OLG Köln, Urteil vom 13.08.2014 - 13 U 128/13
Fundstelle
openJur 2014, 19298
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9.4.2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2011 zu zahlen. Hinsichtlich des weitergehenden Zahlungsanspruchs in Höhe von 18.271,20 Euro wird die Klägerin auf Grund des Verzichts mit dem Anspruch abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin aus

- dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument 2616394D/ 2616392D ( "CHF-Plus-Swap") und

- dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument 2167032D ( "Digitaler Zinsumfeldswap") sowie

- dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument 1422114D ( "Kündbarer Zahlerswap")

bestehen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der WestLB aufgrund von insgesamt zehn zwischen den Parteien geschlossenen Swap-Verträgen auf Zahlung von Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.

Diese Swap-Verträge hatte die Klägerin zum Zwecke der "Zinsoptimierung" bereits bestehender Kreditverbindlichkeiten abgeschlossen, die überwiegend nicht bei der Beklagten, sonder bei anderen Kreditinstituten bestanden (vgl. Anlage K 5).

Sie ist der Ansicht, die von ihr mit der Beklagten geschlossenen Swap-Verträge seien bereits wegen fehlender Rechtsfähigkeit auf Seiten der Klägerin nichtig. Sollten die Verträge wirksam sein, liege ein Beratungsfehler der Beklagten bei Abschluss aller Swap-Verträge darin, dass sie keine ausreichende Kundenexploration durchgeführt, die Anlageziele der Klägerin nicht beachtet, keine anlagegerechte Beratung durchgeführt, die Klägerin nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt und die in den Verträgen liegenden Verstöße gegen haushaltsrechtliche Vorschriften nicht geprüft bzw. deren Einhaltung nicht überwacht habe. Bei einer Aufklärung über den negativen Marktwert hätte sie die Verträge nicht abgeschlossen. Auf die Verjährung der Schadensersatzansprüche könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie eine vorsätzliche Fehlberatung vorgenommen habe.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.3.2013, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe - auch hinsichtlich der gestellten Anträge - Bezug genommen wird, der Klage überwiegend stattgegeben, wogegen beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt haben.

Die Klägerin verfolgte mit ihrer Berufung zunächst die erstinstanzlichen Anträge, soweit sie vom Landgericht abgewiesen wurden, in vollem Umfang weiter. Mit Schriftsatz vom 4.6.2014 erklärte sie sodann, nachdem beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.5.2014 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt hatten, Klageverzicht hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe weiterer 18.271,20 Euro über die erstinstanzlich ausgeurteilte Summe hinaus.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 (21 O 472/11)

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.357.435,82 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass keine weiteren Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin bestehen aus

- dem am 16.11.2009 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument 2616394D/ 2616392D ( "CHF-Plus-Swap"),

- dem am 12.3.2008 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument 2167032D ( "Digitaler Zinsumfeldswap") sowie

- dem am 9.11.2006 zwischen den Parteien abgeschlossenen Finanzinstrument 1422114D ("Kündbarer Zahlerswap")

sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.3.2013 die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin - hinsichtlich der Teilforderung in Höhe von 18.271,20 Euro insoweit durch Verzichturteil - zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass zwar Handlungen außerhalb des Wirkungskreises der Klägerin ("ultra vires") für unwirksam zu erachten seien. Jedoch habe sich die Klägerin bei Abschluss der streitgegenständlichen Swap-Geschäfte auf dem Gebiet der kommunalen Haushaltswirtschaft bewegt und eine eventuelle Rechtswidrigkeit der Geschäfte im Hinblick auf die Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben führe nicht zur Nichtigkeit der Swap-Verträge mit der Beklagten. Eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert habe nicht erfolgen müssen, weil dieser allein das Gewinninteresse der Beklagten wiederspiegele und darüber hinaus eine solche Pflicht bei Swap-Verträgen mit - wie hier - Grundgeschäftsbezug nicht bestehe. Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem aus politischen Gründen weiter investiert. Insofern sei die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert jedenfalls nicht kausal für die Anlageentscheidung der Kläger gewesen. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil sie spätestens ab Mitte 2007 die angebliche kommunalrechtliche Unzulässigkeit der Verträge kritisch prüfen und die Geschäfte hätte beenden müssen. Auch müsse sich die Klägerin als ersparte Aufwendung auf ihren Schadensersatzanspruch die Auflösungspreise anrechnen lassen, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären. Die Beklagte beruft sich auf die Verjährung der klägerischen Ansprüche.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist - soweit sie auf die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht mit Schriftsatz vom 4.6.2014 verzichtet hat - in vollem Umfang begründet, so dass das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der beantragten Feststellung betreffend die Ansprüche der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-Swap entsprechend abzuändern war. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten nicht nur einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.357.435,82 Euro, sondern auch einen Anspruch auf Feststellung, dass der Beklagten aus den Finanzinstrumenten "CHF-Plus-Swap", "Digitaler-Zinsumfeldswap" sowie "Kündbarer Zahlerswap" keine weiteren Ansprüche zustehen. Die Berufung der Beklagten bleibt dagegen ohne Erfolg.

Im Einzelnen:

I. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 BGB, weil die zwischen den Parteien geschlossenen Swap-Verträge nicht wegen fehlender Rechtsfähigkeit der Klägerin oder aus anderen Gründen nichtig sind. In diesem Zusammenhang wird zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts genommen. Ergänzend gilt Folgendes:

1. Die von der Klägerin mit der Beklagten geschlossenen Swap-Verträge sind nicht deshalb nichtig, weil der Klägerin aufgrund Nichteinhaltung der haushaltsrechtlichen Vorgaben und der damit verbundenen Überschreitung des eigenen Wirkungskreises die Rechtsfähigkeit fehlte, sich gegenüber der Beklagten zu verpflichten.

a. Der Klägerin ist nach Art. 78 Abs. 2 LV NW i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG i.V.m. § 2 GO NW das Recht eingeräumt, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Ausfluss dieses verfassungsrechtlich begründeten Selbstverwaltungsrechts ist unter anderem die kommunale Finanzhoheit als ein Kerngebiet des kommunalen "Wirkungskreises" bzw. der Verbandszuständigkeit der Kommune. Sie gewährleistet das Recht der Kommunen auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft einschließlich eigener Haushaltsführung und Vermögensverwaltung. Dabei obliegt den Kommunen als Teil ihrer Haushaltswirtschaft - dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede - auch das kommunale Schuldenmanagement, zu dem sowohl die Befugnis der Gemeinde gehört, ein Darlehen zur Finanzierung der örtlichen Angelegenheiten aufzunehmen als auch die Befugnis, die Zinskonditionen eines Darlehens zu verändern. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass der Wirkungskreis einer Gemeinde dann überschritten werde, wenn Derivatgeschäfte losgelöst und ohne jeden Bezug zu bestehenden oder zukünftigen Verbindlichkeiten allein zum Zweck der Erwirtschaftung separater Gewinne abgeschlossen werden, bedarf diese Frage keiner Entscheidung, da die tatsächlichen Voraussetzungen des vorliegenden Falles anders liegen. Denn die streitgegenständlichen Verträge sollten gerade dazu dienen, ohne Inanspruchnahme weiteren Eigenkapitals der Klägerin die Zinslast aus den bestehenden Darlehen zu "optimieren".

b. Fällt damit das kommunale Schuldenmanagement generell in den Wirkungskreis der Klägerin, so hängt das von der Klägerin postulierte Merkmal der fehlenden Rechtsfähigkeit maßgeblich davon ab, wie differenziert dieser Wirkungskreis im Hinblick auf die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge auszugestalten ist. In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist der Senat der Ansicht, dass der Wirkungskreis der Klägerin und damit ihre Rechtsfähigkeit nicht davon abhängig ist, ob und in welchem Maße ihr Handeln im Rahmen des Schuldenmanagements gegen kommunal- oder haushaltsrechtliche Vorgaben verstößt.

Für diese Sichtweise sprechen zunächst Gründe der Rechtssicherheit. Denn folgt man der Ansicht der Klägerin, dann würde die Frage der Rechtsfähigkeit einer Gemeinde als juristischer Person des öffentlichen Rechts vom Ergebnis einer Abwägung der Einzelfallumstände unter Beachtung haushaltsrechtlicher Vorgaben abhängen. Für die vom Landgericht vertretene Ansicht spricht darüber hinaus auch der Umstand, dass die Klägerin die Reichweite der ultravires-Lehre unzulässig ausgedehnt hat: Zwar eröffnet die kommunale Finanzierungshoheit nicht die Befugnis, Geschäfte jeglichen Risikos abschließen zu dürfen (vgl. Lammers, NVwZ 2012, 12, 13). Insoweit findet das Haushaltsrecht, das auch der Begrenzung finanzieller Risiken für die Kommunen dient, auch auf Finanzinstrumente Anwendung und wird im Wege der Kommunalaufsicht überwacht. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, welche die Gemeinden beachten müssen, im Rahmen eines Beurteilungsspielraums zu beachten. Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch, dass der Einsatz von Finanzderivaten nicht generell verboten ist, sondern es von einer Abwägung im Einzelfall abhängt, ob ein Swap-Vertrag als unzulässiges Spekulationsgeschäft oder als zulässiges Zinsoptimierungsgeschäft anzusehen ist. Selbst wenn - wie die Klägerin es im vorliegenden Falle behauptet - die streitgegenständlichen Swap-Verträge aufgrund der fehlenden Zuordnung zu konkreten Darlehensverträgen als kommunalrechtlich unzulässiges Spekulationsgeschäft einzustufen wären, ist Rechtsfolge einer solchen Unzulässigkeit nach haushaltsrechtlichen Vorschriften zunächst nur die Untersagung des Geschäfts durch die Kommunalaufsicht. Sowohl aus diesem Umstand als auch aus der notwendigen Einzelfallabwägung ergibt sich, dass ein Verstoß gegen das Spekulationsverbot keine Auswirkungen auf die Rechtsfähigkeit der Gemeinde haben kann. Der Ursprung des Spekulationsverbotes in einem Abwägungsprozess und das damit einhergehende Fehlen einer absolut wirkenden Untersagung machen vielmehr deutlich, dass Kommunen beim Abschluss eines solchen Geschäfts nicht ultra vires gehandelt haben.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, dass die Gemeinde zwar die Finanzhoheit innehabe, diese jedoch durch den notwendigen Bezug zur Finanzierung der Aufgabenerfüllung sowie durch die haushaltsrechtlichen Bestimmungen der Gemeindeordnung beschränkt sei, trifft dies durchaus zu. Der weiteren von der Klägerin vorgenommenen Einschränkung, wonach ein Finanzderivat (nur) dann zur - zivilrechtlich wirksamen - Umgestaltung von Darlehenskonditionen verwendet werden kann, wenn es so homogen auf das zugeordnete Darlehen (grundgeschäftsbezogen) abgestimmt ist, dass sich dieses konnex als Umgestaltung der Darlehenskonditionen darstellt, vermag der Senat jedoch nicht zu folgen: Die öffentlichrechtliche Beschränkung der Finanzhoheit sagt noch nichts darüber aus, welche Folgen ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen für zivilrechtliche Verträge hat, die von der Gemeinde abgeschlossen wurden. Nicht jede Handlung, die die Gemeinde unter Verstoß gegen öffentlichrechtliche Bestimmungen vornimmt, ist zugleich zivilrechtlich nichtig.

