo ohne besonderen Inhalt“ bewertet, das vom Verbot in Ziffer II.3. des Erlasses vom 12. Mai 2006 nicht erfasst wird. Der Schriftzug auf dem rechten Unterarm der Antragstellerin stellt eine großflächige Tätowierung dar, die ungeachtet ihrer verbalen Aussage den Rahmen der noch akzeptablen individuellen Auffälligkeit im äußeren Erscheinungsbild der uniformierten Bundespolizei überschreitet. Soweit die Antragstellerin meint, das Verwaltungsgericht hätte sich zur Beurteilung der Großflächigkeit viel mehr Bilder von tätowierten Menschen anschauen sollen, welche tatsächlich großflächige Tätowierungen hätten und es hätte im Einzelnen darlegen müssen, ab wann eine Großflächigkeit vorliegt oder welche Relation zur übrigen Körperfläche zu Grunde gelegt worden sei, verkennt sie, dass es einen objektiven in Zahlen auszudrückenden Maßstab bezüglich der Großflächigkeit nicht gibt. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dem Lichtbilder der Tätowierung und des Unterarmes der Antragstellerin vorlagen, die Tätowierung sei großflächig, ist angesichts des Umstandes, dass sich der tätowierte Schriftzug mit üppigen Schnörkeln vom Ellenbogen bis zum Handgelenk des rechten Arms der Antragstellerin in zwei Zeilen über fast die gesamte Höhe der Innenseite des Unterarms zieht, ohne weiteres nachvollziehbar und erscheint auch dem Senat weit entfernt davon „klein und dezent“ zu sein. Diese Feststellung bedarf auch nicht der Angabe von mathematischen Berechnungsgrundlagen oder eines Vergleichs mit den von Tätowierung freien Körperflächen.

Darauf, ob der Inhalt der Tätowierung in irgendeiner Weise anstößig ist oder eine Aufforderung darstellt, die Antragstellerin im Dienst täglich anzugreifen, kommt es demgegenüber nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht an.

Soweit die Antragstellerin moniert, die Nichtzulassung zum Eignungsauswahlverfahren sei unverhältnismäßig und weder Verwaltungsgericht noch Antragsgegnerin hätten mildere Mittel geprüft, ist dem entgegen zu halten, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Möglichkeit, der Antragstellerin aufzugeben, nur langärmelige Dienstkleidung zu tragen, zu Recht darauf verwiesen hat, dass dem Dienstherrn die Entscheidung vorbehalten bleibt, wie er die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der uniformierten Polizei verwirklicht. Dies hat er in für die Beamten und Beamtinnen zumutbarer Weise mit dem Erlass vom 12. Mai 2006 geregelt.

Auch die Ausführungen der Antragsgegnerin zur Möglichkeit des Überschminkens der Tätowierung lassen keine Rechtsfehler erkennen. Die diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 21 des Widerspruchsbescheides zur Alltagstauglichkeit einer derartigen Maßnahme sind nachvollziehbar und vom Ermessensspielraum der Antragsgegnerin gedeckt.

Auch die nun (wieder) bekundete Bereitschaft der Antragstellerin, ihre Tätowierung entfernen zu lassen, vermag die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen. Die Antragstellerin hat eine ernsthafte Bereitschaft zur Entfernung der Tätowierung nicht glaubhaft gemacht. Insofern ist ihr entgegen zu halten, dass sie sowohl im Widerspruchsverfahren, als auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht mit ihrem Vorbringen deutlich gemacht hat, dass sie zur Entfernung der Tätowierung nicht bereit ist, weil sie dies als Eingriff in ihre verfassungsmäßigen Rechte betrachtet. Zwar hat sie eine Entbindung ihrer behandelnden Ärztin über die begonnene und dann wieder abgebrochene Behandlung zur Entfernung der Tätowierung vorgelegt. Jedoch hat sie im Schriftsatz vom 25. April 2014 auch ausdrücklich erklärt, sie habe sich entschlossen, die weitere Behandlung zur Entfernung der Tätowierung nicht fortzuführen. Sie hat daher entgegen ihren Ausführungen in der Beschwerdebegründung die gänzliche Entfernung der Tätowierung nicht angeboten, so dass weder die Antragsgegnerin noch das Verwaltungsgericht dies berücksichtigen mussten. Sie hat ihre diesbezügliche Bereitschaft im Übrigen auch in ihrer Beschwerdebegründung nicht eindeutig bekundet.

Die Antragstellerin hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).