OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.09.2012 - 4 U 105/12
Fundstelle
openJur 2014, 16925
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29.02.2012 – 20. Zivilkammer – (2– 20 O 316/11) - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde in Anspruch.

Die Klägerin beauftragte die Beklagte aufgrund Vertrages vom 16.09./19.09.2008 mit der Erbringung von Leistungen der „Technischen Ausrüstung“ für die Baumaßnahme „Entwicklung X“. Die Beklagte wurde insoweit als Subplanerin für die Klägerin tätig.

§ 10 des Vertrages enthielt folgende Regelung:

Macht einer der Vertragspartner Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrechte geltend, so ist er verpflichtet, denjenigen Betrag zu beziffern, wegen dessen er das Recht geltend machen will.Der andere Vertragspartner ist in diesem Fall berechtigt, die Geltendmachung des Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung in Höhe des bezifferten Betrages - bei Gewährleistungsrechten in Höhe des dreifachen Betrages – abzuwenden. Sicherheit kann insbesondere durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft geleistet werden. …“

Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf den Vertrag von 16.09./19.09.2008 (Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 5ff.d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte berühmte sich gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 18.09.2009 zweier Nachtragsforderungen, die sie mit 325.900,05€ (Y) und 434.533,39 € netto (Z) bezifferte und mit der „Wiederholung von Leistungen der Ausführungsplanung im Bereich A“ begründete, wobei die Leistungen hinsichtlich des Nachtrags Z noch nicht ausgeführt waren. Hinsichtlich der Begründung der Vergütungsforderungen im Einzelnen wird auf die Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 24ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.10.2009 verlangte die Beklagte u.a. für die beiden Nachtragsforderungen Y und ZSicherheitsleistung durch Stellung einer Bürgschaft. Auf das Schreiben vom 02.10.2009 wird hinsichtlich dessen näheren Inhalts Bezug genommen (Anlage K 6 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 03.02.2012, Bl. 109, 110 d.A.).

Die Klägerin reagierte hierauf mit anwaltlichem Schreiben vom 12.10.2009, in welchem sie ausführte:

„Wir hatten Ihnen ja bereits mitgeteilt, dass wir aus pragmatischen Gründen - derzeit sind die gestellten Nachträge Ihre Mandantin ja noch nicht fällig – bereit sind, zur Abwendung jedes etwa bestehenden Zurückbehaltungsrechts eine Absicherung durch eine Bürgschaft entsprechend § 10 des Subplanervertrages vorzunehmen.Nach Abstimmung mit unserer Mandantin werden wir dies ohne jegliches Präjudiz nur zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts für die Nachtragsangebote Y - € 325.900,05 netto - und den Nachtrag Z € 434.533,39 netto - vornehmen. Die Ausstellung einer entsprechenden Bürgschaft werden wir vorbereiten...Dies ist nicht zuletzt deshalb von Bedeutung, weil unsere Mandantin der Ihren keinen „Auftrag“ erteilt hat (Y) oder erteilen wird (Z). Sämtliche von Ihrer Mandantin erbrachten bzw. zu erbringenden Ziele dienen allein der Verwirklichung des Werkerfolges des Hauptvertrages und stellen, wie ausgeführt,bereits begrifflich keinen „Änderungswunsch“ dar.…Unbeschadet der Tatsache, dass wir kurzfristig eine Bürgschaft über insgesamt brutto € 904.915,79 zur Verfügung stellen werden,bedarf es einer sehr viel substantiierteren und vertiefteren Darlegung der anspruchsbegründenden Tatsachen.Soweit Sie um die ausdrückliche Bestätigung bitten, dass die Leistungen des Z gewünscht werden, kommen wir ihrer Bitte hiermit gerne nach und bestätigen dies ausdrücklich. Und in der Tat wird in einem nachfolgenden Verfahren ggf. zu klären sein, ob und was für ein Anspruch Ihrer Mandantin ggf. hierfür zusteht.“

Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf das Schreiben vom 12.10.2009(Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 44f. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin übergab an die Beklagte eine selbstschuldnerische Zahlungsbürgschaft der Bank1 vom 13.10.2009 über einen Betrag von 904.915,79 € (Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 42f. d.A.).

