OLG Köln, Urteil vom 20.09.2013 - 19 U 33/13
Fundstelle
openJur 2014, 12161
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.01.2013 -18 O 211/12- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 20.761,84 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2012 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 1.023,16 freizustellen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 38,5% und die Beklagte zu 61,5%, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 11% und die Beklagte zu 89%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger war im Zeitraum vom 01.06.2005 bis zum 30.09.2011 für die Beklagte im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig. Ab dem 01.10.2011 verband die Parteien ein Handelsvertreterverhältnis, wobei streitig ist, welcher von zwei schriftlich fixierten und unterzeichneten Handelsvertreterverträgen Geltung beanspruchen sollte.

Jedenfalls existierten zwei Vertragsexemplare, die beide sowohl vom Geschäftsführer der Beklagten als auch vom Kläger unterschrieben wurden. Zum einen handelte es sich um den Vertrag vom 28.09.2011 (Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2012, Bl. 50 ff. GA, im Folgenden als "erster Vertrag" bezeichnet), zum anderen um den Vertrag vom 02.10./11.10.2011 (Anlage A2, Bl. 6 ff. GA, im Folgenden als "zweiter Vertrag" bezeichnet).

In beiden Verträgen war gleichermaßen geregelt, dass das Handelsvertreterverhältnis am 01.10.2011 beginnen und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sein sollte. Der erste Vertrag enthielt eine Anlage (Bl. 54 GA, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2012), in der unter "Punkt 9" eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende und zusätzlich eine Regelung über die Gestellung eines Handys und eines Laptops bestimmt war. Der zweite Vertrag enthielt in Ziffer 9 eine Regelung, wonach das Vertragsverhältnis "von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres" sollte gekündigt werden können. Eine Zusatzvereinbarung enthielt dieser Vertrag nicht.

Im Mai 2012 nahm der Kläger bei einem Kunden der Beklagten, dem X, Bestellungen aus dem Sortiment eines Konkurrenten, der Firma H, aus dem Lebensmittelhandel entgegen und überließ ihm eine Liste mit Konkurrenzprodukten dieses Unternehmens.

Nachdem die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte, erklärte sie mit Schreiben vom 28.05.2012 die fristlose Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses aus wichtigem Grund (Anlage A3, Bl. 10 GA). Der Kläger ließ der Kündigung mit anwaltlichem Schreiben vom 06.06.2012 (Anlage A4, Bl. 11 ff. GA) widersprechen und bot seine Arbeitskraft an, da er die fristlose Kündigung als ordentliche Kündigung wertete. Zugleich drohte er eine ausgleichswahrende fristlose Eigenkündigung an.

Die Beklagte reagierte nicht.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.06.2012 (Anlage A5, Bl. 15 f. GA) erklärte der Kläger "aufgrund der ungerechtfertigten fristlosen Kündigung" selbst die fristlose Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses.

Die Provision des Klägers in den Monaten Oktober 2011 bis April 2012 betrug im Monat durchschnittlich Euro 2.595,23.

Der Kläger macht mit der Klage Schadensersatz in Form entgangener Provisionsansprüche für den Zeitraum Mai bis Dezember 2012 (9 Monate zu je Euro 2.595,23) in Höhe von Euro 23.357,07 geltend. Zudem verlangt er mit der Klage Ausgleichsansprüche in Höhe von Euro 10.380,92 (= 1/3 des Jahresprovisionsanspruchs).

Der Kläger hat behauptet, zunächst sei der erste Vertrag zwischen ihm und der Beklagten geschlossen worden. Da der Geschäftsführer der Beklagten nach Unterzeichnung des Vertrages die Anlage mit der kurzen Kündigungsfrist vorgelegt habe, habe er auf Abschluss eines geänderten Vertrages mit längerer Kündigungsfrist gedrängt, da er mit der kurzen Kündigungsfrist nicht einverstanden gewesen sei. Hierauf habe sich der Geschäftsführer der Beklagten eingelassen und habe ihm, dem Kläger, den zweiten Vertrag dann am 11.10.2011 zugefaxt. Diesen habe er anschließend mit dem Datum 11.10.2011 unterschrieben und zurückgefaxt.

