FG Hamburg, Beschluss vom 15.04.2014 - 3 V 63/14
Fundstelle
openJur 2014, 11618
  • Rkr:
Tatbestand

I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Arrestanordnung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Antragstellerin vom 07.03.2014.

1. a) Die Antragstellerin hat seit Anfang 2007 ihrem Lebensgefährten, Herrn Dr. A (im Folgenden: Vollstreckungsschuldner), Darlehen gewährt.

b) Der Vollstreckungsschuldner war seit Ende 1995 Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Konkursverfahren über das Vermögen des ... B (Arrestakte - ArrestA - Bl. ...). Auf Veranlassung des Konkursverwalters war unter Hinzuziehung des Sachverständigen Prof. Dr. C eine Vereinbarung des Inhalts getroffen worden, dass die Vergütung des Gläubigerausschusses insgesamt 5% der Vergütung des Konkursverwalters ausmachen sollte. Dabei wurden für den Vollstreckungsschuldner 1,3 % festgeschrieben (vgl. gutachterliche Stellungnahme vom 11.07.2001, Insolvenzakte -InsoA- Bl. ...). Für seine Tätigkeit erhielt der Vollstreckungsschuldner durch den Konkursverwalter in den Jahren 1996 bis 2006 Vorschüsse in Höhe von insgesamt 533.361,22 € (Rechnungen vom 04.12.1996 über 40.000,00 DM zzgl. USt; vom 01.12.1997 über 90.000,00 DM zzgl. USt; vom 10.01.2002 über 199.403,83 € zzgl. USt, vom 12.11.2003 über 156.572,71 € zzgl. USt; vom 04.10.2005 über 55.368,64 € zzgl. USt; vom 28.11.2006 über 55.548,10 € zzgl. USt [ArrestA Bl. ... - ...]).

Bis Ende 2006 hatte der Konkursverwalter immer auch für die Mitglieder des Gläubigerausschusses die entsprechenden Anträge auf Vorschüsse beim Insolvenzgericht gestellt.

2. a) Unter dem ... 2007 unterzeichneten der Vollstreckungsschuldner als Darlehensnehmer und die Fa. D ... GmbH (im Folgenden: D GmbH), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldner war, als Darlehensgeberin folgende Vereinbarung (ArrestA Bl. ...):

1.Die Darlehensgeberin hat nach Einschätzung beider Vertragspartner per 30.06.2006 Darlehensforderungen gegen den Darlehensnehmer in Höhe von ca. € 250.000,00.(...)2.Der Darlehensnehmer ist persönlich seit Beginn des Konkursverfahrens ... B Mitglied des Gläubigerausschusses.Diesbezüglich ist hinsichtlich der Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschusses eine Regelung des Inhalts getroffen worden, dass der Darlehensnehmer eine Vergütung in Höhe von 1,3 % auf die Verwaltervergütung zzgl. Mehrwertsteuer erhält. Dies entsprach bei jedem Vorschuss auf die Verwaltervergütung in Höhe von € 4.272.930,88 jeweils einem Betrag in Höhe von € 55.548,10 zzgl. Mehrwertsteuer. Die letzte diesbezügliche und vom Gericht beschlossene Zahlung erfolgte am 05.12.2006.In einem persönlichen Gespräch am 31.05.2007 erklärte der Konkursverwalter, Rechtsanwalt Dr. E (...) dem Darlehensnehmer, dass er mit einer weiteren Vergütung in Höhe von 2 x € 4.272.930,88 rechne und diese Vergütungen auch gesetzlich zulässig und angemessen seien.Dementsprechend betragen die auf den Darlehensnehmer entfallenden Vergütungen 2 x € 55.548,10 zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer.(...)Nach Aussage von Herrn Dr. E ist allerdings mit der nächsten Vorschusszahlung auf die Vergütung der Mitglieder des Gläubigerausschusses nicht vor Ende 2008 zu rechnen.Dies vorausgeschickt vereinbaren die Vertragspartner:Der Darlehensnehmer tritt hiermit seine vorgenannten Ansprüche auf Vergütung als Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Konkursverfahren über das Vermögen der Firma ... B in voller Höhe der Darlehensgeberin ab.Die Darlehensgeberin nimmt die Abtretung an.(...)

