LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.04.2007 - 12 Sa 681/06
Fundstelle
openJur 2014, 17326
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. September 2004 - 86 Ca 4369/04 - wird - soweit sie durch die Entscheidung des LAG Berlin vom 7. Februar 2005 - 12 Sa 2241/04 - und des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Oktober 2005 - 6 AZR 123/05 - nicht erledigt ist - zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/3 und der Beklagte 2/3 zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch um die Rechtswirksamkeit der Versetzung der Klägerin zum Zentralen Personalüberhangmanagement (ZeP).

Die Klägerin steht seit dem 16. Dezember 1990 in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land, dort zuletzt als technische Zeichnerin im Hochbauamt des Bezirksamtes T.-K. von Berlin.

Am 30. August 1999 schloss das beklagte Land mit dem Hauptpersonalrat und den bei ihm vertretenen Gewerkschaften eine “Gesamt-Vereinbarung über Auswirkungen der verwaltungsstrukturellen Reformen, ein Gesundheitsmanagement, den Umgang mit dem Personalüberhang und die Beschäftigungssicherung” (Verwaltungsreform- und Beschäftigungssicherungs-Vereinbarung 2000 - VBSV 2000), die am 31. Dezember 2004 wieder außer Kraft trat. Zum 1. Januar 2004 trat im Land Berlin das “Gesetz zur Einrichtung eines Zentralen Personalüberhangmanagements (Stellenpool) (Stellenpoolgesetz-StPG)” vom 9. Dezember 2003 (GVBl. Berlin S. 589) in Kraft, das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 das Zentrale Personalüberhangmanagement (Stellenpool) als eine der Senatsverwaltung für F. nachgeordnete Behörde bestimmt, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 diejenigen Dienstkräfte unterstellt werden, deren Beschäftigung durch den Wegfall von Aufgaben oder die Verlagerung von Aufgaben auf andere Dienstkräfte in ihrer Dienstbehörde nicht mehr möglich ist. Diese sog. Personalüberhangkräfte werden, nachdem sie gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 StPG von ihrer Dienstbehörde oder Personalstelle dem Personalüberhang zugeordnet worden sind, nach § 1 Abs. 2 Satz 3 StPG zum Stellenpool versetzt. Mit § 7 StPG wurde das Personalvertretungsgesetz Berlin geändert und § 99c PersVG Bln. eingeführt, der in Absatz 2 Satz 2 die Mitwirkung des Personalrats der bisherigen Dienststelle bei der Versetzung von Personalüberhangkräften zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) vorsieht.

Nachdem das Bezirksamt beschlossen hatte, die Stelle der Klägerin einzusparen, brachte es zum 1. Januar 2003 dort einen kw-Vermerk an und ordnete die Klägerin im Februar 2003 unter Bezugnahme auf die VBSV 2000 dem Personalüberhang zu, obwohl die vergleichbare Arbeitnehmerin D. mit einer niedrigeren Punktzahl in der Sozialauswahlliste bewertet war. Zuvor hatte die nach der VBSV vorgesehene paritätische Kommission auf Antrag des Bezirksamtes vom 17. Dezember 2002 mit Beschluss vom 20. Dezember 2002 diese „Ausnahme von der Sozialauswahl“ mit einem Abstimmungsergebnis von 4 : 2 befürwortet. In dieser Kommission ist der Personalrat vertreten.