Der Kläger hat gemeint, dass sein Verhalten für eine fristlose Kündigung nicht ausgereicht habe. Jedenfalls sei eine Abmahnung erforderlich gewesen. Er behauptet, der einmalige Verkauf von Waren des Konkurrenzunternehmens sei mit der Beklagten abgesprochen gewesen. Der Grund hierfür sei gewesen, dass die Beklagte zu dieser Zeit die Wünsche des Kunden nicht habe erfüllen können, so dass er ausnahmsweise auf Konkurrenzprodukte habe zurückgreifen müssen und dürfen. Zudem habe der Einkauf nur rd. Euro 250,00 betragen, so dass von einem nennenswerten Schaden nicht gesprochen werden könne.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 33.737,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2012 zu zahlen. Zudem hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 1.196,43 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.07.2012 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass der zweite Vertrag trotz beidseits erfolgter Unterschrift nie wirksam zustande gekommen sei. Er sei nur Beratungsgrundlage gewesen, sei also - trotz der späteren Datierung - das zeitlich frühere Exemplar gewesen. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe die gesetzliche Kündigungsfrist des § 89 HGB gewollt und nicht die lange Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende. Hiermit sei ihr Geschäftsführer einverstanden gewesen und habe dann in der Folgezeit einen neuen Handelsvertretervertrag angefertigt. Dabei habe er die ersten beiden Seiten mit seiner Handschrift ausgefüllt und die lange Kündigungsfrist in Ziffer 9 Abs. 3 gestrichen und stattdessen - absprachegemäß - eine Zusatzvereinbarung entworfen, die dann die abgekürzte Kündigungsfrist zum Inhalt gehabt habe und die anderen besprochenen Punkte. Dieser erste Vertrag sei dann von beiden Parteien, also ihrem Geschäftsführer und dem Kläger, unterzeichnet worden, wobei das Datum 28.09.2011 eine Vordatierung gewesen sei. Hierauf habe man sich geeinigt, damit der Vertragsschluss vor Vertragsbeginn - 01.10.2011 - gelegen habe.

Die Beklagte hat zudem behauptet, der Kläger habe nicht nur dem X einmalig Konkurrenzprodukte angeboten, sondern auch anderen Kunden. Das sei aber auch irrelevant, weil - so hat sie gemeint - auch die einmalige Bewerbung bzw. Andienung von Konkurrenzprodukten die fristlose Kündigung rechtfertige.

Die Höhe der geltend gemachten Ansprüche sei nicht schlüssig. Insbesondere fehle es an der Substantiierung des Ausgleichsanspruchs. Zudem, so hat die Beklagte weiter behauptet, habe der Kläger langjährige und wesentliche Kunden abgeworben, so dass ihr, der Beklagten, Gesamtumsatz zurückgegangen sei. Insofern sei ein vermeintlicher Anspruch des Klägers auch gemindert.

Die Zahlung der Rechtsanwaltskosten werde bestritten.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 30.11.2012 hat die Beklagte behauptet, dass "zwischenzeitlich ein weiterer Vorgang" habe recherchiert werden können. Danach habe der Kläger auch ihrem Kunden, der "Landesblindenschule O", im Januar 2012 Produkte der Firma H angeboten bzw. eine Produktliste überreicht.

Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache in Höhe eines Betrages von Euro 23.357,07 nebst Zinsen stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zudem hat es die Beklagte zur Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten des Klägers verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die fristlose Kündigung auch dann nicht zu rechtfertigen sei, wenn der Vortrag der Beklagten zutreffend sei, wobei allerdings der angebliche Verstoß in der Landesblindenschule nicht zu berücksichtigen sei, da dieses Vorbringen verspätet sei. Hinsichtlich des einmaligen Verstoßes sei eine Abmahnung erforderlich gewesen, die aber - unstreitig - nicht erfolgt sei. Wegen der unberechtigten Kündigung des Vertrages durch die Beklagte sei die fristlose Kündigung des Klägers wirksam gewesen. Im Nachgang zu der Anhörung des Geschäftsführers der Beklagten und dem Kläger persönlich stehe im Übrigen auch fest, dass der zweite Vertrag Grundlage des Handelsvertreterverhältnisses geworden sei und nicht der erste Vertrag. Die Kündigungsfrist habe daher 6 Monate betragen. Der Kläger könne daher Euro 23.357,07 verlangen. Den geltend gemachten Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB könne der Kläger hingegen nicht verlangen, da dieser schon nicht ausreichend substantiiert worden sei.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass es einer Abmahnung bedurft habe. Den weiteren Vorfall in der Landesblindenschule hätte das Landgericht zudem berücksichtigen müssen, was es rechtsirrig unterlassen habe. Zudem hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, dass der Kläger die Bestellung des Xs vorsätzlich auf einen Konkurrenten umgeleitet habe, was besonders erschwerend zu berücksichtigen sei. Auf die Höhe eines eingetretenen Schadens komme es nicht an. Entscheidend sei der Vertrauensbruch.

