OLG Rostock, Urteil vom 11.06.2014 - 6 U 17/13
Fundstelle
openJur 2014, 18326
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 26.03.2013, Az. 7 O 427/10, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 8.050,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2007 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) die Beklagte im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückzahlung des am 18.04.2007 durch die Schuldnerin überwiesenen Betrags i.H.v. 8.050,00 € in Anspruch.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 26.03.2013 (Bl. 368-372 d. A.) verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beklagten stehe kein Anspruch aus Insolvenzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO zu. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Beklagte Kenntnis eines ggf. bei der Schuldnerin vorhandenen Gläubigerbenachteiligungvorsatzes gehabt habe. Weder das Zahlungsverhalten der Schuldnerin noch die Vereinbarung der Ratenzahlung lasse einen zwingenden Schluss auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu. Weiter sei davon auszugehen, dass der Beklagten nicht bekannt gewesen sei, ob es noch weitere Gläubiger der Schuldnerin mit ungedeckten Ansprüchen gegeben habe.

Gegen das ihm am 27.03.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 29.04.2013 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Bewilligung einer Fristverlängerung bis zum 08.07.2013 mit am 08.07.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Klageziel weiter.

Es sei rechtsfehlerhaft, wenn das Landgericht den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin offen gelassen und nur das Tatbestandsmerkmal der Kenntnis der Beklagten hiervon geprüft habe. Ohne Feststellungen zum Benachteiligungsvorsatz und damit zur objektiven Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin habe das Landgericht die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht beurteilen können.

Das Landgericht habe die von ihm für die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungvorsatz vorgetragenen Indiztatsachen fehlerhaft gewürdigt. Bei der Zahlung der Rate habe es sich um eine inkongruente Leistung der Schuldnerin gehandelt, da die von der Zahlungsvereinbarung vom 22.03.2007 ausgehende Drucksituation nicht durch einen Pfändungsdruck überlagert worden sei. Zudem sei die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit objektiv zu bestimmen. Entscheidend sei, ob ein objektiver Dritter anhand der Kenntnis der Beklagten zwingend habe annehmen müssen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen sei. Das Landgericht habe verkannt, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung nach Erwirken eines Vollstreckungsbescheids und eine weitere Fälligkeitsverschiebung für die erste Rate zwingende Indizien für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit darstellten. Eine mögliche Zahlungsstockung sei nicht anzunehmen. Es sei nicht erforderlich gewesen, dass die Beklagte Kenntnis von den Gesamtverbindlichkeiten der Schuldnerin gehabt habe, da sie zumindest davon habe ausgehen müssen, dass die Schuldnerin weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen besessen habe. Im Regelfall habe jemand, der gewerblich tätig sei, auch noch andere Gläubiger.

Schließlich sei das Landgericht unzutreffend davon ausgegangen, dass ihm keine Beweislastumkehr zur Seite stehe, da wie oben ausgeführt, die Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO hier eingreife.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 26.03.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Stralsund die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.050,00 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr seit dem 22.10.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags das landgerichtliche Urteil.

Da das Gericht zu der Auffassung gelangt sei, dass es ihr an der fehlenden Kenntnis gemangelt habe, habe für das Gericht keine Veranlassung mehr bestanden, die Gläubigerbenachteiligung zu prüfen. Zudem habe sich das Gericht mit der Problematik des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes auseinandergesetzt, da es im Urteil heiße, es sei davon auszugehen, dass die Zahlung objektiv eine Gläubigerbenachteiligung darstelle. Das Gericht sei nach umfassender Prüfung der Argumente beider Parteien in nicht zu beanstandender Art und Weise zu der Erkenntnis gelangt, dass sie, die Beklagte, keine Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungvorsatz gehabt habe. Die vorliegenden Indizien ließen jederzeit auch eine andere Interpretation zu, wie zum Beispiel einen vorübergehenden Liquiditätsengpass oder eine zeitlich begrenzte Häufung von Forderungen. Daneben hätten die von ihr vorgetragenen Indizien auch darauf hingedeutet, dass die Schuldnerin tatsächlich nur zahlungsunwillig gewesen sei, dass sie sich kurzzeitig aufgrund beabsichtigter Investitionen und anderer Zahlungsverpflichtungen in Zahlungsschwierigkeiten befunden habe. Von dem Zeugen ..., Mitarbeiter bei der Schuldnerin, habe sie erfahren, dass die Auftragslage der Schuldnerin gut sei und Investitionen zur Erweiterung der Firma geplant seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, dem Akteninhalt im Übrigen, die Hinweisverfügung des Senats vom 31.03.2014 (Bl. 415-417 d. A.) und das Sitzungsprotokoll vom 07.05.2014 (Bl. 439-441 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

1.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung eines Betrags i.H.v. 8.050,00 € gem. § 143 Abs. 1 InsO zu, da die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs aus § 133 Abs. 1 InsO erfüllt sind.

Nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

a)

Vorliegend hat die Schuldnerin die erste Rate i.H.v. 8.050,00 € an die Beklagte am 18.04.2007 überwiesen, ca. 5 1/2 Monate vor dem am 01.10.2007 gestellten Eigenantrag der Schuldnerin auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dadurch ist eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten, da durch die Weggabe des Betrages i.H.v. 8.050,00 € die Aktivmasse der Schuldnerin verkürzt und dadurch der Gläubigerzugriff vereitelt bzw. erschwert wurde.

b)

Die Schuldnerin hat mit Gläubigerbenachteiligungvorsatz gehandelt. Dies ist der Fall, wenn der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (vgl. MüKo/Kayser, InsO, 3. Aufl., § 133 Rn. 13).

aa)

Zwar hat es sich bei der Ratenzahlung entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine inkongruente Deckung gehandelt, was ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wäre. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Leistungen, die der Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet hat, nicht als inkongruent anzusehen, wenn sie außerhalb des Dreimonatszeitraums des § 131 InsO erbracht worden sind, da nur für diesen Zeitraum der die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsgrundsatz zugunsten der Gleichbehandlung der Gläubiger verdrängt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 18.06.2009, Az: IX ZR 7/07, ZIP 2009, 1434 f., zitiert nach juris, Tz. 6; BGH, Urteil vom 27.05.2003, Az: IX ZR 169/02, ZIP 2003, 1506 ff., zitiert nach juris, Tz.18).

Das Landgericht Stralsund hat im angefochtenen Urteil zu Recht festgestellt, dass mit der Zahlung der ersten Rate keine inkongruente Deckung vorgelegen hat. Die Schuldnerin hat die Zahlungsvereinbarung vom 22.03.2007 (Bl. 32 f. d. A.) zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 15.02.2007 geschlossen. In Ziffer 3 hat die Beklagte erklärt, bei Abschluss der Zahlungsvereinbarung gegenwärtig auf sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen zu verzichten und nur dann unverzüglich gegen die Schuldnerin Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, wenn sie mit einer Rate mehr als 10 Tage in Verzug geraten ist.

Soweit sich der Kläger in seiner Berufungbegründung vom 08.07.2013 (Bl. 399 d. A.) für seine gegenteilige Auffassung auf den Beschluss des BGH vom 18.06.2009 (a.a.O.) bezieht, handelt es sich um einen anderen Sachverhalt, da dort die Schuldnerin Zahlungen vorrangig zur Abwendung von Insolvenzanträgen ihres Gläubigers geleistet hat. In diesem Fall sind Zahlungen auch außerhalb des Dreimonatszeitraums inkongruent, wenn die von den angekündigten Insolvenzanträgen ausgehende Drucksituation nicht durch den Pfändungsdruck überlagert wird. Vorliegend hat keine der Parteien behauptet, dass die Beklagte der Schuldnerin mit der Stellung eines Insolvenzantrages gedroht hat.

bb)

Grundsätzlich ist aber auch dann ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gegeben, wenn der Schuldner zahlungsunfähig war (vgl. Braun/de Bra, InsO, 5. Aufl., § 133 Rn. 17). Vorliegend war die Schuldnerin jedenfalls zum 31.12.2006 zahlungsunfähig.

Nach § 17 Abs. 2 S. 2 InsO ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist von der Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 12.10.2006, Az: IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 ff., zitiert nach juris, Tz. 20 ff.; Braun/de Bra, a.a.O., Rn. 17). Vorliegend hatte die Schuldnerin zum 31.12.2006 bezüglich verschiedener Gläubiger Verbindlichkeiten i.H.v. 23.150,11 €, die sie bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.10.2007 nicht mehr beglichen hat.