Mit Schreiben vom 17. März 2004 ersuchte das Bezirksamt den örtlichen Personalrat um Mitwirkung zur Versetzung der Klägerin in das ZeP. Dem Schreiben waren beigefügt der Entscheidungsvermerk (Blatt 183 d.A.), das Anhörungsschreiben an die Klägerin vom 13. Februar 2004 (Bl. 339 d.A.), das Widerspruchsschreiben der Klägerin gegen die beabsichtigte Versetzung vom 24. Februar 2004 (Bl. 341 d.A.), weitere Korrespondenz zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem Bezirksamt (Bl. 342, 346 d.A.), der Antrag an die Paritätische Kommission (Bl. 335 d.A.) sowie der Beschluss der Paritätischen Kommission vom 20. Dezember 2002 (Bl. 348 d.A.). Der Personalrat verweigerte seine Zustimmung mit Schreiben vom 21. April 2004. Neben allgemeinen Bedenken gegen die Einrichtung des ZeP und die nach dem StellenpoolG vorzunehmenden Versetzungen widersprach der Personalrat auch mit der Begründung, aus den vorgelegten Unterlagen könne nicht nachvollzogen werden, ob bei der Zuordnung zum Personalüberhang alle Schutzbestimmungen berücksichtigt worden seien, eine Einzelfallabwägung gemäß § 12 BAT/BAT-O lasse sich nicht erkennen und eine Versetzung sei nicht notwendig, weil der Personalüberhangeinsatz der Klägerin ein dringendes dienstliches Bedürfnis an der weiteren Aufgabenerfüllung beweise. Weiterhin meinte der Personalrat in diesem Schreiben, dass die durch das StellenpoolG vorgenommene Beschränkung der Beteiligungsrechte auf bloße Mitwirkung rechtswidrig sei und verlangte den Fortgang des Verfahrens im Einigungsverfahren nach §§ 80 ff. PersVG Bln. Mit Schreiben vom 7. Mai 2004 teilte das Bezirksamt dem Personalrat mit, dass keine andere Entscheidung getroffen werde.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2004 versetzte das beklagte Land die Klägerin mit Wirkung zum 1. Juni 2004 in das ZeP, von wo aus sie in ihren vorherigen Arbeitsbereich abgeordnet wurde, seit Anfang 2005 wird sie im Bauamt des Bezirksamtes Mitte als technische Zeichnerin beschäftigt.

Mit ihrer am 9. April 2003 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und später erweiterten Klage hat sich die Klägerin zum einen gegen die Zuordnung zum Personalüberhang und zum anderen gegen die Versetzung zum ZeP gewandt. Sie hat gemeint, die Auswahl zum Personalüberhang sei fehlerhaft erfolgt, weil sie sozial schutzwürdiger als Frau D. sei und betriebliche Interessen an der Weiterbeschäftigung von Frau D. im Hochbauamt des Bezirksamtes nicht bestünden. Im Übrigen hat sie die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats bei der Versetzung bestritten.

Mit Urteil vom 29. September 2004 – 86 Ca 4369/04 – hat das Arbeitsgericht Berlin den zuletzt gestellten Klageanträgen stattgegeben und festgestellt, dass die Zuordnung der Klägerin zum Personalüberhang vom 3. Februar 2003 sowie deren Versetzung zum Zentralen Personalüberhangmanagement vom 7. Mai 2004 zum 1. Juni 2004 unwirksam ist.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die mit beiden Klageanträgen zulässige Klage sei begründet, weil die nach den Regelungen der VBSV 2000 vorzunehmende Sozialauswahl fehlerhaft gewesen sei. Berechtigte betriebliche Interessen an der mit weniger Sozialpunkten bewerteten Frau D. habe das beklagte Land nicht ausreichend dargelegt. Die darauf beruhende Unwirksamkeit der Zuordnung zum Personalüberhang führe dazu, dass auch die Versetzung der Klägerin in das ZeP rechtsunwirksam sei.

Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, Blatt 137 bis 143 der Akte, verwiesen.

Gegen dieses, ihm am 6. Oktober 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Oktober 2004 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangene und nach Verlängerung der Frist bis zum 20. Dezember 2004 am 17. Dezember 2004 begründete Berufung des beklagten Landes.