Das Landgericht habe auch nicht - und schon gar nicht ohne Beweisaufnahme - annehmen dürfen, dass der zweite Vertrag Grundlage des Vertragsverhältnisses der Parteien gewesen sei. Hierzu hätten die Zeugen vernommen werden müssen. Zudem hätten sich die Parteien aber auch - konkludent - auf Schriftform für den Abschluss des Vertrages verständigt. Diese sei aber bei dem zweiten Vertrag nicht eingehalten, weil dieser nur eine Originalunterschrift trage, was für sich gesehen auch nicht streitig ist.

Das Landgericht habe auch gegen § 139 ZPO verstoßen, indem es einfach geurteilt habe, ohne vorher Hinweise zu erteilen. Sie, die Beklagte, habe so gar nicht wissen können, dass die Gründe für die fristlose Kündigung nicht ausreichend sein sollen und eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre. Insbesondere hätte das Landgericht kundtun müssen, dass ein einmaliger Verstoß nach seiner Auffassung für den Ausspruch einer wirksamen fristlosen Kündigung nicht genüge.

Der Inhalt des Schriftsatzes vom 30.11.2012 hätte zudem insbesondere in Bezug auf die Abwerbung der Landesblindenschule O Berücksichtigung finden müssen. Eine Berücksichtigung hätte auch nicht zu einer Verspätung geführt, da das Landgericht im frühen ersten Termin sowieso keine Zeugen geladen hätte. Zudem hätte sie, die Beklagte, auch gar nicht wissen können, dass der Kläger ihren Sachvortrag überhaupt streitig stellen würde. Das Landgericht hätte im Anschluss an den Inhalt des Schriftsatzes die mündliche Verhandlung wiedereröffnen müssen. Denn die Information über die Abwerbung der Landesblindenschule sei immerhin erst "zwischenzeitlich" erfolgt, wie schließlich auch vorgetragen worden sei.

Auch hätte der Zeuge G noch zur Historie des Vertrages vernommen werden müssen. Schließlich sei ihm mitgeteilt worden, dass die Änderungen, die dann zum Abschluss des ersten Vertrages geführt hätten, auf Wunsch des Klägers erfolgten. Zudem sei vorgetragen worden, dass die Zusatzvereinbarung vom ehemaligen Betriebsleiter G am 27.10.2011 um 12.15 Uhr erstellt worden seien.

Darüber hinaus sei das rechtliche Gehör verletzt worden. Denn der Vortrag des Klägers mit nachgelassenem Schriftsatz vom 28.11.2012 sei ihr, der Beklagten, zu keinem Zeitpunkt übermittelt worden. Erst nach Akteneinsicht sei ihr der Schriftsatz zur Kenntnis gebracht worden. Hätte sie, die Beklagte, den Schriftsatz erhalten, hätte sie noch vorgetragen, dass mitnichten vereinbart gewesen sei, dass der Kläger Artikel, die sie, die Beklagte, nicht führe, an gemeinsame Kunden vertreiben dürfe. Zudem hätte sie vorgetragen, dass es nicht richtig sei, dass bis auf zwei Artikel die vom X bestellten Artikel nicht fristgerecht durch sie, die Beklagte, hätten geliefert werden können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.01.2013 (-18 O 211/12-), soweit die Beklagte verurteilt wurde, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts.

Es wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.08.2013 (Bl. 167 f. GA) verwiesen.

II.

Die Berufung ist in Höhe eines Teilbetrages von Euro 2.595,23 begründet, im Übrigen unbegründet.

1. Dem Kläger steht gemäß § 89a Abs. 2 HGB ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von Euro 20.761,84, nämlich 8 x Euro 2.595,23 und nicht - wie das Landgericht angenommen hat - 9 x Euro 2.595,23 (= Euro 23.357,07) zu.

a. Die durch den Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung war - wie das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen angenommen hat - durch das Verhalten der Beklagten, das diese zu vertreten hat, nämlich Ausspruch einer unwirksamen fristlosen Kündigung gemäß § 89a Abs. 1 HGB, veranlasst.