In der Bürgschaftsurkunde wurde ausgeführt:

„Für die Erfüllung einer von dem Auftraggeber der etwa bestehenden Zahlungsverpflichtung aus dem Schreiben des Auftraggebers vom 02.10.2009 … und zur Ausübung des Rechts nach § 10 des Ingenieurvertrages zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts hat sich der Auftraggeber mit Schreiben BRechtsanwälte vom 12.10.2009 ... verpflichtet, zugunsten des Auftragnehmers eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 904.915,79 Euro zu stellen.“

Die Beklagte hat über die in den Nachträgen Y und Z geltend gemachten Zahlungsforderungen bisher noch keine Schlussrechnung erstellt.

Die Klägerin behauptet, die in den Nachträge Y und Zaufgeführten Leistungen seien bereits von dem Hauptauftrag umfasst.Die Bewertung der Wiederholung der Ausführungsplanung mit 30% des Nettohonorars des gesamten Vertrages sei unzutreffend. Die Bewertung müsse an die einzelnen Anlagengruppen anknüpfen. Für den Bereich der Anlagengruppe 2 sei eine Wiederholungsleistung mit der von der Beklagten gegebenen Begründung ausgeschlossen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt:

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaft aus § 371 BGB.Voraussetzung dafür wäre,dass der Sicherungsgrund nicht bestehe bzw. fortgefallen sei, d.h.die Forderungen der Beklagten, welche mit der Bürgschaftsurkunde besichert worden seien, nicht mehr bestehen. Die Klägerin sei nicht in der Lage hinreichend darzutun, dass der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von 904.915,79 € brutto für die in den Nachträgen Y und Z bezeichneten Leistungen zustehe. Die Klägerin trage die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Rückgabeanspruchs.

Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung und verfolgt ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter.

Zur Begründung führt sie folgendes aus:

Das Landgericht habe seiner Entscheidung einen unzutreffend ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt. Ferner habe das Landgericht die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislastverteilung verkannt und sich in Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gesetzt. Die Sachlage sei dem in § 767 Abs.1 Satz 1 BGB geregelten Fall vergleichbar, wonach für die Verpflichtung des Bürgen der Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend sei. Ferner ist die Klägerin der Ansicht, dass die Beklagte zunächst das Entstehen des Sicherungsgrundes in Form der Beauftragung und Erbringung der in den Nachträgen aufgeführten Leistungen darlegen und beweisen müsse, erst dann sei es der Klägerin möglich, das Erlöschen bzw. den Fortfall des Sicherungsgrundes darzutun. Die Darlegungs- und Beweislast müsse hier wie im Falle der Rückforderung von Abschlagszahlungen verteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei es nämlich sogar in Konstellationen, in denen der Auftraggeber auf Rechnung bereits Abschlagszahlungen geleistet habe, immer Sache des Auftragnehmers zu beweisen, dass er auch berechtigt sei, die Abschlagszahlungen zu behalten. Diese grundsätzliche Darlegungs-und Beweislastverteilung müsse erst recht gelten, wenn der Auftraggeber einen (Rest-)Werklohn bestreitet und der Auftragnehmer selbst überhaupt keine Werklohnansprüche in Form einer Schlussrechnung gegen den Auftraggeber geltend macht.

Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 06.06.2012 (Bl. 199ff. d.A.)sowie den Schriftsatz vom 27.08.2012 (Bl. 247ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr klageerweiternd:

Im Wege der Zwischenfeststellung festzustellen, dass der Beklagten aus ihren Angeboten „Y“ und Z“ vom 18.09.2009 kein Werklohn(Honorar) zusteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung auch hinsichtlich des Antrags auf Zwischenfeststellung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung der Beklagten vom 06.08.2012 (Bl. 232ff. d.A.) und den Schriftsatz vom 28.08.2012 (Bl. 243ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch auch hinsichtlich der nunmehr erhobenen Zwischenfeststellungsklage keinen Erfolg.