Auch der von der Klägerin angeführte Runderlass des Innenministeriums NRW vom 9.10.2006 (sog. Krediterlass, Anlage K 2) spricht nicht für die von ihr vertretene Ansicht einer fehlenden Rechtsfähigkeit, sondern ist vielmehr gerade ein Argument für die generelle zivilrechtliche Wirksamkeit von Derivatgeschäften einer Gemeinde. Nach diesem Runderlass können Gemeinden nämlich Zinsderivate zur Zinssicherung und zur Optimierung ihrer Zinsbelastung nutzen, wenn sie dabei bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben (Konnexität, keine Zinsrisikoerhöhung in der Gesamtschau, Bildung von Bewertungseinheiten nur bei Homogenität der Risiken und zeitlicher Kongruenz sowie abstrakter Konnexität) beachten. Allein die Existenz dieses Erlass zeigt, dass Geschäfte mit Zinsderivaten zur Zinssicherung bzw. Optimierung der Zinsbelastung grundsätzlich zum Aufgabenbereich der Gemeinde gehören und nur die Ausgestaltung der Verträge im Einzelfall bestimmten Vorgaben genügen muss, um dem Haushaltsrecht gerecht zu werden (vgl. insoweit OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 zum Kreditaufnahmeverbot in § 220 Abs. 1 SGB V). Der Finanzhoheit der Gemeinde als einem Kerngebiet ihres kommunalen Wirkungskreises werden also Geschäfte mit Zinsderivaten nicht generell entzogen. Vielmehr werden solche Verträge für zulässig erachtet; die Gemeinden müssen allerdings - um den Geboten der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu genügen - bestimmte haushaltsrechtliche Vorgaben einhalten. Ob dies geschehen ist, obliegt einer Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Eine solche Abwägung der Umstände des Einzelfalls kann aber nicht zu einer Aberkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinde führen, weil dies bedeuten würde, dass für eine "schlichte" Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns überhaupt kein Anwendungsbereich mehr verbliebe. Es handelt sich bei dem Krediterlass darüber hinaus lediglich um eine verwaltungsinterne Regelung, die die Grenze zwischen Rechtmäßigkeit und Pflichtwidrigkeit für die Gemeinden beim Abschluss von derivaten Finanzgeschäften konkretisieren soll. Insofern kann vorliegend auch dahinstehen, ob die einzelnen Voraussetzungen des Krediterlasses bei den streitgegenständlichen Swap-Verträgen erfüllt waren. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, führte dies nicht zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Klägerin bei Abschluss der Verträge mit der Beklagten.

Es ist auch nicht möglich, eine fehlende Rechtsfähigkeit der Klägerin mit dem Argument anzunehmen, dass der Abschluss der Swap-Verträge ein reiner Verkauf von Optionen und damit objektiv die Übernahme einer entgeltlichen Absicherung der Beklagten darstellte, welche keine spezifische örtliche Angelegenheit der Klägerin sei. Die Klägerin hat vorliegend hochspekulative Finanzinstrumente gewählt, welche durchaus die Möglichkeit eines Gewinnes für sie beinhaltet haben, auch wenn diese Chance gegenüber den Verlustrisiken als gering einzustufen war. Diese Finanzinstrumente haben sich im weiteren Zeitablauf anders entwickelt, als es sich die Klägerin erhofft hatte. Dies ist aber keine Rechtfertigung dafür, nunmehr ergebnisorientiert von einer entgeltlichen Absicherung der Risiken der Beklagten zu sprechen. Denn dann wäre die Frage, ob die Klägerin eine spezifisch örtliche Angelegenheit wahrgenommen hat, letztlich davon abhängig, ob sie aus den Geschäften, die zur Umgestaltung der bestehenden Darlehenskonditionen abgeschlossen wurden, nach Ablauf der vertraglichen Laufzeit Gewinne erzielt hat.

Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung weiter darauf abstellt, dass eine wirtschaftliche Betätigung mit Finanzgeschäften nicht zu den spezifischen örtlichen Angelegenheiten einer Gemeinde gehört, verkürzt sie dadurch in unzulässiger Art und Weise den Sachverhalt. Sie hat vorliegend gerade kein isoliertes Finanzgeschäft mit der Beklagten getätigt, sondern hat einen - im Ergebnis misslungenen - Versuch unternommen, die bestehenden Zinsverpflichtungen aus Darlehen, welche sie unstreitig zur Erfüllung ihrer örtlichen Angelegenheiten aufgenommen hat, zu optimieren und hat dazu eine Vertragskonstruktion gewählt, die zwar risikobehaftet, jedoch nicht generell ungeeignet war.

Schließlich ist die vom Landgericht vorgenommene Wertung zur Rechtsfähigkeit der Klägerin auch nicht verfassungswidrig, weil sie der Klägerin vermeintlich erlaubt, auch ohne Bezug zur Selbstverwaltung auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft tätig zu sein und damit mittelbar in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum und in die Teilhabegrundrechte eingreift. Denn auch in diesem Zusammenhang spaltet die Klägerin in unzulässiger Weise die von ihr abgeschlossenen Finanzprodukte auf und betont lediglich den Umstand, dass sie mit diesen Geschäften (in Saldo) Verlust gemacht und damit Steuergelder verloren hat.

2. Eine Nichtigkeit der Swap-Verträge nach § 134 BGB kommt - unabhängig von den Umstand, dass sich die Klägerin ausdrücklich nicht auf diese Vorschrift stützen will (vgl. Bl. 371, 428 GA) - nicht in Betracht. Das die Gemeinden treffende Spekulationsverbot ist auch in seiner Ausgestaltung durch den Krediterlass vom 9.10.2006 zu unbestimmt und daher als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB ungeeignet (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 - 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 - 23 U 230/08, WM 2010, 1790; OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313).

3. Die vorliegenden Swap-Verträge sind auch nicht wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig. Zwar beinhalten sie ein Ungleichgewicht der wechselseitigen Chancen und Risiken, jedoch lässt die Privatautonomie es auch zu, risikoreiche Verträge zu schließen (BGH, Urt. v. 28.2.1989 - IX ZR 130/88, NJW 1989, 1276). Der Umstand, dass die Klägerin nur unter bestimmten und nicht sicher zu prognostizierenden Umständen Gewinn aus den Verträgen generieren konnte, ist kein hinreichender Umstand, die Verträge als mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar anzusehen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang die Unerfahrenheit der Klägerin mit Swap-Geschäften ausgenutzt hat, auch wenn diese solche Verträge vorher noch nicht abgeschlossen hatte. Denn aus den jeweiligen Präsentationen bzw. Produktblättern lässt sich auch ohne besondere finanzmathematische Kenntnisse erkennen, dass die Klägerin ihre Gewinnerwartung bei den betreffenden Verträgen letztlich auf eine Wette auf die künftige Marktentwicklung (Euribor, CMS10 bzw. CMS2, Wechselkurs des Schweizer Franken, Euro-10-Jahres-Swap-Rate) stützte und es lässt sich errechnen, welche maximalen Gewinne bzw. Verluste sie aus diesen Verträgen erwirtschaften konnte. Darüber hinaus hatte die Klägerin auch den Vorteil, ohne jeden Einsatz von Eigenkapital zu Beginn der Vertragslaufzeit garantierte Überschüsse zu erzielen, mit denen sie planen konnte (vgl. dazu OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 - 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 - 23 U 230/08, juris Rn. 39). So wies der Kündbare Stufen-Swap vom 9.9.2005 im ersten Jahr eine Zinszahlung der Klägerin von 1,75% auf, während die Beklagte einen fixen Zins von 2,75% zu zahlen hatte. Aus dem Kündbaren Korridor Swap vom 19.9.2005 war die Klägerin im ersten Jahr zur Zahlung des 3-Monats-Euribors (damals 2,136%) verpflichtet und bekam ihrerseits von der Beklagten 3,55%. Aus dem Digitalen-Zins-Umfeld-Swap vom 12.3.2008 erhielt die Klägerin 3% von der Beklagten und musste im ersten und zweiten Jahr selbst einen Festzins in Höhe von 2,25% zahlen.

4. Soweit die Klägerin in erster Instanz eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung darauf gestützt hatte, die Beklagte habe bei ihr vorsätzlich die Fehlvorstellung verursacht, dass es sich bei den betreffenden Verträgen um solche handele, die nach den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Klägerin zulässig seien, hat das Landgericht diese Anfechtung zutreffend daran scheitern lassen, dass die Klägerin - mit ihrer Erklärung in der Klageschrift vom 16.11.2011 - jedenfalls die Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB nicht eingehalten hat.

II. Der Klägerin steht jedoch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 1.357.435,82 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Denn der Beklagten ist im Rahmen der gegenüber der Klägerin vorgenommenen Beratungen jedenfalls insoweit eine Pflichtverletzung zu Lasten der Klägerin vorzuwerfen, als sie diese nicht über das Bestehen eines anfänglichen negativen Marktwertes der Swap-Verträge aufgeklärt hat.

Im Einzelnen:

1. Der Beklagten ist kein Beratungsfehler vorzuwerfen, weil sie die Klägerin nicht über die kommunalrechtliche Zulässigkeit der Swap-Verträge, nämlich den vermeintlichen Verstoß gegen das Spekulationsverbot wegen Nichterfüllung der Vorgaben des Krediterlasses aufgeklärt hat.

a. Sofern die Klägerin geltend macht, die Beklagte habe in den Beratungsgesprächen darauf hingewiesen, dass die empfohlenen Geschäfte im Einklang mit dem Krediterlass stünden und die Klägerin sei daher davon ausgegangen, dass man ihr nur solche Finanzierungsinstrumente empfehlen würde, die tatsächlich kommunalrechtlich zulässig seien, begründet dies - unabhängig von dem Umstand, dass die Beklagte entsprechende Äußerungen bestritten hat - im Ergebnis keine Beratungspflichtverletzung der Beklagten.

Ein tatsächlicher Hinweis im Sinne einer Aufklärung über das Bestehen eines Spekulationsverbotes war entbehrlich, weil der Klägerin das entsprechende Problem unstreitig bekannt war. Ob die damit verbliebene Aufgabe der rechtlichen Einordnung, ob der betreffende Vertrag im Einzelfall gegen das Spekulationsverbot verstieß und damit von der Klägerin abgeschlossen werden durfte, der Beklagten auferlegt werden kann, hält der Senat für zweifelhaft, weil dies den Bereich einer (unerlaubten) Rechtsberatung tangieren dürfte (so auch OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 - 4 U 92/08, WM 2009, 1082). Die Beklagte hätte nämlich eine rechtliche Wertung dahingehend treffen müssen, ob das Produkt unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu vereinbaren ist und ob eine konnexe Grundgeschäftsbezogenheit vorliegt. Diese Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen. Denn selbst wenn man die entsprechende Wertung und eine darauf aufbauende Beratung nicht als Rechtsberatung, sondern als Fragestellung "tatsächlicher Natur mit einem finanzwirtschaftlichen Schwerpunkt" betrachtet (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 - 9 U 148/08, WM 2010, 2169), liegt eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Denn zum einen ist die Durchsetzung des kommunalrechtlichen Spekulationsverbotes eine Angelegenheit der staatlichen Rechtsaufsicht und gehört auf kommunaler Ebene zum originären Aufgabenbereich der Kontrollgremien der Kommunalverwaltung. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Spekulationsverbot abwägender Natur ist und bei dieser Abwägung Beurteilungsspielräume bestehen, die durch die Beklagte als Bank kaum hätte ausgeübt werden können. Die Annahme eines Beratungsverschuldens hätte also zur Folge, dass die Gemeinde das mit der Anlageentscheidung verbundene Risiko im Nachhinein auf das beratende Kreditinstitut abwälzen könnte (vgl. OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2009 - 4 U 92/08, WM 2009, 1082; OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 - 23 U 230/08, juris Rn. 45; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2007 - 6 U 122/06, WM 2008, 66 - Hinweis auf das Kreditaufnahmeverbot nach §§ 220 Abs. 2 S. 1, 222 SGB V; OLG Dresden, Beschl. v. 10.2.2004 - 8 U 2225/03, WM 2004, 1278 - Hinweis auf stiftungsrechtliche Verpflichtungen).

