BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 7/13 R
Fundstelle
openJur 2014, 16754
  • Rkr:

Die Gewährung von Eingliederungsleistungen nach dem SGB 2 setzt - wie die frühere Gewährung von Mobilitätshilfen nach dem SGB 3 - voraus, dass die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erfolgen soll.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. November 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Mobilitätshilfen nach dem SGB II.

Der 1960 geborene Kläger schloss im Jahr 2003 ein Kunststudium in B. mit dem Diplom ab. Er bezog anschließend ebenfalls in B. zunächst Sozialhilfe und ab 2005 Leistungen nach dem SGB II. Ab 1.2.2007 wurde er für eine Tätigkeit als Studienreferendar in Nordrhein-Westfalen zum Beamten auf Widerruf ernannt und zog von B. nach O.

Seinem Antrag auf Bewilligung von Mobilitätshilfen (Reisekostenbeihilfe, Übergangsbeihilfen als Darlehen, Ausrüstungsbeihilfe, Fahrkostenbeihilfe und Trennungskostenbeihilfe) fügte er eine Bescheinigung der Bezirksregierung D. bei, wonach das Land Nordrhein-Westfalen keinerlei Kosten für Umzüge und sonstige Auslagen erstatte. Der Beklagte lehnte den Antrag ab, weil Mobilitätshilfen die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung voraussetzten (Bescheid vom 9.3.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.4.2007).

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 2.6.2009). Das LSG hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 21.11.2012 zurückgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, der Kläger erfülle die Anspruchsvoraussetzung des § 53 Abs 1 SGB III aF nicht, da er keine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen habe, sondern ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis eingegangen sei. Die Vorschriften verstießen nicht gegen das Grundgesetz. Die vom Kläger gerügte Ungleichbehandlung bei der Gewährung von Mobilitätshilfen für Arbeitslose bzw Arbeitsuchende, die ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufnehmen wollten, einerseits und Personen, die zum Beamten auf Widerruf ernannt würden, andererseits, sei nicht iS des Art 3 Abs 1 GG ungerechtfertigt. Das Differenzierungsmerkmal der Aufnahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sei nicht evident unsachlich bzw willkürlich. Es rechtfertige sich aus der mit der Übernahme des AFG in das SGB III beabsichtigten Stärkung des Versicherungsgedankens. Eine Differenzierung habe auch nicht mit Rücksicht darauf erfolgen müssen, dass der Kläger nach Abschluss der Referendarzeit wegen seines Alters nicht habe zum Beamten auf Lebenszeit ernannt werden können.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 16 Abs 1 SGB II iVm § 53 Abs 1, § 54 SGB III in der vom 1.1.2005 bis 31.12.2008 geltenden Fassung. Mit seiner Rechtsauffassung verkenne das Berufungsgericht die unterschiedlichen Anwendungsbereiche des SGB II und des SGB III. Es übersehe, dass die Grundsicherung anders als die Arbeitslosenversicherung nicht beitrags- sondern steuerfinanziert sei. Damit entfalle das Argument der zweckentsprechenden Verwendung von Beitragseinnahmen. Soweit in § 16 SGB II eine Rechtsgrundverweisung gesehen werde, müssten bei der Auslegung die Unterschiede in den Systemen von SGB II und SGB III insoweit geebnet werden, als der Charakter der Versicherungsleistungen ein Hindernis für die Übertragung in das steuerfinanzierte System darstelle. Für die Mobilitätshilfen bedeute dies ein Entfallen des Tatbestandsmerkmals "versicherungspflichtige Beschäftigung".

Der Kläger beantragt,den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. November 2012 sowie des Urteils des Sozialgerichts Detmold vom 2. Juni 2009 und des Bescheides des Beklagten vom 9. März 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. April 2007 zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinsichtlich der Bewilligung einer Reisekostenbeihilfe, übergangsweisen Ausrüstungsbeihilfe, Umzugskostenbeihilfe und Trennungskostenbeihilfe sowie Fahrtkostenbeihilfe neu zu verbescheiden.

Der Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass für eine Leistungserbringung nach dem SGB II zwar ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis keine Anspruchsvoraussetzung sei. Eine Regelung zur Förderung nicht versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse sei aber wegen der aus dem Beamtenverhältnis resultierenden Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn nicht erforderlich.

Gründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Mobilitätshilfen.