1.

Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgabe der Bürgschaftsurkunde aus der zwischen den Parteien getroffenen Sicherungsabrede, denn der nach der vertraglichen Sicherungsabrede vereinbarte Sicherungszweck ist nicht entfallen.

a)

Zwar wäre Anspruchsgrundlage eines Herausgabeanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte nicht – wie das Landgericht angenommen hat - § 371 BGB, denn die Klägerin ist nach dieser Vorschrift nicht aktivlegitimiert. § 371 BGB gewährt dem Schuldner einer Forderung, über die ein Schuldschein ausgestellt worden ist, einen Anspruch auf Rückgabe des Schuldscheins. Die Klägerin ist jedoch nicht Schuldnerin der Bürgschaftsforderung,sondern Schuldnerin ist die Bürgin, hier die Bank1. Aus § 371 BGBbestünde daher allenfalls ein Anspruch der Bürgin gegen die Beklagte (vgl. auch Fetzer in Münchener Komm zum BGB, 6.Auflage 2012, § 371 BGB, Rn. 7).

In Betracht kommt jedoch ein Rückgabeanspruch der Klägerin aus der zwischen den Parteien getroffenen Sicherungsabrede. Der Schuldner, der dem Gläubiger vereinbarungsgemäß eine dessen Forderung sichernde Bürgschaft stellt, hat gegen Gläubiger aus der Sicherungsabrede einen durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr der Bürgschaft (BGH,Urteil vom 02.02.1989, Az.: X ZR 182/87, Rn. 49 zitiert nach juris;Habersack in Münchener Komm, 5. Aufl. 2009, § 765 BGB Rn.8).

b)

Auch könnte die Klägerin hier die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an sich selbst verlangen. Zwar ist der Rückgewähranspruch grundsätzlich darauf gerichtet, dass der Gläubiger das Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung herbeiführt,d.h. dem Bürgen die Schuld erlässt und diesem die Bürgschaftsurkunde zurückgewährt (BGH, Urteil vom 02.02.1989, Az.:X ZR 182/87, Rn. 49 zitiert nach juris; Habersack in Münchener Komm, 5. Aufl. 2009, § 765 BGB Rn. 8). Jedoch wird man hier entsprechend der zu § 17 VOB/B ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 09.10.2008 (Az.: VII ZR 227/07, Rn.12f. zitiert nach juris) einen Anspruch des Auftragnehmers auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde auch an sich selbst bejahen, denn die Interessenlage beim Ingenieurvertrag ist mit der beim VOB/B-Werkvertrag vergleichbar.

Begründet hat der Bundesgerichtshof seine Auffassung damit, dass die Interessenlage keine andere sei als im Fall des § 109 ZPO, bei dem auch ein Herausgabeanspruch des Sicherungsgebers gegen den Sicherungsnehmer bejaht werde. Ferner habe der Auftragnehmer ein berechtigtes Interesse daran, die Herausgabe an sich selbst zu verlangen. Denn dies ermögliche es ihm, in einfacher Weise selbst sicherzustellen und zu kontrollieren, dass die Bürgschaftsurkunde nach seiner vertraglichen Verpflichtung dem Bürgen gegenüber diesem wieder zukomme.

Die Interessenlage ist bei dem hier vorliegenden Vertrag über die Erbringung von Planungs- und Koordinationsleistungen mit der beim VOB-Werkvertrag vergleichbar.

c)

Jedoch ist der Sicherungszweck der Bürgschaft nicht entfallen.

