LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.05.2013 - 5 Sa 78/13
Fundstelle
openJur 2014, 28446
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14.11.2012 - 8 Ca 1434/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin als Krankenschwester ohne Ableistung von Nachtschichten zu beschäftigen, und um Ansprüche auf Arbeitsentgelt.

Die am ...1963 geborene Klägerin ist seit 01.09.1983 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern als Krankenschwester im Schichtdienst tätig (Arbeitsvertrag vom 17.09.1982, Bl. 8/ 9 der A. sowie Änderungsarbeitsvertrag vom 01.07.1991, Bl. 12/ 13 d. A.). Aufgrund eines bis zum 31.07.2013 befristeten weiteren Änderungsvertrages vom 20.04.2012 wird sie seit dem 01.07.2012 als Teilzeitbeschäftigte mit 75 % der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit beschäftigt. Die durchschnittliche Bruttomonatsvergütung der Klägerin einschließlich gezahlter Zuschläge und Nebenbestandteile betrug zuletzt 2.917,72 €.

In § 2 des Änderungsvertrages vom 01.07.1991 ist vereinbart:

"Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag-Ost (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung sowie nach den für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Art. 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung."

Bei der Beklagten wurde als Haustarifvertrag der TV-EvB vereinbart. § 6 Abs. 5 TV-EvB lautet auszugsweise:

"(5) Die Beschäftigten sind im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten zu leisten von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht-, Schichtarbeit sowie ... verpflichtet."

Die Krankenschwestern bei der Beklagten arbeiten im Schichtdienst, wobei die Frühschicht von 06.00 Uhr bis 14.30 Uhr, die Zwischenschicht von 11.30 Uhr bis 22.00 Uhr, die Spätschicht von 14.00 Uhr bis 22.30 Uhr und die Nachtschicht von 21.45 Uhr bis 06.15 Uhr dauern.

Grundsätze der Dienstplangestaltung bei der Beklagten sind in einer Betriebsvereinbarung vom 01.08.2011 (Bl. 249 bis 255 d. A.) niedergelegt. In § 3 Abs. 4 und 6 dieser Betriebsvereinbarung heißt es:

"(4)Die Stations-/Bereichsleitungen sollen den Einsatz der Beschäftigten aktiv steuern, unter Beachtung arbeitsphysiologischer Gesichtspunkte vorwärts rotierend in Früh-, Spät- und Nachtdiensten. Hierbei ist eine gleichmäßige Planung in Bezug auf Freizeitausgleich, freie Tage, Schichtfolgen, Einsatz an Feiertagen, Voll- und Teilzeitbeschäftigung unter Erreichung der individuell geschuldeten Arbeitszeit anzustreben. Sofern betriebliche Erfordernisse oder berechtigte Belange anderer Beschäftigter nicht entgegenstehen, sind individuelle Wünsche bei der Dienstplangestaltung zu berücksichtigen.

(6)Die Schichtfolge im Nachdienst ist auf maximal 3 Nächte beschränkt. Nach schriftlicher Vereinbarung mit dem Beschäftigten kann die Schichtfolge freiwillig im Nachtdienst auf maximal 5 Nächte in Folge erhöht werden. ... "

Die Klägerin ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, Nachtdienste zu leisten, da sie medikamentös behandelt wird und diese Medikamente zum Einschlafen führen.

Laut Dienstplan wurde die Klägerin seit Dezember 2011 durchschnittlich zweimal im Monat zum Nachtdienst eingeteilt. Diese Nachdienste tauschte die Klägerin mit anderen Mitarbeitern der Beklagten weg.

Nach einer betriebsärztlichen Untersuchung am 30.04.2012, die ebenfalls zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage ist, im Nachdienst tätig zu sein, wurde die Klägerin am 12.06.2012 nach ihrem Frühdienst vom Pflegedirektor nach Hause geschickt unter der Versicherung, sie werde für die nächsten 6 Wochen Entgeltfortzahlung erhalten.

Mit Schreiben vom 14.06.2012 (Bl. 49 d. A.) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie nicht arbeitsunfähig sei, und bot ausdrücklich ihre Arbeitsleistung an. Die Beklagte teilte ihr mit Schreiben vom 12.07.2012 (Bl. 51 d. A.) mit, dass sie mangels Nachtdiensttauglichkeit zur Zeit arbeitsunfähig sei. Die B. Ersatzkasse informierte die Klägerin am 19.07.2012 darüber, dass sie mangels bescheinigter Arbeitsunfähigkeit kein Krankengeld leisten werde.