b) Unter dem ... 2009 unterzeichneten Herr F als Darlehensgeber, der Vollstreckungsschuldner als Darlehensnehmer sowie die Fa. D GmbH als Sicherungsgeberin folgende Vereinbarung (ArrestA Bl. ...):

I.Der Darlehensgeber hat dem Darlehensnehmer bereits ein Darlehen in Höhe von € 10.000,00 gewährt.Er erklärt sich bereit, den Darlehensbetrag um € 30.000,00 auf € 40.000,00 zu erhöhen.Die Darlehensbeträge sind mit 8% p. a. zu verzinsen und, ohne dass es einer gesonderten Kündigung durch den Darlehensgeber bedarf, spätestens am 31.12.2009 zur Rückzahlung fällig.II.Zur Sicherung der vorbezeichneten Darlehensansprüche tritt die Sicherungsgeberin hiermit als Gesamtschuldnerin der Darlehensvereinbarung bei.Zur weiteren Absicherung tritt die Sicherungsgeberin ihre Ansprüche aus der Abtretungsvereinbarung mit Herrn Dr. A gegen die Firma G KG (...) an den Darlehensgeber hinsichtlich eines erstrangigen Teilbetrags in Höhe von € 45.000,00 ab. Der Darlehensnehmer nimmt diese Abtretung an.(...)Für den Fall, dass wider Erwarten der vorgenannte Betrag nicht bis zum 31.12.2009 an den Darlehensgeber gezahlt werden sein sollte, tritt die Sicherungsgeberin hiermit unwiderruflich die ihr aus der Vereinbarung mit dem Darlehensnehmer vom ... 2007 zustehenden Ansprüche auf die Vergütung des Herrn Dr. A als Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Konkursverfahren über das Vermögen der Firma ... B bis zu einer Höhe von € 55.548,10 - erstrangig - an den Darlehensgeber ab, der die Abtretung annimmt.Der Darlehensnehmer stimmt dieser Abtretung ausdrücklich zu.

(...)

c) Unter dem ... 2009 unterzeichneten die Antragstellerin als Darlehnsgeberin, der Vollstreckungsschuldner als Darlehensnehmer sowie die Fa. D GmbH als Sicherungsgeberin zur Sicherung der Darlehensansprüche der Antragstellerin folgendes Schuldanerkenntnis nebst Abtretungsvereinbarung (Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband Bl. ...):

