VG Augsburg, Beschluss vom 11.06.2014 - Au 7 S 14.50134
Fundstelle
openJur 2014, 12701
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... wird abgelehnt.

II. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.

III. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1981 geborene Antragsteller, nach eigenen Angaben Staatsangehöriger von Mali, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn.

Der Antragsteller reiste am 28. Mai 2013 in Deutschland ein und stellte am 17. Juni 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.

Im Rahmen einer Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylVfG am 27. November 2013 gab der Antragsteller an, er sei im Jahr 2011 in Mali an HIV erkrankt. Auch deswegen habe er sein Heimatland verlassen. Sein Ziel sei wegen seiner Erkrankung nur Deutschland gewesen. Er dachte, hier Heilung zu bekommen.

Er gehe jeden Monat zum Arzt, der nehme Blut ab und schaue, wie sich die Krankheit entwickle.

Am 15. April 2011 habe er die Elfenbeinküste verlassen und sei über die Türkei nach Griechenland gereist. Von dort sei er im März 2013 nach Ungarn weitergereist, wo er im April 2013 angekommen sei. Dort habe er einen Asylantrag stellen müssen. Im Mai 2013 sei er von Ungarn mit dem Zug nach Deutschland gereist.

Der Antragsteller legte hinsichtlich seiner Erkrankung an HIV ärztliche Schreiben vom 20. August 2013 und 26. November 2013 vor.

Ein Abgleich der Fingerabdrücke durch das Bundesamt ergab einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 für Ungarn (... und ...) vom 15. Mai 2013.

Am 29. November 2013 hat das Bundesamt an Ungarn ein Wiederaufnahmegesuch gerichtet. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 erklärten die ungarischen Behörden, dem Übernahmeersuchen gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2. 2003 (Dublin-II-VO) zuzustimmen. Der Antragsteller habe am 13. Mai 2013 einen Asylantrag in Ungarn gestellt, das Verfahren sei beendet worden, weil dieser verschwunden sei.

Mit Bescheid vom 10. Februar 2014 wurde durch das Bundesamt festgestellt, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig ist (Ziffer 1); die Abschiebung nach Ungarn wurde angeordnet (Ziffer 2).

Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 13. Mai 2014 zugestellt.

Am 23. Mai 2014 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten per Telefax einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend stellen,

die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10. Februar 2014 anzuordnen.

Weiter wurde die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... beantragt.

Dem Antrag wurde ein ärztlicher Kurzbrief des Klinikums ... vom 27. Februar 2014 beigefügt.

Am 30. Mai 2014 wurde Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom 10. Februar 2014 aufzuheben.

Das Klageverfahren wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 14. 50145 geführt.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 2. Juni 2014 die Behördenakte vor.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die übermittelte Behördenakte verwiesen.

II.

I. Der zulässige, insbesondere gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes/AsylVfG statthafte und fristgemäß eingelegte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung führt in der Sache nicht zum Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Februar 2014 erweist sich nach derzeitiger Aktenlage als rechtmäßig. Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt damit das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass die Abschiebung nach Ungarn im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG durchgeführt werden kann. § 34a AsylVfG macht insoweit den Erlass der Abschiebungsanordnung davon abhängig, dass die Abschiebung tatsächlich möglich und rechtlich zulässig ist.

1. Ersteres hängt in erster Linie von der Übernahmebereitschaft desjenigen Drittstaates ab, in den abgeschoben werden soll (OVG NRW, U.v. 30.9.1996 – 25 A 790/96.a – juris).

Maßgebend ist dabei die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (nachfolgend: Dublin II-VO). Diese ist zwar durch Art. 48 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) aufgehoben worden; gemäß Art. 49 der letztgenannten Verordnung gelten jedoch die Bestimmungen der Dublin II-VO für alle Verfahren, in denen der Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz als auch das Wiederaufnahmeersuchen - wie im vorliegenden Fall - vor dem 01. Januar 2014 gestellt wurden.

Die ungarischen Behörden haben das Wiederaufnahmegesuch der Bundesrepublik Deutschland vom 29. November 2013 mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) Dublin II- VO) akzeptiert.