Mit Recht hat das Landgericht zunächst ausgeführt, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 23.05.2011 ausgesprochene fristlose Kündigung das Handelsvertreterverhältnis der Parteien nicht mit sofortiger Wirkung beendet hat. Denn mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht festgestellt, dass der einmalige Wettbewerbsverstoß des Klägers in Bezug auf den Kunden X für die Annahme der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 89a HGB nicht ausgereicht hat. Gemäß § 86 Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter grundsätzlich im Interesse des Prinzipals zu handeln, woraus abzuleiten ist, dass er sich jeglichen Wettbewerbs zu enthalten hat und auch keine Konkurrenzprodukte vermitteln darf. Gleichwohl ist nicht bei jedem Vertragsverstoß sofort die Berechtigung des Prinzipals anzunehmen, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Das gilt erst Recht, wenn - wie das vorliegend der Fall ist - im Handelsvertreterverhältnis nicht geregelt ist, dass im Fall eines Wettbewerbsverstoßes eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein soll. Vielmehr ist in diesen Fällen auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu der Frage zurückzugreifen, wann bei einer Konkurrenztätigkeit der Ausspruch einer fristlosen Kündigung wirksam ist. Insofern ist anerkannt (BGH, Urt. v. 10.11.2010, -VIII ZR 327/09-, zitiert nach juris), dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung nur dann wirksam ist, wenn die begangenen Wettbewerbsverstöße so gravierend sind, dass sie einen grundlegenden Vertrauensverlust begründet haben, der es dem Unternehmer unmöglich macht, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist mit dem Handelsvertreter weiter zu arbeiten.

Diese Voraussetzungen hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen unter Vornahme einer Gesamtschau rechtsfehlerfrei als nicht gegeben erachtet. Hieran vermögen auch die Ausführungen der Beklagten mit der Berufung nichts zu ändern.

Zu Recht hat das Landgericht die Frage der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses der Parteien durch die Beklagte an ihrem Vortrag zum Verhalten des Klägers im Rahmen seines Besuchs beim Kunden, X bemessen. Auch wenn es sich dabei um einen durchaus erheblichen Vertragsverstoß seitens des Klägers gehandelt hat, der auch in der "Umleitung" der Bestellung von der Beklagten auf das Konkurrenzunternehmen H zum Ausdruck kommt, hat doch das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass dieses Verhalten nicht für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung genügt hat. Dabei war zu berücksichtigen, dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat, so dass es zur Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses ausreichend gewesen wäre, dem Kläger durch den Ausspruch einer Abmahnung drastisch vor Augen zu führen, dass er im Falle eines weiteren gleich- bzw. ähnlichgelagerten Verstoßes mit dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu rechnen hat.

Ergänzend ist bei der angesprochenen Gesamtschau zu berücksichtigen, dass der Kläger für die Beklagte nicht erst seit dem 01.10.2011 erstmalig tätig war, sondern zuvor bereits über einen Zeitraum von rund 6 Jahren als Angestellter. Die Parteien kannten sich danach bereits über einen erheblichen Zeitraum und das zuvor als Angestelltenverhältnis ausgestaltete Arbeitsverhältnis der Parteien war erst seit kürzerer Zeit einvernehmlich in ein selbständiges Handelsvertreterverhältnis umgewandelt worden. Wenn das Landgericht bei seiner Bewertung nur den Zeitraum des Bestehens des Handelsvertretervertrages berücksichtigt hat, greift das danach zu kurz. Die Parteien kannten sich schon deutlich länger und hatten - ohne dass von Schwierigkeiten in der Abwicklung des Angestelltenverhältnisses berichtet worden wäre oder solche sonst ersichtlich wären - über Jahre zusammengearbeitet. Gleiches galt - zunächst - offenbar auch für das Handelsvertreterverhältnis. Denn der Kläger hatte vor dem streitgegenständlichen Vorfall, der sich im Mai 2012 ereignet hat, über einen Zeitraum von rund sieben Monaten konstante monatliche Provisionseinnahmen erzielt, woraus erkennbar ist, dass er für die Beklagte gute Dienste geleistet hat. Vor diesem Hintergrund erscheint es unangemessen, wenn bei der ersten - ungeachtet des Vortrags des Klägers hierzu nicht unerheblichen und auch den Vertrauensbereich berührenden - Vertragsverfehlung eine Kündigung mit sofortiger Vertragsbeendigung ausgesprochen wird. Vielmehr wäre zunächst eine Abmahnung erforderlich gewesen, bevor das Vertragsverhältnis wirksam außerordentlich gekündigt werden konnte.