Es meint, die Auswahlentscheidung nach der VBSV unterliege keiner Kontrolle. Die VBSV habe weder Kontrollmöglichkeiten vorgesehen, noch die Richtigkeit der Auswahlentscheidung zur Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zuordnung zum Personalüberhang erklärt. Die Einschaltung der Paritätischen Kommission verhindere einen Missbrauch. Selbst wenn jedoch eine Ermessensbeschränkung durch Selbstbindung zu bejahen sein sollte, so sei die Auswahlentscheidung wegen der besonderen CAD-Kenntnisse von Frau D. und deren Stellenfinanzierung durch die Sozialstiftung Köpenick zutreffend. Das beklagte Land meint weiter, die Personalratsbeteiligung sei ordnungsgemäß erfolgt. Ein Beteiligungsrecht des Personalrats an der allein haushaltsrechtlichen Maßnahme der Zuordnung zum Personalüberhang bestehe nicht, die erst später geschaffene Vorschrift des § 99c PersVG enthalte keine Regelung für „Altfälle“. Der Personalrat könne nicht nachträglich darüber befinden, ob die Auswahlentscheidung bei der Zuordnung zum Personalüberhang zutreffend gewesen sei. Dem Personalrat hätten sämtliche erforderlichen Unterlagen vorgelegen, er sei als Mitglied der Paritätischen Kommission über die Versetzungsgründe ausreichend informiert gewesen. Eine besondere Erörterung sei entbehrlich gewesen, weil der Personalrat mit seinem Widerspruchsschreiben das Verfahren auf Dienststellenebene als abgeschlossen erklärt und Mitbestimmungsrechte verlangt habe. Außerdem sei die Missachtung von Erörterungspflichten kein Unwirksamkeitsgrund für die getroffene Maßnahme. Letztlich beruft sich das beklagte Land auf Vertrauensschutz.

Mit Urteil vom 7. Februar 2005 – 12 Sa 2241/04 – hat das Landesarbeitsgericht Berlin das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage mangels Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe Blatt 279 bis 286 der Akte Bezug genommen. Auf die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 27. Oktober 2005 – 6 AZR 123/05 – diese Entscheidung aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, soweit das Landesarbeitsgericht die Zulässigkeit des gegen die Versetzung gerichteten Feststellungsantrags verneint hatte. Im Übrigen hat es die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. September 2004 – 86 Ca 4369/04 – abzuändern und die Klage auch mit dem Klageantrag zu 2.) abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung, soweit sie nicht durch die Entscheidung der Kammer vom 7. Februar 2005 erledigt ist, zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertieft ihren diesbezüglichen Vortrag. Sie bestreitet, dass dem Personalrat und vorangehend der Paritätischen Kommission ausreichende Informationen über die Auswahlentscheidung zugunsten von Frau D. zugeleitet worden sind. Das personalvertretungsrechtliche Verfahren hält sie für fehlerhaft, weil der Beklagte nach dem Widerspruch des Personalsrats keine Erörterung durchgeführt habe. Schließlich habe der Personalrat deutlich zu erkennen gegeben, dass die Angelegenheit nicht erledigt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, der Entscheidung der erkennenden Kammer vom 7. Februar 2005 und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat – soweit über sie noch zu entscheiden war - in der Sache keinen Erfolg. Der Antrag zu 1.) bezüglich der Zuordnung zum Personalüberhang ist rechtskräftig als unzulässig abgewiesen. Der noch rechtshängige Antrag bezüglich der Wirksamkeit der Versetzung ist zulässig und begründet. Die Zulässigkeit steht aufgrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Oktober 2005 zum Aktenzeichen 6 AZR 123/05 fest. Der Antrag ist auch begründet, so dass die Berufung des beklagten Landes in diesem Umfang zurückzuweisen war. Die Versetzung der Klägerin zum ZeP ist bereits wegen nicht ordnungsgemäßer Beteiligung der Personalvertretung unwirksam. Auf die Frage, ob die Versetzung auch wegen fehlerhafter Sozialauswahl nach den Bestimmungen der VBSV unwirksam ist, kommt es daher nicht mehr an.