1. Die Voraussetzungen des § 16 Abs 1 S 2 SGB II (in der hier maßgebenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) iVm §§ 53, 54 SGB III sind nicht erfüllt. Es kann dahinstehen, ob der Kläger zum Zeitpunkt der Aufnahme der Referendartätigkeit als Berechtigter sämtliche Voraussetzungen des § 7 SGB II erfüllte. Hinsichtlich dieser Voraussetzungen kommt es auf die materielle Berechtigung während des gesamten fraglichen Leistungszeitraums an, während der Bewilligung von Alg II keine Tatbestandswirkung zukommt (Eicher/Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 16 RdNr 34; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 54, Stand XII/12). Der Kläger erfüllte jedenfalls nicht die zusätzlich zu prüfenden Voraussetzungen des § 53 Abs 1 SGB III aF.

Nach § 16 Abs 1 S 2 SGB II kann die Agentur für Arbeit ua die im 1. bis 3. und 6. Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III geregelten Leistungen erbringen. Ergänzend hierzu bestimmt § 16 Abs 1a SGB II (ebenfalls in der ab 1.8.2006 geltenden Fassung), dass - soweit das SGB II nichts Abweichendes regelt - für die Leistungen nach Abs 1 die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Dritten Buches mit Ausnahme der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Arbeitslosengeld II tritt, gelten.

Bei der vom Kläger zum 1.2.2007 aufgenommenen Referendartätigkeit, die sich in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf vollzog, handelt es sich nicht um eine Beschäftigung, die zur Inanspruchnahme von Mobilitätshilfen berechtigt. Nach § 53 Abs 1 SGB III (idF durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4607) können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Der Kläger erfüllte die genannten Voraussetzungen der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht, da die Tätigkeit als Beamter auf Widerruf nach § 27 Abs 1 Nr 1 SGB III versicherungsfrei war. Zu den nach dieser Vorschrift versicherungsfreien Personen gehören auch Beamte auf Probe oder Widerruf (Timme in Hauck/Noftz, SGB III, K § 27 RdNr 8, Stand V/12).

Die hier fragliche Voraussetzung des § 53 Abs 1 SGB III aF gilt auch nicht dadurch als erfüllt, dass im Anschluss an die Referendartätigkeit mit Rücksicht auf das Lebensalter des Klägers eine versicherungspflichtige Angestelltentätigkeit als Lehrer im Raum stand. Mit der genannten Regelung soll in erster Linie erreicht werden, dass die unmittelbare Arbeitsaufnahme nicht an fehlenden Mitteln scheitert. Insofern dient § 53 Abs 1 SGB III aF dem Zweck, dem von der Regelung erfassten Personenkreis einen Anreiz zur unmittelbaren Beschäftigungsaufnahme zu geben (BSG SozR 4-4300 § 53 Nr 2 RdNr 14 und SozR 4-4300 § 53 Nr 3 RdNr 15). Die Anforderung bezieht sich nach dem Wortlaut der Regelung auf die aufgenommene Beschäftigung. Eine mit der versicherungsfreien Beschäftigung möglicherweise im Zusammenhang stehende spätere Beschäftigungsaufnahme muss deshalb schon aufgrund des zeitlichen Auseinanderfallens zwischen geförderter Tätigkeit und versicherungspflichtiger Beschäftigung unberücksichtigt bleiben.

Ein Abweichen von den Voraussetzungen des § 53 Abs 1 SGB III aF rechtfertigt sich auch nicht aus den Besonderheiten des Leistungssystems des SGB II. § 16 Abs 1 S 2 und Abs 1a SGB II stellen grundsätzlich klar, dass der Grundsicherungsträger die Leistungen, die im Katalog des § 16 Abs 1 S 2 SGB II aufgeführt sind, nur dann erbringen kann, wenn die im SGB III aufgeführten Voraussetzungen der jeweiligen Leistungen erfüllt sind. Es handelt sich insoweit um eine Rechtsgrundverweisung auf die jeweils einschlägigen Regelungen des SGB III (BSGE 108, 80 = SozR 4-4200 § 16 Nr 6, RdNr 18 mwN). Die leistungsrechtlichen Vorschriften des SGB III sind iS einer dynamischen Verweisung in ihrer jeweils geltenden Fassung auch für Leistungsberechtigte nach dem SGB II heranzuziehen. Gleichzeitig wird aus dem Regelungszusammenhang auch deutlich, dass die Besonderheiten des Leistungssystems des SGB II zu beachten sind. Als Beispiel hierfür hat der erkennende Senat das Entfallen von Verfügbarkeit und/oder Arbeitslosigkeit als Anspruchsvoraussetzungen für in das SGB II transformierte Förderleistungen nach dem SGB III benannt (BSG aaO). Hierbei ist der Senat - in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung in der Literatur (s etwa Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 56 f; Kothe in Gagel, SGB II/SGB III, § 16 SGB II RdNr 15, Stand 7/2009; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 67, 422, Stand VI/2009) - davon ausgegangen, dass bestimmte Anspruchsvoraussetzungen, die allein für das Leistungssystem des SGB III kennzeichnend sind, bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung von SGB II-Eingliederungsleistungen außer Betracht bleiben.