Soweit die Beklagte mit der Berufung weiter ausführt, dass das Landgericht bei der Abwägung hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu Unrecht den vergleichsweise geringen Schaden berücksichtigt habe, der durch die "Umleitung" der Bestellung auf die H entstanden sei, vermag sie damit nicht durchzudringen. Denn die Höhe eines Schadens, der durch eine Wettbewerbshandlung eingetreten ist, kann auch in die Abwägung, ob bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an dem Vertrag festzuhalten ist, mit einbezogen werden und insbesondere dann von Relevanz sein, wenn er ganz erheblich ist. Denn in diesem Verhalten kommt zum Ausdruck, dass der Handelsvertreter nicht davor zurückschreckt, seinem Prinzipal nennenswerten wirtschaftlichen Schaden zuzuführen. Eine solche Bereitschaft braucht hingegen in einem Verhalten, in dem durch eine Wettbewerbshandlung ein nur ganz marginaler Schaden beim Prinzipal eintritt, nicht zum Ausdruck zu kommen.

b. Ob hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung etwas anderes gälte, wenn auch der mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vorgebrachte - angebliche - weitere Vorfall eines Wettbewerbsverstoßes in Bezug auf die Landesblindenschule O im Januar 2012 Berücksichtigung finden müsste, kann dahinstehen. Denn das Landgericht hat diesen Vortrag zu Recht als verspätet zurückgewiesen und eine Notwendigkeit zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Sinne des § 156 ZPO verneint.

Das Landgericht hat den entsprechenden Vortrag der Beklagten, den diese nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 07.11.2012 mit Schriftsatz vom 30.11.2012 erstmals vorgebracht hat, zu Recht gemäß § 296a ZPO zurückgewiesen. Gemäß dieser Vorschrift können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Um entsprechende Verteidigungsmittel im Sinne dieser Norm hat es sich bei dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Beklagten, der Kläger habe schon im Januar 2012 bei der Landesblindenschule O Konkurrenztätigkeiten entfaltet, gehandelt.

Das Landgericht war auch nicht gezwungen, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiederzueröffnen, nachdem es Kenntnis vom Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 30.11.2012 erhalten hat. Insbesondere lag kein Verstoß gegen die Hinweispflicht des § 139 ZPO vor. Das Landgericht war nicht gezwungen, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass es - auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten - von der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung ausgegangen ist. Denn es ist anerkannt (BGH, Urt. v. 27.10.1994, -VII ZR 217/93-, zitiert nach juris), dass das Gericht dann hinsichtlich fehlenden Sachvortrags einen Hinweis zu erteilen hat, wenn dieser von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus entscheidungserheblich ist, das Gericht also davon ausgehen muss, dass eine Partei deswegen zu einem entscheidungserheblichen Umstand nichts vorgetragen hat, weil sie übersehen hat, dass es auf diesen - fehlenden - Sachvortrag ankommt.

Solcher Sachvortrag fehlte hier aber nicht. Vielmehr hatte die Beklagte in der Klageerwiderung ausdrücklich Angaben zu dem - ihrer Auffassung nach für eine wirksame Kündigung genügenden - Wettbewerbsverstoß des Klägers im Zusammenhang mit dem X gemacht und dabei ausgeführt, dass schon dieser einzelne Verstoß für eine wirksame Kündigung ausreichend sei. Dass das Landgericht diesen Vortrag nicht für ausreichend erachtet hat, um der ausgesprochenen fristlosen Kündigung zur Wirksamkeit zu verhelfen, macht den zugrunde liegenden Sachvortrag nicht zu fehlendem Vortrag im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Das Gericht ist nämlich nicht verpflichtet, eine Partei darauf hinzuweisen, dass ihr bislang zu einem bestimmten Umstand vorgebrachter Vortrag für einen damit bezweckten rechtlichen Schluss nicht genügend ist. Denn im Rahmen der Hinweispflicht geschützt werden soll die Partei, die einen maßgeblichen tatsächlichen Umstand übersieht, nicht hingegen die Partei, die ihn erkennt, ihn aber nicht ausreichend mit Vortrag füllen kann.