2. Die Überstellung nach Ungarn ist aber auch rechtlich möglich.

a) Die Antragsgegnerin ist nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO zur Ausübung des eigenen Prüfrechts (sog. Selbsteintrittsrecht) verpflichtet, so dass auch dies die Überstellung nach Ungarn nicht hindert.

Nach dem Art. 16a Abs. 2 GG, §§ 26a, 27a, 34a zu Grunde liegenden Konzept der sog. normativen Vergewisserung ist davon auszugehen, dass u.a. in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (sog. sichere Drittstaaten) die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 560) und der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685, 953) sichergestellt ist und daher dort einem Asylsuchenden keine politische Verfolgung droht oder unzumutbare Bedingungen herrschen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend: BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93BVerfGE 94, 49 ff.) ergeben sich Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen Drittstaat ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist – bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat – etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgeblichen Verhältnissen schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Parallel dazu ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10NVwZ 2012, 417) zu entnehmen, dass Asylbewerber dann nicht an einen nach der Dublin II-VO an sich zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden dürfen, wenn nicht unbekannt sein kann, dass systematische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden.

Derartige Verhältnisse sieht das Gericht zum entscheidungserheblichen gegenwärtigen Zeitpunkt für Ungarn – entgegen der Auffassung der Antragstellerseite - beim vorliegenden Sach- und Streitstand nicht.

Ungarn unterliegt als Mitgliedstaat der EU dessen Recht und ist den Grundsätzen einer gemeinsamen Asylpolitik sowie den Mindeststandards eines gemeinsamen Asylsystems verpflichtet und somit ein sicherer Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG. Es ist demnach im Grundsatz davon auszugehen, dass in Ungarn die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GK) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist.

Das ungarische Asylrecht steht im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards und enthält die wichtigsten Garantien. Für die im Eilverfahren nur mögliche summarische Prüfung ist dabei davon auszugehen, dass trotz möglicher Mängel in der Durchführung des Asylverfahrens durch die ungarischen Behörden diese Verpflichtungen jedenfalls soweit eingehalten werden, dass eine Rückführung nach Ungarn als zuständigen Staat zumutbar ist.

In Bezug auf Ungarn folgt das Gericht der in der Rechtsprechung ganz vorherrschend vertretenen Auffassung, dass in Ungarn derartige systemische Mängel nicht bestehen (vgl. VG Würzburg, B.v. 21.3.2014 - W 1 S 14.30147 – juris; VG Ansbach, B.v. 10.2.2014 – AN 1 S 14.30086 - juris; VG Potsdam, B.v. 29.1.2014 – 6 L 29/14.A - juris; VG München, B.v. 27.1.2014 – M 4 S 14.30066 - juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 15.1.2014 – 6a L 1836/13.A - juris; VG Ansbach, U.v. 9.1.2014 – AN 2 K 13.30581 - juris; VG Regensburg, B.v. 27.12.2013 – RN 6 S 13.30709 - juris; VGH Baden-Württemberg, B.v. 6.8.2013 – 12 S 675/13 - juris; OVG Magdeburg, B.v. 31.5.2013 - 4 L 169/12 - juris).

Zwar ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Quellen (z.B. Pro Asyl, „Flüchtlinge zwischen Haft- und Obdachlosigkeit“, Berichte vom Februar und März 2012) durchaus, dass Aufnahme- und Lebensbedingungen sowie die Unterbringungsbedingungen beanstandenswert und teilweise unzureichend sind. Ebenso wurden in der Vergangenheit regelmäßige Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Auch in der Anwendungspraxis zeigten sich einige Mängel (UNHCR, Ungarn als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn, April 2012 – im Folgenden: UNHCR-Bericht – S. 6). Unregelmäßigkeiten tauchten vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der Dublin II-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt wurden. Der UNHCR bewertete den Zugang zum ungarischen Asylverfahren für Dublin-II-Rückkehrer als problematisch (UNHCR-Bericht S. 9). Diese hätten nur eingeschränkt Zugang zu einem Asylverfahren, weil sie nicht automatisch als Antragsteller behandelt würden. Ihr Asylantrag würde nach der Rücküberstellung als Folgeantrag gewertet (UNHCR-Bericht S. 9; Amnesty International, Positionspapier zu Rücküberstellungen nach Ungarn, 22. Oktober 2012, S. 1). In den meisten Fällen folge bei einer Rückkehr nach Ungarn die Verhängung von Verwaltungshaft (UNHCR-Bericht, S. 10). Die Asylsuchenden hätten im Verfahren zur Prüfung von Folgeanträgen keinen Anspruch auf dieselben Leistungen wie Personen, die einen Erstantrag gestellt haben, selbst wenn ihre Anträge inhaltlich noch nicht geprüft worden seien (UNHCR-Bericht, S. 14).

