VG Gelsenkirchen, Urteil vom 09.04.2014 - 7 K 389/11
Fundstelle
openJur 2014, 12316
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Landesjustizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2010 verpflichtet, den Kläger zur Anfertigung einer Z 2 Klausur erneut zuzulassen und ihn anschließend über die zweite juristische Staatsprüfung erneut zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Urteils trägt der Kläger zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen das Nichtbestehen der ersten Wiederholungsprüfung im zweiten juristischen Staatsexamen.

Der Kläger wiederholte im März 2010 die schriftlichen Aufsichtsarbeiten zur zweiten juristischen Staatsprüfung.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2010 erklärte das Landesjustizprüfungsamt NRW die Prüfung auf der Grundlage des schriftlichen Teils für nicht bestanden und gab die Klausurergebnisse wie folgt bekannt:

Z 1: ausreichend (5 Punkte)

Z 2: mangelhaft (3 Punkte)

Z 3: ausreichend (6 Punkte)

Z 4: mangelhaft (2 Punkte)

StR 1: mangelhaft (1 Punkt)

StR 2: mangelhaft (2 Punkte)

ÖR 1: mangelhaft (1 Punkt)

ÖR 2: mangelhaft (3 Punkte).

Gegen den ihm am 18. Juni 2010 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am Montag, dem 19. Juli 2010 Widerspruch, mit dem er sich gegen die Bewertung der Klausuren Z 2, 3 und 4 wandte. Gegen die Bewertung der Klausur Z 2 machte er insbesondere geltend, die von den Prüfern als erheblicher Mangel beanstandete fehlende Thematisierung der Verjährung erbrechtlicher Ansprüche könne ihm nicht vorgeworfen werden, weil die zum Bearbeitungszeitpunkt geltende Fassung der Verjährungsvorschriften in den zu benutzenden Gesetzestexten noch nicht berücksichtigt gewesen sei. Nach der von ihm benutzten Gesetzesfassung habe sich die Frage der Verjährung nicht gestellt.

Nach Durchführung des Überdenkungsverfahrens wies das Landesjustizprüfungsamt NRW den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 23. Dezember 2010 mit der Maßgabe zurück, dass die Z 2 Klausur mit "ausreichend" (5 Punkten) bewertet werde. Die Prüfer hätten die Klausur nachbewertet, weil die geänderten Verjährungsvorschriften zwar zum Bearbeitungszeitpunkt bereits in Kraft getreten, in der Gesetzessammlung aber noch nicht eingefügt worden seien. Die Prüfung sei allerdings insgesamt dennoch für nicht bestanden zu erklären, da der Gesamtdurchschnitt der Aufsichtsarbeiten bei 3,125 liege und damit den Grenzwert von 3,50 Punkten nicht erreiche. Der Widerspruchsbescheid ist dem Kläger am 30. Dezember 2010 zugestellt worden.

Am Montag, dem 31. Januar 2011 hat der Kläger gegen die Prüfungsentscheidung Klage erhoben. Zur Begründung macht er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrages im Widerspruchsverfahren weiterhin Bewertungsfehler hinsichtlich der Klausuren Z 2, 3 und 4 geltend.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesjustizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2010 zu verpflichten, ihn über seine zweite juristische Staatsprüfung unter Neubewertung der Aufsichtsarbeiten Z 2, Z 3 und Z 4 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesjustizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2010 zu verpflichten, ihn zur zweiten juristischen Staatsprüfung erneut zuzulassen und zur nochmaligen Anfertigung seiner acht Aufsichtsarbeiten nicht vor April 2015 zu laden,

weiter hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landesjustizprüfungsamtes Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2010 zu verpflichten, ihn zur zweiten juristischen Staatsprüfung erneut insoweit zuzulassen, als ihm die nochmalige Anfertigung der Z 2 Klausur gestattet wird, und ihn nicht vor April 2015 zu laden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft die Gründe aus dem Widerspruchsbescheid des Landesjustizprüfungsamtes NRW und hält Bewertungsfehler für nicht gegeben.

Zwischenzeitlich hat der Kläger die 2. Wiederholungsprüfung absolviert und nicht bestanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten, einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Landesjustizprüfungsamtes NRW (Beiakten Hefte 1 - 10).