Im Zeitpunkt der Überweisung des Betrags i.H.v. 8.050,00 € an die Beklagte am 18.04.2007 wusste die Schuldnerin um ihre Zahlungsunfähigkeit und dass diese Zahlung ihre sonstigen Gläubiger, die zum 31.12.2006 die oben aufgeführten offenen Forderungen besaßen, benachteiligt, da ihre aktive Vermögensmasse um diesen Betrag geschmälert wurde.

Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlungseinstellung im maßgeblichen Anfechtungszeitpunkt am 18.04.2007 beseitigt war, liegen nicht vor. Zudem trägt für die Beseitigung einer einmal eingetretenen Zahlungseinstellung auch die Beklagte als diejenige, die sich hierauf berufen würde, die Beweislast (vgl. BGH, Urteil vom 12.10.2006, a.a.O., Tz. 23). Eine Beseitigung der Zahlungseinstellung hat die Beklagte weder dargelegt noch unter Beweis gestellt.

c)

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Indizien und Beweisanzeichen geht der Senat davon aus, dass die Beklagte am 18.04.2007 den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin kannte.

Nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird die Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Dabei stellen die Tatsachen, die für die Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit sprechen, nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen dar, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 13.08.2009, Az: IX ZR 159/06, ZIP 2009, 1966 ff., zitiert nach juris, Tz.8).

aa)

Entscheidende Voraussetzung ist vor allem die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.2008, Az: IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189 f., zitiert nach juris, Tz. 10; MüKo/Kayser, a.a.O., § 133 Rn. 38a). Nach § 17 Abs. 2 S. 2 InsO reicht es vorliegend aus, wenn die Beklagte von Umständen wusste, die auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin hingedeutet haben.

Zwar hat der Kläger nicht nachweisen können, dass die Beklagte davon wusste, dass die Schuldnerin bereits zum 31.12.2006 anderen Gläubigern eine Gesamtsumme i.H.v. 23.150,11 € schuldete. Allerdings ist auch dann von einer Kenntnis des Gläubigers von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (vgl. BGH, Urteil vom 13.08.2009, a.a.O., Tz. 10). Zahlungseinstellung ist dabei dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, er sei nicht in der Lage, seine fälligen, eingeforderten Zahlungsverpflichtungen im Wesentlichen zu erfüllen. Die Nichtzahlung gegenüber einem einzigen Gläubiger kann ausreichen, wenn dessen Forderung von erheblicher Höhe ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2001, Az: IX ZR 17/01, ZIP 2001, 2235 ff., zitiert nach juris, Tz. 22).

Vorliegend hat die Schuldnerin die in ihrer Höhe wesentliche Forderung der Beklagten von 21.461,43 € über einen längeren Zeitraum hinweg nicht gezahlt. Dabei ist aus dem als Anlage K3 eingereichten Tabellenauszug des Klägers (Bl. 40 d. A.) ersichtlich, dass die Schuldnerin mit diesen Verbindlichkeiten aus Warenlieferungen bereits zum 30.12.2006 in Verzug geraten war. Selbst nachdem die Beklagte ihre Forderung mit Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 15.02.2007 hatte titulieren lassen und die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen drohte, hat die Schuldnerin noch immer nicht gezahlt, sondern sie hat dann mit der Beklagten die Zahlungsvereinbarung vom 22.03.2007 geschlossen. Danach war die Schuldnerin nur in der Lage, die Summe in 3 Raten zu zahlen, wobei der erste Zahlungstermin der 05.04.2007 sein sollte. Auch diesen Ratenzahlungstermin hat die Schuldnerin jedoch nicht einhalten können, sondern bei der Beklagten um Verschiebung auf den 15.04.2007 gebeten, dem die Beklagte mit Schreiben vom 30.03.2007 (Bl. 34 d. A.) zugestimmt hat. Die Überweisung der ersten Rate ist dann erst am 18.04.2007, also nochmals verspätet, erfolgt. Ausweislich des Tabellenauszugs (Bl. 40 d. A.) war zu diesem Zeitpunkt bereits eine weitere Forderung der Beklagten aus Warenlieferungen i.H.v. 810,00 € fällig, die mit Versäumnisurteil des Amtsgerichts Greifswald vom 02.05.2007 (Az: 43 C 77/07) tituliert wurde.