Soweit in der Rechtsprechung teilweise eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen bejaht wird (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313; OLG Stuttgart, Urt. v. 27.10.2010 - 9 U 148/08, WM 2010, 2169) überzeugen die angeführten Gründe nicht bzw. sind jedenfalls nicht auf den vorliegenden Rechtsstreit übertragbar: Das OLG Naumburg (Urt. v. 24.3.2005 - 2 U 111/04, WM 2005, 1313) hat zwar eine Hinweispflicht auf kommunalrechtliche Beschränkungen (Spekulationsverbot etc.) bejaht. Im entsprechenden Nichtannahmebeschluss hat der BGH (Beschl. v. 21.3.2006 - XI ZR 116/05) jedoch ausgeführt, dass der "vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommene Beratungsfehler der Beklagten ... im Kern nicht in einem unterbliebenen Hinweis auf kommunalrechtliche Bindungen der Stadtwerke, sondern darin (besteht), dass die Beklagte nicht ausreichend über den spekulativen Charakter des konkreten Swapgeschäfts aufgeklärt hat". Das lässt aus Sicht des Senats die Schlussfolgerung zu, dass der BGH jedenfalls in diesem Fall eine Beratungs-/Hinweispflicht der beratenden Bank nicht bejahen wollte, sondern die Nichtannahme auf andere Beratungsfehler gestützt hat. Das OLG Stuttgart (Urt. v. 27.10.2010 - 9 U 148/08, WM 2010, 2169) hatte zum einen über einen Sachverhalt zu entscheiden, in welchem die beklagte Bank explizit als Expertin für kommunales Haushaltsrecht aufgetreten war und zum anderen in der Vergangenheit bereits kostenpflichtige Beratungsleistungen hinsichtlich des Eingreifens von Spekulationsverboten bei der dortigen Klägerin erbracht hatte. Die Frage, ob ein Berater generell auf das Bestehen bzw. das Eingreifen des Spekulationsverbotes hinweisen muss, hat es dagegen offen gelassen und lediglich ausgeführt, dass die entsprechenden Normen - obwohl aufsichtsrechtlicher Natur - einen Rückschluss auf ein sehr konservatives, sicherheitsorientiertes Anlegerprofil zuließen.

b. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, aus der email des Zeugen T vom 15.2.2007 ergebe sich, dass die Beklagte es übernommen habe, die Frage des kommunalrechtlich hinreichenden Grundgeschäftsbezuges zu klären, teilt der Senat diese Auffassung nicht: Die email des Zeugen T lässt zwar erkennen, dass von Seiten der Beklagten eine Zuordnung der Darlehen der Klägerin zu den jeweiligen Swaps vorgenommen bzw. ein fehlendes Darlehensvolumen als problematisch für eine geplante Umstrukturierung angesehen wurde. Dass dies jedoch heißen sollte, dass die Klägerin (auch) in dieser Hinsicht beraten werden wollte und die Beklagte eine solche Aufgabe mit entsprechender Haftung übernimmt, ist weder dieser Äußerung noch den Gesamtumständen zu entnehmen. Mit email vom 10.4.2007 (Anlage K 26) hat der Zeuge T eine Zuordnung der Darlehen zu den Derivaten mit der Bemerkung übersandt "Eine mögliche Zuordnung könnte wie folgt aussehen" - dabei handelt es sich erkennbar um eine "offene" Formulierung und nicht um das Ergebnis einer Beratung. In der email vom 17.2.2009 (Anlage K 45) schlägt der Zeuge mögliche Alternativen für die Klägerin im Rahmen der Umstrukturierung des CHF-Digital-Swap vor. Dabei werden unterschiedliche Varianten mit den jeweiligen Konditionen und einem kurzen Risikohinweis dargestellt, im Übrigen wird auf die Präsentation vom 12.2.2009 verwiesen. Angaben dazu, ob die vorgeschlagenen Produkte die erforderliche Konnexität aufweisen, finden sich in dieser email nicht. Die Zeugin T2 hatte zwar den Zeugen T zuvor mit email vom 13.2.2009 (Anlage K 44) gebeten, die Zuordnung der Derivatgeschäfte zu den Darlehen des allgemeinen Haushalts zu prüfen und ggf. auszuweisen. Eine solche Zuweisung ist jedoch in der email vom 17.2.2009 gerade nicht erfolgt. Vielmehr ergibt sich aus dem handschriftlichen Vermerk auf der email vom 13.2.2009 (Anlage K 44), dass der Zeuge T an die Erledigung dieser email erinnert wurde, ohne dass sich weiter aus dem Akteninhalt erkennen lässt, ob denn eine Prüfung der Beklagten stattgefunden hat. Gegen eine von der Beklagten übernommene Prüfungspflicht im Rahmen der Beratung spricht des weiteren auch, dass der Zeuge T in seiner email vom 17.2.2009 im letzten Absatz die Klägerin aufgefordert hat, Rücksprache mit ihren Wirtschaftsprüfern hinsichtlich der Bildung von Rückstellungen zu halten, was mit einem vorher vergebenen Prüfungsauftrag inhaltlich nicht zu vereinbaren wäre. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin schon bei Abschluss des Rahmenvertrages vom 22.8.2005 den "Anhang für Verträge mit kommunalen Körperschaften" unterschrieben hat (Bl. 60R AO I), in welchem es sinngemäß heißt, dass sie Abschlüsse ausschließlich zur Absicherung von Risiken aus Kreditaufnahmen tätigen wird, dass sie dem Absicherungscharakter gemäß das Volumen und die Laufzeit des Einzelabschlusses dem Grundgeschäft anpassen wird und dass sie zusichert, nicht gegen die für sie maßgebenden Rechtsvorschriften, "insbesondere das Spekulationsverbot" zu verstoßen. Schon aus dieser Erklärung musste für die Klägerin deutlich werden, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang weder eine Prüfungspflicht noch eine Haftung übernehmen wollte.

2. Der Beklagten ist auch keine fehlerhafte Beratung der Klägerin vorzuwerfen, weil sie keine ausreichende Kundenexploration vorgenommen hat. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass aufgrund des Akteninhalts und des "sehr pauschalen" Vortrags der Klägerin davon auszugehen sei, dass der Zeuge N aufgrund seiner Ausbildung und seiner Erfahrung einen ausreichenden Wissensstand hatte, um die Präsentation der Beklagten und die darin dargelegten Punkte Funktionsweise, Bedeutung und Risiken der Verträge verstehen zu können. Diese Bewertung hält der Senat im Ergebnis für richtig:

Die Klägerin macht mit der Berufung zwar zutreffend geltend, dass der Wissensstand des Zeugen N nichts mit der Frage zu tun hat, welches Anlageziel die Klägerin verfolgte. In diesem Einwand liegt aber gleichzeitig eine Verkürzung der landgerichtlichen Entscheidungsgründe. Diese sind dahingehend zu verstehen, dass sich das betreffende Argument zu Ausbildung bzw. Erfahrung des Zeugen N auf die Frage beziehen sollte, inwieweit die Beklagte ihn im Sinne der BGH-Rechtsprechung "auf ihren Wissensstand bringen" musste. Ein relevanter Beratungsfehler der Beklagten liegt in der unterlassenen Kundenexploration jedoch nicht. Denn unabhängig von einer vorherigen Exploration der Klägerin hat die Beklagte inhaltlich zutreffend und verständlich über die jeweiligen Swap-Verträge informiert. Dass dies nach Ansicht der Klägerin "gleichsam zufällig" erfolgte, ist unerheblich. Denn ein eventueller Fehler bei der Exploration hat sich unstreitig nicht auf Art und Umfang der ordnungsgemäßen Aufklärung ausgewirkt. Dass der Zeuge N über einen ausreichenden Kenntnisstand verfügte, um die konkreten Präsentationsunterlagen der Beklagten zu verstehen und zur Grundlage seiner Entscheidung zu machen und es folglich auch gar nicht darauf ankam, ob die Klägerin bereits in der Vergangenheit entsprechende Produkte erworben oder an Workshops teilgenommen hatte, hat die Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen.

3. Die Beklagte hat bei der Beratung der Klägerin auch nicht insofern einen Beratungsfehler begangen, dass sie in vorwerfbarer Weise deren Anlageziel außer Acht gelassen hat.

a. Soweit die Klägerin behauptet hat, der Zeuge N habe bereits beim ersten Vertragsabschluss deutlich gemacht, dass die Klägerin sich in der Haushaltssicherung befinde und daher keine Verluste oder entsprechende Risiken zulässig seien, hat das Landgericht diesen Vortrag zum Anlageziel zu Recht als widersprüchlich angesehen. Die Klägerin kann nicht auf der einen Seite ein aktives Zinsmanagement mit dem Risiko des erwartungswidrigen Verlaufs variabler Parameter und damit verbundener Verluste fordern und auf der anderen Seite verlangen, dass mit ihrem Engagement weder der Einsatz von (Eigen-) Kapital noch irgendwelche Risiken verbunden sind. Jedem Laien ist klar, dass ein risikoloses (= verlustfreies) finanzielles Engagement nur mit der Vereinbarung eines Festzinses möglich ist - gerade diese in der Vergangenheit gewählte Darlehensgestaltung wollte die Klägerin jedoch mit Hilfe der Beklagten "optimieren". Insofern hat sie mit Schriftsatz vom 11.7.2013 auch selbst vorgetragen, sie wäre für die Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus bei bestehende Zinsfestschreibung auch bereit gewesen, das Risiko eines Anstiegs des Zinsniveaus bei "synthetisch" variabler Verzinsung zu übernehmen. Folglich hat das Landgericht das Anlageziel der Kläger zutreffend dahingehend beschrieben, dass sie nicht ein "verlustloses" Geschäft, sondern ein Geschäft mit der Möglichkeit von Zinserträgen ohne Verstoß gegen das kommunalrechtliche Spekulationsverbot eingehen wollte.

b. Zutreffend ist weiter die Feststellung des Landgerichts, dass die der Klägerin empfohlenen Produkte als solche nicht schlechthin zweck- bzw. interessenwidrig waren. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, keines der Produkte sei eine taugliche Absicherung gegen ein Fallen des Zinsniveaus gewesen, trifft dies nicht zu. Allein der Umstand, dass die maßgeblichen Parameter sich in der Folgezeit abweichend von der Erwartung der Klägerin entwickelt haben, führt nicht dazu, dass der betreffende Swap-Vertrag von vornherein ungeeignet war, um das Anlageziel der Klägerin zu erreichen. Denn für das Vorhaben der Zinsoptimierung oder Zinsreduzierung eignet sich im Grundsatz jedes Konzept, das auf eine ernsthafte und nachhaltige Verringerung bestehender Zinslasten durch Erträge aus gezielt zu diesem Zweck eingesetzten Finanzinstrumenten angelegt ist (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 4.8.2010 - 23 U 230/08, juris Rn. 53). Die der Klägerin empfohlenen Produkte waren generell geeignet, Gewinne für die Klägerin zu generieren. Bei einem Vergleich mit den Marktdaten der Vergangenheit waren die Gewinnerwartungen der Klägerin ex ante betrachtet nicht als offensichtlich aussichtslos einzustufen: Beispielsweise wurde die beim Differenz-Swap maßgebliche Zinsdifferenz zwischen CMS 10 und CMS 2 (20 Basispunkte) seit Januar 1999 nicht unterschritten (vgl. Bl. 96 AO I). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die schlechte Entwicklung beispielsweise des Kündbaren-Stufen-Swap resultiere nicht aus einer nachteiligen Marktentwicklung, sondern "zu einem guten Teil" aus der bereits anfänglichen bewussten Gestaltung zum Vorteil der Beklagten (Bl. 326 GA), ist dies zu pauschal und auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Denn unstreitig hätte die Klägerin, unabhängig von der angeblich bewusst nachteiligen Gestaltung oder einem negativen Marktwert, bei einem anderen Zinsverlauf Erträge generieren können und hat dies bei einigen der Swap-Verträge auch getan hat.