Zum einen ist der Nichtbestand der streitgegenständlichen Nachtragsforderungen zwischen den Parteien nicht in einem der Auftragsausführung nachfolgenden Verfahren rechtsverbindlich geklärt, was nach der Sicherungsabrede jedoch Voraussetzung für den Wegfall des Sicherungszwecks ist. Darüber hinaus hat die Klägerin hier auch ihrer Darlegungslast hinsichtlich des Wegfalls der zu sichernden Forderungen nicht genügt, weshalb auch unter diesem Gesichtspunkt von dem Fortbestand des Sicherungszwecks auszugehen ist.

aa)

Der Sicherungszweck bestimmt sich nach dem Inhalt der vertraglichen Sicherungsabrede, die die Parteien hier im Rahmen ihrer anwaltlichen Korrespondenz vor Stellung der Bürgschaft getroffen haben.

Die Beklagte verlangte mit anwaltlichem Schreiben vom 02.10.2009(Anlage K 6, Bl. 109, 110) zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts die Stellung von Bürgschaften für die in den Nachträgen 1 bis 4 bezeichneten Forderungen. Die Klägerin erklärte sich mit Schreiben vom 12.10.2009 (Anlage K4, Bl. 44 d.A.) bereit,„aus pragmatischen Gründen“ und „ohne jedes Präjudiz“ zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts für die Nachtragsangebote Y und Z eine Bürgschaft zu stellen, wobei gemäßdes letzten Absatzes dieses Schriftsatzes in einem nachfolgenden Verfahren geklärt werden sollte, ob und was für ein Anspruch der Beklagten zusteht.

Demnach diente die Stellung der Bürgschaft zum einen der Sicherung der Erfüllung der in den Nachträgen Y und Z bezeichneten Vergütungsforderungen, derer sich die Beklagte gegenüber der Klägerin berühmte. Zwar sind die Ausführungen in der Bürgschaftsurkunde insoweit unklar, als ausgeführt wird, dass die Bürgschaft für die Erfüllung einer etwa bestehenden Zahlungsverpflichtung aus dem Schreiben des Auftragnehmers vom 02.10.2009 gestellt wird, obschon sich in diesem Schreiben die Beklagte noch weiterer Forderungen berühmt. Jedoch ergibt sich aus den in der Bürgschaftsurkunde in Bezug genommenen Schreiben, dass eine Vereinbarung über die Stellung einer Bürgschaft nur zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts hinsichtlich der in den Nachträgen Y und Z bezeichneten Forderungen zustande gekommen ist.Auch der Höchstbetrag der Bürgschaft entspricht der Summe der Bruttoforderungen der Nachträge Y und Z.

Die Hingabe der Sicherheit bezweckte hier jedoch darüber hinaus,den zwischen den Parteien bestehenden Streit darüber, ob und in welchem Umfang der Beklagten die Honorarforderungen gemäß den Nachträgen Y und Z tatsächlich zustehen, auf einen späteren Zeitpunkt hinauszuschieben und der Klärung in einem nachfolgenden zwischen den Parteien zu führenden Verfahren vorzubehalten. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem letzten Absatz des Schreibens vom 12.10.2009 und entspricht hier auch der beiderseitigen Interessenlage der Parteien bei Hingabe der Sicherheit.

Demnach sollte nach dem Willen der Parteien die weitere Auftragsausführung nicht durch die unterschiedlichen Auffassungen der Parteien über den Bestand der Vergütungsforderungen behindert werden, dies insbesondere im Interesse der Klägerin aufgrund ihrer eigenen Leistungsverpflichtung gegenüber ihrem Auftraggeber.Bestätigt wird dies auch durch das Schreiben der Klägerin vom 16.10.2009 (Anlage K 5 zur Klageerwiderung, Bl. 50f. d.A.). Dort führt die Klägerin aus: „Damit die Auseinandersetzung über ihre Vergütung den Planungsprozess nicht behindert, erhalten sie auf Anraten unserer Rechtsberatung eine Zahlungsbürgschaft für die Nachträge Y und Z“. Andererseits sollte die Beklagte hinsichtlich des Insolvenzrisikos bis zur rechtsverbindlichen Klärung durch eine Bürgschaft gesichert werden.