Die Beklagte rechnete für Juli 2012 1.771,38 € brutto (Abrechnung Bl. 146 d. A.), für August 2012 144,34 € brutto (Abrechnung Bl. 147 d. A.) und für September 2012 90,04 € brutto (Bl. 148 d. A.) ab. Von der Bundesagentur für Arbeit erhielt die Klägerin nach Bewilligungsbescheid vom 31.08.2012 (Bl. 142/ 143 d.A.) für den Zeitraum vom 25.07.2012 bis zum 31.08.2012 1.344,95 € (Kontoauszug Bl. 145 d. A.) und für den Zeitraum vom 01.09.bis zum 30.09.2012 1.090,50 € (Kontoauszug Bl. 144 d. A.) Arbeitslosengeld gem. § 136 SGB III.

Mit der am 24.07.2012 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Beschäftigung als Krankenschwester ohne Ableistung von Nachtschichten und mit am 08.11.2012 zugestellter Klageerweiterung auf Zahlung weiteren Arbeitsentgelts für die Monate Juli bis Oktober 2012 abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes in Anspruch genommen.

Sie hat gemeint, die Beklagte sei verpflichtet, sie weiterhin als Krankenschwester im Schichtdienst zu beschäftigen, ohne dass sie Nachtschichten leisten müsse. Sie habe aufgrund von Pflichten zur Rücksichtnahme ihr Direktionsrecht so auszuüben, dass sie in allen Schichten mit Ausnahme der Nachtschichten einzuteilen sei. Der bisherige Verlauf einschließlich des Nachtdiensttausches habe gezeigt, dass dies organisatorisch möglich sei. Die Beklagte schulde die Vergütungsdifferenzen abzüglich des Arbeitslosengeldes aus Annahmeverzug, zumindest aber als Schadensersatz wegen Verletzung von Rücksichtnahmepflichten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, sie auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 17.09.1982 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 01.07.1991 und vom 20.04.2012 als Krankenschwester ohne die Ableistung von Nachtschichten zu beschäftigen,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.665,16 € brutto abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 3.525,95 € netto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 08.11.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, sie sei nicht zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verpflichtet, da diese die geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr in vollem Umfang erbringen könne und unstreitig nachtdienstuntauglich sei. Da es keine Tagesarbeitsplätze gebe, könne ihr auch kein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden. Eine gleichmäßige Verteilung des Nachtbetriebes auf die Arbeitnehmer sei - auch im Hinblick auf ihre eingeschränkten finanziellen und personellen Ressourcen - erforderlich. Wegen der tarifvertraglichen Festschreibung der Tätigkeit der Klägerin im Schichtdienst könne sie ihr Direktionsrecht auch nicht anders ausüben. Mangels Leistungsfähigkeit habe die Klägerin keinen Anspruch auf Verzugsentgelt. Ein Schadensersatzanspruch bestehe ebenfalls nicht, da ihrerseits eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht vorliege. Ein konkreter Schaden sei nicht ersichtlich, da die Klägerin infolge Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld habe. Da sie diesen nicht aktiv gegen ihre Krankenkasse verfolgt habe, liege zumindest ein Verstoß gegen die ihr obliegende Schadensminderungspflicht vor.