Soweit die Beklagte mit der Berufung zudem offenbar andeuten will, dass sie im Zeitpunkt des Absetzens der Klagerwiderung davon habe ausgehen können, dass es sowieso zu einem weiteren Termin als nur dem bisher anberaumten Termin kommen werde, so dass es gar nicht nötig gewesen sei, alle Vorfälle, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten, aufzuführen, vermag das nicht durchzugreifen. Denn zwar hat es sich bei dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 07.11.2012 um einen frühen ersten Termin im Sinne des § 275 ZPO gehandelt; es ist aber anerkannt (BGH, Urt. v. 21.10.1986, -VI ZR 107/86-, zitiert nach juris), dass sich die Parteien gewahr sein müssen, dass auch im frühen ersten Termin Entscheidungsreife herbeigeführt werden kann, wenn z.B. durch Vorbereitungsmaßnahmen im Sinne des § 273 ZPO Entsprechendes nach außen hin deutlich gemacht wird. Eben solche Vorbereitungshandlungen sind seitens des Landgerichts getroffen worden. Denn die Kammer hat gemäß § 273 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet und damit entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen getroffen, so dass die Beklagte gerade nicht davon hat ausgehen können, dass ihr ein weiteres Mal Gelegenheit zum Vortrag offenstehen werde.

Zu berücksichtigen ist auch, dass der Geschäftsführer der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesend war und auch angehört worden ist. In diesem Termin hat er keinerlei Angaben zu weiteren angeblichen Wettbewerbsverstößen gemacht, obgleich er solche in der Klageerwiderung bereits angedeutet hatte, als er - freilich ohne ins Detail zu gehen - allgemein davon gesprochen hat, dass weitere Verstöße seitens des Klägers begangen worden seien. Spätestens als der Kläger - persönlich befragt - in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass er ein einziges Mal ("einmal") einem Kunden Waren des Konkurrenzunternehmers H vertrieben habe, hätte der Geschäftsführer die weiteren - ausweislich der Klageerwiderung schließlich bereits bekannten - Fälle darlegen müssen.

Ein anderer Grund für eine Wiedereröffnung des Verfahrens ist nicht erkennbar. Soweit die Beklagte mit der Berufung vorträgt, dass sie im Rahmen des Schriftsatzes vom 30.11.2012 angegeben habe, dass sie "zwischenzeitlich" erfahren habe, dass der Kläger einen weiteren Wettbewerbsverstoß begangen habe, der gleichermaßen zu berücksichtigen sei, hat auch dieser Vortrag nicht zu einer Pflicht des Landgerichts zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geführt. Unabhängig davon, dass schon nicht klar ist, was "zwischenzeitlich" in zeitlicher Hinsicht überhaupt bedeuten soll, läge auch kein in § 156 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. §§ 579, 580 ZPO gesetzlich geregelter Grund für eine Wiedereröffnung des Verfahrens vor. Auch hätte derartiger Vortrag gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO einer Glaubhaftmachung bedurft.

Da der Vortrag zu dem Wettbewerbsverstoß in Bezug auf die Landesblindenschule O danach zu Recht durch das Landgericht gemäß § 296a ZPO zurückgewiesen worden ist, ist dieser Vortrag auch - soweit er mit der Berufung als wiederholt anzusehen ist - in der Berufung gemäß § 531 Abs. 1 ZPO nicht berücksichtigungsfähig.

c. Mit zutreffenden Erwägungen, auf die verwiesen wird, hat das Landgericht zudem angenommen, dass die durch den Kläger als Reaktion auf die unwirksame Kündigung der Beklagten und ihre mangelnde Reaktion auf das anwaltliche Schreiben vom 21.06.2012 ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam gewesen ist, so dass ihm dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht.

d. Hingegen steht dem Kläger nur ein Schadensersatzanspruch in Höhe von Euro 20.761,64 und nicht von Euro 23.357,07 gegen die Beklagte zu. Zu Recht hat das Landgericht zwar angenommen, dass sich der Schaden des Klägers durch die von ihm ausgesprochene wirksame fristlose Kündigung nach dem durchschnittlich monatlich entgangenen Gewinn bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist richtet. Zudem ist auch die Erwägung zutreffend, dass maßgeblich die ordentliche Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartal entsprechend Ziffer 9 Abs. 3 des zweiten Vertrages ist. Hingegen ist unstreitig, dass der Kläger seine Provisionen für April 2011 noch erhalten hat, so dass die im Mai 2011 erklärte außerordentliche Kündigung, die sich als ordentliche Kündigung darstellt, zum 31.12.2011 wirksam geworden ist, so dass nicht 9 sondern nur 8 Monate der durchschnittlichen Provision zu ersetzen sind, also - wie von ihm mit der Klage auch geltend gemacht - Euro 20.761,64.