1. Für die Versetzung der Klägerin von ihrer bisherigen Dienststelle zum ZeP war die Mitwirkung der Personalvertretung ihrer bisherigen Dienststelle erforderlich. Der mit § 7 StPG eingeführte § 99c PersVG Bln. lautet in Absatz 2:

„Die Zuordnung der Dienstkraft zum Personalüberhang unterliegt der Mitwirkung. Bei der Versetzung von Personalüberhangkräften zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) wirkt der Personalrat der bisherigen Dienststelle mit. Bei der Versetzung von Dienstkräften, die vor Inkrafttreten des Stellenpoolgesetzes vom 9. Dezember 2003 (GVBl. S. 589) dem Personalüberhang zugeordnet worden sind, gilt für die Mitwirkung des Personalrats abweichend von § 84 Abs. 2 dieses Gesetzes eine Frist von vier Wochen, die nicht verlängert werden kann.“

§ 84 PersVG Bln. lautet:

Mitwirkung

(1) Soweit die Personalvertretung an Entscheidungen mitwirkt, ist die beabsichtigte Maßnahme vor der Durchführung mit dem Ziele einer Verständigung rechtzeitig und eingehend mit ihr zu erörtern.

(2) Äußert sich die Personalvertretung nicht innerhalb von zwei Wochen oder hält sie bei Erörterung ihre Einwendungen oder Vorschläge nicht aufrecht, so gilt die beabsichtigte Maßnahme als gebilligt; dies gilt nicht, wenn die Personalvertretung Fristverlängerung beantragt hat. § 79 Abs. 2 Satz 5 und Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Wird den Einwendungen der Personalvertretung nicht oder nicht in vollem Umfange entsprochen, so ist die Entscheidung der Personalvertretung unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Dabei sind die Gründe anzugeben, die einer Berücksichtigung der Einwendungen oder Vorschläge der Personalvertretung entgegenstehen.

(4) Bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, können bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen getroffen werden. Die Personalvertretung ist hiervon unverzüglich zu unterrichten.

(5) § 79 Abs. 4 gilt entsprechend.

312. Diesen Anforderungen genügt die Beteiligung der Personalvertretung bei der hier streitigen Versetzungsmaßnahme nicht. Dabei kann dahinstehen, ob das beklagte Land der Personalvertretung alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt und damit eine ordnungsgemäße Unterrichtung vorgenommen hat. Denn jedenfalls fehlt es an einem ordnungsgemäßen Verfahren, weil das beklagte Land die nach § 84 PersVG Bln. erforderliche Erörterung nicht durchgeführt hat. Die fehlerhafte Beteiligung der Personalvertretung führt zur Unwirksamkeit der Maßnahme.

32§ 84 Abs. 1 PersVG Bln. erfordert für die Mitwirkung eine “Erörterung” zwischen Dienststelle und Personalvertretung. Diese Erörterung hat grundsätzlich in einem Gespräch zwischen den Beteiligten stattzufinden, allein der Austausch gegensätzlicher schriftlicher Stellungnahmen genügt hierfür nicht. Eine solche mündliche Erörterung hat nicht stattgefunden.

Sie war auch nicht entbehrlich. Entbehrlich ist eine solche mündliche Erörterung dann, wenn der Personalrat nach ordnungsgemäßer Unterrichtung über die beabsichtigte Maßnahme dieser zustimmt oder die Maßnahme als gebilligt gilt, weil er innerhalb einer gesetzlichen Äußerungsfrist keine Stellungnahme abgegeben hat (vgl. BAG vom 15. August 2006, 9 AZR 571/05, AP Nr. 1 zu § 84 LPVG Berlin (demnächst); Fischer/Goeres, BPersVG, Lfg. 2/04-VII.04, § 72 Rz. 8 jew. m.w.Nw.). Auch mit Zustimmung des Personalrats, die konkludent erfolgen kann, kann die mündliche Erörterung entfallen (Germelmann-Binkert, PersVG Bln., 2. Aufl. 2002, § 84 Rz. 13).