Gründe

Die zulässige Klage ist mit dem zweiten Hilfsantrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch darauf, erneut zur Anfertigung einer Z 2 Klausur zugelassen zu werden, da die Bewertung dieser Klausur Fehler aufweist, die nicht im Wege der Nachkorrektur ausgeglichen werden können. Deshalb scheidet auch ein Anspruch auf nochmalige Bewertung der Z 2 Klausur aus (I.). Weitergehende Ansprüche auf Neubewertung bzw. Neuanfertigung der Klausuren hat der Kläger nicht. Die angefochtene Entscheidung des Landesjustizprüfungsamtes vom 14. Juni 2010 NRW in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 2012 ist hinsichtlich der gegen die Bewertung der Klausuren Z 3 und Z 4 gerichteten Rügen rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 2, Abs. 1 VwGO) (II.).

Für die gerichtliche Überprüfung der Bewertung einzelner Prüfungsleistungen gilt zunächst Folgendes:

Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengten, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Examenspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Auch die Bestehensgrenze lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Ergebnisse bestimmen. Daraus folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen. Der danach einzuräumende Bewertungsspielraum ist allerdings überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar sind, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlichfachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss. Gegenstände des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraumes sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels. Ebenso handelt es sich um eine den Prüfern vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend definierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als "brauchbar" zu bewerten ist. In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewertungsspielraumes überschritten haben, etwa weil sie von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben,

so BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2004 - 6 B 25.04 -, juris Rdnr. 11 ff mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts.

Da es mit dem Grundsatz der Chancengleichheit aller Prüflinge nicht zu vereinbaren wäre, wenn schon eine pauschale Kritik an den von den Prüfern vorgenommenen Bewertungen genügte, um eine Neubewertung zu erreichen,

vgl. Niehues/Fischer, Prüfungsrecht, 5. Auflage 2010, Rdnr. 89,

obliegt dem Prüfling im Streit um die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsentscheidung eine Mitwirkungspflicht. Diese besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,

vgl. z.B. Urteil vom 4. Mai 1999 - 6 C 13.98 -, juris Rdnr. 34 ff mit weiteren Nachweisen,

darin, derartige Fehler substantiiert mit einer nachvollziehbaren Begründung bestehender Einwände darzulegen. Soll sein Vorbringen berücksichtigt werden können, hat der Prüfling klarzustellen, in welchen konkreten Einzelpunkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Korrekturfehler aufweist; dabei hat er auf Inhalt und Zielrichtung einzelner Prüferbemerkungen und ?wertungen einzugehen. Eine bloße Wiederholung des eigenen Standpunktes auf verbreiterter subjektiver Argumentationsbasis reicht nicht aus. Die fachwissenschaftliche Richtigkeit oder Vertretbarkeit einer Lösung muss vielmehr mit Hilfe objektiver und gewichtiger Kriterien einsichtig gemacht werden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich für die Bewertung der Z 2, Z 3 und Z 4 Klausur des Klägers Nachstehendes:

I. Die Klausuraufgabe der Z 2 Klausur und ihr folgend die Bewertung der Z 2 Klausur leiden unter einem der gerichtlichen Überprüfung unterliegenden Fehler, der durch die im Vorverfahren durchgeführte Neubewertung nicht ausgeglichen worden und auch einer erneuten nachträglichen Korrektur nicht zugänglich ist. Die Kammer stützt dies auf folgende Erwägungen:

Im Klausurfall hatte die rechtssuchende Mandantin nach dem Todes ihres Vaters im Dezember 2006 am 15. Januar 2010 Klage gegen ihre Stiefmutter, Witwe ihres Vaters erhoben, mit der sie die Feststellung begehrt, dass sie Miterbin geworden sei und hilfsweise einen Zahlungsanspruch gegen diese geltend macht. Zuvor hatte die Mandantin seit Oktober 2009 von den Prozessbevollmächtigten ihrer Stiefmutter Auskunft über das Erbe ihres Vaters verlangt, die ihr unter dem 11. Januar 2010 erteilt wurde. Der gegnerische Rechtsanwalt hat in der Klageerwiderung die Einrede der Verjährung erhoben.