Mit Urteil vom 14.11.2012 - 8 Ca 1434/12 -, auf dessen Tatbestand (Bl. 152 bis 155 d. A.) wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in erster Instanz Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Potsdam der Klage stattgegeben.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen arbeitsvertraglich begründeten Anspruch auf Beschäftigung als Krankenschwester im Schichtdienst, der nicht infolge ihrer Nachtdienstuntauglichkeit untergegangen sei. Hierdurch sei die Klägerin nicht arbeitsunfähig, sondern lediglich krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähig. Die Beklagte müsse darauf bei Ausübung ihres Ermessens hinsichtlich der Festlegung der Zeit der Arbeitsleistung gemäß § 106 Abs. 3 GewO, § 315 BGB Rücksicht nehmen. In dem 1000-Betten-Haus, in dem rund um die Uhr gearbeitet werde, sei es der Beklagten tatsächlich möglich und insbesondere im Hinblick auf die langjährige Betriebszugehörigkeit der Klägerin zumutbar, ihr durch Einteilung in den Dienstplan Tätigkeiten in Frühschichten, Zwischenschichten und Spätschichten unter Ausplanung des Nachtdienstes zuzuweisen. Das Wegtauschen des Nachtdienstes in der Vergangenheit deute darauf hin, dass tatsächliche Gründe dem nicht entgegenstünden. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass die Station, auf der die Klägerin arbeite, personell zu eng besetzt sei, um im Schnitt 2,2 Nachtschichten im Monat anderen Bediensteten zu übertragen, oder dass die Übertragung dieser Nachtschichten dem Schutz und Willen anderer Arbeitnehmer zuwiderlaufe, die durchaus ein Interesse daran haben könnten, diese zu übernehmen. Auch schreibe § 6 Abs. 4 TVöD der Beklagten nicht vor, wie sie im Rahmen betrieblicher Notwendigkeiten den Dienstplan für ihre Beschäftigten gestalte. Die Klägerin verlange keine andere Tätigkeit, sondern nur ein geändertes Zeitfenster für die Ausübung ihrer Tätigkeit. Sie sei nicht leistungsunfähig im Sinne von § 297 BGB, da es der Beklagten möglich und zumutbar sei, ihr im Rahmen des Direktionsrechts eine leidensgerechte vertragsmäßige Arbeit im Schichtdienst - mit Ausnahme der Nachtschichten - zuzuweisen. Die der Entscheidung des BAG vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - zugrunde liegenden Voraussetzungen seien nicht gegeben. Da die Klägerin keine andere Tätigkeit, sondern nach wie vor die Tätigkeit als Krankenschwester im Schichtdienst angeboten habe, sei die Beklagte im Rahmen der Interessenabwägung bei Ausübung ihres Direktionsrechtes verpflichtet, auf ihre Leistungsminderung - was die Nachtschicht betrifft - Rücksicht zu nehmen. Wenn sie die Klägerin überhaupt nicht zur Arbeit oder dennoch zu Nachtschichten einteile, könne von einer wirksamen Ausübung des Direktionsrechts keine Rede sei. Da die Klägerin weder leistungsunfähig noch arbeitsunfähig sei, sei die Beklagte in Annahmeverzug geraten und schulde ihr die der Höhe nach unstreitige Differenzvergütung abzüglich des Arbeitslosengeldes. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 155 bis 160 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses, der Beklagten am 20.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 14.01.2013 eingegangene, gleichzeitig begründete Berufung.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin stehe aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Beschäftigung als Krankenschwester ohne die Ableistung von Nachtschichten zu.

§ 106 GewO zeige zwar auf, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen ein Arbeitgeber sein Direktionsrecht rechtlich zulässig ausüben könne, stelle die von der Klägerin gesehene Anspruchsrichtung jedoch nicht zur Verfügung. Die Zuweisung einer Tätigkeit als Krankenschwester ohne die Ableistung von Nachtschichten würde keine Ausübung des Direktionsrechts bedeuten. Eine derart gravierende Änderung im Arbeitsverhältnis wäre nur im Wege einer Änderungskündigung möglich. Ein Tagesarbeitsplatz (Schichtdienst ohne Nachtschicht) stehe bei ihr nicht zur Verfügung und könne aus Gründen der Gleichbehandlung auch nicht geschaffen werden, auch wirtschaftlich wäre dies nicht möglich. Ein Vergütungsanspruch sei ebenfalls nicht gegeben. Das Arbeitsgericht habe diesbezüglich die neuen prozessualen Spielregeln im Bereich der alternativen Klagehäufung nicht berücksichtigt. Das BAG habe in der Entscheidung vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - seine bisherige Rechtsprechung weg von einem möglichen Anspruch aus Annahmeverzug hin zu einem möglichen Anspruch auf Schadensersatz entwickelt. Danach mangle es bereits an einem (hinreichend präzisierten) Angebot der Klägerin. Selbst wenn ein solches Angebot vorliegen würde, sei dies ohne Belang, solange sie nicht durch Ausübung des Direktionsrechts die Klägerin im Sinne von § 294 BGB zu irgendeiner Arbeitsleistung bestimmt habe, was unstreitig nicht der Fall sei. Auch bestehe bei ihr eine Betriebsvereinbarung über die Erstellung der monatlichen Dienstpläne und sei dabei die Mitbestimmung des Betriebsrats zu beachten. Sie sei in einer derartigen Konstellation auch nach der Rechtsprechung des BAG nicht verpflichtet, einen "leidensgerechten" Arbeitsplatz neu zu schaffen. Ergänzend nehme sie, insbesondere auch zur Ebene des Schadensersatzanspruches, auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:

Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14.11.2012 - 8 Ca 1434/12 - wird die Klage abgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Klägerin behauptet, das langjährige Ableisten der Nachdienste sei u.a. Ursache ihrer nun vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung. Sie beanspruche keinen reinen Tagesarbeitsplatz. Sie sei in der Lage, in sämtlichen Schichten mit Ausnahme der Nachtschichten zu arbeiten. Die Klägerin weist darauf hin, dass die Beklagte sie nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung mit dem ausdrücklichen Ausschluss eines Präjudizes seit dem 26.11.2012 auf der Station C 7 (Gefäß- und Thoraxchirurgie mit Lungenzentrum) in sämtlichen Schichten mit Ausnahme des Nachtdienstes beschäftige, auf der zur Zeit im Pflegebereich 18 Mitarbeiter arbeiteten. Ein "Wegtauschen" der Nachtdienste habe es lediglich ab dem 02.07.2011 auf Anweisung des Pflegedirektors gegeben. Eine ausdrückliche arbeits- bzw. tarifvertragliche Regelung, wonach sie zur Leistung von Schichtdienst verpflichtet sei, gebe es nicht. Nach § 3 Abs. 4 der Betriebsvereinbarung über die Grundsätze der Dienstplangestaltung seien individuelle Wünsche bei der Dienstplangestaltung zu berücksichtigen, sofern betriebliche Erfordernisse oder die Belange anderer Beschäftigter nicht entgegenstünden. Zu diesen Belangen gehöre auch eine nicht bestehende Nachtdiensttauglichkeit. Die seit Juli 2011 bestehende Praxis des "Wegtauschens" und die seit November 2012 unterbleibende Schichteinteilung in Bezug auf den Nachtdienst zeige, dass bei der Beklagten grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, ihre Belange umzusetzen, und dass entgegenstehende betriebliche oder anderweitige persönliche Belange, die einen solchen Einsatz ausschließen würden, nicht bestehen. Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, das die von ihr begehrte Beschäftigung nicht aus dem Annahmeverzug der Beklagten, sondern aus deren Direktionsrecht nach § 106 GewO herleite, das die Beklagte mit der Ablehnung ihrer Weiterbeschäftigung nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Der Fall, der der Entscheidung des BAG vom 19.05.2010 zugrunde gelegen habe, sei nicht vergleichbar. Einen Anspruch auf Ausübung billigen Ermessens aus § 106 GewO ggfs. i.V.m. § 315 BGB habe sie allemal. Auch der Vergütungsanspruch stehe ihr zu. Ihr Arbeitsangebot vom 14.06.2012 sei hinreichend präzisiert gewesen. Da die Beklagte dieses mit Schreiben vom 12.07.2012 abgelehnt habe, sei sie in Annahmeverzug geraten. In der Konsequenz habe das Arbeitsgericht einen Anspruch auf Schadensersatz nicht weiter geprüft. Ginge man hilfsweise davon aus, dass ein annahmeverzugsbegründendes Angebot nicht vorgelegen habe, weil die Tätigkeit ohne Nachtdienst eine abweichende Tätigkeit darstelle, wäre die Beklagte aus dem Arbeitsvertrag verpflichtet, ihr einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen, was ihr möglich und zumutbar sei. Es handle sich insoweit nicht um eine alternative Klagehäufung im Sinne der Rechtsprechung des BGH vom 24.03.2011, da keine unterschiedlichen Streitgegenstände, sondern bei gleichbleibendem Klageantrag und Lebenssachverhalt nur unterschiedliche Anspruchsgrundlagen vorlägen. Auch habe sie in dieser Instanz die Reihenfolge der Anspruchsgrundlagen konkret bestimmt. Sie sei nicht arbeitsunfähig krank und daher auch nicht in der Lage, Krankengeld zu beziehen. Auch habe sie Arbeitslosengeld bezogen, was einen Anspruch auf Krankengeld ausschließe. Sie sei daher auch nicht zur Verfolgung eines solchen Anspruches verpflichtet gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze der Beklagten und Berufungsklägerin vom 14.01.2013 (Bl. 175 bis 183 d. A.), vom 13.03.2013 (Bl. 260 bis 263 d. A.) und vom 28.05.2013 (Bl. 278 bis 284) sowie die Schriftsätze der Klägerin und Berufungsbeklagten vom 28.01.2013 (Bl. 190/ 191 d. A.), vom 11.03.2013 (Bl. 229 bis 259 d. A.), vom 14.05.2013 (Bl. 276/ 277 d. A.) und vom 29.05.2013 (Bl. 289/ 290 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b) ArbGG statthafte sowie gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung der Beklagten blieb in der Sache erfolglos.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht in vollem Umfang stattgegeben. Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz führte nicht zu einer anderen Entscheidung.

I.

Die zulässige Klage ist insgesamt begründet.

1.