Mit diesem Zweck wäre es jedoch nicht vereinbar, wenn die Klägerin die Bürgschaft sofort nach Hingabe mit der Begründung zurückfordern könnte, die Nachtragsforderungen seien nicht begründet bzw. nicht prüffähig dargelegt, denn dann würde sogleich der unsichere Zustand wiederhergestellt, der durch die Stellung der Sicherheit gerade beseitigt werden sollte.

Dementsprechend beinhaltete die Sicherungsabrede hier ein Stillhalteabkommen der Parteien dahin, dass die Beklagte bis zur Klärung in einem der Auftragserfüllung nachfolgenden Verfahren die streitgegenständlichen Nachtragsforderungen gegenüber der Klägerin nicht durchsetzt und die Klägerin bis dahin auch nicht berechtigt ist, die Bürgschaft zurückzuverlangen.

Dieser Auslegung der Sicherungsabrede steht auch § 10 des Vertrages, der einen vertraglichen Sicherungsanspruch regelt, nicht entgegen. Denn § 10 des Vertrages enthält keine Regelung zu den Voraussetzungen, unter denen die Bürgschaft zurückverlangt werden kann. Bei dieser Auslegung erleidet auch keine der Parteien einen übermäßigen finanziellen Nachteil, denn gemäß § 10 des Vertrages werden die Kosten der Sicherheitsleistung im Ergebnis von jeder Partei in dem Umfang getragen, in dem die Geltendmachung des Leistungsverweigerungsrechts berechtigt bzw. unberechtigt war.

bb)

Demnach ist der Sicherungszweck hier bereits deshalb nicht entfallen, weil zwischen den Parteien bisher nicht rechtsverbindlich in einem gesonderten der Auftragserfüllung nachfolgenden Verfahren geklärt ist, ob die Nachtragsforderungen der Beklagten bestehen. Der Beklagten ist die Berufung auf die nach der Sicherungsabrede erforderliche Klärung in einem nachfolgenden Verfahren auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt.Der Bestand der Nachtragsforderungen ist zwischen den Parteien nach wie vor höchst streitig, so dass die Notwendigkeit einer gerichtlichen Klärung nicht nachträglich entfallen ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte hier den Eintritt der Bedingung treuwidrig verhindert hätte. Die Beklagte befindet sich derzeit unstreitig in der Phase der Schlussabrechnung. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte die Schlussabrechnung treuwidrig verzögert. Die Klägerin hat zudem die Möglichkeit, die Beklagte auf Erteilung der Schlussabrechnung zu verklagen und nach erteilter Schlussabrechnung im Wege der negativen Feststellungsklage das Nichtbestehen der streitgegenständlichen Nachtragsforderungen rechtsverbindlich zwischen den Parteien klären zu lassen.

cc)

Darüber hinaus hat die Klägerin jedoch auch ihrer Darlegungslast hinsichtlich des Wegfalls der zu sichernden Nachtragsforderungen nicht genügt, weshalb auch deshalb von einem Fortbestand des Sicherungszwecks auszugehen ist.

Selbst wenn man der Auffassung der Klägerin folgend die Grundsätze der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei der Rückforderung von Voraus- bzw. Abschlagszahlungen beim Architektenvertrag auf den hiesigen Fall entsprechend anwendet -wofür gute Gründe sprechen, denn die zu sichernde Forderung steht hier gleichfalls unter dem Vorbehalt einer prüffähigen und endgültigen Abrechnung - , hat die Klägerin auch unter Heranziehung dieser Grundsätze ihrer Darlegungslast nicht genügt.

(1)

Zwar kann entgegen der Auffassung der Klägerin die Beweislastverteilung im Rahmen des § 767 Abs.1 BGB auf den hiesigen Fall nicht übertragen werden, denn der Fall ist nicht vergleichbar.§ 767 Abs. 1 BGB regelt den Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen und der Bestand der Hauptverbindlichkeit ist anspruchsbegründende Voraussetzung der Bürgschaftsschuld.