Zur Klausurbearbeitung lag den Prüflingen die zum Bearbeitungszeitpunkt 5. März 2010 gültige Fassung des § 197 BGB nicht vor. Der Kläger hat bei der Bearbeitung die ihm vorliegende Fassung des § 197 BGB angewandt, wonach familien- und erbrechtliche Ansprüche in 30 Jahren verjährten (§ 197 Abs. 1 Ziff. 2BGB a.F.). Zur Frage der Hemmung der Verjährung hat er nicht Stellung genommen. § 197 Abs. 1 Ziffer 2 ist zum 1. Januar 2010 entfallen mit der Folge, dass seitdem § 195 BGB ? regelmäßige Verjährungsfrist ? zur Anwendung kommt. Im Überdenkungsverfahren haben die Prüfer die Bearbeitung der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs ? im Unterschied zur Erstbewertung - als zutreffend bearbeitet angesehen und die Gesamtbewertung der Aufsichtsarbeit auf "ausreichend" (5 Punkte) angehoben. Das ist im Ansatz nicht zu beanstanden. Dass diese Nachkorrektur, bei der die Prüfer § 197 BGB in der dem Prüfling vorliegenden alten Fassung zugrundegelegt haben, aus Sicht beider Korrektoren eine Anhebung um zwei Punkte rechtfertigt, gehört zum Kreis der prüfungsspezifischen Wertungen. Eine der gerichtlichen Kontrolle zugängliche Überschreitung des Bewertungsspielraums ist insoweit nicht erkennbar.

Allerdings wird damit der dem Kläger entstandene Nachteil bei der Bearbeitung des Klausurfalls nicht in vollem Umfang ausgeglichen. Der Fall bot vielmehr Gelegenheit, zusätzlich zur Frage der Hemmung der Verjährung unter Anwendung der einschlägigen Vorschriften Stellung zu nehmen, die sich nur bei der kürzeren regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren stellt. Diese Frage ist nach den Handlungsabläufen im Sachverhalt angelegt. Der rechtliche Gesichtspunkt ist auch von den Korrektoren in deren Anforderungsprofil zugrundegelegt worden, wie sich ausdrücklich aus der Stellungnahme der Erstkorrektorin vom 2. November 2011 ergibt, die diese im Klageverfahren abgegeben hat. Dort heißt es: "Ich habe meiner Beurteilung bereits die Richtigkeit der Ausführungen und Auslassungen des Klägers zu der Frage der Verjährung ... und der Hemmung der Verjährung zugrundegelegt ..." (GA Bl. 66). Dass die Prüfer die fehlenden Ausführungen zur Hemmung der Verjährung nicht als fehlerhaft beanstandet haben, wie der Beklagte geltend macht, greift zu kurz. Der Kläger hätte mit einer Aufarbeitung der Problematik der Hemmung der Verjährung einen Punktgewinn erzielen können, der durch die Nachkorrektur nicht erfasst wird und auch nicht berücksichtigt werden kann. Mit der Nachkorrektur im Überdenkungsverfahren konnte nur erreicht werden, dass die als fehlerhafte beanstandete Behandlung der Verjährungsthematik nun als "richtig" zugrundegelegt wird. Etwa mögliche Ausführungen des Klägers zur Hemmung der Verjährung durch die im Klausursachverhalt vorgegebenen Handlungsverläufe lassen sich hypothetisch nicht bewerten. Es steht nicht fest, ob der Kläger die Thematik aufgegriffen und so erarbeitet hätte, dass dadurch ein Punktgewinn eingetreten wäre.

Weiter kann bei Zugrundelegung der alten Verjährungsvorschriften auch nicht ausgeglichen werden, dass der Kläger ? wie er bereits mit dem Widerspruch anführt ? Zeit aufgewandt hat, um die nach dem ihm vorliegenden Gesetzestext geltende 30jährige Verjährungsfrist zu hinterfragen. Dass der Kläger insoweit Überlegungen angestellt hat, ist dem Klausurtext an der betreffenden Stelle zu entnehmen, wo es heißt: "Die Norm des § 197 Abs. 1 Nr. 2 (BGB) gilt ihrem eindeutigen Wortlaut nach für alle Ansprüche aus dem 5. Buch des BGB." (Z 2 Klausur, S. 13). Dies ist auch in der Sache nachvollziehbar, da lt. Sachverhalt vom Prozessgegner die Einrede der Verjährung ausdrücklich erhoben wurde, sie aber fern läge, wenn der Anspruch tatsächlich der 30jährigen Verjährung unterläge.

Eine nochmalige Nachbewertung dieser Klausur scheidet aus, weil ein Fehlerausgleich dadurch nicht herbeigeführt werden kann. In diesem Fall ist dem Prüfling als geringst möglicher Nachteil die Wiederholung des Prüfungsteils zu ermöglichen. Dabei hat die Kammer bedacht, dass die Wiederholung der Klausur anstelle der Neubewertung der erbrachten Leistung für den Kläger auch unter Berücksichtigung der inzwischen verstrichenen Verfahrenslaufzeit eine besondere Härte bedeutet. Dieses Ergebnis ist aber unausweichlich, wenn der Anspruch auf Neubewertung wegen Unmöglichkeit der Leistung unerfüllbar geworden ist.

vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. April 1996 - 6 B 13.96 -, juris Rdnr. 10 ff, 14 m.w.N.