Die Klage ist mit beiden Anträgen als Leistungsklage zulässig.

Das Zahlungsbegehren ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Soweit die Klägerin ihr Zahlungsbegehren auf zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen, Annahmeverzug und Schadensersatz, stützt, hat sie jedenfalls zweitinstanzlich im Sinne der Rechtsprechung des BGH (vgl. Hinweisbeschluss vom 24.03.2011 - I ZR 108/09) in ausreichender Weise bestimmt, in welcher Reihenfolge sie die prozessualen Ansprüche geltend machen will. Aus den Ausführungen der Klägerin auf Seite 12 unter Ziffer 2.) der Berufungsbeantwortung wird hinreichend deutlich, dass sie den Zahlungsantrag nur hilfsweise mit einem Schadensersatzanspruch begründen will.

2.

Die Beklagte war auf der Grundlage des mit der Klägerin geschlossenen Arbeitsvertrages in Verbindung mit dem Anspruch der Klägerin auf billige Ermessensausübung gemäß § 106 GewO und § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB zu deren Beschäftigung als Krankenschwester ohne Ableistung von Nachtschichten zu verurteilen.

2.1

Der Arbeitnehmer hat aus §§ 611, 613, 242 BGB in Verbindung mit Art. 1 und 2 GG (dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht) und dem Arbeitsvertrag grundsätzlich einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung (vgl. Beschluss des Großen Senats des BAG vom 27.02.1985 - GS 1/84 -, EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9). Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Leistungsbestimmung des Arbeitgebers entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. Urteil des BAG vom 13.03.2007 - 9 AZR 433/06 -, AP Nr. 26 zu § 307 BGB). Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil getroffen.

2.2

Bei Beachtung dieser Grundsätze ist die Beklagte verpflichtet, die Klägerin als Krankenschwester ohne Ableistung von Nachtschichten zu beschäftigen. Der Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung folgt aus dem Arbeitsvertrag der Parteien. Die bis zum 12.06,2012 von der Beklagten praktizierte Zuweisung von Nachtdiensten an die Klägerin entsprach nicht billigem Ermessen. Eine Bestimmung des zeitlichen Einsatzes der Klägerin ohne Ableistung von Nachtschichten war deshalb durch Urteil zu treffen.

2.2.1Die Klägerin hat nach §§ 611, 613, 242 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Art. 1 und 2 GG aus dem Arbeitsvertrag vom 17.09.1982 in der Fassung der Änderungsverträge vom 01.07.1991 und vom 20.04.2012 einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung als Krankenschwester im Schichtdienst gegenüber der Beklagten.

Die Klägerin ist wegen ihrer gesundheitlich bedingten Unfähigkeit, Nachtdienste zu leisten, nicht arbeitsunfähig. Die fehlende Fähigkeit zur Leistung von Nachtdiensten, die auf der gesundheitlich erforderlichen Einnahme von Medikamenten, die zum Einschlafen führen, beruht, schränkt ihren möglichen Einsatz als Krankenschwester nicht grundsätzlich ein. Vielmehr ist sie danach nur eingeschränkt leistungsunfähig, nicht aber arbeitsunfähig. Dies folgt aus der Einschätzung der die Klägerin behandelnden Ärzte, die sie seit dem 12.04.2012 nicht mehr arbeitsunfähig krankgeschrieben haben. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass in der betriebsärztlichen Untersuchung vom 30.04.2012 eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin festgestellt worden wäre. Die Feststellung der Beklagten im Schreiben vom 12.07.2012 war deshalb unzutreffend und die Nichtzuweisung von Arbeit an die Klägerin ab dem 13.06.2012 nicht aufgrund von Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt.

2.2.2Die Beklagte war in Ausübung des ihr nach § 106 Satz 1 und 3 GewO obliegenden billigen Ermessens bei der Gestaltung der Dienstpläne verpflichtet, die Klägerin nicht für Nachtdienste einzuteilen.

2.2.2.1Arbeitsvertragliche, kollektivvertragliche oder gesetzliche Regelungen verpflichten die Beklagte nicht zur Zuweisung von Nachdiensten an die Klägerin. Der Arbeitsvertrag der Parteien, Bestimmungen des Haustarifvertrages, der Betriebsvereinbarung vom 01.08.2011 oder gesetzliche Vorschriften legen nicht fest, in welchem Arbeitszeitregime die Beklagte die Klägerin einzusetzen hat.