Bei einem derart verzögerten Zahlungsverhalten der Schuldnerin in Anbetracht drohender Vollstreckungsmaßnahmen und angesichts des Umstands, dass am 18.04.2007 bereits die Begleichung einer weiteren fälligen Forderung aus einer anderen Warenlieferung ausstand, musste die Beklagte den zwingenden Schluss ziehen, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 2 InsO eingestellt hatte.

Soweit die Beklagte einwendet, sie sei von einer Zahlungsunwilligkeit und nicht einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ausgegangen, überzeugt dies nicht. Die Beklagte hat eingeräumt, dass es sich bei ihrer Forderung aus Warenlieferung i.H.v. 20.896,66 € um eine zwischen den Parteien unbestritten gebliebene Forderung gehandelt hat. Des Weiteren wird aus ihren Ausführungen im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 27.01.2011 (Bl. 55 ff. d. A.) deutlich, dass sie ein gutes Verhältnis zur Schuldnerin gepflegt hat. Diese Umstände sprechen alle gegen die Annahme, die Schuldnerin habe bewusst ihre Rechnung bei der Beklagten nicht begleichen wollen, obwohl sie ohne weiteres dazu in der Lage gewesen wäre.

Die Behauptung der Beklagten, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe ihr mitgeteilt, die Ratenzahlung zu wünschen, weil Investitionen zur Erweiterung der Firma beabsichtigt seien, deutet zudem nicht auf eine Zahlungsunwilligkeit hin, sondern darauf, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, sämtliche fälligen Verbindlichkeiten sowohl aus ihrer Investitionsplanung als auch aus dem laufenden Geschäft zu erfüllen. Angesichts des Zeitraums zwischen Fälligkeit der Forderung der Beklagten zum 31.12.2006 und der Zahlung der ersten Rate am 18.04.2007 hat es sich auch nicht um eine nur vorübergehende Zahlungsstockung gehandelt.

Wenn sich die Beklagte schließlich darauf beruft, der Geschäftsführer der Schuldnerin und der Polier ... hätten ihr bestätigt, dass die Auftragslage gut sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Volle Auftragsbücher geben keine Auskunft darüber, ob die Schuldnerin auch im maßgeblichen Anfechtungszeitpunkt über ausreichend liquide Mittel zur Erfüllung ihrer fälligen Verbindlichkeiten verfügt. Dies musste auch der Beklagten als ein am Wirtschaftsleben teilnehmendes Unternehmen bekannt sein.

bb)

Die Beklagte wusste schließlich auch um die Gläubigerbenachteiligung.

Derjenige, der weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist oder voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit im Wesentlichen zu erfüllen, weiß in der Regel auch, dass dessen Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligt. Kann der Insolvenzverwalter eine Kenntnis des Anfechtungsgegners von einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners beweisen, ist damit zugleich die Kenntnis des Anfechtungsgegners von einer Gläubigerbenachteiligung bewiesen, wenn er bei Vornahme der Rechtshandlung um weitere ungedeckte Verbindlichkeiten des Schuldners wusste oder mit ihnen rechnete, wovon bei einem unternehmerisch tätigen Schuldner in der Regel auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.08.2009, a.a.O., Tz. 14; MüKo/Kayser, a.a.O., § 133 Rn. 38a).

Vorliegend wusste die Beklagte von der unternehmerischen Tätigkeit der Schuldnerin und dass die Ratenzahlungen unter dem Druck der bevorstehenden Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid erfolgten. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein Schuldner, um sein wirtschaftliches Überleben zu sichern, bevorzugt an den am meisten drängenden Gläubiger leistet, um ihn zum Stillhalten zu bewegen. Bei einem Schuldner, der nicht alle seine Gläubiger voll zu befriedigen vermag, gehen solche Zahlungen dann zu Lasten der anderen, abwartenden Gläubiger, die keinen Titel haben (vgl. BGH, Urteil vom 13.08.2009, a.a.O., Tz. 11; BGH, Urteil vom 25.10.2001, Az: IX ZR 17/01, ZIP 2001, 2235 ff., zitiert nach juris, Tz. 34). Genau dies war hier der Fall.

2.

Der Zinsanspruch in der begehrten Höhe ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22.10.2007 ergibt sich aus § 143 Abs. 1 S. 2 InsO i. V. m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2007, Az: IX ZR 96/04, ZIP 2007, 488 ff., zitiert nach juris, Tz. 14, 20).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 S. 1, 711, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Weder kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.