c. Soweit im Rahmen der Restrukturierung der Erstabschlüsse hin zu den nunmehr streitgegenständlichen Swap-Verträgen unstreitig eine Erhöhung des Risikos erfolgt ist, hat das Landgericht zu Recht eine stillschweigende Erweiterung des Anlagezwecks sowie ein Einverständnis der Klägerin mit einem erhöhten Risiko angenommen, so dass auch insoweit eine fehlerhafte Beratung ausscheidet. Die Klägerin macht zwar mit der Berufung geltend, es habe keine Änderung des Anlagezwecks und keine Erhöhung der Risikobereitschaft gegeben, weil es sich bei den Folgeabschlüssen um Schadensabwendungsbemühungen gehandelt habe, auf die man sich nur deshalb eingelassen habe, weil die Beklagte diese im Hinblick auf die bereits eingetretenen Nachteile der Erstgeschäfte als "Optimierungsvorschläge" zur vermeintlichen Abwendung der Schäden unterbreitet habe. Diese Argumentation greift jedoch nicht durch, da die Vornahme von Maßnahmen zur Schadensabwendung die Billigung eines höheren Risikos unter Erweiterung des Anlagezwecks nicht ausschließt: Nach ihrem eigenen Vortrag hat die Klägerin die Folgegeschäfte abgeschlossen, um den eingetretenen Schaden aus den Erstgeschäften abzuwenden bzw. jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt liquiditätswirksam werden zu lassen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, am 7.4.2006 den Hinweis erhalten zu haben, dass die Restrukturierung ihr Risiko erhöhen könnte und es ist auch unstreitig, dass am 23.6.2006 in entsprechenden Präsentationen für die bereits abgeschlossenen Swaps mögliche Verluste in einem viel höheren Umfang als vorher dargestellt wurden und welche die Klägerin nunmehr vermeiden bzw. auszugleichen versuchen wollte. Gerade diese Motivation bedeutet jedoch zwingend, dass mit dem finanziellen Engagement ein erhöhtes Risiko verbunden ist und das Anlageziel erweitert werden musste. Denn nunmehr musste die Klägerin nicht nur die ursprünglich angestrebte "Zinsoptimierung" der laufenden Festzinsdarlehen erreichen, sondern zusätzlich auch den Verlust aus den Erstgeschäften wettmachen, der im Rahmen der Restrukturierung unstreitig und mit Wissen der Klägerin in die Folgeprodukte eingepreist worden war.

4. Soweit die Klägerin der Beklagten als weiteren Beratungsfehler vorwirft, weder im Rahmen der Erstabschlüsse noch bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte eine objektgerechte Aufklärung vorgenommen zu haben, da bei einem strukturierten Swap alle einzelnen Strukturelemente und ihre konkrete Auswirkung erläutert werden müssten, folgt der Senat dieser Ansicht nicht: Die wirtschaftliche Bedeutung der Verträge ist - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - in den Präsentationen hinreichend verständlich dargestellt worden. Eine weitergehende gesonderte Darstellung der einzelnen Strukturelemente des jeweiligen Swaps ist nicht erforderlich. Soweit der BGH in der Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) einen weitergehenden Pflichtumfang postuliert hat, war dies erkennbar den Eigenheiten des dort streitgegenständlichen Swaps geschuldet, der sich durch eine komplizierte Berechnung des variablen Zinses (Multiplikationsfaktor, Strike, Hebelwirkung, Memory-Effekt) auszeichnete. Gerade die ersten drei von der Klägerin geschlossenen Verträge (Kündbarer-Stufen-Swap vom 9.9.2005, Kündbarer-Korridor-Swap vom 19.9.2005 und Differenz-Swap vom 24.1.2006), die nach ihrem Vortrag der entscheidende Auslöser für das spätere (risikoreichere) Investment waren, weisen keine derartigen Besonderheiten auf, die eine weitergehende Erläuterung durch die Beklagte erforderlich gemacht hätten. Die einzelnen Präsentationen bzw. Produktblätter der Swaps sind verständlich und hinreichend klar aufgebaut, so dass auch ein Kunde ohne entsprechende Erfahrungen verstehen kann, welches Geschäft und welches damit verbundene Risiko er eingeht. Es geht vornehmlich um Wetten auf die Entwicklung bestimmter Marktdaten, welche nachvollziehbar, verständlich und in den konkreten Auswirkungen beispielhaft (durch Einsetzen fiktiver Werte in die überschaubaren Berechnungsformeln) berechnet werden können. Entsprechendes hat die Beklagte durch Darstellung möglicher Verläufe der Vertragsbeziehungen in den Präsentationsunterlagen auch getan. Die Schwierigkeit bzw. Gefährlichkeit der betreffenden Produkte liegt nicht - wie im Fall des BGH - in einer hoch risikoreichen Konstruktion mit Hebelwirkung und Memoryeffekt, sondern vielmehr darin, dass die Klägerin (ebenso wenig wie die Beklagte) in der Lage war, die künftige Entwicklung der Marktparameter, die Gegenstand der Wette sind, verlässlich vorherzusagen. Dies ist jedoch ein Risiko, das aus den Präsentationen sowie den Produktblättern deutlich wird.

Im Einzelnen:

a. Der Kündbare-Stufen-Swap vom 9.9.2005, den die Klägerin ausweislich Anlage K 10 abgeschlossen hat, enthält in seinem Produktblatt (Bl. 67 AO I) einen Hinweis auf einen drohenden Zinsnachteil und es lässt sich auch erkennen bzw. berechnen, dass bei einem wider Erwarten steigenden 3-Monats-Euribor die Klägerin einen höheren Zinssatz zahlen muss, als sie von der Beklagten als Festzins erhält. Somit ist schon aus dem Produktblatt erkennbar, dass es sich letztlich um eine Wette der Klägerin auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribor handelt.

b. Auch beim Kündbaren-Korridor-Swap vom 19.9.2005 (Anlage K 10) hat die Beklagte ausweislich des Produktblatts (Bl. 71 AO I) auf das Risiko eines Zinsnachteils hingewiesen. Auch hier handelt es sich letztlich um eine Wette auf die Entwicklung des 3-Monats-Euribors, wobei die Klägerin im ersten Vertragsjahr den 3-Monats-Euribor zu zahlen hat (damals 2,136%) und von der Beklagten fest 3,55% erhält.

c. Der Differenz-Swap vom 24.1.2006 (Anlage K 10) wurde in der Präsentation vom 11.1.2006 (Anlage K 13) sowie in zwei per E-mail vom 23.1.2006 übersandten Termsheets (Anlage K 14) erläutert. Auch hier ist (Bl. 95 AO I) der Risikohinweis auf den möglichen Zinsnachteil enthalten. Aus dem Produktblatt ist darüber hinaus unschwer zu errechnen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 4,2% zahlen muss (7,15% - 2,95%), wenn die Differenz der nicht zu prognostizierenden Swapsätze unter 20 Basispunkte fällt. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Werte der Swapsätze aus der Vergangenheit sowie das aktuelle Marktumfeld wiedergegeben. Letztlich geht aus dem Produktblatt aber klar hervor, dass die Klägerin eine Wette auf die Entwicklung von CMS 10 und CMS 2 abschließt.

d. Der Kündbare-Zahler-Swap vom 9.11.2006 (Anlage K 21) ist der einzige Vertrag, bei dem für die Klägerin ein Festzins (6,41%) und für die Beklagte ein variabler Zins (3-Monats-Euribor) vorgesehen ist. Die Klägerin weist zwar zutreffend daraufhin, dass dieser Vertrag, der im Rahmen der Umstrukturierung den Kündbaren-Korridor-Swap ersetzen sollte, von der Beklagten ausweislich der email vom 6.11.2006 (Anlage K 20, Bl. 169R AO I) als Risikoreduzierung bezeichnet wurde. Da es sich allerdings um einen Forward-Swap handelt, der erst am 30.1.2014 begann, hätte die Klägerin - was nicht erfolgt ist - vortragen müssen, in welchem Umfang hier tatsächlich eine Risikoerhöhung statt eines Risikoabbaus vorgenommen wurde.

e. Der CHF-Digital-Swap vom 1.3.2007 (Anlage K 25), der am 2.10.2007 (Anlage K 36) und am 24.2.2009 (Anlage K 46) verlängert wurde, ersetzte im Rahmen der Restrukturierung den Kündbaren-Stufen-Swap und wurde in der Präsentation vom 7.2.2007 (Anlage K 22) sowie den emails von 15.2.2007 (Anlage K 23) sowie 28.2.2007 (Anlage K 24) vorgestellt. Das Produktblatt (Bl. 211 AO I) enthält einen verständlichen Hinweis auf das wegen der Wertentwicklung des Schweizer Franken bestehende Risiko. Es ist klar zu erkennen, dass die Klägerin im Saldo einen Zinssatz von 6% zu zahlen hat, wenn der Wechselkurs EUR/CHF außerhalb des vereinbarten Korridors liegt und dass ihr maximal möglicher Gewinn bei günstigem Wechselkursverlauf nur 0,5% beträgt. Auf Seite 5 des Produktblattes (Bl. 213 AO I) ist von einem max. möglichen Verlust von über 4,5 Mio. Euro die Rede - deutlicher ist einem Anleger kaum vor Augen zu führen, dass die von ihm gehaltene Wette auf den Wechselkurs ein erhebliches Risiko beinhaltet. Auch im Vorfeld der ersten Verlängerung des CHF-Digital-Swaps hatte die Beklagte mit email vom 1.10.2007 (Anlage K 35) darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin präferierte Umstrukturierung durch Laufzeitverlängerung eine Risikoausweitung bedeutet.

f. Der Digitale-Differenz-Stufen-Swap vom 18.4.2007 (Anlage K 27) wies im ersten Jahr einen sicheren Gewinn der Klägerin von 0,5% auf. Im Anschluss hingen die Erfolgsaussichten der Klägerin von der Entwicklung des CMS 10 und des 3-Monats-Euribor ab, worauf in der Präsentation vom 17.4.2007 (Anlage K 67) hingewiesen wird. Dort findet sich des weiteren in den Szenarioanalysen (S. 47 f. der Präsentation) ein Hinweis auf einen Nettonachteil von bis zu 1,3 Mio. Euro.

g. Der Digitale-Zins-Umfeld-Swap vom 12.3.2008 (Anlage K 37) wurde in der Präsentation vom 6.3.2008 (Anlage K 68) dargestellt. Hier wird auf das Risiko einer dauerhaften Niedrig- bzw. Hochzinsphase hingewiesen und gleichzeitig betont, dass das Risiko auf einen Zinsmehraufwand von 3,95% begrenzt sei (S. 41 der Präsentation). In der Szenarioanalyse werden - und dies nicht einmal als "worstcase"-Szenario Verluste in Höhe von 595.500 Euro dargestellt.

h. Der CHF-Plus-Swap vom 16.11.2009 (Anlage K 51) wurde in der Präsentation vom 13.11.2009 (Anlage K 50, S. 41) vorgestellt. Es wird auf das Risiko einer Aufwertung des Euro zum Schweizer Franken und auf ein "theoretisch unbegrenztes Risiko" hingewiesen. Die Szenarioanalysen (ab S. 45) weisen mögliche Nettonachteile in Höhe von über 9 Mio. Euro aus.

5. Der Beklagten ist jedoch ein Beratungsfehler insoweit vorzuwerfen, als sie die Klägerin nicht über den unstreitig jedenfalls in Höhe von 2,9% des Bezugsbetrages bei sämtlichen Swap-Verträgen bestehenden anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt hat. In diesem Zusammenhang kann zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird. Ergänzend gilt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beklagten Folgendes:

a. Sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen Swap-Verträge wiesen einen anfänglichen negativen Marktwert auf. Soweit die Beklagte geltend macht, eine solche Feststellung könne ein Gericht nicht aus eigener Sachkunde treffen, sondern es sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich, trifft dies - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht zu: Zum einen war bereits in erster Instanz zwischen den Parteien unstreitig und ist entsprechend im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Swap-Verträge einen anfänglichen negativen Marktwert in Höhe von jedenfalls 2,9% des jeweiligen Bezugsbetrages aufwiesen. Die Beklagte hat die Behauptung der Klägerin, welche von einem noch höheren Wert ausgeht, nur insoweit in Abrede gestellt, als sie die Größenordnung von 2,9%, jedoch keine weiteren Details genannt hat. Darüber hinaus hat die Beklagte im Rahmen der Frage der Kausalität ihrer Pflichtverletzung selbst vorgetragen, dass die Klägerin auch bei Aufklärung über den negativen Marktwert die betreffenden Verträge abgeschlossen hätte, da am Markt überhaupt keine Swap-Verträge ohne einen solchen anfänglichen negativen Marktwert vorhanden seien. Damit räumt die Beklagte aber selbst ein, dass auch die im vorliegenden Fall an die Klägerin verkauften Produkte einen solchen anfänglichen negativen Marktwert aufgewiesen haben.