Der Arbeitsvertrag vom 17.09.1982 verpflichtet die Beklagte nur zu deren Einsatz als Krankenschwester im Schichtdienst, ohne dass Nachtdienste ausdrücklich erwähnt werden. Selbst wenn sich die von der Klägerin geschuldete Arbeitsleistung nach den vielen Jahre ihrer Schichtarbeit einschließlich Nachtdiensten auf eine derartige Tätigkeit konkretisiert hätte, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, begründete dies allenfalls ein Vertrauen der Klägerin, auch künftig im Rahmen der Schichtarbeit zur Nachtarbeit herangezogen zu werden, nicht aber eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin auch dann im Nachtdienst zu beschäftigen, wenn deren gesundheitliche Konstitution dies nicht mehr zulässt. Eine Herausnahme der Klägerin aus den Nachtschichten im Rahmen der Dienstplangestaltung war der Beklagten nach dem Arbeitsvertrag der Parteien auch ohne weiteres möglich, ohne dass es hierfür einer Änderungskündigung bedurfte, wie die Beklagte gemeint hat.

Soweit § 6 Abs. 5 TV-EvB eine Verpflichtung der Klägerin zur Leistung von Nachtarbeit begründet, lässt sich daraus ebenfalls keine Bindung der Beklagten an einen derartigen Einsatz der Klägerin herleiten.

In § 3 Abs. 4 der Betriebsvereinbarung vom 01.08.2011 ist zwar grundsätzlich ein gleichmäßiger, rotierender Einsatz der Beschäftigten in Früh-, Spät- und Nachtdiensten vorgesehen, jedoch ausdrücklich auch bestimmt, dass individuelle Wünsche bei der Dienstplangestaltung zu berücksichtigen sind, sofern betriebliche Erfordernisse oder berechtigte Belange anderer Beschäftigter nicht entgegenstehen. Dass betriebliche Erfordernisse in dem 1000-Betten-Haus der Beklagten einer Herausnahme der Klägerin aus dem Nachtdienst entgegenstehen, der bisher durchschnittlich nur 2,2 Schichten im Monat beinhaltete, war nicht erkennbar. Die Beklagte hat weder vorgetragen, dass knappe personelle Kapazitäten in den ggfs. in Frage kommenden Abteilungen einen derart eingeschränkten Einsatz der Klägerin im Schichtdienst unmöglich machten, noch hat sie ausgeführt, aufgrund welcher durch die Herausnahme der Klägerin aus dem Nachtdienst entstehenden wirtschaftlichen Belastungen ihr dies unmöglich wäre. Auch berechtigte Belange anderer Beschäftigter hat die Beklagte nicht in der erforderlichen konkreten Weise vorgetragen. Zwar werden bei dauernder Herausnahme der Klägerin aus dem Nachtdienst andere Beschäftigten vermehrt zu Nachtschichten herangezogen. Die Beklagte hat indes nicht ausgeführt, dass dadurch die in § 3 Abs. 6 der Betriebsvereinbarung bestimmten Vorgaben für die Schichtfolgen im Nachtdienst überschritten würden. Die Beklagte war deshalb in der Lage, die individuellen Wünsche der Klägerin, die sich aus ihrer Nachtdienstuntauglichkeit ergaben, zu berücksichtigen. Auch die Regelungen in der Betriebsvereinbarung verpflichteten die Beklagte daher nicht zu einem Einsatz der Klägerin in Nachtdiensten. Der Betriebsrat könnte im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts die Beklagte ebenfalls nicht verpflichten, die Klägerin entgegen der bestehenden Nachtdienstuntauglichkeit in der Nachtschicht einzusetzen.

Als gesetzliche Regelung, die eine Verpflichtung der Beklagten zu einem Einsatz der Klägerin auch im Nachtdienst begründen könnte, kam allenfalls § 75 Abs. 1 BetrVG bzw. der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht. Auch dieser hinderte die Beklagte indes nicht an einer Herausnahme der Klägerin aus den Nachtdiensten, da mit ihrer Nachtdienstuntauglichkeit ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Beschäftigten gegeben war.

2.2.2.2Bei der Unfähigkeit der Klägerin zur Nachtarbeit handelte es sich um eine Behinderung im Sinne von § 106 Satz 3 GewO. Der Begriff der Behinderung im Sinne dieser Vorschrift ist weiter als der des SGB IX (vgl. ErfK-Preis, 13. Aufl., Rn. 22 zu § 106 GewO). Er erfasst daher auch Behinderungen, die nicht die Voraussetzungen des § 2 SGB IX erfüllen. Die Klägerin ist infolge ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung behindert im Sinne dieser Vorschrift, da sie ihre Tätigkeit als Krankenschwester in der Nacht nicht mehr ausüben kann. Darauf hatte die Beklagte in Ausübung ihres Ermessens bei Gestaltung der Dienstpläne Rücksicht zu nehmen.

