VG Düsseldorf, Urteil vom 25.07.2014 - 26 K 6557/13
Fundstelle
openJur 2014, 15529
  • Rkr:

Die Gebühr für eine Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes Nordrhein Westfalen ist eine Rahmengebühr und darf nicht ausschließlich nach der Dauer der Amtshandlung bemessen werden.

Tenor

Der Bescheid des Ministeriums für B. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2013 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung des Beklagten wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger beantragte mit an das Ministerium für B. des Landes Nordrhein-Westfalen gerichteter Email vom 8. Juni 2013 Informationszugang zu "1. alle Schreiben, Erlasse, und Empfehlungen einschließlich Emails Ihres Hauses an die kommunalen Grundsicherungsträger des Landes NRW zum Thema Unterkunftskosten und Heizung in NRW...ab Beginn des Jahres 2013 bis aktuell " und konkretisierte diesen Antrag unter dem 6. Juli 2013. Mit an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 22. Juli 2013 erteilte das Ministerium für B. des Landes Nordrhein-Westfalen die erbetenen Informationen und mit weiterem Bescheid vom selben Tage erhob es unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 1 IFG NRW und die Regelungen der VerwGebO IFG NRW Gebühren in Höhe von 242,50 Euro. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Nach dem Gebührentarif der VerwGebO IFG NRW -Tarifstelle 1.3.2- seien für die Übermittlung von Informationen bei umfangreichem Verwaltungsaufwand Gebühren zwischen 10 und 500 Euro zu erheben. Die für den Informationszugang in Betracht kommenden Vorgänge hätten 10 Aktenordner umfasst. Um den beantragten Informationszugang gewähren zu können, hätten die betreffenden Aktenordner zunächst auf die einzelnen Informationen gesichtet und diese gekennzeichnet werden müssen. Außerdem hätten Email, weitere Registraturvorgänge und die Datenablage gesichtet werden müssen. Diese Tätigkeiten hätten einen personellen Aufwand von 3 Referenten-Stunden verursacht. Für das anschließende einscannen der Informationen habe ein Angehöriger des mittleren Dienstes 0,25 Stunden benötigt. Nach den Richtwerten für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes bei der Festlegung der nach dem Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen zu erhebenden Verwaltungsgebühren seien als Stundensätze für Beschäftigte des höheren Dienstes 73,- Euro und für Beschäftigte des mittleren Dienstes 47,- Euro zugrunde zu legen.

Der Kläger hat am 14. August 2013 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend macht: Er bestreite einen umfangreichen Verwaltungsaufwand und gehe davon aus, dass lediglich eine einfache Auskunft erfolgt sei. Der Beklagte nehme nur oberflächlich zum Umfang verschiedener Aktenordner Stellung. Es handele sich vorliegend daher um eine Abschreckungsgebühr. Mit seiner Antwort vom 22. Juli 2013 auf seine Antrag vom 8. Juni 2013 hin habe der Beklagte nicht mehr als 3 Schreiben, die weder geschwärzt noch sonst besonderer (Geheimhaltungs-)Behandlung unterzogen worden seien, übersandt. Es sei nicht ersichtlich, dass es eines besonderen Aufwandes bedurft hätte, diese Schreiben, die überwiegend demselben Adressaten gewidmet seien und im Wesentlichen denselben Gegenstand beträfen, ausfindig zu machen. Die Behauptung, hierfür 3 Stunden benötigt zu haben, sei entweder unwahr oder mehr als mangelhafter Organisation geschuldet. Alle Informationen datierten aus dem 1. Quartal 2013 und auch Dritte hätten nicht beteiligt werden müssen. Auch sei sein Antrag nicht unbestimmt gewesen.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid des Ministeriums für B. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Er erkenne die Klage an, soweit der Gebührenbescheid vom 22. Juli 2013 einen Betrag in Höhe von 230,75 Euro übersteige. Bei der Berechnung der Bearbeitung des Antrages des Klägers seien bezogen auf den mittleren Dienst versehentlich 0,5 statt 0,25 Stunden berechnet worden. - Im Übrigen könne die Klage keinen Erfolg haben. Er, der Beklagte, habe im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Fachaufsicht für 53 kommunale Träger der Leistungen für Unterkunft und Heizung. Jährlich erreichten ihn ca. 1200 Eingaben und Petitionen im Rahmen des SGB II und 300 Eingaben und Petitionen im Rahmen des SGB XII. Außerdem befinde sich die Rechtsprechung der Obergerichte zum Thema Unterkunftskosten in stetiger Fortentwicklung. All diese Umstände machten eine umfangreiche Kommunikation zwischen dem Beklagten und den kommunalen Grundsicherungsträgern erforderlich. Die Aktenführung erfolge nach Themengebieten und nicht nach der Art der ausgetauschten Informationen. Um dem Informationsbegehren des Klägers umfangreich und vor allem vollständig nachzukommen, seien vorliegend die Sichtung von ca. 600 Eingaben und Petitionen für das 1. Halbjahr 2013 sowie die die Durchsicht zahlreicher Aktenordner erforderlich gewesen. Daher sei der Gebührenrahmen der Nr. 1.2 des Gebührentarifs eröffnet gewesen. Es sei der im Gebührenbescheid angesetzte Zeitaufwand mit den dort genannten Stundensätzen in Ansatz zu bringen gewesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Bescheid des Ministeriums für B. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2013 insoweit aufgehoben, als mit diesem eine höhere Gebühr als 230,75 Euro festgesetzt ist.

Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorganges des Ministeriums für B. des Landes Nordrhein-Westfalen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig geworden, soweit mit dem Bescheid des Ministeriums für B. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2013 eine höhere Gebühr als 230,75 Euro festgesetzt worden ist, da dieser insoweit aufgehoben wurde und mithin keine Beschwer mehr entfaltet.