(...)I.Die Darlehensgeberin hat dem Darlehensnehmer seit Anfang 2007 bis heute Darlehen in Höhe von etwa € 70.000,00 gewährt.Die Darlehensbeträge sollten mit 8% p. a. verzinst werden und, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedurfte, spätestens am 31.12.2009 zur Rückzahlung fällig sein.Der Darlehensnehmer erklärt, zu dieser Rückzahlung nicht imstande zu sein.Darlehensgeberin und Darlehensnehmer verständigen sich einvernehmlich unter Berücksichtigung der Zinsforderung und unter ausdrücklichem Verzicht auf eine diesbezügliche Zinsberechnung hinsichtlich der Teilbeträge der insgesamt gewährten Darlehen darauf, dass der Darlehensnehmer hiermit anerkennt, der Darlehensgeberin per 31.12.2009 € 80.000,00 (i. W. Euro achtzigtausend) zu schulden.Demgegenüber erklärt die Darlehensgeberin hiermit verbindlich, den Darlehensnehmer von allen etwaigen Ansprüchen von Mitgliedern ihrer Familie freizuhalten, die der Darlehensgeberin jene Mittel zur Verfügung gestellt haben, die diese an den Darlehensschuldner weitergereicht hat.II.Zur Sicherung der vorbezeichneten Darlehensansprüche tritt die Sicherungsgeberin hiermit als Gesamtschuldnerin der Darlehensvereinbarung bei.Darlehensnehmer und Sicherungsgeberin haften mithin der Darlehensgeberin gegenüber gesamtschuldnerisch wegen eines Betrages in Höhe von € 80.000,00 zzgl. 8 % Zinsen auf € 70.000,00 ab 01.01.2010.III.Der Darlehensnehmer hat mit Vereinbarung vom ... 2007 (Anlage 1) seine zu jener Zeit noch offen stehenden Vergütungsansprüche als Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Konkursverfahren über das Vermögen ... B I.K. an die Sicherungsgeberin in voller Höhe abgetreten. Zu jener Zeit, am ... 2007 waren nach Auffassung des Darlehensnehmers lediglich Vergütungen in Höhe von "2 x € 55.548,10 zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Mehrwertsteuer" offen.Hiervon hat die Sicherungsgeberin in der Vereinbarung zwischen dem Darlehensnehmer und Herrn F sowie der Sicherungsgeberin mit Vereinbarung vom ... 2009 (Anlage ...) einen erstrangigen Teilbetrag in Höhe von € 55.548,10 an Herrn F unter ausdrücklicher Zustimmung des Darlehensnehmers bereits abgetreten.Sollte Herr F anderweitig befriedigt werden, tritt die Sicherungsgeberin hiermit die Ansprüche aus der Vereinbarung vom ... 2007 (Ablage 1) in voller Höhe an die Darlehensgeberin ab.Für den Fall, dass Herr F bei Auszahlung der Vergütung Anspruch auf den erstrangig abgetretenen Teil hat, steht, der Darlehensgeberin diesbezüglich lediglich der Differenzbetrag zur Verfügung.Zur Klarstellung erklären Darlehensnehmer und Sicherungsgeberin:Sofern von der Vereinbarung vom ... 2007 nicht alle noch offenen Vergütungsansprüche des Darlehensnehmers erfasst und abgetreten sein sollten, tritt hiermit der Darlehensnehmer alle darüber hinaus gehenden Vergütungsansprüche selbst an die Darlehensgeberin ab. Die Sicherungsgeberin stimmt dem ausdrücklich zu.Die Darlehensgeberin nimmt sämtliche vorgenannten Abtretungsangebote hiermit ausdrücklich an.(...)

3. Am 22.06.2010 beantragte der Vollstreckungsschuldner beim Insolvenzgericht, ihm einen weiteren Vorschuss in Höhe von 144.612,00 € zzgl. USt zu gewähren (InsoA Bl. ...), nachdem der Konkursverwalter am 19.11.2009 für sich selbst einen weiteren Vorschuss in Höhe von 11.902.680,00 € beantragt hatte, ohne entsprechende Anträge für die Mitglieder des Gläubigerausschusses zu stellen (InsoA Bl. ...). Der Antrag des Vollstreckungsschuldners wurde durch das Insolvenzgericht am 09.08.2010 abgelehnt (InsoA Bl. ...).

4. Unter dem ... 2010 unterzeichneten die Antragstellerin als Darlehnsgeberin, der Vollstreckungsschuldner als Darlehensnehmer sowie die Fa. D GmbH als Sicherungsgeberin ein weiteres Schuldanerkenntnis nebst Abtretungsvereinbarung (FGA Anlagenband Bl. ...):

(...)

I.Die Darlehensgeberin hat dem Darlehensnehmer seit Anfang 2007 bis heute Darlehen gewährt. Hierzu sind am ... 2009 bereits ein Schuldanerkenntnis und eine Abtretungsvereinbarung zwischen den Parteien geschlossen worden.In Abänderung und Ergänzung dieser Vereinbarung vom ... 2009 verständigen sich die Parteien unter ausdrücklichen Verzicht auf eine diesbezügliche Zinsberechnung hinsichtlich der Teilbeträge darauf, dass der Darlehensnehmer hiermit anerkennt, der Darlehensgeberin aufgrund der gewährten Darlehen einschließlich der vereinbarten Zinsen per 30.06.2010 € 100.000,00 (i. W. Euro einhunderttausend) zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 % ab dem 01.07.2010 zu schulden.II.Der Darlehensnehmer ist nicht in der Lage den Darlehensbetrag zurückzuführen.