Nach einem aktuelleren Bericht vom Dezember 2012 führt der UNHCR aber aus, dass das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet habe, denen zufolge Asylbewerber nicht ohne sachliche Prüfung des Asylantrags nach Serbien oder in die Ukraine zurückgeschoben und nicht inhaftiert werden, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. Dublin-Rückkehrer werden nicht inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Diese Erkenntnisse decken sich mit den Angaben des Liaisonmitarbeiters des Bundesamts beim Ungarischen Amt für Staatsbürgerschaft und Einwanderung, die das Bundesamt in einem anderen, bei der 6. Kammer dieses Gerichts anhängigen Verfahren vorgelegt hat (Az. Au 6 S 13.30045). Dies wird auch bestätigt durch eine Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Mai 2013 an das erkennende Gericht (zur Lage in Ungarn vergleiche auch VGH Mannheim, B.v. 6.8.2013 – 12 S 675/13 – juris Rn. 6 ff). So ist nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Augsburg vom 23. Mai 2013 z.B. auch für Dublin-II–Rückkehrer eine medizinische Notfallversorgung gesichert. Es ist daher auch nicht aufgrund besonderer Lebensumstände des Antragstellers davon auszugehen, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe vorliegen, auf Grund derer die Bundesrepublik Deutschland ausnahmsweise verpflichtet wäre, abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen.

Dies wird auch vom EGMR (U.v. 6.6.2013 – 2283/12) so gesehen; zwar habe es in den Jahren 2011 und 2012 alarmierende Berichte über Ungarn als Asylland und insbesondere zur Situation überstellter Personen gegeben. In der jüngsten Mitteilung weise der UNHCR aber auf Änderungen hin, die im ungarischen Recht und in der Praxis geplant seien oder bereits durchgeführt worden seien, wonach überstellte Personen nun anscheinend einen hinreichenden Zugang zum Asylverfahren in Ungarn hätten

Insoweit wird auch auf aktuelle Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Würzburg (B.v. 21.3.2014 – W 1 S 14.30147 – juris; vom 17.2.2014 – W 6 S 14.30160 – juris) verwiesen, die insoweit wie folgt zu zitieren sind:

„Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monaten möglich ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B.v. 24.7.2013 –VG 1 L 213/13.A; VG München, B.v. 4.10.2013 – M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes findet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts for the purpose of legal harmonisation; abrufbar im Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (vgl. Art. 8 Abs. 1RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2 f.; European Council on Refugees and Exiles in seinem Bericht: Hungary passes legislation allowing widespread detention of asylum seekers; zugänglich im Internet in englischer Sprache; UNHCR comments and recommendations, S. 9).