(1) Das Landgericht hat im Anschluss an die Anhörung des Klägers und des Geschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 07.11.2012 in der angegriffenen Entscheidung mit zutreffender Argumentation angenommen, dass der insofern beweisbelastete Kläger ausreichend dargelegt und bewiesen habe, dass der zweite Vertrag zwischen den Parteien wirksam zustande gekommen sei und der erste Vertrag keine Anwendung gefunden habe. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird ergänzend Bezug genommen.

Zu Recht hat das Landgericht dargelegt, dass es für die Entscheidung, welcher Vertrag Grundlage der Zusammenarbeit der Parteien geworden ist, darauf angekommen sei, ob der zweite Vertrag den ersten Vertrag abgelöst habe oder umgekehrt, da durch beidseitige Unterschriftsleistung beide Verträge geschlossen worden seien. Denn auch die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass der zweite Vertrag auch von ihr bzw. ihrem Geschäftsführer zunächst unterzeichnet worden ist. Die Parteien hätten sich nur im Verlauf des Gesprächs darauf verständigt, dass er doch nicht gelten solle, so dass jedenfalls eines der Exemplare dann vom Geschäftsführer der Beklagten zerrissen worden sei.

Zutreffend ist weiter die Annahme des Landgerichts, dass eine tatsächliche Vermutung dafür bestanden hat, dass der erste Vertrag am 28.09.2011 und der zweite später, nämlich am 02.10./11.10.2011, unterzeichnet worden ist, so dass der zweite Vertrag den ersten abgelöst hat. Insofern ist auf die Ausführungen des Landgerichts im Urteil (dort Seiten 8 f., Bl. 105 f. GA) zu verweisen.

Ebenfalls mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht angenommen, dass eine Rückdatierung des ersten Vertrages zwar möglich, aber nicht bewiesen und sehr unwahrscheinlich sei. Mit Recht führt das Landgericht an, dass es schon einen Grund für die Rückdatierung nicht gegeben habe, weil der Vertragsbeginn im Vertrag benannt war. Zudem haben die Parteien den zweiten Vertrag schließlich auch unter einem nach dem Vertragsbeginn am 01.10.2011 liegenden Zeitpunkt unterzeichnet und dabei auch eine Rückdatierung nicht für notwendig erachtet. Weshalb im Übrigen sich der Geschäftsführer der Beklagten bei der Datumsangabe 02.10.2011 geirrt haben soll, obgleich er in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass es sich um einen Sonntag gehandelt habe, wobei der 02.10.2011 auch ein Sonntag war, erschließt sich erst Recht nicht. Soll dann der Vertrag tatsächlich eine Woche vor dem 02.10.2011 unterzeichnet worden sein?

Zu Recht weist das Landgericht zudem darauf hin, dass der weitere Vortrag des Geschäftsführers der Beklagten in seiner Anhörung auch aus einem anderen Grund nicht plausibel ist. Denn es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger einen - unterschriebenen - Vertragsentwurf des zweiten Vertrages vorgelegt haben soll, obgleich er die Kündigungsregelung in diesem Vertrag nicht will. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, dass er nicht gleich die Kündigungsregelung eingesetzt hat, die er präferiert hat. Auch ist schwerlich erklärbar, weshalb er den so gar nicht gewollten Vertrag unterschrieben hat.

Entscheidend ist zudem, dass der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung sich auf einfaches Bestreiten verlegt hat, nachdem der Kläger durch Vorlage eines Exemplars des zweiten Vertrages an der Fax-Kennung hat belegen können, dass die Beklagte ihm am 11.10.2011 eben ein solches Exemplar zugefaxt hat. Eine Erklärung, weshalb dem Kläger ein solches unterschriebenes Exemplar zugesandt worden ist, obgleich es doch im Rahmen einer Verhandlung zerrissen worden sein soll, fehlt und macht den Vortrag der Beklagten zum Ablauf des Zustandekommens der beiden Verträge endgültig unglaubhaft.

