VG Berlin, Beschluss vom 25.07.2013 - 4 L 313.12
Fundstelle
openJur 2015, 2794
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 688.008 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten, die dem Gericht etwa aus den Verfahren VG 4 L 159.12 (jetzt OVG 1 S 124.12) betreffend den Jahresbeitrag 2010 und VG 4 L 160.12 (jetzt OVG 1 S 101.12) betreffend die Sonderzahlung 2010 bekannt sind, streiten um die sofortige Vollziehbarkeit des Sonderzahlungsbescheids 2011. Nach der Änderung mit Bescheid vom 20. Juni 2013 geht es noch um eine Sonderzahlung in Höhe von 2.752.032,55 €.

Die Antragsgegnerin schloss am 18./19. Dezember 2008 mit der Bundesrepublik Deutschland einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 128 Mio Euro. Der Vertrag hat einschließlich seiner Präambel folgenden Wortlaut:

„Präambel

Die Darlehensnehmerin ist gemäß § 6 Absatz 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes („ESAEG") vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S.1842) als nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes errichtet worden. Sie kann im eigenen Namen im Rechtsverkehr handeln, klagen oder verklagt werden.

Am 15. März 2005 stellte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin") bei der Phoenix Kapitaldienst GmbH, Frankfurt am Main, gemäß § 5 Absatz 1 ESAEG den Entschädigungsfell im Sinne des § 1 Absatz 5 ESAEG - im Folgenden Entschädigungsfall Phoenix genannt - fest (veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 18. März 2005, S. 4095).

Es besteht ein Interesse der Bundesrepublik Deutschland, dass die Darlehensnehmerin durch die Gewährung dieses Darlehens ihren gesetzlichen Auftrag fristgerecht erfüllen kann. Aufgrund der aktuellen Vermögenslage der Darlehensnehmerin ist es erforderlich, dass diese zur Durchführung des Entschädigungsfalls Phoenix einen Kredit aufnimmt (§ 8 Absatz 2 Satz 4 ESAEG). Die Darlehensnehmerin wird die Mittel ausschließlich zur Durchführung des Entschädigungsfalles Phoenix einsetzen.

Zu diesem Zweck und in dem hier dargelegten Verständnis schließen die vorgenannten Vertragsparteien folgenden Vertrag:

Artikel 1:

Höhe, Zweckbestimmung und Verwendung des Darlehens

1.1. Der Bund gewährt der Darlehensnehmerin ein verzinsliches Darlehen. Die Darlehensnehmerin darf das Darlehen ausschließlich zur Finanzierung von Entschädigungszahlungen aufgrund des Entschädigungsfalls Phoenix verwenden.

1.2. Der Bund räumt der Darlehensnehmerin ein Darlehen in Hohe von insgesamt bis (128.000.000,00 EUR) in Worten: Einhundertachtundzwanzig Millionen EURO) ein.

1.3. Das Darlehen wird in Teilbeträgen gemäß Artikel 2 an die Darlehensnehmerin ausgezahlt.

Artikel 2:

Auszahlung des Darlehens durch das BMF

2.1. Die Darlehensnehmerin ist berechtigt, das Darlehen in Teilbeträgen bedarfsgerecht abzurufen. Die Auszahlung der Teilbeträge durch das BMF erfolgt zu einem von der Darlehensnehmerin im Abruf genannten Zeitpunkt, erstmalig frühestens zum 02.02.2009, auf das Konto der EdW, Konto-Nr. 4477920000 bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, BLZ 500 204 00. Die abzurufenden Beträge sind zwei Wochen vorher anzukündigen.

2.2. Folgende jährliche Tranchen sind eingeplant

2009: 51.200.000,- EUR,2010: 51.200.000,- EUR und2011: 25.600.000,- EUR.

Sollte in einem der oben genannten Kalenderjahre eine über diesen Rahmen hinausgehende Auszahlung erforderlich sein, hat die Darlehensnehmerin die vorherige Zustimmung des BMF einzuholen.

2.3. Die einzelnen Teilbeträge werden der Darlehensnehmerin zu jeweils 100% des Nennbetrages des jeweils abgerufenen Teilbetrages ausgezahlt.

Artikel 3:

Zinszahlungen, Zinssatz

3.1. Die Darlehensnehmerin zahlt für den jeweiligen Teilbetrag nachschüssig Zinsen an den Bund jeweils zum 30.09, erstmalig am 30.09.2010.

3.2. Die Darlehensnehmerin zahlt dem Bund für jeden ausgezahlten Teilbetrag Zinsen zu einem Zinssatz in Höhe des jeweils gültigen Refinanzierungszinssatzes des Bundes. Dieser Zinssatz ist für die jeweilige Zinsperiode gemäß Ziffer 3.4. fest.

3.3. Fällige Zinsen werden nicht kapitalisiert.

3.4. Mit Ausnahme der ersten Zinsperiode beginnt jede Zinsperiode an einem Zahlungstermin (einschließlich dieses Datums) und endet an dem Tag, der unmittelbar vor dem nächsten Zahlungstermin liegt. Die erste Zinsperiode beginnt am Tag der Wertstellung der Darlehensvaluta und endet an dem Tag, der unmittelbar vor dem nächsten Zahlungstermin liegt.

3.5. Für die verzinslichen Teilbeträge wird das Jahr mit 360 Tagen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Anzahl der vergangenen Tage (actual 360) angesetzt.

3.6. Stehen der Darlehensnehmerin zu einem Zahlungstermin nicht genügend Mittel zur Begleichung fälliger Zinsen zu, entscheidet das BMF auf Antrag der EdW über eine Stundung.

Artikel 4:

Rückzahlung des Darlehens

4.1. Das Darlehen hat eine Laufzeit bis zum 30.09.2014.

4.2. Das Darlehen wird getilgt in fünf jährlichen Raten in Höhe von 25.600.000,00 EUR.

4.3. Die Tilgung erfolgt jeweils zum 30.09., erstmalig zum 30.09.2010.

4.4. Die Darlehensnehmerin ist berechtigt, das Darlehen jederzeit ganz oder teilweise vor dem Ende der Laufzeit zurückzuzahlen.