2.2.2.3Indem die Beklagte die Klägerin bis zum 12.06.2012 in ihren Dienstplänen für Nachtdienste einplante, hat sie ihre Befugnis zur Festlegung der Zeit der Arbeitsleistung der Klägerin gemäß § 106 Satz 1 GewO nicht nach billigem Ermessen ausgeübt. Dabei konnte dahinstehen, ob der von der Klägerin vorgetragene, von der Beklagten bestrittene Umstand, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin auch durch die jahrelange Heranziehung zu Nachtdiensten verursacht wurde, von der Beklagten hätte berücksichtigt werden müssen. Es konnte jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Beklagte bei ihrer bis zum 12.06.2012 erfolgten Einbeziehung der Klägerin in den Nachtdienst im Rahmen der Dienstpläne die beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin angemessen berücksichtigt hat.

Die Nachtdienstuntauglichkeit begründete ein bei der Planung des zeitlichen Einsatzes der Beschäftigten im Rahmen der Dienstplangestaltung durch die Beklagte zu beachtendes Interesse der Klägerin, sie nicht mehr für Nachtdienste einzuteilen. Für die Berücksichtigung dieses Interesses der Klägerin sprachen zudem ihr Lebensalter von 49 Jahren, ihre seit 29 ½ Jahren währende Betriebszugehörigkeit und die Tatsache, dass sie jahrzehntelang für die Beklagte im Schichtdienst auch Nachtschichten geleistet hatte. Auch war ihre infolge gesundheitlicher Beeinträchtigung begründete Unfähigkeit, Nachtdienste zu leisten, nach § 106 Satz 3 GewO bei der Ermessensausübung der Beklagten als Behinderung zu berücksichtigen. Auf Seiten der Beklagten waren demgegenüber keine wesentlichen betrieblichen Belange feststellbar, die einer Einplanung der Klägerin in die Dienstpläne ohne Ableistung von Nachtschichten entgegenstanden. Allein das Interesse der Beklagten an einer gleichmäßigen Schichteinteilung begründete gegenüber der zu berücksichtigenden Leistungseinschränkung der Klägerin kein wesentliches betriebliches Bedürfnis der Beklagten. Schon aufgrund der Größe ihres Betriebes und des geringen Umfang der bei Ausfall der Klägerin auf andere Beschäftigte umzuverteilenden Nachtdienste war es der Beklagten möglich und zumutbar, die Klägerin im Schichtdienst ohne Nachtschichten zu beschäftigen. Wirtschaftliche Belange der Beklagten oder Interessen anderer Beschäftigter, die dem entgegen gestanden hätten, waren mangels konkreter Angaben der Beklagten nicht feststellbar. Die Beklagte hätte deshalb bei ihrer Dienstplangestaltung die Klägerin von der Ableistung von Nachtschichten ausnehmen müssen. Da sie dies nicht tat, solange sie die Klägerin mit ihrer Leistungseinschränkung beschäftigte, entsprach ihre Ermessensausübung nicht der Billigkeit. Die von der Beklagten nach § 106 Satz 1 GewO vorzunehmende Bestimmung der zeitlichen Lage der Arbeitsleistung der Klägerin war somit gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil zu treffen.

2.2.4Die Beklagte war daher im Ergebnis zur Beschäftigung der Klägerin als Krankenschwester ohne Ableistung von Nachtschichten zu verurteilen.

3.

Die Klägerin hat nach §§ 611, 615, 293 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag der Parteien Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung restlichen Arbeitsentgelts für die Monate Juli, August, September und Oktober 2012 in unstreitiger Höhe von 9.665,16 € brutto abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes von 3.525,95 € aus Annahmeverzug einschließlich der begehrten Zinsen.

3.1

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste gemäß § 615 Satz 1 BGB die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.

Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Dabei bedarf es nach § 294 BGB eines tatsächlichen Angebotes der Leistung so, wie diese zu bewirken ist. Nach § 295 Satz 1 BGB genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Nach dem Urteil des BAG vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - (EzA § 615 BGB 2002 Nr. 33) sowie dem Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 06.06.2012 - 4 Sa 2152/11 - (NZA-RR 2012, S. 624 ff.) ist allerdings das Angebot einer "leidensgerechten" Tätigkeit durch den Arbeitnehmer ohne Belang, wenn dieser eine im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig beschriebene Tätigkeit, die vom Arbeitgeber im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts wirksam näher bestimmt worden ist, nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten kann, solange der Arbeitgeber nicht durch Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der i.S.v. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat.