Die Klage im Übrigen ist zulässig und auch begründet.

Der Bescheid des Ministeriums für B. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2013 in der Fassung der in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 IFG NRW werden für Amtshandlungen, die aufgrund des IFG NRW vorgenommen werden, Gebühren erhoben. In § 11 Abs. 2 IFG NRW wird sodann die Landesregierung ermächtigt, ... die Gebührentatbestände und die Gebühren durch Rechtsverordnung (Gebührenordnung) zu bestimmen (S. 1). Nach S. 2 des § 11 Abs. 2 IFG NRW bleiben die Bestimmungen des Gebührengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen im Übrigen unberührt. - Die auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 S.1 IFG NRW erlassene Verwaltungsgebührenordnung zum Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (VerwGebO IFG NRW) bestimmt in ihrem § 1, dass für die im anliegenden Gebührentarif, der Bestandteil der Verordnung ist, die dort genannten Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden. - Nr. 1.3 des Gebührentarifs regelt hinsichtlich der Ermöglichung der Einsichtnahme in Akten und sonstige Informationsträger - dieser Tatgestand ist vorliegend maßgeblich, da dem Kläger Ablichtungen von Schriftstücken zur Verfügung gestellt wurden- , dass diese in einfachen Fällen gebührenfrei ist (Nr. 1.3.1), während bei umfangreichem Verwaltungsaufwand eine Gebühr von 10 - 500 Euro (Nr. 1.3.2) und bei außergewöhnlichem Verwaltungsaufwand, insbesondere, wenn Daten abgetrennt oder geschwärzt werden müssen zum Schutz privater Interessen, eine Gebühr von 10 - 1000 Euro (Nr. 1.3.3) erhoben werden kann.

Aus dem Umstand, dass dem Kläger als Ergebnis seines Informationsgesuchs "nur" drei Schreiben zugeleitet werden konnten, kann nicht darauf geschlossen werden, dass nur ein einfacher Fall i.S. der Ziffer 1.3.1 des Gebührentarifs zur VerwGebO IFG NRW vorgelegen hat, mithin keine Gebühr angefallen ist. Denn es kommt maßgeblich auf den zur Ermöglichung der Einsichtsgewährung bzw. hier zur Übersendung der Unterlagen erforderlichen Vorbereitungs-/Verwaltungsaufwand an. Hierzu gehören auch Zeiten einer -ggf. auch ergebnislosen- Recherche oder rechtlichen Prüfung, ob alle gefundenen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden können, d.h. keine Versagungsgründe nach §§ 6-9 IFG NRW vorliegen.

Vgl. Franßen/Seidel Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 1. Aufl. 2007, Rdn.1068,1070.

Vorliegend waren die Fragen des Klägers durchaus umfangreich, da sie sich auf alle Erlasse, Schreiben, Empfehlungen und sogar Mails an Jobcenter und Sozialhilfeträger zum Thema Unterkunft und Heizung in einem Zeitraum von mehr als 5 Monaten bezogen. Auch ist ausweislich des Verwaltungsvorganges noch eine rechtliche Stellungnahme zu der Frage, welche Informationen herausgegeben werden können, erstellt worden.

Damit kommt vorliegend der Gebührenrahmen der Ziffer 1.3.2 des Gebührentarifs zur VerwGebO IFG NRW zur Anwendung, so dass die Gebühr innerhalb des dort vorgegeben Rahmens von 10-500 Euro festzusetzen ist, wobei nach dem Wortlaut der Ziffer Maßstab der entstandene Verwaltungsaufwand ist. Die vorliegend durch das Ministerium für B. des Landes Nordrhein-Westfalen praktizierte Art und Weise der Gebührenfestsetzung/-berechnung führt dazu, dass bei Tätigwerden eines Bediensteten des höheren Dienstes schon nach noch nicht einmal 7 Stunden der Gebührenrahmen voll ausgeschöpft ist, obwohl der Verordnungsgeber zweifellos davon ausgegangen ist, dass auch noch zeitaufwändigere Vorgänge dem "umfangreichen Verwaltungsaufwand" i.S. der Ziffer 1.3.2 zuzuordnen sind. Diese Handhabung, die zu erhebende Gebühr strikt nach der Zahl der aufgewandten Stunden zu ermitteln, wird dem Wesen einer Rahmengebühr nicht gerecht. Wie sich nämlich aus § 4 GebG NRW ergibt, ist u.a. zwischen einer Gebührenbemessung nach der Dauer der Amtshandlung und einer solchen nach Rahmensätzen zu unterscheiden. Mithin darf bei Rahmengebühren ungeachtet des der Behörde zuzubilligenden Spielraums bei der Ermittlung der Gebührenhöhe innerhalb des vorgegebenen Rahmens der Verwaltungsaufwand nicht der alleinige Maßstab für die Ermittlung der Höhe der festzusetzenden Gebühr sein. Dies wird im Übrigen auch durch die in Ziffer 1.3.3 des Gebührentarifs getroffene Regelung bestätigt, nach der bei außergewöhnlichem Verwaltungsaufwand eine Gebühr von 10-1000 Euro (Nr. 1.3.3) erhoben werden kann. Da nämlich ein "außergewöhnlicher Verwaltungsaufwand" stets einen "umfangreichen Verwaltungsaufwand" übersteigt, der maßgebliche Gebührenrahmen aber auch hier bei 10 Euro beginnt, darf nach der Wertung des Verordnungsgebers der Zeitaufwand für die Bearbeitung einer Anfrage nach dem IFG NRW nicht alleiniger Maßstab der Gebührenbemessung sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 S. 3 VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckung auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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