4.5. Sollte sich aufgrund von Gegebenheiten, die mit der Beitragserhebung der Darlehensnehmerin oder mit der Durchführung des Entschädigungsfalles Phoenix zusammenhängen oder im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung nach Ziffer 4.4 ein Bedarf zur Änderung der Regelungen unter Ziffer 4.1 bis 4.3 ergeben, werden die Vertragsparteien hierüber eine angemessene Regelung treffen.

4.6. Abweichend von § 286 Absatz 2 BGB gerät die Darlehensnehmerin mit der Rückzahlung des Darlehens erst in Verzug, wenn sie auf eine nach Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung nicht leistet.

Artikel 5:

Kündigung und Beendigung des Vertrages

Eine ordentliche Kündigung ist ausgeschlossen. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt davon unberührt.

Artikel 6:

Schlussbestimmungen

6.1. Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages ganz oder teilweise rechtsunwirksam, undurchführbar oder lückenhaft sein oder werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hierdurch nicht berührt. Das gilt insbesondere, wenn die Unwirksamkeit sich nur auf einzelne Forderungen oder Forderungsteile erstreckt. Statt der unwirksamen, nicht durchführbaren oder lückenhaften Bestimmung gilt diejenige gesetzlich zulässige Regelung, die dem in der unwirksamen, nicht durchführbaren oder lückenhaften Bestimmung zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck wirtschaftlich am nächsten kommt.

6.2. Ergeben sich nach Auffassung einer oder beider Vertragsparteien nicht geregelte Punkte bei der Durchführung dieses Vertrages, so werden beide Vertragsparteien im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in Gespräche eintreten, um diese Punkte entsprechend dem Sinn und Zweck dieses Vertrages und seiner Präambel zu regeln, und den Vertrag entsprechend ergänzen.

6.3. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages, einschließlich dieser Klausel, bedürfen der Schriftform.

6.4 Dieser Vertrag unterliegt dem Recht des Bundesrepublik Deutschland. Erfüllungsort und Gerichtsstand für alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag ist Berlin. Zuständig sind die ordentlichen Gerichte.

6.5. Die Darlehensnehmerin unterrichtet das BMF allgemein über alle Tatsachen und Ereignisse, infolge derer die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Vertrag gefährdet werden kann. Insbesondere ist die Darlehensnehmerin verpflichtet, unverzüglich das BMF zu informieren, wenn feststeht, dass sie wirtschaftlich nicht in der Lage ist, ihre Zahlungsverpflichtungen aus diesem Vertrag zu erfüllen.

6.6. Sämtliche diesen Vertrag betreffenden Mitteilungen und Erklärungen einer Vertragspartei an die andere müssen, um rechtswirksam zu sein, schriftlich an die folgenden Anschriften erfolgen:

Für die Darlehensnehmerin: Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen, Postfach 10865 Berlin, Telefax-Nr. 030/203699-5630

Für den Bund: Bundesministerium der Finanzen Referat VIl B 1, Wilhelmstr. 97, 10117 Berlin, Telefax-Nr. 030/2242-88-1938.

Abweichend davon können im Einverständnis beider Vertragsparteien direkte Ansprechpartner im Rahmen der weiteren Abwicklung dieses Vertrages mündlich benannt werden.

6.7. Dieser Vertrag wird mit seiner Unterzeichnung wirksam.

Demgemäß vereinbart und in zwei Originalen unterzeichnet.“

Am 13./22. November 2010 schlossen die Vertragsparteien folgende „Ergänzende Vereinbarung zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland (nachstehend „Bund" genannt), vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen (nachstehend „BMF" genannt), und der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (nachstehend „Darlehensnehmerin" genannt) über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 128.000.000,00 EUR vom 18./19. Dezember 2008“:

Zwischen dem Bund und der Darlehensnehmerin wird folgende ergänzende Vereinbarung zu Artikel 4 des Vertrags über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 128.000.000,00 EUR vom 18./19. Dezember 2008 getroffen:

Kann die Darlehensnehmerin aufgrund von Gegebenheiten, die mit der Beitragserhebung der Darlehensnehmerin zusammenhängen, die Tilgungsrate nach Ziffer 4.2. zum Fälligkeitszeitpunkt nach Ziffer 4.3. nicht oder nicht in voller Höhe leisten, ist die Darlehensnehmerin verpflichtet, jeweils zum Monatsende der Folgemonate den Betrag nachzuzahlen („Tilgungsnachzahlung"), der dieser für eine Tilgung des Darlehens unter Berücksichtigung ihrer übrigen bestehenden oder erwarteten Verpflichtungen einschließlich der im nachfolgenden Satz geregelten Zinsverpflichtung sowie erwarteten Einnahmen zur Verfügung steht. Für die Tilgungsnachzahlung gelten Ziffern 3.2. bis 3.5. mit der Maßgabe, dass die Zinsen für den Betrag der jeweiligen Tilgungsnachzahlung nachschüssig an den Bund gleichzeitig mit der jeweiligen Tilgungsnachzahlung zum Monatsende zu leisten sind, und Ziffer 4.6. entsprechend. Im Übrigen bleiben die Bestimmungen des Vertrags unberührt.

Diese Vereinbarung wird mit ihrer Unterzeichnung wirksam. Demgemäß vereinbart und in zwei Originalen unterzeichnet.“

Mit Bescheid vom 1. April 2011 setzte die Antragsgegnerin gegen die ihr zugeordnete Antragstellerin den Jahresbeitrag 2010 auf 599.618,06 € fest, wogegen sich die Antragstellerin mit Widerspruch und einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wandte. Dieser Antrag ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg OVG 1 S 124.12.

Nach Anhörung, auf die die Antragstellerin eine Reihe von Einwänden erhob, setzte die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin mit Bescheid vom 30. August 2011 eine Sonderzahlung in Höhe von 2.772.806,95 € fest, wobei sie ausgehend von dem streitigen Jahresbeitrag 2010 und einer maßgeblichen Gesamtsumme von 7.212.495,05 € einen Anteil der Antragstellerin an dem gesamten durch Sonderzahlung aufzubringenden Finanzbedarf von 33.352.658,48 € von 8,31360% und mithin den streitigen Betrag errechnete. Die Antragstellerin hat dagegen mit eingehender Begründung Widerspruch erhoben und vergeblich die Aussetzung der Vollziehung beantragt.