Soweit die Beklagte sich gegen die Annahme eines anfänglichen negativen Marktwertes insofern wendet, als dieser eine zu Lasten des Kunden verschobene Risikostruktur beinhalte, greift auch dieser Einwand nicht durch: Unstreitig hat die Beklagte ihre Position aus den betreffenden Verträgen unmittelbar nach Vertragsschluss im Rahmen eines Hedgings am Markt weitergegeben. Ein solcher Verkauf einer Risikoposition - noch dazu unter Einrechnung der unstreitig von der Beklagten eingepreisten Gewinnmarge - ist zur Überzeugung des Senats aber nur dann überhaupt möglich, wenn das verkaufte Produkt weitere Merkmale aufweist, die es aus Sicht des Käufers am Interbankenmarkt für einen Ankauf attraktiv erscheinen lassen. Dies kann nur aufgrund einer zu Lasten des Kunden erfolgten Strukturierung des Produktes erfolgen, die zur Folge hat, dass der Markt im Moment des Verkaufs dessen Chancen als schlechter bewertet als die Chancen der Bank, die ihre Vertragsposition zum Verkauf stellt. Genau dies sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) von einem anfänglichen negativen Marktwert gesprochen hat.

b. Soweit die Beklagte geltend macht, bei Swapgeschäften der vorliegenden Art sei der negative Marktwert nicht Ausdruck eines besonderen Interessenkonfliktes, sondern reflektiere nur ihre Gewinnerzielungsabsicht, die sich - unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten - aus der Differenz zwischen ihren "Einstandskonditionen", d.h. dem Wert der Hedgegeschäfte und den Konditionen des Kundengeschäftes ergebe und über die sie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht aufklären müsse, stellt dies ihre grundsätzliche Aufklärungspflicht nicht in Frage. Denn die Beklagte räumt selbst ein, dass der hier vorliegende anfängliche negative Marktwert mehr ist als nur ihre Gewinnmarge, indem sie nämlich ihre Berechnung "unter Außerachtlassung von Kostenkomponenten" anstellt. Was genau diese Kostenkomponenten sind, gibt sie nicht an, so dass davon auszugehen ist, dass in diesen Positionen (auch) diejenigen Abschläge enthalten sind, um die das Produkt zu Lasten des Kunden gegen die Marktmeinung abgewertet werden musste, damit ein Hedging ermöglicht wird. Darüber hinaus ist die Beklagte auch dem Vortrag der Klägerin, wonach das Produkt absichtlich zu Lasten des Kunden strukturiert worden sei, nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat sich lediglich auf die Argumentation zurückgezogen, über ihre Gewinninteressen nicht aufklären zu müssen.

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang weiter darauf abstellt, dass sich die Bedeutung des anfänglichen negativen Marktwertes in der Aussage erschöpfe, dass der Kunde bei einer sofortigen Loslösung vom Geschäft einen Verlust erleide, der den Kosten und dem Gewinn der Bank entspricht und nicht Ausdruck von ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken sei, ist dies unerheblich. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) dargelegt hat, hat der anfängliche negative Marktwert eine weitergehende Bedeutung als ein reines Gewinninteresse der Bank, welches sich im Falle einer sofortigen Auflösung des Geschäftes für den Kunden (negativ) realisiert, was im Übrigen bei nahezu jedem Bankprodukt der Fall ist. Es wird auch entgegen der Ansicht der Beklagten von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht verlangt, dass der negative Marktwert die ungleich verteilten Gewinnchancen bzw. Verlustrisiken von Kunde und Bank während der gesamten Laufzeit des Swaps widerspiegelt. Vielmehr wird ihm nur eine Aussage dahingehend beigemessen, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen zwischen Bank und Kunde ungleich verteilt sind. Eine Prognose über den weiteren Verlauf des Geschäftes dürfte damit allenfalls insoweit verbunden sein, als der Kunde in das Geschäft gleichsam mit einem Negativsaldo startet.

c. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Rechtsprechung des BGH zur Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert (vgl. Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR ZR 33/10) jedenfalls auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, weil die mit der Klägerin geschlossenen Verträge nicht so komplex ausgestaltet gewesen seien, wie der der BGH-Entscheidung zugrunde liegende CMS-Spread-Ladder-Swap, führt dies zu keiner abweichenden Bewertung:

Die Pflicht der Beklagten zur Aufklärung des Anlegers über einen anfänglichen negativen Marktwert besteht unabhängig von der Komplexität des konkreten Produktes. Die Komplexität des empfohlenen Anlageproduktes und die daraus folgenden Risiken für den Anleger spielen lediglich bei der Beurteilung der Frage eine Rolle, ob die Bank die Risikobereitschaft des Anlegers hinreichend ermittelt bzw. sich vor der Anlageentscheidung Gewissheit verschafft hat, dass der Kunde die konkreten Risiken in jeder Hinsicht verstanden hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 23 ff.). Neben dieser Verpflichtung zur Ermittlung der Risikobereitschaft des Kunden steht jedoch als eigenständige Verpflichtung die der Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 31 ff.). Diese Pflicht resultiert aus dem schwerwiegenden Interessenkonflikt der beratenden Bank, die auf der einen Seite eine allein am Kundeninteresse ausgerichtete Empfehlung abzugeben hat und auf der anderen Seite als Partnerin der Zinswette eine Rolle einnimmt, welche den Interessen des Kunden gerade entgegengesetzt ist. Wird dann die Anlage für den Kunden in einer Art und Weise strukturiert, dass der Markt seine Risiken negativer bewertet als die der Bank, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass die Bank ihre Position in dieser Wette durch Hedge-Geschäfte an andere Marktteilnehmer weitergeben kann, dann besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt.

Es kommt damit im vorliegenden Fall weder darauf an, ob sich die mit der Klägerin abgeschlossenen Verträge - soweit sie Gegenstand des Rechtsstreits sind - auf ein Anlageprodukt beziehen, welches eine mit einem CMS Spread Ladder Swap vergleichbare Komplexität aufweist, noch kommt es darauf an, ob die Klägerin aufgrund eigener Sachkunde in der Lage war, die konkrete Wirkungsweise und die Risiken dieses Anlageproduktes zu verstehen. Entscheidend ist vielmehr, dass die von der Beklagten verkauften Produkte einen anfänglichen negativen Marktwert aufweisen, aufgrund dessen die Beklagte ihre Vertragsposition sofort durch ein Hedge-Geschäft weitergeben und dadurch ihre Kosten decken sowie Gewinn erzielen konnte, was im vorliegenden Fall auch geschehen ist.

Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht entnehmen, dass eine Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert nur dann zu erfolgen hat, wenn die Verlustrisiken für den Anleger unbegrenzt sind. Vielmehr ist die Verpflichtung zur Aufklärung über den negativen Marktwert als unabhängige und eigenständige Pflicht aufzufassen, die für sich - und unabhängig von der Höhe des möglichen Verlustes - verletzt werden kann. Aus diesem Grunde konnte es der BGH in der vorgenannten Entscheidung auch offen lassen, ob die Pflicht zur Aufklärung über das unbegrenzte Risiko verletzt war, was ansonsten eine Zurückverweisung und Sachaufklärung durch das Berufungsgericht erfordert hätte.

d. Die Aufklärungspflicht der Beklagten hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes scheitert im vorliegenden Fall auch nicht daran, dass die von der Klägerin abgeschlossenen Verträge nicht als reines Spekulationsgeschäft (Zinswette), sondern im Hinblick auf ein Grundgeschäft zur Zinsoptimierung abgeschlossen wurden.

aa. Der Entscheidung des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) lässt sich keine hinreichend deutliche Aussage dazu entnehmen, dass die Aufklärungspflicht hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes auf reine Spekulationsgeschäfte beschränkt werden sollte. Zum einen lag der betreffenden Entscheidung gerade eine Fallgestaltung mit einem solchen Grundgeschäftsbezug zugrunde, weil die dortige Klägerin - nach ihrem Vortrag - die Verträge als Sicherungsgeschäft im Hinblick auf einen variabel verzinslichen Kredit abgeschlossen hatte (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 26). Darüber hinaus sprechen weitere Erwägungen dafür, dass der XI. Zivilsenat die von ihm postulierte Beratungspflicht nicht auf die Fallgestaltung des reinen Spekulationsgeschäftes beschränken wollte:

Der BGH stellt in der betreffenden Entscheidung maßgeblich darauf ab, dass die Integrität der Beratungsleistung einer Bank dadurch in Zweifel gezogen wird, dass sie sich ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach den Berechnungsmethoden überwiegendes Verlustrisiko des Kunden "abkaufen" lässt, das dieser gerade aufgrund ihrer Anlageentscheidung übernommen hat (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 36). Es ist nicht ersichtlich und wird vom XI. Senat im Zusammenhang mit der Frage der Integrität der Beratungsleistung auch nicht problematisiert, dass ein solches Verlustrisiko dann nicht besteht und daher der "Verkauf" dieses Risikos durch die Bank keinen Zweifel an ihrer Integrität weckt, wenn der Kunde einen Swap-Vertrag mit dem Ziel abschließt, die bestehende Zinsbelastung aus einem Grundgeschäft zu verringern. Auch in solchen Fällen nutzt die Bank ihren Wissensvorsprung bzw. die von ihr vorgenommene Strukturierung des Anlageproduktes aus, um im Rahmen des Hedge-Geschäfts einen unmittelbaren Gewinn zu erzielen, während der Kunde den von ihm übernommenen Risiken des Swaps über die gesamte Vertragslaufzeit ausgesetzt ist, mag dieses Risiko auch im Einzelfall durch die konkrete Vertragsgestaltung gedeckelt sein.

Weiter unterliegt nach den Ausführungen des BGH nicht die Gewinnerzielungsabsicht der Bank als solche einer Aufklärungspflicht, da sie bei Eigengeschäften für den Anleger offenkundig ist. Zu einer Aufklärungspflicht führt allein die Besonderheit des von der Bank konkret empfohlenen Produktes (BGH, Urt. v. 22.3.2011 - XI ZR 33/10, juris Rn. 38). Auch an dieser Stelle stellt der BGH also nicht ausdrücklich auf einen (fehlenden) Grundgeschäftsbezug ab, sondern vielmehr auf die Besonderheiten des konkret empfohlenen Produktes, dessen zu Lasten des Kunden gestaltete Risikostruktur, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss weitergegeben wurde, einen besonderen und damit aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt begründet. Es ist wiederum nicht ersichtlich, warum sich dieser Interessenkonflikt, in dem sich die Bank aufgrund der von ihr veranlassten internen Maßnahmen (Strukturierung des Anlageproduktes) befindet, in solchen Fällen nicht zeigen soll, in denen die Bank das Anlageprodukt nicht zu Spekulationszwecken des Kunden, sondern in Bezug auf dessen Zinsoptimierungswünsche hinsichtlich eines Grundgeschäfts anbietet.