Im Streitfall hat der Personalrat weder zugestimmt, noch hat er konkludent auf die Erörterung verzichtet, noch gilt die Maßnahme als gebilligt. Die Klägerin wurde im Jahr 2003 dem Personalüberhang zugeordnet, mithin blieb dem Personalrat gemäß § 99c Abs. 2 Satz 3 PersVG Bln. eine Frist von vier Wochen für seine Stellungnahme. Diese Frist hat der Personalrat gewahrt, was auch das beklagte Land nicht in Abrede stellt – eine ordnungsgemäße Unterrichtung hier unterstellt. In seinem Ablehnungsschreiben hat der Personalrat über die allgemeinen Einwände hinaus auch mit der Begründung widersprochen, dass aus den vorgelegten Unterlagen nicht nachvollzogen werden könne, ob bei der Zuordnung zum Personalüberhang alle Schutzbestimmungen berücksichtigt worden seien, dass eine Einzelfallabwägung gemäß § 12 BAT/BAT-O sich nicht erkennen lasse und dass eine Versetzung nicht notwendig sei, weil der Personalüberhangeinsatz der Klägerin ein dringendes dienstliches Bedürfnis an der weiteren Aufgabenerfüllung beweise. Damit hat der Personalrat über die allgemeinen Einwände hinaus konkret zur Maßnahme der Klägerin Stellung genommen. Selbst wenn diese Einwände als standardisiert zu bewerten sein sollten, so werden sie hierdurch nicht unbeachtlich. Die vorgebrachten Einwände können sich in mehreren Vorgängen wiederholt haben, insbesondere kann der Personalrat in mehreren Fällen zu beanstanden gehabt haben, dass die nach der VBSV zu treffende Sozialauswahl nach den vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehbar sei und eine Einzelfallabwägung vermissen lasse. Sind die Vorgänge insoweit gleich gelagert, so spricht nichts dagegen, dass der Personalrat seine diesbezüglichen, ebenfalls gleich gelagerten Einwände in standardisierter Form vorbringt. Ob die Einwände unzutreffend sind, hat nicht die Dienststelle zu entscheiden, sondern soll gerade im Rahmen der Erörterung mit dem Ziel einer Verständigung geklärt werden.

Ob der Personalrat die Erörterung verlangen muss (so Altvater, BPersVG, 5. Aufl. 2004, § 72 Rz. 8), erscheint angesichts des klaren Wortlauts der Vorschrift zweifelhaft, kann hier aber dahinstehen. Denn der Personalrat hat in seinem Widerspruchsschreiben den Fortgang des Verfahrens im Einigungsverfahren nach §§ 80 ff. PersVG Bln. verlangt. Selbst wenn die gesetzliche Regelung ein solches Einigungsverfahren nicht vorsieht und die Bedenken des Personalrats gegen die Wirksamkeit dieser gesetzlichen Vorschrift unbeachtlich gewesen sein sollten, so hat doch der Personalrat mit diesem Verlangen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er weitere Einigungsversuche für erforderlich hält. Dass er diese nicht auf Dienststellenebene, sondern im Stufenverfahren ansiedeln wollte, berechtigt nicht zu der Schlussfolgerung, er habe auf Einigungsversuche gänzlich verzichten wollen, wenn diese nach den gesetzlichen Vorschriften zutreffenderweise nicht im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens, sondern im Rahmen eines Mitwirkungsverfahrens auf Dienststellenebene durchzuführen sein sollten.