So liegt der Fall - wie dargelegt - hier.

Allerdings ist der weitergehende Antrag des Klägers, eine Neuzulassung zu dieser Klausur nicht vor dem 1. April 2015 zuzulassen, nicht begründet. Eine normative Regelung, wie die Nachholung zu gestalten ist, fehlt. Der Beklagte wird im Rahmen seines Gestaltungsermessens dem Grundgedanken der Beschleunigung des Prüfungsverfahrens einerseits (vgl. z.B. §§ 56a, 57 59 JAG NRW) und dem Bedürfnis des Klägers nach einer angemessenen und ausreichenden Vorbereitungszeit andererseits Rechnung zu tragen haben und den Zeitraum für die Klausurwiederholung in eigener Entscheidung bestimmen.

Auf die Frage, ob die weiteren Rügen des Klägers gegen die Bewertung der Z 2 Klausur berechtigt sind, kommt es hiernach nicht an.

II. Die Bewertungen der Z 3 und der Z 4 Klausuren lassen keine rechtserheblichen Bewertungsfehler erkennen.

a) Soweit der Kläger hinsichtlich der Bewertung der Z 3 Klausur gerügt hat, der Tenor sei beanstandet worden, haben beide Korrektoren im Überdenkungsverfahren klargestellt, dass die Randbemerkung zum Tenor nicht in die Bewertung eingeflossen sei, was sich auch aus dem "Abhaken" des Tenors ergebe. Dem ist der Kläger nicht weiter entgegengetreten.

Dass die Sachverhaltsdarstellung in der schriftlichen Ausarbeitung des Klägers als unvollständig und - im Überdenkungsverfahren durch den Zweitkorrektor - als "in der vorliegenden Form unbrauchbar" bewertet worden ist, lässt keinen Bewertungsfehler im eingangs dargestellten Sinne erkennen. Die Bewertung ist inhaltlich anhand der Beanstandungen, der Antrag des Klägers sei falsch, der Verweis auf die Klageschrift unzulässig, und es fehle auch die Prozessgeschichte (Beweisaufnahme) nachvollziehbar und verstößt nicht gegen allgemeingültige Bewertungsgrundsätze. Der Tatbestand des Klägers endet nach dem Klageantrag mit "etc. siehe im Einzelnen Klageschrift und Klageerwiderung" (S. 4 b der Klausur).

Es ist auch kein beachtlicher Bewertungsfehler darin zu sehen, dass die Zulässigkeitsprüfung in der Klausur des Klägers als "nur ansatzweise gelungen" bewertet worden ist. Den hierauf bezogenen Ausführungen des Erstkorrektors tritt der Kläger nicht entgegen, sondern hält die Gewichtung für fehlerhaft. Damit greift er die prüfungsspezifische Wertung an, die der gerichtlichen Kontrolle im Grundsatz nicht unterliegt.

In der Feststellung des Prüfers, die Ausführungen zum Rechtsschutzinteresse seien unzureichend, ist ebenfalls kein Bewertungsfehler zu erkennen. Der Prüfer hat hierzu auf Vorhalt des Klägers ergänzt, es hätte die Klauselerinnerung als einfacherer Weg angesprochen werden können. Das ist nicht sachwidrig. Die Kritik richtet sich auch nicht gegen die fachlichinhaltliche Behandlung der Fallproblematik, sondern sie betrifft die formale Bewältigung der Prüfungsaufgabe. Damit bewegt sich der Prüfer im Bereich der grundsätzlich vom Beurteilungsspielraum abgedeckten prüfungsspezifischen Wertungen,

vgl. z.B. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11. Dezember 2012 - 2 L 265/02 -, juris Rdnr. 47 f m.w.N.