Dass es tatsächlich zu einer systematischen, missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsvorschriften komme oder bereits gekommen sei, kann diesen Berichten dagegen gerade nicht entnommen werden (vgl. hierzu nur HHC, Brief Information Note, S. 4, wo explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss). Gegenteiliges ist auch dem angeführten Bericht von bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, vom Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Auch dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Entsprechende Erkenntnismittel, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u.a. –NvWZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende jedenfalls seit November 2012 (wieder) in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Auch die vom Antragsteller angeführte anderslautende Rechtsprechung führt zu keinem anderen Ergebnis, da sie zum einen auf bereits überholten Erkenntnisquellen beruht bzw. die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u.a. –NvWZ 2012, 417 ff.) nicht hinreichend berücksichtigt (so VG Frankfurt/Oder, B.v. 24.7.2013 –VD 1 L 213/13.A). Zum anderen vermögen aber auch die derzeit zugänglichen Erkenntnisquellen aus den oben genannten Gründen tatsächlich bestehende systemische Mängel in Ungarn insbesondere im Hinblick auf die im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesnovelle zur Inhaftierungsmöglichkeit von Asylbewerbern nicht glaubhaft zu machen (dies verkennend VG München, B.v. 4.10.2013 – M 23 S 13.30926 ). Denn die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn man den ungarischen Behörden im Hinblick auf die genannte Gesetzesnovelle quasi vorab ein unionsgrundrechtswidriges bzw. konventionswidriges Verhalten unterstellte, ohne diesbezüglich tatsächliche Anhaltspunkte anführen zu können. Auch hinsichtlich des im Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 26. November 2013 (Az. M 21 S 13.31198) in Bezug genommenen Berichts „Statement upon the conclusion of it`s visit to Hungary (23.9. – 2.10.2013)“ der Working Group on Arbitrary Detention (abrufbar im Internet unter: http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews. aspx?NewsID=13816&LangID=Edes>), sind systemische Mängel nicht erkennbar. Denn insoweit wird nur von problematischen Einzelfällen berichtet.“

In Bezug auf die Inhaftierung von Asylbewerbern würdigt der Bericht zweier Berichterstatter einer Arbeitsgruppe des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), „Working Group on Arbitrary Detention, Statement upon the Conclusion of its Visit to Hungary, 23 September - 2 October 2013“ ausdrücklich die Verbesserungen durch im Juli 2013 in Kraft getretene Gesetzesänderungen, auch wenn diese in der Praxis noch nicht ausreichend umgesetzt würden. Der Bericht kritisiert vor allem Mängel in Bezug auf die Information der Inhaftierten über ihre Rechtsbehelfsmöglichkeiten, sowie in Bezug auf die Verfügbarkeit von Dolmetschern und den Zugang zu Rechtsbeiständen. Außerdem handelt es sich bei diesem Bericht lediglich um vorläufige Ergebnisse („preliminary findings“). Aus diesem Bericht ergeben sich jedoch keine ausreichenden Belege für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylbewerbern durch systemische Mängel des Asylverfahrens (vgl. VG Ansbach, B.v. 10.2.2014 – AN 1 S 14.30086 – juris Rn. 53).

Vielmehr wird in dem zitierten Bericht des UNHCR vom 12. April 2013 gerade darauf verwiesen, dass Ungarn mit den Gesetzesänderungen teilweise Vorgaben einer (geplanten) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Asylbewerbern umsetzen wolle (vgl. dazu auch VG Würzburg, B.v.21.3.2014 – W 1 S 14.30147 – juris Rn.18-21). Es ist auch zu berücksichtigen, dass der UNHCR eine generelle Empfehlung, Asylbewerber und Ausländer, die bereits einen Schutzstatus in Ungarn haben, nicht nach Ungarn zu überstellen, nicht ausgesprochen hat (vgl. auch EGMR, U.v 6.6.2013 – 2283/12 – asylmagazin 2013, 342 Rn. 105). Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Mitgliedstaat, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin II-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften zu beachten ist, besonders relevant sind (vgl. EuGH, U.v. 30.5.2013 – C-528/11 – juris Rn. 44).

Eine im vorgenannten Sinn maßgebliche Änderung der Sachlage hierzu hat sich daher zwischenzeitlich nicht ergeben, jedenfalls erscheint eine solche als nicht ausreichend dokumentiert, wobei insbesondere darauf abgestellt wird, dass hierfür kompetente Stellen wie der UNHCR und das EASO (vgl. auch die Erwägungsgründe 22 und 23 und Art. 33 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 – Dublin III-VO -) systemische Mängel im Asylsystem in Ungarn feststellen müssten. Dies ist soweit ersichtlich aber – auch nach der vorgetragenen Gesetzesänderung in Ungarn – nicht geschehen (zum Ganzen vgl. auch VG Augsburg B.v. 6.2.2014 – Au 7 S 14.30040; VG Augsburg B.v. 5.12.2013 – Au 7 S 13.30454; VG München B.v. 6.2.2014 – M 4 S 14.30161, juris, m.w.N.).