Zum Zwecke der Erfüllung seiner Darlehensschuld tritt daher der Darlehensnehmer seine noch ausstehenden Vergütungsansprüche als Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Konkursverfahren über das Vermögen ... B I.K. in voller Höhe an die Darlehensgeberin ab. Die Sicherungsgeberin stimmt dieser Abtretung im Hinblick auf die am ... 2007 vorgenommene Abtretung vom Darlehensnehmer an die Sicherungsgeberin ausdrücklich zu. Die Darlehensnehmerin nimmt die Abtretung ausdrücklich an.Es wird klargestellt, dass die in der Vereinbarung vom ... 2009 erfolgte Sicherungsabtretung aller vorgenannten Ansprüche nunmehr als unbedingte und unwiderrufliche Vollabtretung vorgenommen wird. Im Gegenzug erlöschen die Ansprüche der Darlehensgeberin gegenüber dem Darlehensnehmer.Sie verpflichtet sich noch einmal, den Darlehensnehmer von allen etwaigen Ansprüchen von Mitgliedern ihrer Familie, die der Darlehensgeberin jene Mittel zur Verfügung gestellt haben, die diese an den Darlehensnehmer weitergereicht hat, freizuhalten, ohne dass ihre Forderung dadurch wieder auflebt.III.Der Darlehensnehmer weist darauf hin, dass die tatsächliche Höhe seiner vorgenannten Vergütungsansprüche streitig ist und dass das Amtsgericht ... - Insolvenzgericht - mit Schreiben vom 08.07.2010 angekündigt hat, den Antrag des Darlehensnehmers vom 21.06.2010 auf Zahlung eines weiteren Vorschusses auf die zu erwartende Vergütung abzulehnen.Der Darlehensnehmer weist erneut darauf hin, dass von den Ansprüchen ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe von € 55.548,10 aufgrund Vereinbarung vom ... 2009 an Herrn F abgetreten ist und weist ergänzend darauf hin, dass eine anderweitige Befriedigung des Herrn F ausgeblieben ist und ausbleiben wird. Die hier erfolgte Abtretung kann daher nur die Differenz zwischen diesem Betrag und der tatsächlich erfolgenden Vergütung betreffen.Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Anspruch besteht, ist daher nicht sicher. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Abtretung trotzdem als Erfüllung der Verpflichtungen des Darlehensnehmers dienen soll, wobei die Darlehensgeberin versichert, dass ihr bewusst ist, dass sie das Risiko trägt, dass keine vollständige Befriedigung ihrer Forderung erfolgt, und wobei beide Parteien versichern, dass ihnen auch bewusst ist, dass die Ansprüche des Darlehensnehmers auch die geschuldeten Beträge überstiegen können. Die Parteien halten an ihrer Vereinbarung gleichwohl fest und betrachten das jeweilige Risiko als ausgewogen und die Abtretung daher in ihrer Gesamtheit als angemessenen Ausgleich der Forderung.(...)

5. a) Nachdem das FA am ... 2011 und am ...2011 fruchtlose Vollstreckungsversuche unternommen hatte (vgl. Niederschriften über die fruchtlose Pfändung vom ... 2011 und ... 2011 Vollstreckungsakte -VoA- Bl. ... und ...), beantragte es am 11.04.2011 beim Amtsgericht ..., Insolvenzgericht, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners wegen Abgabenrückständen über insgesamt 107.785,61 € (insbes. Einkommensteuer für die Jahre 2007 und 2008 nebst Nebenleistungen; VoA Bl. ...).

b) Der von dem Insolvenzgericht als Gutachter beauftragte Herr Rechtsanwalt H empfahl in seinem Gutachten vom 30.05.2011 ausdrücklich, den Insolvenzantrag mangels Masse abzuweisen (VoA Bl. ...). Zur beruflichen Tätigkeit des Vollstreckungsschuldners enthält das Gutachten folgende Feststellungen:

"Der Schuldner war bis zum ... 2011 in ... als Anwalt zugelassen. Der Schuldner beabsichtigt nicht, gegen den Einzug der Zulassung etwas zu unternehmen, da er nach eigenem Bekunden - und soweit aufgrund der Unterlagen feststellbar war - bereit seit ca. 1 1/2 Jahren gar nicht mehr als Anwalt tätig war. Er sehe nicht, dass er noch irgendeinem Mandanten wirklich helfen könne. Mit Wirkung vom ... 2011 wurde Herr Rechtsanwalt J zum Abwickler der Kanzlei durch die Hanseatische Rechtsanwaltskammer bestellt. Bis zum Jahre 2009 führte der Schuldner seine Kanzlei gemeinsam mit dem Abwickler. Unter Mitnahme der ihm anvertrauten Mandate verließ der Schuldner die Sozietät und wickelte seitdem nur noch ab.