Mit ihrem bereits am 11. September 2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin zunächst die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. August 2011 beantragt.

Die Antragstellerin macht geltend: Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sonderzahlungsbescheides. Der Sonderzahlungsbescheid verstoße gegen höherrangiges Recht. Er sei in mehreren Punkten rechts- und verfassungswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Es fehle an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Sonderzahlung, da die Sonderzahlung u.a. der Tilgung eines Kredites diene, der vor Inkrafttreten des EAEG am 30. Juni 2009 und auf Grundlage einer nicht hinreichend bestimmten gesetzlichen Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG in der Fassung des Art. 4 des Gesetzes vom 21.12.2007 (BGBl. I S. 3089) aufgenommen worden sei. Die Sonderzahlungserhebung verstoße aufgrund nicht zu rechtfertigender und ungleichgewichtiger Belastungen der EdW-Institute gegen die verfassungsmäßigen Grundsätze zur Erhebung von Sonderabgaben mit Finanzierungszwecken. Die Verpflichtung zur Zahlung von Sonderzahlungen verletze ihre Grundrechte der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Erhebung der Sonderzahlung sei außerdem rechtswidrig, da kein Entschädigungsfall gemäß § 1 Abs. 5 EAEG vorliege. § 8 Abs. 8 EAEG i.V.m. § 7 Abs. 7 EdWBeitrV verstoße gegen das Verbot der sog. unechten Rückwirkung von Gesetzen; eine Bescheidung von der EdW zugeordneten Instituten bzw. eine Sonderzahlungserhebung auf dieser Grundlage sei rechtswidrig. Die Sonderzahlung sei auch der Höhe nach mit ihren Rechten nicht vereinbar. Nachträgliche Korrekturen des Jahresbeitrages, die durch zahlreiche Widersprüche gegen die Jahresbeitragserhebung 2010 bedingt sein werden, wirkten sich auf die Höhe der Sonderzahlung aus und könnten im Nachhinein zu einer Ungleichbehandlung der Antragstellerin führen. Soweit der Jahresbeitragsbescheid 2010 die erzielten Bruttoprovisionserträge in Höhe von 2.180.674,00 Euro aus Geschäften gegenüber Kunden ohne Entschädigungsanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 EAEG in die Jahresbeitragsbemessung einbeziehe, sei er mangels Vereinbarkeit des § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 EdWBeitrV mit der Verordnungsermächtigung in § 8 Abs. 8 Satz 1 Halbsatz 2 EAEG, die eine risikoorientierte Beitragserhebung vorsehe, rechtswidrig. Der Jahresbeitragsbescheid 2010 ordne eine Abzugsposition zu anderen als den erklärten Ermäßigungstatbeständen zu und kürze die Abzugsposition insgesamt unberechtigt. Es fehle an einer wirksamen Rechtsgrundlage für eine Sonderzahlungserhebung zum Zwecke einer „Nacherhebung" - hier in Höhe von insgesamt ca. 5,8 Mio. Euro -, die aufgrund von Belastungsobergrenzen bei der vorherigen Sonderzahlungserhebung in 2010 von der EdW nicht habe festgesetzt werden können bzw. um die sich die Sonderzahlungserhebung im Jahr 2010 durch Widersprüche einzelner Institute reduziert habe und die nun nacherhoben werden. Die Verpflichtung zur Zahlung von Sonderzahlungen verletze den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG wegen ungleichgewichtiger Belastungen der EdW-Institute aufgrund des Verstoßes gegen die Grundsätze der Finanzverfassung; unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit, weil einzelne Institute zu Mehrbelastungen herangezogen werden, sowie wegen uneinheitlicher bilanzrechtlicher Handhabung der Rückstellungen für Sonderumlagen. Die Sonderzahlungserhebung verstoße gegen den Bestimmtheits-und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Art. 20 Abs. 3 GG, weil die Erhöhung der Beitragssätze in der EdWBeitrV und die danach bemessene Sonderzahlung zum Zweck der Finanzierung eines konkreten Entschädigungsfalls nicht vom EAEG gedeckt sei.

Darüber hinaus habe die Vollziehung für sie eine unbillige Härte zur Folge, weil es für die Rückzahlung zu Unrecht geforderter Sonderzahlungen an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehle. Es fehle an einer Einstandspflicht des Bundes für die Schulden der Antragsgegnerin. Es sei zu fürchten, dass sie eine einmal geleistete Sonderzahlung auch im Falle des Erfolgs ihrer Rechtsbehelfe nicht wieder erlangen werde.

Schließlich überwiege ihr Interesse an der Aussetzung an der Vollziehung des Sonderzahlungsbescheids das Vollziehungsinteresse.

Nachdem die Antragsgegnerin mit Änderungsbescheid vom 20. Juni 2013 die von der Antragstellerin geforderte Sonderzahlung wegen geringerer tatsächlich fälliger Zinsen auf 2.752.032,55 € herabgesetzt und die Beteiligten insoweit den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, beantragt die Antragstellerin sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. August 2011 in der Gestalt ihres Änderungsbescheids vom 20. Juni 2013 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, hält die Kreditaufnahme für rechtmäßig und die Kreditleistungen für fällig. Sie sieht im Falle Phoenix einen Entschädigungsfall gegeben. Die Sonderabgabe sei verfassungsgemäß. Sie werde den Zeitplan für die Rückzahlung des Darlehens einhalten, zumal da sie mit 73,5 Mio € aus der Insolvenzmasse rechnen könne. Die EdWBeitrV verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Der Jahresbeitragsbescheid 2010 sei rechtmäßig. Grundrechte der Antragstellerin würden nicht verletzt. Die Antragstellerin könne sicher sein, im Erfolgsfall die geleistete Sonderzahlung zurückzuerhalten. Es gälten die allgemeinen Grundsätze zu unselbständigen Sondervermögen des Bundes. Das Vollzugsinteresse überwiege.

Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 22. Juli 2013 auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

II.

Über den Antrag hat infolge des Beschlusses vom 22. Juli 2013 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Einzelrichter zu entscheiden. Eilverfahrensspezifische Fragen grundsätzlicher Bedeutung stehen nicht im Raum. Von der Antragstellerin aufgeworfene materielle Fragen entschied die Kammer wiederholt.

Der Antrag ist unbegründet, weil weder ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen noch die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 4 Satz 3 VwGO).

A.

Die von der Antragstellerin wieder einmal aufgeworfene Frage einer unbilligen Härte wegen Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin und mangelnder Einstandspflicht des Bundes für ihre Schulden gegenüber den Instituten (Antragsschrift Seite 65 bis 75) ist durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg etwa mit Beschluss vom 4. Januar 2012 – OVG 4 S 151.11 – geklärt. Neues dazu bringt die Antragstellerin nicht vor.

71Soweit sie in Auseinandersetzung mit dem Beschluss der Kammer vom 13. Juli 2012 – VG 4 L 160.12 – (Abdruck Seite 3) einwendet (Antragsschrift Seite 65, 74 f.), die nachträgliche Rückzahlung zu Unrecht (geforderter und) geleisteter Sonderzahlungen sei rechtlich ausgeschlossen, und meint, der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sei durch § 8 Abs. 7 Satz 2 EAEG (in der bis zum 12. Juli 2013 geltenden Fassung) ausgeschlossen, kann das Gericht dem nicht folgen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch dient der Rückgängigmachung ohne Rechtsgrund erbrachter Leistungen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27. Oktober 1998 – BVerwG 1 C 38.97 -, BVerwGE 107, 304 = NJW 1999, 1201). Auf ihn ist dann nicht zurückzugreifen, wenn dieser Anspruch gesetzlich geregelt ist. Mit § 8 Abs. 7 Satz 2 EAEG wird aber kein Fall der Rückgängigmachung ohne Rechtsgrund erbrachter Leistungen geregelt, sondern der Fall mit Rechtsgrund erbrachter Leistungen, die – im Fall von Sonderzahlungen – nicht zur Bedienung eines Kredits verwendet worden sind (etwa weil wie hier die tatsächlich geleisteten Zinsen geringer waren als bei der Sonderzahlungsfestsetzung zugrundegelegt). Sollte es mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip überhaupt denkbar sein, den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auszuschließen, müsste der Regelung eines anderen Falls (hier § 8 Abs. 7 Satz 2 EAEG) zu entnehmen sein, dass mit ihr ein weitergehender Erstattungsanspruch ausgeschlossen werden soll. Das ist hier nicht der Fall.

Die Einschätzung, es bestehe die konkrete Gefahr, dass sich die Antragsgegnerin auf Entreicherung berufen werde, teilt die Kammer nicht, zumal da die Antragsgegnerin dieser Befürchtung ausdrücklich entgegengetreten ist (Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 Seite 21 = Bd. II Bl. 187 d.A.). Abgesehen davon, dass es der Gefahr in mehrfacher Hinsicht an Konkretheit fehlt, geht das Gericht von einem erheblichen Interesse des Bundes und der Antragsgegnerin aus, nicht ohne Not die Zahlungsunfähigkeit einer Entschädigungseinrichtung geltend zu machen. Eine Notlage zeichnet sich derzeit nicht ab. Die Antragstellerin skizziert sie nicht.

B.

Der angegriffene Sonderzahlungsbescheid 2011 begegnet keinen (ernstlichen) Zweifeln an seiner Rechtmäßigkeit. Insbesondere entspricht die Berechnung der gegen die Antragstellerin festgesetzten Sonderzahlung § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG (in der bis zum 12. Juli 2013 geltenden Fassung). Anlass, die Gesamtsumme der Jahresbeiträge, der einzelnen Zahlungen und der fiktiven Jahresbeiträge aller nach § 8 Abs. 5 EAEG (in der bis zum 12. Juli 2013 geltenden Fassung) beitrags- oder zahlungspflichtigen Institute bzw. den konkret umzulegenden Betrag zu überprüfen, bietet der Streitstand nicht. Die Angriffe der Antragstellerin gegen die Erhebung der Sonderzahlung führen sie nicht zum Erfolg.

1. Die Antragstellerin meint, das Darlehen, das mit der Sonderzahlung abgetragen werden soll, sei ohne gültige Rechtsgrundlage aufgenommen worden (Antragsschrift Seite 9). Die gegenteilige Auffassung der Kammer (zuletzt Urteil vom 12. Juli 2013 – VG 4 K 163.12 – mit Verweis auf Urteil vom 17. Mai 2013 – VG 4 K 40.12 [OVG 1 N 62.13] hält sie für nicht überzeugend , weil sie die Ausführungen der Antragstellerin übergangen habe, dass die Übergangsvorschrift des § 19 Abs. 3 EAEG gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstoße (Antragsschrift Seite 12 f.). Diese Argumentation ist unverständlich. § 19 Abs. 3 EAEG (in der bis zum 12. Juli 2013 und darüber hinaus geltenden Fassung) trifft keine Regelung zur Erhebung der Sonderzahlung. In der Argumentation der Kammer spielt die Norm nur insoweit eine Rolle, als sie das auch mit anderen Überlegungen gewonnene Ergebnis bestätigt, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass auch das vor dem 30. Juni 2009 von der Antragsgegnerin aufgenommene Darlehen von den ihr zugeordneten Instituten abzutragen ist. Einer Übergangsregelung bedurfte es nicht, weil sich die Rechtslage insoweit nicht geändert hat.