Gleichwohl greift der Einwand der Revision, die im SGB III enthaltenen beitragsbezogenen Leistungsvoraussetzungen müssten bei der Leistungsgewährung nach dem SGB II unberücksichtigt bleiben, im Ergebnis nicht durch. Insoweit ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass es sich bei der hier zu erörternden Anforderung, es müsse eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen werden, nicht um das Erfordernis einer der Förderung vorgelagerten Vorversicherungszeit im Sinne der Zugehörigkeit zum förderungsfähigen Personenkreis, sondern um eine in die Zukunft gerichtete Anforderung handelt. Diese Voraussetzung rechtfertigte sich in erster Linie daraus, dass mit der Aufnahme der Beschäftigung eine möglichst nachhaltige Eingliederung erreicht werden sollte. Hingegen stand der Versicherungsgedanke jedenfalls nicht im Mittelpunkt der der Regelung zugrunde liegenden Überlegungen des Gesetzgebers.

Die nach § 53 SGB III aF geltende Anforderung der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung kann nicht auf der Grundlage einer Auslegung des einfachen Rechts bereits nach Sinn und Zweck der Eingliederungsleistungen nach dem SGB II als systemwidrig und deshalb unbeachtlich angesehen werden. Die Leistungsgewährung erfordert auch unter Berücksichtigung der ggfs zu modifizierenden Rechtsgrundverweisung des § 16 Abs 1 S 2 SGB II, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis angestrebt wird (vgl zum aktuellen Recht Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 107, Stand XII/12). Auch im Leistungssystem des SGB II kann für die Beschränkung der Förderung auf die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung angeführt werden, dass hiermit sichergestellt wird, dass durch die geförderte Beschäftigung ggfs Ansprüche auf Versicherungsleistungen der Arbeitslosenversicherung erworben werden können, die bei einem späteren Verlust des Beschäftigungsverhältnisses einer erneuten Inanspruchnahme von steuerfinanzierten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entgegenstehen. Ob die Begrenzung der Förderfähigkeit auf versicherungspflichtige Beschäftigungen angesichts der parallelen Regelung in § 45 SGB III aF zur Unterstützung der Beratung und Vermittlung, die einen vergleichbaren Bezug zur Versicherungspflicht der angestrebten Beschäftigung nicht enthielt (vgl zu den Gründen BSG Urteil vom 12.5.2011 - B 11 AL 25/10 R - SozR 4-4300 § 45 Nr 3), auch sozialpolitisch in vollem Umfang überzeugt, kann dahinstehen. Hieraus allein kann die Notwendigkeit einer restriktiven Auslegung der in Frage stehenden Regelungen nicht hergeleitet werden. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, könnte allein dies nicht zur "Korrektur" des Gesetzgebers durch die Gerichte führen.

Schließlich ist - wie das LSG bereits mit umfangreichen Erwägungen dargelegt hat - aus der unterschiedlichen Behandlung von Personen, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, sowie von Personen, die ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis eingehen, ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG nicht herzuleiten. Die auf die dargelegten Sachgründe gestützte Regelung über Mobilitätshilfen verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (stRspr, vgl zB: BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 11 RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 12). Ist ein gesetzliches Regelungskonzept - wie das, welches § 53 Abs 1 SGB III aF zugrunde liegt - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so genügen hinreichende sachliche Gründe, um eine unterschiedliche Behandlung Betroffener zu rechtfertigen.