Auch der EuGH hat in einer Entscheidung vom 10. Dezember 2013 hinsichtlich der Verhältnisse in Ungarn ebenfalls festgestellt, dass kein Anhaltspunkt die Annahme erlaube, dass systemische Mängel vorlägen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt zu sein (EuGH, U.v. 10.12.2013 – C-394/12 – juris Rn. 60 und 61; s. auch VG Hannover, U.v. 7.11.2013 – 2 A 4696/12 – juris Rn. 30 ff.).

Auch sonstige außergewöhnliche humanitäre Gründe, die ausnahmsweise eine eigene Prüfungspflicht der Bundesrepublik Deutschland begründen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Unabhängig von der allgemeinen Situation dürfen auch in der Person des Antragstellers keine beachtlichen Gründe bestehen, die gebieten, von der Überstellung nach Ungarn abzusehen. Die Abschiebungsanordnung erweist sich unter Berücksichtigung der geltend gemachten Erkrankung des Antragstellers als rechtmäßig.

In Fällen, in denen der Asylbewerber in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden soll, hat das Bundesamt vor Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen.

Ein aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis liegt vor, wenn der Ausländer aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig ist oder wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand unmittelbar durch die Ausreise oder Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird (vgl. BayVGH, B.v. 9.10.2007 – 24 CE 07.2403 – juris Rn.11; B.v. 8.2.2013 – 10 CE 12.2396 – juris Rd. 11). Dass diese Voraussetzungen beim Antragsteller hinsichtlich der geltend gemachten Erkrankung an HIV erfüllt wären, lässt sich weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch aus dem vorgelegten „Kurzbrief“ des Klinikums ... vom 27. Februar 2014 entnehmen. Danach wurde im Februar 2014 eine antiretrovirale Therapie mit der Medikation von Stribild begonnen.

Dafür, dass dem Antragsteller bei Bedarf in Ungarn grundsätzlich keine medizinische Versorgung zur Verfügung stünde, gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr ist nach Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Augsburg vom 23. Mai 2013 auch für Dublin-II-Rückkehrer eine medizinische Notfallversorgung gesichert (VG Augsburg, B.v. 5.12.2013 – Au 7 S 13.30454 – juris Rn. 28; Asylum Act XCIII of 2013, zitiert nach Asylum Information Database – aida-, National Country Report Hungary, Stand: 5.9.2013, S. 41).

Zudem sieht der in Ungarn am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Act LXXX of 2007 on Asylum Gouvernment Decree 301/2007 (XI.9.) für Asylsuchende einen Zugang zur Gesundheitsversorgung als Teil der materiellen Aufnahmebedingungen vor. Danach sind Asylsuchende berechtigt, kostenlose Gesundheitsversorgung in Anspruch zu nehmen, wenngleich in der Praxis die Kapazitäten eingeschränkt sind und Sprachbarrieren die Behandlung erschweren (VG Oldenburg, B.v. 16.1.2014 – 5 B 33/14).

Einer Gesundheitsgefährdung des Klägers in Ungarn kann im Übrigen auch dadurch begegnet werden, dass den ungarischen Behörden die Erkrankung des Klägers mitgeteilt wird. Die abschiebenden Ausländerbehörden nehmen diese Aufgabe, wie dem Gericht aus ähnlich gelagerten Fällen bekannt ist, auch wahr. Es ist zudem Aufgabe der zuständigen ungarischen Behörden, für die geeignete Unterbringung des Klägers unter Beachtung seines Gesundheitszustandes zu sorgen.

Eine aktuelle Reiseunfähigkeit des Antragstellers ergibt sich jedenfalls aus dem vorgenannten ärztlichen Kurzbrief vom 27. Februar 2014 nicht.

Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung sind derzeit nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

II. Wie oben unter I. ausgeführt, hat der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO keine Aussicht auf Erfolg, so dass damit auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht kommt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ff ZPO). Wegen der Eilbedürftigkeit war über beide Anträge gemeinsam zu entscheiden.

Dieser Beschluss ist insgesamt unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).