(2)

Jedoch wird man die Darlegungs- und Beweislast für den Wegfall der zu sichernden Forderung aufgrund der insoweit vergleichbaren Interessenlage entsprechend der Darlegungs- und Beweislast im Fall der Rückforderung von Voraus- oder Abschlagszahlungen beim Architektenvertrag beurteilen müssen.

Verlangt der Auftraggeber eines Architekten von diesem die Rückzahlung zuviel geleisteter Voraus- oder Abschlagszahlungen, so verteilt sich die Darlegungs- und Beweislast wie folgt: Der Auftraggeber hat unter zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen darzulegen, dass seinen Vorauszahlungen ein entsprechender Vergütungsanspruch des Architekten nicht gegenübersteht. Hat der Auftraggeber seiner Darlegungslast genügt,so hat der Architekt darzulegen und zu beweisen, dass ihm ein fälliger Honoraranspruch in einer den geleisteten Zahlungen entsprechenden Mindesthöhe zusteht, wozu er auch eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreichen muss (Vygen in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 7. Auflage, 2009, § 8 HOAI, Rn. 61;BGH, Urteil vom 22.11.2007, Az.: VII ZR 130/06, Rn. 16ff. zitiert nach juris). Von dem Auftraggeber kann insbesondere bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages nicht verlangt werden, dass er auf der Grundlage der vertraglichen Pauschalpreisabrede den Honorarteil ermittelt, der auf die vom Architekten nicht erbrachten Leistungen entfällt. Er ist auch nicht verpflichtet, selbst eine prüffähige Abrechnung zu erstellen (BGH, Urteil vom 22.11.2007, Az.: VII ZR130/06, Rn. 16ff. zitiert nach juris).

Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für Voraus- oder Abschlagszahlungen beim Bauvertrag (BGH, Urteil vom 11.02.1999,Az.: VII ZR 399/97, Rn. 22ff.; Urteil vom 24.01.2002, Az.: VII ZR196/00, Rn. 17ff. zitiert nach juris) und auch im Rahmen eines Anspruchs auf Rückzahlung geleisteter Abschlagszahlungen aus Bereicherungsrecht (BGH, Urteil vom 08.07.2004; Az.: III ZR 435/02,zitirt nach juris).

Die entsprechende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in diesen Fällen rechtfertigt sich daraus, dass die Vereinbarung von Voraus- oder Abschlagszahlungen gleichzeitig die vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers zur Abrechnung seiner Leistungen begründet. Denn die Zahlung steht nach dem Willen der Vertragsparteien unter dem Vorbehalt einer endgültigen Abrechnung und hat nur vorläufigen Charakter (BGH, Urteil vom 11.02.1999, Az.:VII ZR 399/97, Rn. 22ff.; Urteil vom 24.01.2002, Az.: VII ZR196/00, Rn. 19 jeweils zitiert nach juris).

Diese Erwägungen treffen auch auf den vorliegenden Fall der Sicherheitsleistung durch (einfache) Bürgschaft für mögliche/voraussichtliche Honoraransprüche zu. Die Sicherheitsleistung für voraussichtliche/mögliche Ansprüche trägt ebenso den Charakter der Vorläufigkeit in sich wie die Voraus- oder Abschlagszahlung und auch hier wird man eine Verpflichtung des Sicherungsnehmers zur endgültigen Abrechnung annehmen müssen, weil anderenfalls der Sicherungsgeber bei unterlassener Abrechnung keine Möglichkeit hat, seine Sicherheit zurückzuverlangen. Insbesondere beinhaltet die Stellung der Sicherheit in diesem Fall kein Anerkenntnis der zu sichernden Forderung, denn sie wurde zur Abwendung eines Zurückbehaltungsrechts wegen „möglicher“ Ansprüche“ gewährt.