2. Die Antragstellerin meint (Antragsschrift Seite 14 f.), § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG a.F. habe nicht die verfassungsrechtlich gebotene angemessene Regelungsdichte aufgewiesen. Zu einem ähnlichen Einwand schrieb die Kammer im Urteil vom 17. Mai 2013 – VG 4 K 40.12 – [OVG 1 N 62.13], Abdruck Seite 8:

„Am 18./19. Dezember 2008, bei Abschluss des Darlehensvertrags, galt § 8 Abs. 2 Satz 3 EAEG in der ursprünglichen Fassung (BGBl. I 1998, 1842) und bestimmte, dass die Entschädigungseinrichtung Kredite aufzunehmen hat, wenn dies zur Durchführung des Entschädigungsverfahrens erforderlich ist. Diese Norm war bis zu ihrem Außerkrafttreten gültig und nicht vom dafür gemäß Art. 100 Abs. 1 GG allein zuständigen Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Darüber hilft der Klägerin nicht hinweg, dass das Verwaltungsgericht Berlin etwa im Beschluss vom 17. September 2008 – VG 1 A 74.08 -, Abdruck Seite 35, verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmtheit der Beitragsregelung äußerte. Ohne Zweifel kann man, wie inzwischen geschehen, die Voraussetzungen der Kreditaufnahme etwas genauer fassen und die weniger genaue Fassung für bedenklich halten. Indes wird man eine zur Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes führende Unbestimmtheit erst annehmen, wenn auch eine Auslegung nicht zu klaren Ergebnissen führt (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 25. Juli 2012 – 2 BvF 3/11 u.a.-, NVwZ 2012, 1101 [1105 Rn. 76]). Warum das mit der alten Gesetzesfassung unter Berücksichtigung der Vorgabe des § 5 Abs. 4 Satz 1 EAEG 1998 nicht möglich gewesen sein soll, kann man dem Beschluss nicht entnehmen. In Anbetracht des Vorrangs verfassungskonformer Auslegung im Interesse der Normerhaltung vor einer Nichtigerklärung (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27. März 2012 – 2 BvR 2258/09 -, NJW 2012, 1784 [1787 Rn. 73]) sieht sich die Kammer gehindert anzunehmen, § 8 Abs. 2 Satz 3 EAEG 1998 wäre zweifelsfrei als von Anfang an nichtig erklärt worden. Dann aber kann man nicht mit der Klägerin festhalten, die Beklagte habe mangels wirksamer normativer Grundlage bis zum 30. Juni 2009 keine Kredite aufnehmen dürfen.“

77Die von der Antragstellerin auf Seite 20 f. der Antragsschrift aufgeworfenen Fragen stellen die hinreichende Bestimmtheit der Norm nicht in Frage. Für ausgeschlossen hält das Gericht, dass ein Gesetz regeln müsste, unter welchen Konditionen eine Entschädigungseinrichtung einen Kredit aufnehmen darf, welche Laufzeit der Kredit haben müsse und wann der Kredit zurückgezahlt werden müsse. Damit sind Umstände angesprochen, die von den jeweiligen Gegebenheiten abhängen und deshalb einer abstrakt-generellen Regelung entzogen sind. Zur Vermeidung von Willkür bedarf es solcher Regelungen hier nicht. In Kenntnis des Darlehensvertrags hat die mit Finanzierungsfragen vermutlich vertraute Antragstellerin „eine willkürliche Handhabung durch die Behörden“ nicht dargelegt.

3. Erfolglos meint die Antragstellerin (Antragsschrift Seite 16, Schriftsätze vom 13. November 2012 [Bd. II Bl. 302 f. d.A.] und vom 17. Januar 2013 [Bd. II Bl. 326 bis 329 d.A.]), durch die Ergänzende Vereinbarung aus dem Jahr 2010 sei die Fälligkeit der Kreditleistungen, die nach § 8 Abs. 4 Satz 3 EAEG Voraussetzung für die Erhebung der Sonderzahlung sei, hinausgeschoben worden. Welche Bedeutung die Fälligkeit der Kreditleistungen für die Erhebung der Sonderzahlungen hat, kann weiter dahinstehen, weil die Ergänzende Vereinbarung an der durch Art. 3.1. und 4.3. begründeten Fälligkeit von Tilgung und Zinsen erstmalig zum 30. September 2010 nichts änderte. Das von der Antragstellerin vertretene Verständnis der Ergänzenden Vereinbarung lässt sich mit dem Auslegungsmaßstab des hier anwendbaren § 133 BGB nicht erreichen. Das Gericht hält es für ausgeschlossen, bei den Vertragsparteien einen der Auslegung der Antragstellerin entsprechenden wirklichen Willen anzunehmen.