Hinreichende Sachgründe liegen der Begrenzung auf versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse schon deshalb zugrunde, weil durch den Erwerb von Versicherungsansprüchen bei einem späteren Eintritt von Arbeitslosigkeit eine Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung vermieden werden kann. Eine Gleichbehandlung beider Personengruppen im Rahmen des Förderungsrechts des SGB II würde zudem Verwerfungen im Verhältnis zum Leistungsrecht des SGB III bewirken, da es für Leistungsberechtigte im Rechtskreis des SGB III bei der einschränkenden Voraussetzung, es müsse eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen werden, verbliebe. Die dadurch bewirkte Ungleichbehandlung von SGB III-Berechtigten und SGB II-Berechtigten im Sinne einer Begünstigung des zuletzt genannten Personenkreises wäre ihrerseits nicht zu rechtfertigen.

Es kann mit Rücksicht auf die gesetzgeberische Konzeption offenbleiben, ob - wovon das LSG ausgegangen ist - auch die ggfs aus einem Beamtenverhältnis erwachsenden Ansprüche bei Begründung eines Dienstverhältnisses als Begründung für die Ungleichbehandlung von privaten und öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnissen bereits auf der Ebene der Anspruchsvoraussetzungen des § 16 Abs 1 S 2 SGB II iVm § 53 SGB III aF herangezogen werden kann. Dies erscheint allerdings mit Rücksicht darauf zweifelhaft, dass die Argumentation des LSG andere versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse nicht erfasst.

2. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht nicht ausdrücklich geprüft, ob dem Begehren des Klägers im Rahmen der Öffnungsklausel des § 16 Abs 2 S 1 SGB II (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706) Rechnung getragen werden kann. Nach dieser Vorschrift konnten über die in Abs 1 der Vorschrift genannten Leistungen hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind; hierbei durften die weiteren Leistungen die Leistungen nach Abs 1 nicht aufstocken.

Das BSG hatte § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF als Generalklausel für ergänzende Eingliederungsleistungen aller Art interpretiert, für die die nicht abschließend in S 2 der Vorschrift aufgeführten Einzelleistungen die Rolle von Hauptbeispielen übernahmen (BSG SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 18). Mit der Ergänzung des S 1 durch das Fortentwicklungsgesetz wurde klargestellt, dass für die ergänzenden Leistungen das Aufstockungsgebot Anwendung findet. Nicht zweifelhaft konnte darüber hinaus sein, dass auch ohne ausdrückliche Regelung das jetzt in der Nachfolgeregelung (§ 16f - Freie Förderung) ausdrücklich aufgenommene Umgehungsverbot aufgrund der Struktur der Abs 1 und 2 Anwendung finden musste, weil ansonsten der abgeschlossene Leistungskatalog des § 16 Abs 1 SGB II weitgehend sinnentleert gewesen wäre (vgl nur Eicher in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 16 RdNr 177). Es konnten deshalb Leistungen in Bereichen, die der Gesetzgeber nach Voraussetzungen sowie Art und Umfang ausgeformt hatte, nicht durch gleichgerichtete Förderungsleistungen mit entsprechenden Modifikationen ergänzt werden (vgl zum Inhalt des Umgehungsverbotes nach derzeitigem Recht Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 16f RdNr 16 ff; Thie in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 16f RdNr 3 f; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16f RdNr 37 ff, Stand V/12). Grundentscheidungen des Gesetzgebers zu arbeitsmarktrechtlichen Instrumenten dürfen durch die Öffnungsklausel nicht unterlaufen werden. Eine Korrektur der in § 53 SGB III aF ausdrücklich aufgeführten Anspruchsvoraussetzungen kommt über die Generalklausel deshalb nicht in Betracht.

3. Keine Anwendung findet schließlich für den streitigen Zeitraum die nunmehr für die Freie Förderung in § 16f Abs 2 S 4 SGB II getroffene Regelung, wonach für bestimmte Problemgruppen des Arbeitsmarktes vom Umgehungs- und Aufstockungsverbot abgesehen werden kann, weil diese Regelung erst zum 1.1.2009 in Kraft getreten ist. Eine Rückwirkung dieser Ausnahme vom Umgehungs- und Aufstockungsverbot hat der Gesetzgeber nicht angeordnet, sodass der Kläger auch hieraus einen Anspruch nicht herleiten kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.