Für die Vorläufigkeit spricht im konkreten Fall auch der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Sicherungsabrede, denn in dem Schreiben der Rechtsanwälte B vom 12.10.2009 wird ausgeführt, dass die Sicherheitsleistung „ohne jegliches Präjudiz“gewährt wird (Bl. 45 d.A.) und dass in einem „nachfolgenden Verfahren zu klären sein wird, ob und was für ein Anspruch“ (Bl. 46 d.A.) besteht.

Ferner wird auch für den Fall der Rückforderung einer Bürgschaft gemäß § 648 a BGB angenommen, dass auf den Rückgewähranspruch die Grundsätze der Rückzahlung geleisteter Voraus- bzw.Abschlagszahlungen entsprechend anzuwenden seien (vgl.Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 06.04.2004, Az.: 11U 79/03, Rn. 35f.; Oberlandesgericht des Landes Sachsen–Anhalt, Urteil vom 09.02.2007, Az.:10 U 47/05, Rn.28ff., im Ergebnis wohl auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.02.2009, Az.: 3 U 247/07 Rn. 4 - dem Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts folgend; jeweils zitiert nach juris). Zwar setzen diese Entscheidungen dies in ihren Ausführungen nicht konsequent um. Denn es werden zwar einerseits die Grundsätze über die Rückzahlung von Überzahlungen für entsprechend anwendbar erklärt, andererseits wird aber angenommen, dass die Darlegungs-und Beweislast für das Nichtbestehen der Werklohnforderung im Rahmen der Rückforderung der Sicherheit beim Auftraggeber liege (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 06.04.2004,Az.: 11 U 79/03, Rn. 35f.; Oberlandesgericht des Landes Sachsen–Anhalt, Urteil vom 09.02.2007, Az.:10 U 47/05, Rn.28ff.). Im Ergebnis aber haben die genannten Entscheidungen den Rückforderungsanspruch an der unzureichenden Darlegung des Auftraggebers scheitern lassen.

(3)

Unter Heranziehung der genannten Grundsätze hätte die Klägerin unter zumutbarer Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehenden Quellen darlegen müssen, dass kein Vergütungsanspruch der Beklagten gemäß den Nachträgen Y und Z in Betracht kommt.

Diesen Anforderungen hat die Klägerin jedoch nicht genügt. Dabei ist hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst Architekten- und Ingenieurleistungen erbringt und fachkundig ist. Die Beklagte ist als Subplanerin im Rahmen des Auftragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der C tätig, d.h. die Klägerin hat hier genaue Kenntnisse über die zu erbringenden Leistungen. Zudem liegen der Klägerin die Schreiben der Beklagten vom 18.09.2009 (Anlage K 2)nebst Anlagen vor, die konkrete Ausführungen zu den Nachtragsforderungen beinhalten.

Die Klägerin hat jedoch in dem hiesigen Verfahren nicht nachvollziehbar und substantiiert dargelegt, weshalb der Beklagten die in den Nachträgen Y und Z nebst Anhängen näher bezeichneten Honorarforderungen sei es dem Grunde oder der Höhe nach nicht zustehen. Dass der Klägerin dies möglich gewesen wäre, ergibt sich aus ihrem Schreiben vom 16.10.2009 (Anlage K 5 zur Klageerwiderung,Bl. 5ff. d.A.), indem sie sich mit den streitgegenständlichen Nachtragsforderungen inhaltlich auseinandersetzt. Jedoch hat die Klägerin die dortigen Ausführungen nicht in nachvollziehbarer Weise in das hiesige Verfahren eingeführt.

2.

Die in der Berufungsinstanz erhobene Zwischenfeststellungklage ist mangels Vorgreiflichkeit des festzustellenden Rechtsverhältnisses bereits unzulässig.