79Im Ansatz zutreffend (und wohl in Übereinstimmung mit der Antragsgegnerin [Schriftsätze vom 12. Oktober 2012, Seite 5 = Bd. II Bl. 171 f., und vom 30. Januar 2013 = Bd. II Bl. 343 d.A.]) sieht die Antragstellerin in einer Stundung das Hinausschieben der Fälligkeit einer Forderung bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit. Verfehlt sieht sie in der Ergänzenden Vereinbarung eine Stundung. Der Wortlaut dieser Vereinbarung verwendet den Begriff nicht. Zwar ist dort vom „Fälligkeitszeitpunkt nach Ziffer 4.3“ die Rede, nicht aber davon, dass er durch diese Vereinbarung verschoben werden soll. Auch deshalb ist der Text auslegungsbedürftig. Dafür ist von Bedeutung, dass Art. 3.6. des ursprünglichen Vertrags für den Fall, dass der Antragsgegnerin zu einem Zahlungstermin nicht genügend Mittel zur Begleichung fälliger Zinsen zustehen, das BMF auf Antrag der Antragsgegnerin über eine Stundung entscheidet. Für die Tilgungsraten hingegen sah Art. 4.5. vor, dass die Vertragsparteien eine angemessene Regelung treffen werden, wenn sich aufgrund von Gegebenheiten, die u.a. mit der Beitragserhebung der Antragsgegnerin zusammenhängen, ein Bedarf zur Änderung der Regelungen unter Ziffer 4.1. bis 4.3. über die Rückzahlung des Darlehens ergeben sollte. Den Vertragsparteien stand mithin bereits im Dezember 2008 die Möglichkeit vor Augen, dass der Antragsgegnerin aus Gründen, die mit der Beitragserhebung zusammenhängen, nicht genug Mittel zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen könnten. Gleichwohl regelten sie nur für die Zinsen ein Verfahren zur Stundung und sahen für die Tilgung eine gesonderte Regelung vor. Das hindert es, die Ergänzende Vereinbarung, in der das Wort „Stundung“ nicht verwandt wird, obgleich es den Vertragsparteien ersichtlich bekannt ist, im Sinne einer die Fälligkeit von Tilgung und Zins hinausschiebenden Stundung zu verstehen. Ob es sich um ein „pactum de non petendo“ handelt, ist unerheblich, weil Vereinbarungen über die Rückzahlungsmodalitäten eines Darlehens von den Vertragsparteien frei getroffen werden können und nicht auf bestimmte Regelungsformen beschränkt sind. So kann eine Vereinbarung von Vertragsparteien in Bezug auf eine fällige Forderung, dass diese Forderung im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Schuldners beglichen werden könne, für die Fälligkeit der Forderung im Sinne von § 271 BGB folgenlos sein (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07 –, BGHZ 173, 286 [293 Rn. 20]). Zu diesen Umständen tritt, dass die Vertragsparteien nach Art. 4.5. eine angemessene Regelung treffen wollten. Die hier vertretene Auslegung der Ergänzenden Vereinbarung im Sinne einer die Fälligkeit der Forderungen unberührt lassenden Abrede ist eine den Gegebenheiten (Illiquidität) und den allseitigen Interessen angemessene Regelung. Das von der Antragstellerin vertretene Verständnis hingegen führte zu einer unangemessenen Regelung, weil es die (hier nicht zu entscheidende) Frage nach dem Regelungsgehalt des § 8 Abs. 4 Satz 3 EAEG (in der bis zum 12. Juli 2013 geltenden Fassung) und die Möglichkeit aufwürfe, dass die Sonderzahlung zur Begleichung der Darlehensschuld nicht erhoben werden kann, weil die Darlehensforderungen noch nicht fällig sind, und diese Forderungen nicht fällig sind, weil keine Sonderzahlungen erhoben werden können (und die übrigen Mittel nicht ausreichen). Mangels jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragsparteien eine solche auch ihren Interessen zuwiderlaufende Regelung treffen wollten, kann nicht angenommen werden, dass sie ihrem wirklichen Willen entspricht. Die Antragstellerin hat solche Anhaltspunkte nicht aufgezeigt und auch sonst nicht erläutert, mit welcher rationalen Überlegung die Vertragsparteien eine Abrede mit dem von ihr beschriebenen Inhalt getroffen haben sollten. Das in der Präambel angesprochene Ziel der Vereinbarung, es der Antragsgegnerin durch die Gewährung dieses Darlehens zu ermöglichen, dass sie „ihren gesetzlichen Auftrag fristgerecht erfüllen kann“ gebietet keine Stundungsabrede.

4. Einen Verstoß gegen Grundsätze der Finanzverfassung kann das Gericht nicht feststellen (dazu Urteile vom 11. Mai 2012 – VG 4 K 309.11 – [jetzt OVG 1 B 19.12] und – VG 4 K 310.11 – [jetzt OVG 1 B 20.12] sowie – VG 4 K 411.10 – [jetzt OVG 1 B 18.12], vom 14. September 2012 – VG 4 K 334.11 – [jetzt OVG 1 B 25.12], vom 26. Oktober 2012 – VG 4 K 77.11 – [jetzt OVG 1 B 29.12], vom 22. März 2013 – VG 4 K 123.12 – [jetzt OVG 1 B 8.13] und – VG 4 K 332.12 – [jetzt OVG 1 B 11.13], vom 17. Mai 2013 – VG 4 K 423.11 – [jetzt OVG 1 B 15.13] und vom 12. Juli 2013 – VG 4 K 363.12 -). Die diesbezüglichen Einwände der Antragstellerin (Antragsschrift Seiten 23 bis 50) variieren das Argumentationsmaterial nur unwesentlich. Sie übergehen die Tragweite des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 2009 (BVerfGE 124, 348) mit dem die Dreiteilung des Entschädigungssystems verfassungsrechtlich Bestand behielt, obgleich der Phoenix-Entschädigungsfall bereits bekannt und in seinen erheblichen Ausmaßen abschätzbar war.

5. Die Auffassung der Antragstellerin, bei dem Fall der Phoenix Kapitaldienst GmbH handle es sich nicht um einen Entschädigungsfall, die diese mit Verweis auf das Verfahren VG 4 K 123.12 vertritt (Antragsschrift Seite 50 bis 52), teilt die Kammer aus den Gründen des Urteils in dieser Sache vom 22. März 2013 [jetzt OVG 1 B 8.13] nicht.

6. Die Überlegungen der Antragstellerin zu einem Verstoß der „dem Beitragsbescheid zugrunde liegende(n) EdWBeitrV in Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau“ (Antragsschrift Seite 52) lassen einen Bezug zum hier streitigen Sonderzahlungsbescheid und den dafür maßgeblichen Regelungen des § 8 Abs. 6 EAEG (in der bis zum 12. Juli 2013 geltenden Fassung) nicht erkennen. Möglicherweise meint die Antragstellerin, der Sonderzahlungsbescheid sei rechtswidrig, weil er auf eine fehlerhafte Jahresbeitragsfestsetzung 2010 aufsetze (so Antragsschrift Seite 56), und diese sei auch deshalb fehlerhaft, weil die Beitragsregelungen gegen das Rückwirkungsverbot verstießen. Das führt nicht auf ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Sonderzahlungsbescheids, zumal da die am 26. August 2009 in Kraft getretene Vierte Verordnung zur Änderung der EdWBeitrV nur in den Abrechnungszeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2009 hineinwirkte, für den hier mittelbar betroffenen Abrechnungszeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2010 aber keine Rückwirkungsfrage aufwarf.

83Die Rechtmäßigkeit des Jahresbeitragsbescheids ist keine Voraussetzung für die Festsetzung der Sonderzahlung. Zu einem diesbezüglichen Einwand schrieb die Kammer im Urteil vom 17. Mai 2013 – VG 4 K 40.12 -, Abdruck Seite 13 f.:

„D. 1. Die Klägerin macht geltend, der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig, weil der Jahresbeitrag, der für die Höhe der Sonderzahlung maßgebend sei, rechtswidrig festgesetzt worden sei. Auch hier übergeht die Klägerin Rechtsprechung (z.B. Beschluss vom 23. Juli 2012 – VG 4 L 85.12 -, Abdruck Seite 5), die ihr über ihre Bevollmächtigten bekannt sein könnte. Einen normativen Ansatz für ihren Einwand bietet sie nicht.