Soweit Schmieder (WuB I G 1. - 16.12) schließlich unter Bezugnahme auf die vorgenannte Entscheidung des BGH eine Aufklärungspflicht nur bei Swap-Geschäften bejaht, die nicht zur Absicherungszwecken, sondern allein zu Spekulationszwecken geschlossen werden, wird eine überzeugende Begründung für dieses Abgrenzungskriterium nicht angeführt. Dies gilt umso mehr, als ihrer Ansicht nach die Aufklärungspflicht auch bei solchen auf spekulativer Basis abgeschlossenen Swap-Verträgen gelten soll, die einfach strukturiert sind oder bei denen der Kunde mit steigenden Zinsen rechnet und daher unter Verzicht auf die Chance zukünftig geringerer Zinsen einen Festzins zu zahlen hat. Gerade in der zweiten Fallgestaltung dürfte vielmehr schon fraglich sein, inwiefern überhaupt ein Wettcharakter vorliegt, bei dem sich die Bank und der Kunde im Sinne gegenläufiger Interessen gegenüberstehen und damit generell der Anwendungsbereich der "Aufklärungspflicht aufgrund Interessenkonfliktes" eröffnet ist.

bb. Unabhängig davon, dass sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung demnach kein hinreichend deutlicher Hinweis auf das Abgrenzungskriterium "fehlendes Grundgeschäft" entnehmen lässt, hält der Senat eine solche Differenzierung bei der Frage einer Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert auch nicht für gerechtfertigt.

Zwar ist nicht in Abrede zu stellen, dass sich der Kunde, dem die Bank ein Swap-Geschäft zur "Zinsoptimierung" eines mit ihr bestehenden Grundgeschäftes empfiehlt, des Gewinninteresses der Bank bei diesem Vertrag bewusst ist. Denn letztlich bietet ihm die Bank eine Möglichkeit an, der als unzureichend empfundenen Zinsstruktur des Grundgeschäftes (z.B. Festzins bei sinkenden Marktzinsen oder variabler Zins bei Bedürfnis nach gleichbleibender Belastung ohne Abweichungsrisiko) zu entkommen. Dass sie dies nicht ohne ein eigenes Gewinninteresse tut, liegt auf der Hand, weil ansonsten statt des Swap-Vertrages schlicht eine Abänderung der Zinskonditionen des Grundgeschäftes hätte erfolgen können. Allein dieses Gewinninteresse der Bank ist jedoch nicht der Kerngehalt des anfänglichen negativen Marktwertes, so dass eine Aufklärungspflicht der Beklagten trotzdem zu bejahen ist:

Entscheidend für die Pflicht zur Aufklärung über einen bestehenden Interessenkonflikt ist die Erwägung, dass die Bank das empfohlene Produkt nicht nur vertreibt, sondern zugleich als Gegenpartei des Geschäfts in Erscheinung tritt. Dabei geht der Kunde aufgrund der Ausgestaltung des konkreten Swap-Vertrages bzw. dessen Wettcharakter berechtigterweise davon aus, dass sowohl er als auch die Bank ein gleiches Risiko hinsichtlich der Zins- bzw. Währungsentwicklung tragen. Damit ist nicht gemeint, dass die künftige Entwicklung dieser Variablen vorhersehbar ist und als gleichrangig eingestuft wird, sondern lediglich, dass die jeweilige Ausgangsposition von Kunde und Bank im Rahmen der Wette gleichartig ist. Dieser berechtigten Erwartung des Kunden wird aber dann nicht entsprochen, wenn die Bank die Risikostruktur des Swap-Vertrages so zu Lasten des Kunden gestaltet, dass der Markt die Anfangschancen des Kunden negativer beurteilt als die der beratenden Bank und daher objektiv gesehen die beiden Wettpartner gerade keine gleichartige Ausgangsposition haben. Dass die Bank diesen Vorteil ausnutzt, um in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Vertragsschluss gewinnbringende Hedge-Geschäfte zu schließen, was ihr nur dann möglich ist, wenn sie ihre eigene Gewinnmarge neben anderen Kostenkomponenten in den anfänglich negativen Marktpreis "einpreist", führt zu einer Konstellation, die nicht mehr als "faire Wette" bezeichnet werden kann. Denn die Bank hat in diesen Fällen durch das Hedge-Geschäfte ihren Gewinn bereits realisieren und sich des künftigen Zins- bzw. Marktrisikos entledigen können, bevor der Vertrag überhaupt durchgeführt wurde.

Entscheidender Anknüpfungspunkt für die Bejahung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist daher, dass sich bei einem mit gegenläufigen Interessen der Bank bzw. des Kunden ausgestalteten Swap-Vertrag die beiden Partner im Rahmen einer Wette auf die künftige Zins- bzw. Währungsentwicklung gegenüberstehen. Ob zu diesem Vertrag ein Grundgeschäft besteht, dessen Zinsbelastung der Kunde möglicherweise optimieren will, kann bei der Frage der Aufklärungspflicht keine Rolle spielen. Denn auch bei bestehendem Grundgeschäft kann ein Kunde berechtigterweise erwarten, über eine zu seinen Lasten erfolgte Strukturierung des Anlageproduktes durch seinen "Wettgegner", welche diesem einen unmittelbaren Gewinn aus dem Anlagevertrag sowie die Weitergabe des Risikos ermöglicht, informiert zu werden, wenn dieser Gegner gleichzeitig der Vertragspartner seines Anlageberatungsvertrages ist. Es würde auch eine ungerechtfertigte Schlechterstellung desjenigen Kunden nach sich ziehen, der bei der betreffenden Bank bereits mit einem bestimmten Kreditvolumen involviert ist, wenn seine Aufklärung über die tatsächlichen Parameter einer Wette auf die Zins- bzw. Währungsentwicklung nach anderen Maßstäben zu erfolgen hätte als diejenige eines (Neu-) Kunden, der ein reines Spekulationsgeschäft abschließt. Denn auch derjenige Kunde, der den Swap-Vertrag nicht zu reinen Spekulationszwecken, sondern zur Zinsoptimierung eines Grundgeschäfts abschließt, darf davon ausgehen - ohne die Gewinninteressen der Bank in Abrede zu stellen - dass diese ihm im Rahmen der gewünschten Zinsoptimierung jedenfalls kein Produkt empfiehlt, welches sie vorher in ihrem eigenen Gewinn- und Absicherungsinteresse einer bestimmten Ausgestaltung unterworfen und damit die gleichartige Ausgangsposition der Wette zu ihren Gunsten heimlich verändert hat.

Die Entscheidungen des Senats vom 18.1.2012 (13 U 37/11, 13 U 232/10 und 13 U 236/10) stehen den vorstehenden Erwägungen nicht entgegen. Denn es war in diesen Fällen eben nicht unstreitig, dass das Anlageprodukt einen anfänglichen negativen Marktwert aufwies und die beklagte Bank ihren "Gewinn" aus einem (unterstellten) negativen Marktwert tatsächlich bereits durch ein Hedge-Geschäft realisiert hatte. Auch mit der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 27.6.2012 (9 U 140/11, WM 2012, 1829) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Insofern kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Ansicht des OLG Stuttgart zu folgen ist, dass eine Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert dann entfällt, wenn der Kunde eigenverantwortlich beurteilen kann, ob eine mit einem Swap-Vertrag getroffene Festzinsvereinbarung marktgerecht ist und seinen Sicherungsinteressen entspricht. Denn im dort entschiedenen Fall bestand das Grundgeschäft in einem variabel verzinsten Darlehen, welches mittels Swap-Vertrag in eine Festzinsvereinbarung umgewandelt wurde war. Bei dieser Konstellation hat das OLG Stuttgart zutreffend die Ansicht vertreten, dass es sich bei dem konkreten Swap-Vertrag nicht um eine Zinswette der Bank gegen den Kunden handelte, sondern der Kunde vielmehr nur bewusst auf die Ertragschancen, die sich aus einem künftig sinkenden variablen Zins des Grundgeschäftes ergeben hätten, verzichten würde.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hätte die Klägerin durch die Beklagte bei Abschluss der Swap-Verträge über die anfänglichen negativen Marktwerte aufgeklärt werden müssen. Denn die Interessen der Parteien waren im Rahmen des CHF-Plus-Swap (Wette auf Wechselkurs EUR/CHF), des Kündbaren Zahlerswap (Wette auf den 3-Monats-Euribor) sowie des Digitalen Zinsumfeldswap (Wette auf CMS10 und 3-Monats-Euribor) entgegengesetzt. Die mit der Klägerin geschlossenen Verträge waren damit "Wetten" im Sinne der BGH-Rechtsprechung. Denn in sämtlichen Fällen wetten die Parteien auf eine bestimmte Entwicklung des Marktes und eine damit verbundene Entwicklung bestimmter Indizes. Bei einer bestimmten Wertentwicklung ist das Geschäft für die Klägerin ein Erfolg, weil ihre Zinszahlung geringer ist als der Betrag, den sie von der Beklagten empfängt, bei anderen Wertentwicklungen ist es umgekehrt.

cc. Soweit die Beklagte behauptet, dass sie bereits zu Beginn der Geschäftsbeziehung der Klägerin erläutert habe, sie verdiene nicht an der Gegenposition im Rahmen des Wettgeschäftes, sondern erziele ihren Verdienst durch Einrechnung einer Marge in die Konditionen der Geschäfte, die "am Interbankenmarkt durchgehandelt" würden, ist dies zum einen von der Klägerin bestritten worden, die darlegt, dass die Stellung als Intermediär erst in späteren Gesprächen erwähnt wurde und reicht zum anderen nicht als Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert aus. Denn dieser zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er nicht allein das Gewinninteresse der Bank widerspiegelt, sondern darüber hinaus eine bewusste Strukturierung des Anlageproduktes symbolisiert, aufgrund derer der Markt im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Chancen für den Kunden schlechter einstuft als die Chancen der Bank. Die Beklagte behauptet aber selbst nicht, über diesen Umstand aufgeklärt zu haben. Insofern ist es auch unerheblich, ob und seit wann die Klägerin von der Gewinnerzielungsabsicht der Beklagten durch die Weitergabe der Vertragsposition am Interbankenmarkt wusste. Allein der Umstand, dass die Klägerin möglicherweise von der Weitergabe des Vertrages im Rahmen eines Hedgings gewusst hat, vermittelt ihr noch nicht die Kenntnis über die zu ihren Lasten erfolgte Strukturierung des Produktes.

Zwar ist bei denjenigen Swap-Verträgen, die im Rahmen der Umstrukturierung abgeschlossen wurden, zugunsten der Beklagten eine Kenntnis der Klägerin davon zu unterstellen, dass das Neugeschäft aufgrund der Einpreisung des bei Auflösung des Erstgeschäfts ersparten Auflösungspreises von vornherein "zu teuer" war. Auch dieser Umstand ersetzt jedoch nicht die geschuldete Aufklärung, denn der anfängliche negative Marktwert im Sinne der Rechtsprechung des BGH bedeutet, dass das Produkt bewusst so gestaltet wurde, dass der Markt die Risiken für den Kunden schlechter bewertet. Diese Kenntnis hat die Klägerin auch dann nicht, wenn sie weiß, dass sie an die Beklagte deshalb einen Aufschlag zahlt, weil diese in die Beendigung eines anderen Geschäfts ohne Ausgleich der aus diesem Vertrag fälligen Zahlungen eingewilligt hat.