3.2

Die Klägerin hat ihre Arbeitsleistung der Beklagten gemäß §§ 294, 295 BGB wirksam angeboten. Dabei war sie nicht im Sinne von § 297 BGB unvermögend, die vertraglich geschuldete Leistung als Krankenschwester im Schichtdienst zu erbringen.

3.2.1Die Klägerin hat der Beklagten mit ihrem Schreiben vom 14.06.2012 ihre Arbeitsleistung ausdrücklich angeboten, nachdem sie nach dem Frühdienst am 12.06.2012 vom Pflegedirektor mit der Versicherung nach Hause geschickt worden war, sie werde in den nächsten 6 Wochen Lohnfortzahlung erhalten. Daraus ging hervor, dass die Beklagte die Klägerin nicht mehr beschäftigen wollte, weshalb gemäß § 295 BGB ein wörtliches Angebot genügte.

Das Angebot der Klägerin erfolgte auch in der von § 294 BGB verlangten Art und Weise. Die Klägerin hat in ihrem Schreiben nicht nur ihre Arbeitsleistung angeboten, sondern auch erklärt, dass sie nicht arbeitsunfähig sei und ihren Dienstverpflichtungen hinsichtlich der Früh/Spät/Zwischen/Wochenend- und Feiertagsdienste nachkommen könne. Das Unterbleiben eines Angebots zur Leistung von Nachtdiensten in dem Schreiben vermag nicht die Wertung zu begründen, dass die Klägerin damit eine andere als die bisher verrichtete Tätigkeit als Krankenschwester im Schichtdienst anbot. Vielmehr handelte es sich bei ihrem Angebot um dieselbe Tätigkeit, die sie auch zuvor verrichtet hatte, die sie nunmehr aber - bedingt durch die erforderliche Medikamenteneinnahme - nur noch in einem eingeschränkten Zeitfenster, nämlich ohne Ableistung von Nachtschichten, verrichten konnte. Allein die Tatsache, dass die Beklagte den Einsatz der Krankenschwestern bisher offenbar ausnahmslos turnusgemäß in allen Schichten einschließlich der Nachtschichten in ihren Dienstplänen einplante, führte nicht dazu, das Arbeitsangebot der Klägerin als unzureichend anzusehen. Die Klägerin schuldete nach ihrem Arbeitsvertrag nur die Tätigkeit einer Krankenschwester im Schichtdienst, ohne dass darin ein Einsatz in der Nachtschicht ausdrücklich vereinbart war. Die Monat für Monat erneut erfolgende Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit durch Gestaltung der Dienstpläne betraf alle Krankenschwestern, nicht nur die Klägerin. Der Beklagten war eine Herausnahme der Klägerin aus den Nachtdiensten ohne weiteres möglich, wie bereits ausgeführt. Des Abwartens einer erneuten Ausübung des Direktionsrechts der Beklagten hinsichtlich der Dienstplangestaltung im Sinne der zitierten Rechtsprechung bedurfte es für die Wirksamkeit des Arbeitsangebots seitens der Klägerin zudem schon deshalb nicht, weil selbst im Falle einer Beibehaltung dieser Dienstplangestaltung seitens der Beklagten die Möglichkeit des Wegtauschens dieser Dienste für die Klägerin bestand, wie die Praxis der Vergangenheit zeigt.

3.2.2Die Klägerin war im Zeitpunkt ihres Arbeitsangebots auch nicht im Sinne von § 297 BGB außerstande, die geschuldete Arbeitsleistung als Krankenschwester im Schichtdienst zu bewirken. Sie war nach den Feststellungen der sie behandelnden Ärzte nicht arbeitsunfähig, sondern weiterhin in allen Schichten mit Ausnahme der Nachtschichten als Krankenschwester einsetzbar.

3.2.3Die Beklagte hat die von der Klägerin angebotene Arbeitsleistung mit ihrem Schreiben vom 12.07.2012 unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach bestehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin nicht angenommen. Sie ist daher in Annahmeverzug geraten und der Klägerin zur Zahlung der Vergütung für die infolge des Verzuges nicht geleisteten Dienste verpflichtet.

3.3

Da der Zahlungsantrag der Klägerin bereits aus Annahmeverzug begründet war, kam es auf den nur hilfsweise von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht mehr an.

3.4

Der Zinsanspruch folgt aus § 291 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

4.

Aus diesen Gründen war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung für eine Vielzahl weiterer Streitfälle zuzulassen.