BGH, Urteil vom 19.05.2009 - IX ZR 39/06
Fundstelle
openJur 2011, 2499
  • Rkr:
Tenor

Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 26. Januar 2006 und das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 2. August 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, an das Landgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Diese überwies am 14. März 2002 auf ein Konto der Beklagten bei der Bank in Düsseldorf 50.000 €. Die Beklagte ist eine Gesellschaft belgischen Rechts, die ihren Sitz in Belgien hat. Aufgrund des am 15. März 2002 gestellten Antrags der Schuldnerin wurde das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen durch das Amtsgericht Marburg am 1. Juni 2002 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er verlangt mit der beim Landgericht Marburg eingereichten Klage Rückzahlung des Betrages unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung.

Das Landgericht hat über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt und sie wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und auf die Berufung des Klägers zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils sowie zur Zurückverweisung an das Landgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat - im Ergebnis übereinstimmend mit dem Landgericht - die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit für unzulässig gehalten. Nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG 2001 Nr. L 12, S. 1; im Folgenden: EuGVVO) sei ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet. Die Bestimmung des Art. 1 Abs. 2 lit. b EuGVVO, wonach die Verordnung auf Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren nicht anwendbar ist, beziehe sich nicht auf die Insolvenzanfechtung. Auf diese sei die Verordnung deshalb anwendbar. Aus ihr ergebe sich aber kein Gerichtsstand in Deutschland. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. EG Nr. L 160, S. 1; im Folgenden: EuInsVO) enthalte keine Regelung der internationalen Zuständigkeit für Annexverfahren im Zusammenhang mit der Insolvenz, wie sie die Insolvenzanfechtung darstelle. Eine analoge Anwendung der Vorschrift komme mangels einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Aus den Vorschriften der deutschen Zivilprozessordnung ergebe sich ebenfalls keine Zuständigkeit des Landgerichts Marburg.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Die Entscheidung über die Revision hängt, wie der Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 21. Juni 2007 (IX ZR 39/06, ZIP 2007, 1415) im Einzelnen ausgeführt hat, von der Frage ab, ob sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ergibt. Auf die Vorlage des Senats hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom 12. Februar 2009 (Rs. C-339/07, ZIP 2009, 427) für1. Die Entscheidung über die Revision hängt, wie der Senat in seinem Vorlagebeschluss vom 21. Juni 2007 (IX ZR 39/06, ZIP 2007, 1415) im Einzelnen ausgeführt hat, von der Frage ab, ob sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ergibt. Auf die Vorlage des Senats hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom 12. Februar 2009 (Rs. C-339/07, ZIP 2009, 427) für