6. Die unterbliebene Aufklärung der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert der streitgegenständlichen Swap-Verträge war auch kausal für den bei der Klägerin eingetretenen Vermögensschaden. Denn die Beklagte hat keine schlüssigen Tatsachen vorgetragen, die zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens der Klägerin führen. Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten geltend gemachten Umstände, dass nämlich zum einen der Klägerin das Verdienstinteresse der Beklagten an den fraglichen Geschäften bewusst gewesen sei und diese zum anderen unter keinen Umständen die durch die ersten Geschäfte eingetretenen Verluste liquiditätswirksam habe realisieren wollen, rechtfertigen keine Vernehmung der insoweit benannten Zeugen N oder Ufer. Denn selbst wenn man diesen Vortrag der Beklagten zu ihren Gunsten als wahr unterstellt, genügt er nicht zur Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens:

a. Die Kenntnis des Gewinninteresses der Beklagten konnte der Klägerin keinen Aufschluss über die Bedeutung des negativen Marktwertes geben, die darin liegt, dass die Bank - obwohl als Beraterin ausschließlich dem Kundeninteresse verpflichtet - gegenläufige Interessen verfolgt und das Produkt bewusst so strukturiert hat, das der Markt die Chancen und die Position des Kunden schlechter bewertet als diejenigen der Bank und sie deshalb in der Lage ist, sich das Risiko sofort durch ein Gegengeschäft mit Gewinn abkaufen zu lassen. Der darin liegende besondere Interessenkonflikt, insbesondere der aus der bewussten Strukturierung folgende Marktbezug, bleibt dem Kunden - hier der Klägerin - ersichtlich auch bei Kenntnis vom allgemeinen Gewinninteresse verborgen. Insofern kann die Kenntnis eines solchen Gewinninteresses auch nicht indizieren, dass sich die Klägerin auf die streitgegenständlichen Geschäfte auch bei Offenlegung des Marktwertes und seiner Bedeutung eingelassen hätte.

b. Der Wunsch der Klägerin, bei Abschluss der Restrukturierungsgeschäfte liquiditätswirksame Verluste aus politischen und/oder haushaltsrechtlichen Gründen zu vermeiden, spricht zwar zunächst für die von der Beklagten behauptete "Alternativlosigkeit" des Verhaltens der Klägerin, das damit auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert erfolgt wäre. Eine solche Sichtweite lässt jedoch unzulässigerweise außer Acht, dass die Verluste, deren Realisierung die Klägerin vermeiden wollte, jeweils aus Vorgängergeschäften resultierten, bei denen die Klägerin ebenfalls nicht von der Beklagten über den anfänglichen negativen Marktwert aufgeklärt worden war. Wäre sie bei den drei Erstgeschäften im September 2005 (Kündbarer-Stufen-Swap vom 9.9.2005 und Kündbarer-Korridor-Swap vom 19.9.2005) bzw. Januar 2006 (Differenz-Swap vom 24.1.2006) ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte sie - dies folgt aus der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, denen die Beklagte insoweit allein den untauglichen Einwand des allgemeinen Verdienstinteresses entgegensetzen kann - schon diese gar nicht geschlossen und es wären auch die Verluste nicht entstanden, die zum Abschluss der Folgegeschäfte geführt haben. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin aus den drei Erstgeschäften verjährt sind und damit nicht mehr durchgesetzt werden können. Dies hindert jedoch nicht, bei der Prüfung, ob die Beklagte hinreichende Indizien für eine Kausalitätswiderlegung im Rahmen der streitgegenständlichen Geschäfte vorgetragen hat, die von ihr selbst durch eine frühere Pflichtverletzung geschaffene und zu verantwortende tatsächliche Situation zu berücksichtigen. Letztlich verstieße die Beklagte bei dem von ihr vorgetragenen alternativen Geschehensverlauf auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB): Bei der Frage, wie sich ein Anleger bei ordnungsgemäßer Aufklärung verhalten hätte, kann lediglich auf diejenige Entscheidung abgestellt werden, die der Anleger autonom aus freien Stücken, allein unter Zugrundelegung von in seiner Sphäre liegenden Umständen getroffen hätte. Dies kann durchaus auch zu der von der Beklagten hier postulierten "Alternativlosigkeit" der konkreten Anlageentscheidung führen, wenn beispielsweise steuerliche Erwägungen eine so herausragende Rolle spielen, dass der Anleger demgegenüber hohe Risiken oder eine bewusste Strukturierung der Anlage in Kauf nimmt. Dabei handelt es sich jedoch um tatsächliche oder vermeintliche Sachzwänge, die allein vom Verhalten des Anlegers herrühren bzw. von ihm beeinflusst wurden. Im vorliegenden Fall ist es dagegen so, dass die Beklagte durch ihre Pflichtverletzungen, nämlich die schon bei den Erstgeschäften unterlassene Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert, überhaupt erst den Zustand der "Alternativlosigkeit" der Restrukturierungsverträge auf Seiten der Klägerin verursacht hat, so dass die Klägerin eben nicht allein aus autonomen Motiven handelte, sondern (zumindest auch) aufgrund der durch die Beklagte verursachten Zwangslage.

7. Zutreffend hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung ein Verschulden der Beklagten bejaht, da sie nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB schlüssig dargelegt hat, dass sie die Pflichtverletzung gegenüber der Klägerin nicht zu vertreten hat. Dies wird von der Beklagten mit der Berufung auch nicht angegriffen.

8. Zutreffend hat das Landgericht des Weiteren ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB verneint. Dies gilt - entgegen den Ausführungen der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung vom 11.7.2013 - unabhängig davon, ob die Frage eines haftungsausschließenden oder nur eines anspruchsmindernden Mitverschuldens der Klägerin im Raume steht.

a. Soweit die Beklagte behauptet, die Klägerin habe seit Juni 2007 von der angeblichen kommunalrechtlichen Unzulässigkeit bzw. Risikogeneigtheit der Produkte in Widerspruch zu ihren angeblichen Anlagezielen gewusst und trotzdem zur Vermeidung jedweder Verlustrealisierung weiter investiert, anstatt die betreffenden Geschäfte zu beenden, rechtfertigt dieser Vortrag - zugunsten der Beklagten als zutreffend unterstellt - weder einen Ausschluss noch eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs der Klägerin nach § 254 Abs. 1 BGB.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Aufklärungspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe auf die Auskunft nicht vertrauen dürfen. Die von diesem Grundsatz gemachten Ausnahmen (z.B. zur Vorsicht mahnende Art und Weise des Beratungsgespräches, sorgfaltswidrig nicht verwertete weitere Informationsquellen, offensichtlich lückenhafte Informationen des Beraters) sind im vorliegenden Fall nicht gegeben und werden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Sie stützt sich vielmehr auf die Erwägung, dass es im Rahmen einer Schadensteilung nach § 254 Abs. 1 BGB zulässig sei, ein Verschulden des Geschädigten gegen sich selbst zu berücksichtigen, welches mit dem Vertrauen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Beratung nichts zu tun habe, sondern eigenständig zu bewerten sei. Anknüpfungspunkt sei dabei, dass die Klägerin, als sie die Gefährlichkeit bzw. Ungeeignetheit der bereits abgeschlossenen Produkte und deren negativen Verlauf erkannt habe, nicht sämtliche Verträge beendet, sondern mit weiterem Risiko Ersatzverträge abgeschlossen habe. Mit dieser Argumentation kann die Beklagte jedoch nicht durchdringen:

Hinsichtlich der im Zeitraum vor Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist ein Mitverschulden der Klägerin schon deshalb nicht ersichtlich, weil nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis der Klägerin bzw. noch nicht einmal ein Problembewusstsein dahingehend bestand, dass die abgeschlossenen Verträge möglicherweise haushaltsrechtlich unzulässig sind und daher deren Auflösung betrieben werden muss. Hinsichtlich der im Zeitraum ab Juni 2007 getätigten Abschlüsse ist unstreitig, dass es sich um Verträge handelte, welche die Beklagte der Klägerin in der konkreten Situation empfohlen hat. Zwar hat die Beklagte ihre Empfehlungen jeweils unter den Vorbehalt der "eigenen Zinsmeinung" der Klägerin gestellt, doch letztlich ebenso deutlich gemacht, dass sie die Produkte generell als für die konkreten Zwecke der Klägerin geeignet ansah. Dann ist es unzulässig, im Nachhinein den Vorwurf eines Verschuldens der Klägerin gegen sich selbst aus dem Umstand herzuleiten, dass die Klägerin nicht - unter Missachtung der mit der Anlageempfehlung verbundenen Einschätzung der Beklagten - eine kommunalrechtliche Prüfung veranlasst hat, um die vermeintliche Rechtswidrigkeit derjenigen Anlageempfehlung festzustellen, der sie eigentlich vertrauen können sollte.

b. Auch soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Klägerin sei ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, da ihr nach eigenem Vortrag für eine eigenständige Einarbeitung in die Materie der Swap-Verträge weder das erforderliche Personal noch die erforderliche Zeit zur Verfügung gestanden habe, liegt darin kein Mitverschulden der Klägerin an der Entstehung des Schadens. Die Klägerin hat sich gerade deshalb einer Beratung der Beklagten bedient, weil diese über entsprechendes Personal mit Fachwissen und Fähigkeiten verfügte. Wenn sich nun die Beklagte mit dem Argument zu entlasten versucht, dass sich die Klägerin bei Vornahme der Anlageentscheidungen nicht auf einem hinreichenden Wissens- und Kenntnisstand befunden hat, dann belegt dies nur eine unzureichende Beratung, nicht jedoch ein Mitverschulden der Klägerin. Die Beklagte behauptet zudem auch nicht, dass die Klägerin den konkreten Beratungsfehler, nämlich die fehlende Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert mit entsprechendem Personal und Zeit für eine Einarbeitung hätte erkennen können.

9. Der der Klägerin durch die Pflichtverletzung der Beklagten entstandene Schaden beläuft sich auf einen Betrag von 1.357.435,82 Euro, nämlich einem Verlust in Höhe von 132.750 Euro aus dem Digitalen-Zinsumfeld-Swap vom 12.3.2008 sowie einem Verlust in Höhe von 1.224.685,82 Euro aus dem CHF-Plus-Swap vom 16.11.2009.

a. Soweit die Klägerin zunächst mit der Berufung ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag hinsichtlich einer weiteren Schadensersatzforderung von 18.271,20 Euro aus dem CHF-Digital-Swap vom 24.2.2009 weiter verfolgte, ist dieser Anspruch durch den mit Schriftsatz vom 4.6.2014 insoweit erklärten Teilklageverzicht hinfällig geworden.

b. Die Klägerin muss sich die Auflösungspreise, die im Rahmen der Restrukturierung an die Beklagte zu zahlen gewesen wären, nicht als ersparte Aufwendung im Wege des Vorteilsausgleichs auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen. Zwar wurde unstreitig am 1.3.2007 bei Auflösung des Kündbaren-Stufen-Swap und Abschluss des ersten CHF-Digital-Swap ein Betrag in Höhe von 1.899.851,00 Euro sowie am 12.3.2008 bei Auflösung des Digitalen-Differenz-Stufen-Swap und Abschluss des Digitalen-Zins-Umfeld-Swap ein Betrag in Höhe von 157.000 Euro der Klägerin nicht in Rechnung gestellt. Jedoch löst dies keine Vorteilsausgleichung zu Lasten der Klägerin aus:

Eine Vorteilsausgleichung findet statt, wenn das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis dem Geschädigten neben Nach- auch Vorteile gebracht hat, die in einem adäquaten Kausalzusammenhang stehen und deren Anrechnung Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (vgl. BGH, Urt. v. 12. 11.2009 - VII ZR 233/08 m.w.N.). Es fehlt unter Beachtung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall schon an einem Vorteil der Klägerin, den sie sich auf ihren Schadensersatzanspruch anrechnen lassen müsste. Die Auflösungspreise für die beendeten Swaps sind der Klägerin unstreitig nicht ausgezahlt oder auf andere Art und Weise gut gebracht worden. Vielmehr sind sie in das Folgegeschäft eingerechnet worden, welches aus diesem Grunde für die Klägerin entsprechend teurer wurde. Der einzige wirtschaftliche Vorteil der betreffenden Vorgehensweise für die Klägerin lag darin, dass die betreffenden Summen nicht am Stichtag der Auflösung bilanzschmälernd an die Beklagte ausgezahlt werden mussten, sondern dass diese Verluste im Rahmen der weiteren Verträge gleichsam fortgeschrieben wurden. Der darin möglicherweise liegende Zinsvorteil für die Klägerin wird von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht substantiiert dargelegt.