In der Beanstandung, die Beweiswürdigung sei unvollständig, die Überzeugung des Gerichts werde allein auf die zwei Aussagen der zur Sache vernommenen Zeugen gestützt, etwa entgegenstehende Indizien fänden ebenso wenig wie die beiden anderen Zeugen Erwähnung, liegt ebenfalls kein Bewertungsfehler. Im Überdenkungsverfahren hat der Prüfer präzisiert, die Folgen der Aussageverweigerung hätten erörtert werden müssen. Der Prüfer setzt mit seiner Kritik auch hier an der formalen Bewältigung der Aufgabe an, die grundsätzlich der prüfungsspezifischen Wertung unterliegt. Eine offensichtliche Fehleinschätzung dieser Beanstandung des Prüfers ist nicht erkennbar. Sie wird insbesondere nicht durch den Vorhalt des Klägers belegt, es lägen keine weiteren Zeugenaussagen, sondern nur Aussageverweigerungen vor. Eine Bewertung der Aussageverweigerung war nicht gefordert, sondern die Entwicklung der Folgen hieraus.

Soweit der Erstkorrektor in seinem Gutachten beanstandet, es fänden sich keine Ausführungen zur möglichen Präklusionswirkung, ist im Überdenkungsverfahren erläutert, es fehle eine kurze Begründung dazu, dass der klägerische Einwand der Teilerfüllung bei einem Vergleich nicht präkludiert sein kann. Auch hier zielt die Beanstandung des Prüfers auf die formale Bewältigung der Prüfungsaufgabe und nicht die fachlichinhaltliche Behandlung. Sachwidrige Erwägungen des Prüfers oder eine offenbare Fehleinschätzung sind darin nicht zu erkennen.

Die weitere Kritik des Erstkorrektors, die analoge Anwendung des § 767 ZPO werde "nicht ganz überzeugend" begründet, haben die Prüfer im Überdenkungsverfahren dahingehend erläutert, dass es nicht entscheidend darauf ankomme, ob gegen die Wirksamkeit des Titels mit materiellrechtlichen Einwänden vorgegangen werde und dies anhand einer Quelle belegt. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten. Der Zweitkorrektor hat diesen Kritikpunkt zudem nicht als entscheidend für seine Bewertung zugrundegelegt.

Letztlich lässt auch die Kritik an der "völlig unzureichenden" Bejahung des Titelherausgabeanpruchs, der vom Kläger im Klausurtext in einem Satz abgehandelt wird (S. 9), keinen Bewertungsfehler im oben dargelegten Sinne erkennen. Vom Kläger wird insoweit nur eingewandt, er habe dort keinen Schwerpunkt gesetzt. Die Gewichtung eines Mangels unterliegt aber - wie dargelegt - der richterlichen Kontrolle grundsätzlich nicht. Ein Verstoß gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze ist insoweit nicht erkennbar.

b) Auch die Bewertung der Z 4 Klausur lässt insgesamt keinen rechtlich erheblichen Bewertungsfehler erkennen.

Dass der Kläger in seiner Klausurbearbeitung die Anfechtbarkeit des Verweisungsbeschlusses nicht thematisiert hat und hierin von den Prüfern ein Mangel gesehen werden konnte, wird von ihm nicht in Abrede gestellt. Die Prüfer haben im Überdenkungsverfahren auch nachvollziehbar begründet, weshalb der vom Kläger stattdessen angedachte Weg über die Widerklage nicht zielführend ist, um ? im Interesse der Mandantin des Falles ? eine vom Verweisungsbeschluss abweichende örtliche Zuständigkeit zu erreichen. Dem tritt der Kläger nicht entgegen.

Die Prüferkritik an den Ausführungen zu § 476 BGB lassen ebenfalls keinen beachtlichen Bewertungsfehler erkennen. Auch hier zielt die Beanstandung nicht auf die fachlichinhaltliche Behandlung der Fallproblematik - die Ausführungen des Klägers werden in den Randbemerkungen der Prüfer nicht als fehlerhaft eingestuft - sondern auf die Frage, ob der Prüfling den richtigen Schwerpunkt gesetzt hat. Den haben die Prüfer darin gesehen, dass der Käufer im Klausurfall über seine Verbrauchereigenschaft getäuscht habe, während der Kläger sich allein auf die Auslegung der entsprechenden Erklärungen im Kaufvertrag und das objektive Auftreten des Käufers konzentriert hat. Die Erwartung der Prüfer, die Entwicklung der Problematik um das Vortäuschen eines gewerblichen Verwendungszwecks gehöre zum Anforderungsprofil, das der Fall biete, beruht nicht auf einer Fehleinschätzung oder sachwidrigen Erwägungen. Sie wurzelt in der Rechtsprechung des BGH zu diesem Komplex (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2004 - VIII ZR 91/04 -, juris LS 1 und Rdnr. 16 ff).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO; die Regelung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.