Soweit die Beklagte mit der Berufung ausführt, dass sich die Parteien konkludent auf Schriftform geeinigt hätten und diese beim zweiten Vertrag - mangels Originalunterschrift der Beklagten - nicht eingehalten sei, vermag dies nicht zu überzeugen. Nur aus der Tatsache, dass die Parteien mündlich Vereinbartes schriftlich festhalten und dies auch wiederholt tun, folgt keine Vereinbarung über die für die Wirksamkeit der Vereinbarung erforderliche Notwendigkeit im Sinne des § 126 Abs. 2 BGB, dass beide Parteien auf einer Urkunde original unterschreiben.

(2) Soweit die Beklagte mit der Berufung meint, dass das Landgericht "nicht ohne Beweisaufnahme" hätte entscheiden dürfen, vielmehr jedenfalls den Zeugen G hätte hören müssen, vermag sie damit nicht durchzudringen.

Denn die Beklagte hat vor der mündlichen Verhandlung in der Klagerwiderung keinen Beweis für ihre Darstellung des Ablaufs, dass zunächst über den zweiten Vertrag verhandelt worden sei, dann aber - weil dem Kläger an einer kürzeren Kündigungsfrist gelegen gewesen sei - schließlich der erste Vertrag abgeschlossen worden sei, durch das Zeugnis G angeboten. Der entsprechende Beweisantritt bezog sich nur auf die insofern irrelevante Behauptung, dass der Zeuge G das Muster eines Handelsvertretervertrages besorgt sowie die erste Seite ausgefüllt habe und der Geschäftsführer der Beklagten die zweite Seite beschriftet habe. Beweis zum Ablauf des Abschlusses der Verträge hat die Beklagte - außer dem "Beweis" der Anhörung des Geschäftsführers - hingegen nicht angetreten. Das Landgericht konnte daher nur auf Basis der Angaben der Parteien und ihrer Angaben in der mündlichen Verhandlung im Rahmen ihrer Anhörung, in der sich der Geschäftsführer der Beklagten im Übrigen auch nicht auf das Zeugnis G berufen hat, entscheiden.

Den neuen Vortrag der Beklagten nach mündlicher Verhandlung mit Schriftsatz vom 30.11.2012 unter Beweisantritt Zeugnis G hat das Landgericht zu Recht gemäß § 296a ZPO nicht berücksichtigt. Diesen Vortrag einschließlich Beweisantritt hätte die Beklagte auch bereits mit der Klageerwiderung vorbringen können. Zudem konnte sie auch gerade nicht davon ausgehen, dass im Termin zur mündlichen Verhandlung keine Zeugen geladen worden wären, nachdem bereits das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet worden war, es sich also erkennbar nicht nur um einen "Durchlauftermin" handeln sollte.

2. Soweit die Beklagte eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs deshalb rügt, weil ihr der nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 28.11.2012 vom Landgericht nicht übermittelt worden sei, sondern ihr erst durch Akteneinsicht bekannt geworden sei, verhilft auch das der Berufung nicht zu weitergehendem Erfolg. Denn zwar hat die Beklagte angegeben, was sie noch vor Urteilsverkündung durch das Landgericht vorgetragen hätte, wäre ihr der Schriftsatz übermittelt worden. Allerdings hätte der Vortrag, dass nicht vereinbart worden sei, dass der Kläger Artikel, die die Beklagte nicht führe, an gemeinsame Kunden habe vertreiben dürfen und dass nicht richtig sei, dass bis auf zwei Artikel die vom Kunden X bestellten Artikel nicht fristgerecht durch sie, die Beklagte, hätten geliefert werden können, sich im Urteil des Landgerichts nicht niedergeschlagen. Denn das Landgericht hat die entsprechenden Behauptungen des Klägers gar nicht berücksichtigt, so dass sich der Verstoß gegen das rechtliche Gehör nicht zu Lasten der Beklagten ausgewirkt hat.

Dem Kläger steht danach ein Betrag in Höhe von Euro 20.761,84 aus § 89a Abs. 2 HGB gegen die Beklagte zu. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 291 BGB.

3. Freistellung von den Rechtsanwaltskosten kann der Kläger nicht in Höhe von Euro 1.085,04, sondern nur in Höhe von Euro 1.023,16 verlangen, da er nur eine 1,3fache Gebühr aus einem Streitwert bis Euro 22.000,00 und nicht aus einem solchen bis Euro 25.000,00 verlangen kann. Zudem steht dem Kläger eine Auslagenpauschale in Höhe von Euro 20,00 zuzüglich Mehrwertsteuer zu.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits waren maßgeblich Tatsachenfragen. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Streitwert für das Berufungsverfahren: Euro 23.357,07

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