10. Die Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen unterlassener Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert bei Abschluss der Verträge über den Digitalen-Zinsumfeld-Swap vom 12.3.2008 sowie den CHF-Plus-Swap vom 16.11.2009 sind nicht verjährt. Eine Verjährung nach dem mit Ablauf des 4.8.2009 außer Kraft getretenen § 37a WpHG a.F. scheidet hinsichtlich der Ansprüche aus dem CHF-Plus-Swap aus, weil der Vertrag am 16.11.2009 und damit nach dem 4.8.2009 geschlossen wurde. Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Digitalen-Zinsumfeld-Swap hält die Beklagte die Einrede der Verjährung ausweislich ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.2012 nicht mehr aufrecht. Auch eine Verjährung nach §§ 195, 199 BGB kommt nicht in Betracht, weil die betreffenden Verträge erst in den Jahren 2008 bzw. 2009 abgeschlossen wurden und die damit frühestens am 31.12.2008 bzw. 31.12.2009 beginnende dreijährige Verjährungsfrist bei Klageerhebung am 17.11.2011 noch nicht abgelaufen war.

III. Die Klägerin hat weiter einen Anspruch auf Feststellung gegen die Beklagte, dass dieser keine weiteren Ansprüche aus dem CHF-Plus-Swap, dem Digitalen-Zinsumfeld-Swap sowie dem Kündbaren-Zahler-Swap zustehen. Denn bei Abschluss dieser Verträge hat die Beklagte jeweils schuldhaft die Aufklärung hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes unterlassen, wodurch sie daran gehindert ist, künftig Forderungen aus diesen Verträgen gegen die Klägerin geltend zu machen.

Im Einzelnen:

1. Die Beklagte kann gegen die Klägerin aus dem CHF-Plus-Swap vom 16.11.2009 keine Ansprüche mehr geltend machen, weil die Pflichtverletzung der Beklagten - wie oben bereits dargelegt - für den Vertragsschluss kausal geworden ist. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung das betreffende Geschäft abgeschlossen hätte, um eine Realisierung der bereits eingetretenen Verluste zu vermeiden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist - wie bereits oben dargelegt - weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.

2. Die Beklagte kann des Weiteren auch aus dem Digitalen-Zinsumfeld-Swap vom 12.3.2008 keine weiteren Ansprüche mehr gegen die Klägerin geltend machen. Auch insoweit ist die Pflichtverletzung der Beklagten - wie oben bereits dargelegt - für den Vertragsschluss kausal geworden. Der aus dieser Pflichtverletzung der Beklagten folgende Anspruch der Klägerin auf Freistellung aus allen Verpflichtungen des betreffenden Vertrages ist - wie bereits oben dargelegt - weder nach § 37a WpHG a.F. noch nach §§ 195, 199 BGB verjährt.

3. Die Beklagte kann schließlich auch aus dem Kündbaren-Zahler-Swap vom 9.11.2006 keine weiteren Forderungen mehr gegen die Klägerin geltend machen, so dass die Berufung der Klägerin insoweit Erfolg hat und das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern ist.

a. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus dem Beratungsvertrag mit der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie diese nicht über das Vorliegen des anfänglichen negativen Marktwertes aufgeklärt hat. Diese Pflichtverletzung ist für den schadensbegründenden Vertragsschluss auch kausal geworden, weil sich die Klägerin bei Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 noch nicht in der für sie als solche empfundenen Zwangslage befand, in der sie die Realisierung von Verlusten unbedingt vermeiden wollte und daher kein Indiz dafür vorliegt, dass sie ihre Anlageentscheidungen auch bei ordnungsgemäßem Hinweis auf den anfänglichen negativen Marktwert in gleicher Weise getroffen hätte. Grundsätzlich steht der Klägerin damit aus § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch zu, von allen weiteren Verpflichtungen aus dem betreffenden Vertrag mit der Beklagten freigestellt zu werden.

b. Ob dieser Anspruch der Klägerin wegen Ablaufs der 3-Jahres-Frist bei Klageerhebung bereits nach § 37a WpHG a.F. verjährt war, weil die Verjährungsfrist bereits mit dem Vertragsschluss und nicht erst mit dem Fixing der gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zum Quartal bzw. Halbjahr (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8.3.2005 - XI ZR 170/04, NJW 2005, 1579) zu laufen begann oder ob der Beklagten eine bedingt vorsätzliche Pflichtverletzung im Sinne eines vorsätzlichen Organisationsverschuldens (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298) vorzuwerfen und damit noch keine Verjährung eingetreten ist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn selbst wenn der Schadensersatzanspruch der Klägerin bereits verjährt sein sollte, könnte sie ihn der Beklagten im Rahmen der weiteren Vertragserfüllung einredeweise entgegenhalten und damit dem geltend gemachten Feststellungsantrag zum Erfolg verhelfen.

aa. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass die Klägerin gegenüber den Ansprüchen der Beklagten aus dem Kündbaren-Zahler-Swap ab Januar 2014 (Zahlung eines Festzinses in Höhe von 6,41% auf einen anfänglichen Bezugsbetrag von 3.779.573,89 Euro) nicht mit einem verjährten Anspruch aufrechnen kann. Der Aufrechnung steht zwar nicht entgegen, dass die Forderung der Klägerin bei Abgabe der Aufrechnungserklärung mit Schriftsatz vom 30.4.2012 (Bl. 418 GA) bereits verjährt war (vgl. BGH, Beschl. v. 20.6.1951 - GSZ 1/51; Palandt/Grüneberg, BGB, § 387 Rn. 3 und § 388 Rn. 1), da die Verjährung einer Gegenforderung gemäß § 215 BGB die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn sie in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem sie der Hauptforderung erstmals aufrechenbar gegenübergestanden hat (BGH, Urt. v. 8.11.2011 - XI ZR 341/10). Es fehlt allerdings auch im rückbezogenen Zeitpunkt an aufrechenbaren Gegenansprüchen der Klägerin: Der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aufgrund der unterlassenen Aufklärung über den anfänglichen negativen Marktwert entstand bei Abschluss des Vertrages über den Kündbaren-Zahler-Swap in Gestalt eines Freistellungsanspruchs, mit dem nicht aufgerechnet werden konnte. Erst mit der jeweiligen Anforderungen von Leistungen durch die Beklagte wandelte sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch um (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2009 - XI ZR 252/08, juris Rn. 46), was erst mit der ersten Leistung an die Beklagte, also am 30.4.2014 der Fall sein konnte. Zu diesem Zeitpunkt war der Schadensersatzanspruch jedoch bereits verjährt.

bb. Die Klägerin kann ihren verjährten Schadensersatzanspruch der Beklagten jedoch nach § 215 BGB im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts entgegenhalten, was im Ergebnis dazu führt, dass der Beklagten - wie mit dem klageweise geltend gemachten Feststellungsantrag begehrt - keine weiteren Ansprüche aus dem Kündbaren-Zahler-Swap mehr zustehen.

(1) Der Anspruch der Klägerin wegen Verletzung der Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert ist auf Rückabwicklung des für die Klägerin nachteiligen Vertrages gerichtet und kann der Inanspruchnahme durch die Beklagte einredeweise mit der Folge eines Leistungsverweigerungsrechts entgegen gehalten werden, das seine Grundlage im Verbot der unzulässigen Rechtsausübung hat (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1962 - VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196; BGH, Urt. v. 15.1.2009 - III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603). Dieser Anspruch entstand mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 und war auch sofort fällig, so dass er zu diesem (unverjährten) Zeitpunkt bereits dem Anspruch der Beklagten im Rahmen eines Leistungsverweigerungsrechts hätte entgegengehalten werden können.

(2) Die Regelung des § 215 BGB ist auch auf das Leistungsverweigerungsrecht anwendbar, welches dem Anleger aus dem Gesichtspunkt der Naturalrestituation bei Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages zusteht. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 die Anwendbarkeit von § 215 BGB dahingehend in Abrede stellt, dass der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne von § 273 BGB zustehe, teilt der Senat diese Ansicht nicht: Schon dem Wortlaut von § 215 BGB ist nicht zu entnehmen, dass er sich auf Zurückbehaltungsrechte nach § 273 BGB beschränken soll. Darüber hinaus ist höchstrichterlich geklärt, dass die Vorschrift des § 215 BGB ebenso auf das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB Anwendung findet (vgl. BGH NJW 2006, 2773). Auch der Sinn und Zweck der Vorschrift spricht gegen die von der Beklagten vertretene Beschränkung auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB. Denn der Regelungsgehalt von § 215 BGB ist darauf gerichtet, dem Schuldner die Geltendmachung von Ansprüchen jedenfalls im Wege einer "Abwehr" der Gegenforderung zu ermöglichen, auch wenn er sie aufgrund der eingetretenen Verjährung nicht mehr aktiv einfordern kann. Genau dies trifft auch den vorliegenden Fall der Leistungsverweigerung aus einem verjährten Rückabwicklungsanspruch wegen schuldhafter Fehlberatung beim Vertragsschluss. Der Anleger ist zwar aufgrund der Verjährung nicht mehr in der Lage, ihm entstandene Schäden der Vergangenheit ersetzt zu verlangen. Er kann sich aber zumindest davor schützen, vom Anlageberater gerade aus dem Vertrag künftig in Anspruch genommen zu werden, dessen Abschluss auf einer schuldhaften Fehlberatung beruht.

(3) Für den Erhalt der Einredemöglichkeit gemäß § 215 BGB ist weiter nicht erforderlich, dass der aus dem Swap-Vertrag resultierende Anspruch der Beklagten in dem Zeitpunkt, in welchem sich die Klägerin noch auf einen unverjährten Schadensersatzanspruch in Form eines Anspruchs auf Rückabwicklung hätte stützen können, bereits fällig war. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.6.2014 geltend macht, es fehle an der von § 215 BGB vorausgesetzten Aufrechnungslage in nicht verjährter Zeit, vermengt sie in unzulässiger Weise die Fallgruppen des § 215 BGB. Da im vorliegenden Fall keine Aufrechnung der Klägerin zur Diskussion steht, sondern die Berufung auf ein Leistungsverweigerungsrecht, kommt es auf die Voraussetzungen des § 387 BGB nicht an. Das Leistungsverweigerungsrecht aus §§ 280 Abs. 1, 249, 242 BGB steht der Klägerin bereits mit Abschluss des Vertrages zu und kann ab dem Zeitpunkt ausgeübt werden, ab dem der Anspruch der Beklagten erfüllbar war. Auch dies war bereits mit Abschluss des Vertrages am 9.11.2006 der Fall, da die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgrund der Vereinbarung eines Festzinses hinreichend bestimmt war. Es handelt es sich um einen lediglich betagten Anspruch, der im Januar 2014 fällig wurde. Würde man der Ansicht der Beklagten folgen, dass die Geltendmachung eines Leistungsverweigerungsrechts durch die Klägerin einen fälligen Anspruch der Beklagten voraussetzt, dann hätte es letztlich der Vertragspartner eines entsprechenden Swap-Vertrages in der Hand, durch zeitliche Verlagerung des Zahlungstermines (und damit der Fälligkeit des eigenen Anspruchs) die Geltendmachung von Gegenrechte über den Zeitpunkt der Verjährung hinweg hinauszuschieben.

IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 709, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO zuzulassen: Die vorliegend entscheidungserhebliche Frage, ob eine Aufklärungspflicht über eine anfänglichen negativen Marktwert eines Swaps auch dann besteht, wenn der Anleger den betreffenden Vertrag nicht zu (reinen) Spekulationszwecken, sondern im Hinblick auf ein bestehendes Grundgeschäft abschließt, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.6.2012 - 9 U 140/11, juris Rn. 43 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.10.2013 - 9 U 101/12, juris Rn. 43 ff.). Eine höchstrichterliche Entscheidung dieser Frage, die zur Herstellung der Rechtssicherheit erforderlich wäre, steht zur Zeit noch aus.

Streitwert: 21.472.907,02 Euro