36Soweit das Landesarbeitsgericht Berlin dem beklagten Land bei den Anforderungen an die ordnungsgemäße Mitwirkung Vertrauensschutz zuerkannt hat, weil es der bisherigen Rechtsprechung entsprochen habe, dass eine schriftliche Auseinandersetzung mit den Einwänden der Personalvertretung jedenfalls in bestimmten Fällen ausreichend sei (LAG Berlin vom 1. September 2006, 6 Sa 1079/06), so handelt es sich bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt jedenfalls nicht um einen solchen Fall. Zwar darf die betroffene Partei grundsätzlich auf die Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung vertrauen, wenn die Anwendung der geänderten Auffassung wegen ihrer Rechtsfolgen im Streitfall auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Prozessgegners eine unzumutbare Härte bedeuten würde (vgl. BAG vom 21. September 2006, 2 AZR 284/06, n.v.; vom 23. März 2006, 2 AZR 343/05, AP Nr. 21 zu § 17 KSchG 1969; BGH vom 29. Februar 1996, IX ZR 153/95, NJW 1996, 1467, jew. m.w.Nw.). Dies gilt insbesondere dann, wenn einer Partei rückwirkend Handlungspflichten auferlegt würden, die sie nachträglich nicht mehr erfüllen kann (BAG vom 21. September 2006, 2 AZR 284/06, n.v.; vom 23. März 2006, 2 AZR 343/05, a.a.O.). Das Bundesarbeitsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 18. Januar 1996 (8 AZR 868/93) darauf hingewiesen, dass ein Schriftwechsel für eine gesetzlich vorgeschriebene Erörterung nicht ausreichend ist, wenn der Personalrat nicht erklärt, dass er eine schriftliche Stellungnahme als Erörterung ausreichen lassen will. Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung vom 27. Januar 1995 (6 P 22/92, NVwZ-RR 1995, 405) ebenfalls davon ausgegangen, dass ein Erörterungstermin und damit eine mündliche Verständigung nur dann entfallen kann, wenn der Personalrat der beabsichtigten Maßnahme zugestimmt oder auf die Erörterung verzichtet hat oder die Maßnahme wegen Nichtäußerung als gebilligt gilt. Ein schützenswertes Vertrauen in eine bestehende Rechtsprechung, die in Fällen wie dem vorliegenden eine mündliche Erörterung für entbehrlich gehalten hat, ist daher nicht zu erkennen (vgl. im Übrigen die weiteren in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. August 2006, 9 AZR 571/05, a.a.O. genannten Nachweise).

3. Genügt die von dem beklagten Land im vorliegenden Fall durchgeführte Beteiligung daher nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Mitwirkung, so ist die Maßnahme unwirksam. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus den Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes. Jedoch kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzesgeber die Befolgung der gesetzlichen Beteiligungspflicht in das Belieben des Arbeitgebers stellen wollte. Als Sanktion für die unterlassene Erörterung bleibt daher nur die Unwirksamkeit der Maßnahme (BAG vom 15. August 2006, 9 AZR 571/05, a.a.O.). Die Entscheidung des Arbeitsgerichts erweist sich also insoweit als zutreffend, so dass die Berufung des beklagten Landes in diesem Umfang zurückzuweisen war.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 525, 92 ZPO. Die Kostenquote entspricht dem jeweiligen Unterliegen der Parteien auf der Basis der zugrunde zu legenden Streitwerte. Dabei wurde in Anlehnung an den erstinstanzlich festgesetzten Streitwert für den Klageantrag zu I (Feststellung der Unwirksamkeit der Zuordnung zum Personalüberhang) eine halbe Monatsvergütung und für den Klageantrag zu II (Feststellung der Unwirksamkeit der Versetzung) eine volle Monatsvergütung in Ansatz gebracht.

IV.

Die Zulassung der Revision kam gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht in Betracht. Die hier maßgeblichen Fragen zu den Anforderungen an die ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung im Rahmen der Mitwirkung nach § 99c PersVG Bln. sind durch die zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. August 2006 (9 AZR 571/05) abschließend höchstrichterlich geklärt.

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