Einzig § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG könnte den Einwand tragen. Das ist aber nicht der Fall. Danach bemisst sich die Höhe der jeweiligen Sonderzahlung nach dem Verhältnis des zuletzt fälligen vollen Jahresbeitrags des einzelnen Instituts zur Gesamtsumme der Jahresbeiträge, der einzelnen Zahlungen und, in den Fällen des § 8 Abs. 6 Satz 3 EAEG, der fiktiven Jahresbeiträge aller nach § 8 Abs. 5 beitrags- oder zahlungspflichtigen Institute.

Der Wortlaut bietet keinen Ansatz dafür, nur die rechtmäßigen Jahresbeitragsfestsetzungen zur Bemessung der Höhe der jeweiligen Sonderzahlung heranzuziehen. Die Norm spricht nur von einem fälligen vollen Jahresbeitrag und der Gesamtsumme der Jahresbeiträge.

Der Zweck der Normen steht dem destruktiven Verständnis der Klägerin entgegen. Der Zweck der Beklagten kommt klar in ihrer Bezeichnung zum Ausdruck. Sie soll Gläubiger eines Instituts entschädigen. Dafür sind ihr knappe Fristen gesetzt (§ 5 Abs. 4 EAEG). Fehlt ihr dafür das Geld, hat sie einen Kredit aufzunehmen (§ 8 Abs. 4 Satz 1 EAEG), der dann vertragsgemäß zu bedienen ist. Üblicherweise – und auch hier – sehen Darlehensverträge feste Zahlungstermine vor. § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG gehört zu den Normen, die die vertragsgemäße Kreditbedienung ermöglichen sollen. Mit diesem Zweck verträgt sich ein Verständnis nicht, das eine Mittelbeschaffung zur Kreditbedienung erst nach dem unabsehbaren Abschluss aller Rechtsstreitigkeiten über die in Betracht kommenden Jahresbeitragsbescheide ermöglicht.

Höherrangiges Recht gebietet das Verständnis der Klägerin nicht; es steht dem hier vertretenen Verständnis nicht entgegen. Effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) ist auch bei dem hier vertretenen Verständnis möglich. Auszugehen ist davon, dass Rechtsschutz auch dann effektiv ist, wenn eine behördliche Entscheidung zunächst vollziehbar ist (z.B. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, § 8 Abs. 9 Satz 3 EAEG) und dies nur unter gesteigerten Anforderungen geändert werden kann (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Wird indes die Vollziehung (vollständig) ausgesetzt bzw. erlangt der Rechtsbehelf (umfassend) aufschiebende Wirkung, dann bleibt er zwar existent, doch dürfen aus ihm keine Folgerungen gezogen werden (vgl. Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rn. 630 f. = Seite 224 f.). Eine Folgerung aus einem Jahresbeitragsbescheid der Beklagten wäre seine Einbeziehung in die Berechnung nach § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG. Sollte indes erst eine Anfechtungsklage gegen den Jahresbeitragsbescheid dem Institut Erfolg gebracht haben, wirkt die (teilweise) Aufhebung des Jahresbeitragsbescheids regelmäßig auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids zurück und ändert damit den „zuletzt fälligen vollen Jahresbeitrag“ im Sinne des § 8 Abs. 6 Satz 1 EAEG. Das kann über § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Bedeutung für die Sonderzahlung erlangen.“

Abgesehen davon hält das Gericht die Rechtmäßigkeit des an die Antragstellerin gerichteten Jahresbeitragsbescheids 2010 nicht für ernstlich zweifelhaft (Beschluss vom 14. August 2012 – VG 4 L 159.12 -).

90Weiter folgt das Gericht nicht der Auffassung der Antragstellerin (Antragsschrift Seite 55), die dem Sonderzahlungsbescheid zugrundeliegenden Beitragsregelungen verstießen „nach wie vor“ gegen das Rückwirkungsverbot. Die Antragstellerin hält der Kammer vor, im Beschluss vom 13. Juli 2012 – VG 4 L 160.12 – [jetzt OVG 1 S 101.12] nicht gesagt zu haben, welcher Maßstab im Rahmen der Entscheidung im vorliegenden Fall angewendet werden solle. Das ist unverständlich. Es ist der Maßstab, den das Bundesverfassungsgericht an der genannten Stelle (Beschluss vom 7. Juli 2010 – 2 BvL 14/02 u.a. -, BVerfGE 127,1 = NJW 2010, 3629 [3630 ab Rn. 55] beschrieb. Es gibt keinen Maßstab für stattgebende Beschlüsse und einen für ablehnende. In beiden Fällen ist der gleiche Maßstab anzuwenden. Nach der Wertung der Kammer gab es danach hier kein Rückwirkungsverbot. Denn es handelte sich um eine unechte Rückwirkung, die nicht grundsätzlich unzulässig ist. Allein das Interesse der Betroffenen, von negativen Veränderungen verschont zu bleiben, genießt keinen Schutz. Um einen solchen Schutz auszulösen, müssen besondere Umstände hinzutreten. Daran fehlt es hier.

91Die Auffassung der Antragstellerin, der Gesetzgeber habe eine Übergangsvorschrift regeln müssen, leuchtet dem Gericht weiterhin nicht ein. Ist der Verordnungsgeber durch § 8 Abs. 8 EAEG (in der bis zum 12. Juli 2013 geltenden Fassung) ermächtigt, das Nähere über die Jahresbeiträge zu regeln, dann umfasst diese Befugnis auch die zu etwa nötigen Übergangsregelungen, ohne dass das ausdrücklich in der Verordnungsermächtigung aufgeführt werden müsste, weil es sich von selbst versteht und weil sich etwa nötige Übergangsregelungen zu einer Verordnung nicht mit einem Konkretisierungsertrag abstrakt-generell durch Gesetz bestimmen lassen.