Zwar ist die Zwischenfeststellungsklage unabhängig von den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig, denn die verfahrensrechtliche Sonderstellung der Zwischenfeststellungsklage wird durch die Erwägung gerechtfertigt, dass eine derartige Feststellungsklage sich zwangsläufig auf dasselbe Rechtsverhältnis stützt wie die Klage (BGHZ 53, 92, 94).

Jedoch fehlt es hier an der für die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO erforderlichen Vorgreiflichkeit des festzustellenden Rechtsverhältnisses für die Entscheidung in der Hauptsache.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Zwischenfeststellungsklage die Feststellung, dass der Beklagten aus ihren Angeboten „Y“ und „Z“ vom 18.09.2009 kein Werklohn(Honorar) zusteht. Diese Frage ist jedoch für die Entscheidung über den Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde nicht vorgreiflich, weil der Anspruch auf Rückgewähr der Bürgschaft nach der vertraglichen Sicherungsabrede unter der zusätzlichen Bedingung steht, dass das Nichtbestehen der Nachtragsforderungen in einem gesonderten der Auftragsdurchführung nachfolgenden Verfahren zwischen den Parteien rechtsverbindlich festgestellt ist. Daran fehlt es hier unstreitig, so dass die Klägerin, unabhängig davon, ob die streitgegenständlichen Nachtragsforderungen bestehen oder nicht bestehen, derzeit keinen Anspruch auf Rückgewähr der Bürgschaftsurkunde hat.

Darüber hinaus wäre, auch wenn man den Sicherungszweck entsprechend der Ansicht der Klägerin nur an den Bestand bzw.Nichtbestand der zu sichernden Forderungen knüpft, die Zwischenfeststellungsklage jedenfalls im Hinblick auf die ungenügende Darlegung der Klägerin nicht begründet.

Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kann im Hinblick auf die Zwischenfeststellungsklage keine andere sein als bei der Hauptsacheklage.

So hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 09.03.1994 (Az.:VIII ZR 165/93, Rn. 14, zitiert nach juris) entschieden, dass die Beweislastverteilung im Rahmen der Zwischenfeststellungsklage keine andere sein könne als bei der Hauptsacheklage. Dies habe seinen Grund in dem Zweck und der Natur der Zwischenfeststellungsklage.Sie solle, da die Rechtskraft der Entscheidung des Hauptprozesses nur den Klageanspruch und nicht das päjudizielle Rechtsverhältnis ergreife, die Ausdehnung der Rechtskraftwirkung auf den Grund der Klage ermöglichen und so die Entscheidung einer Frage, die in dem Urteil über die Hauptsache ohnehin zu treffen sei, auch für das vorgreifliche Rechtsverhältnis nutzbar machen. Der Gleichlauf der Verteilung der Beweislast habe zur Folge, dass sich die Entscheidung in der Hauptsache und diejenige über die Zwischenfeststellung auch nicht widersprechen könnten.

Diese Erwägungen treffen auch auf die Verteilung der Darlegungslast zu. Auch hier gebietet sich aus den vom Bundesgerichtshof angeführten Gründen ein Gleichlauf im Rahmen der Hauptsache und der Zwischenfeststellungsklage. Denn allein die Erhebung einer Zwischenfeststellungsklage, deren Zulässigkeit sich allein aus der Feststellung eines für die Hauptsache vorgreiflichen Rechtsverhältnisses rechtfertigt, kann nicht zur Veränderung der Darlegungslast hinsichtlich einer für den Hauptanspruch notwenigen Anspruchsvoraussetzung führen. Anderenfalls könnten die Klage in der Hauptsache und die Zwischenfeststellungsklage zu sich widersprechenden Entscheidungen führen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist nicht geboten, denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO). Der Rechtsstreit hat eine Einzelfallentscheidung zum Gegenstand, die auf der Auslegung einer Sicherungsabrede anhand der konkreten Vereinbarungen der Partei beruht. Der Fall wirft auch keine Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auslegung von Gesetzesvorschriften oder der Schließung von Gesetzeslücken auf, die ein Bedürfnis für eine Leitsatzentscheidung begründen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.