7. Die Auffassung der Antragstellerin (Antragsschrift Seite 60), die Nacherhebung von 5,8 Mio € sei rechtswidrig, weil es für die Festsetzung in dieser Höhe an einer wirksamen Rechtsgrundlage fehle, teilt die Kammer weiterhin nicht. Im Urteil vom 22. März 2013 – VG 4 K 332.12 – [jetzt OVG 1 B 11.13], Abdruck Seite 4 schrieb sie dazu:

„A. 1. Die Klägerin meint: Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung, eine Verschiebung der in der Vergangenheit nicht festsetzbaren Beträge in die Zukunft sei möglich, sei durch § 8 Abs. 4 Satz 3 EAEG nicht gedeckt. Sofern die Beklagte für das Jahr 2010 versäumt haben sollte, den Finanzierungsbedarf 2010 auf diejenigen Beitragsinstitute umzulegen, die nicht der Belastungsobergrenze unterfallen oder aber dieser Beitrag nicht erbringlich gewesen sein sollte, könne dieser Umstand nicht durch eine nachträgliche Erhöhung der Beitragszahlung 2011 repariert werden. Die Behauptung, es hätten angeblich 5,8 Millionen Euro im Jahr 2010 nicht festgesetzt werden können, sei für sie in keiner Weise überprüfbar.

Die ebenfalls im Widerspruchsbescheid geäußerte Rechtsauffassung, wonach zur Berechnung nicht allein die jeweils fällige Kreditrate zur Bemessungsgrundlage herbeigezogen werden darf, sei unzutreffend. Der Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 2 EAEG besage, dass die Beklagte Sonderbeiträge lediglich „für Tilgung, Zins und Kosten" erheben könne. Wäre damit das Gesamtengagement des Kredits gemeint, wäre die jeweilige finanzielle Belastung für die betroffenen Mitgliedsinstitute unberechenbar und es in das Belieben der Beklagten gestellt, einen beliebig hohen Betrag bis zur Höhe der Gesamtkosten des Kreditengagements zur Bemessungsgrundlage zu machen. Auch die Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 3 EAEG, die die Fälligkeit der Sonderzahlungen an die Fälligkeit der Kreditleistungen koppele, sei dann ohne jede Bedeutung.

952. Das hält das Gericht für unvertretbar. Es erscheint ihm vielmehr vom Wortlaut und der Systematik (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EAEG) eindeutig, dass die Institute einen Kredit vollständig bedienen müssen, der mangels eigenen Vermögens zur Erfüllung ihrer Entschädigungspflichten aufgenommen werden musste. Die bei diesem Verständnis gegebene Bedeutung des § 8 Abs. 4 Satz 3 EAEG besteht darin, dass die Institute an der vertraglichen Ratenzahlungsregelung in der Weise teilhaben, dass sie nicht über Sonderzahlungen den gesamten Kreditbetrag nebst Zins und Kosten bei der Beklagten ansammeln, obgleich diese den Kredit nur ratenweise bedienen muss.“

8. Soweit sich die Antragstellerin gegen Regelungen der EdWBeitrV wendet und rügt, die Belastungsgleichheit sei dadurch nicht gewahrt (Antragsschrift Seite 61 bis 63), ist – wie auch bei den Ausführungen in der Antragsschrift auf Seite 52 – ein Zusammenhang mit der streitigen Erhebung der Sonderzahlung nicht erkennbar.

9. Soweit sich die Antragstellerin gegen eine uneinheitliche bilanzielle Handhabung von Rückstellungen wendet (Antragsschrift Seite 63 f.), ist damit ein zur Rechtswidrigkeit des Sonderzahlungsbescheids führender Umstand nicht aufgezeigt (vgl. Urteil der Kammer vom 14. September 2012 – VG 4 K 334.11 – [jetzt OVG 1 B 25.12]).

C.

Es kann dahinstehen, ob § 8 Abs. 9 Satz 3 EAEG, der auf Beitragsbescheide, dem Wortlaut nach aber nicht auf Sonderzahlungsbescheide bezogen ist, eine vom Maßstab des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO gelöste Abwägung der widerstreitenden Interessen eröffnet. Denn auch diese fiele nicht zugunsten der Antragstellerin aus. Über zwei Jahre hinweg hat sich die Kammer in einer Reihe von Verfahren mit vielfältigen Variationen von Angriffen gegen die Verfassungsmäßigkeit der Sonderabgabe auch in Form der Sonderzahlung befasst, ohne zu ernstlichen Zweifeln zu gelangen. Die seither ergangenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg begründen nicht die Erwartung, dass die Rechtslage grundlegend anders zu beurteilen sein wird. Die Dauer der noch offenen Beschwerdeverfahren betreffend Sonderzahlungsbescheide (etwa OVG 1 S 100, 101, 113, 114.12) lässt nicht zwingend auf eine bevorstehende Änderung der Rechtsprechung schließen – wie die Dauer dieses Verfahrens belegt. Auch bei der nötigen Distanz zur eigenen Rechtsprechung kann die Kammer der Abwägung danach nicht zugrunde legen, dass der Sonderzahlungsbescheid offensichtlich rechtswidrig ist (womit der Maßstab der ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit sogar übertroffen wäre). Selbst wenn man einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens annähme, gewichtete die Kammer das Vollzugsinteresse höher. Denn das streitige Geld soll eine verzinsliche Schuld der Antragsgegnerin tilgen. Bei der Antragstellerin hingegen, deren Eigenkapital ausreichend bemessen ist und deren kurzfristige Verbindlichkeiten fristenkongruent durch kurzfristige Forderungen abgedeckt sind und die seit 2006 deutlich positive Jahresergebnisse erzielte, darunter das im Jahr 2010 trotz der schwierigen Marktlage in dem aus ihrer Sicht zufriedenstellenden Umfang von 9,4 Mio €, verkürzt der streitige Betrag nur das dann immer noch positive Jahresergebnis. Weitergehende Nachteile sind nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung gründet auf den § 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO und dem Gedanken des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts fußt auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.