Der jetzt formell eingesetzte Abwickler wird aber - so die Auffassung des Schuldners - lediglich noch die Akten ordnen können und müssen. Etwa noch eintreibbare Gebühren werden dabei nicht aufzufinden sein, diese hätte er in seiner Not bereits sämtlich realisiert. Die Höhe und Art der Gläubigerforderungen lässt keinen Zweifel zu, dass diese Ausführungen zutreffend sind."

c) Mit Beschluss vom 01.06.2011 wies das Insolvenzgericht den Insolvenzantrag mangels Masse ab (VoA Bl. ...).

d) Im Gläubigerverzeichnis vom ... 2011 gab der Vollstreckungsschuldner an, u. a. Verbindlichkeiten gegenüber der Antragstellerin in Höhe von 80.000,00 € zu haben (ArrestA Bl. ...).

6. Mit Schreiben vom 20.09.2012 beantragte der Vollstreckungsschuldner beim Insolvenzgericht, seine Vergütung für seine Tätigkeit als Mitglied des Gläubigerausschusses auf insgesamt 991.936,23 € netto festzusetzen abzüglich bereits erhaltener Vorschüsse (InsoA Bl. ...). Mit Beschluss vom 15.01.2013 setzte das Insolvenzgericht für die Tätigkeit des Vollstreckungsschuldners als Mitglied des Gläubigerausschusses eine Vergütung von 533.361,22 € zzgl. Umsatzsteuer fest (InsoA Bl. ...). Auf diesen Vergütungsbetrag wurde der bereits erhaltene Vorschuss angerechnet, so dass der Vollstreckungsschuldner keine weitere Auskehrung erhielt. Gegen den Beschluss des Insolvenzgerichts legte der Vollstreckungsschuldner am 28.01.2013 sofortige Beschwerde ein (InsoA Bl. ...).

7. Am 07.10.2013 gab der Vollstreckungsschuldner gegenüber dem Gerichtsvollzieher K des Amtsgerichts ... ein Vermögensverzeichnis ab (VoA Bl. ...). Darin gab er an, sonstige Forderungen in Höhe von ursprünglich 1.500.000,00 DM gegen Herrn L und Herrn M als Gesamtschuldner zu haben. Herr L habe jedoch die eidesstattliche Versicherung abgegeben und Herr M habe sich nach ... abgemeldet (Tz. 19). Die Frage, ob angegebene Ansprüche oder Rechte gepfändet oder abgetreten seien, verneinte der Vollstreckungsschuldner (Tz. 21).

8. Mit Beschluss vom 18.12.2013 setzte das Landgericht ... unter Aufhebung des Beschlusses des Insolvenzgerichts vom 15.01.2013 die Vergütung des Vollstreckungsschuldners als Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des ... B auf insgesamt 991.639,23 € netto fest (ArrestA Bl. ...).

9. a) Am 06.01.2014 berechnete der Vollstreckungsschuldner dem Konkursverwalter in dem Konkursverfahren über das Vermögen der Firma ... B seine restliche Vergütung über 562.369,78 € (netto 991.936,23 € zzgl. 19 % USt in Höhe von 188.467,88 € abzgl. bereits erhaltener Vorschüsse inkl. USt in Höhe von 618.034,33 €, VoA Bl. ...), wobei er Herrn Prof. Dr. E mündlich bat, den Rechnungsbetrag an die Antragstellerin zu überweisen (VoA Bl. ...).

b) Am 08.01.2014 wurde die Vergütung dem Konto ... der Antragstellerin bei der Bank-1 (Bank-1) gutgeschrieben; der Vollstreckungsschuldner ist seit dem ... 2011 Verfügungsberechtigter über dieses Konto (VoA hinter Bl. ...).

c) Am 15.01.2014 richtete die Antragstellerin ... neue Konten bei der Bank-1 ein, für die der Vollstreckungsschuldner verfügungsberechtigt ist (VoA hinter Bl. ...).

d) Am 17.01.2014 erhielt das FA vom LKA ... eine E-Mail mit einer Geldwäscheverdachtsanzeige der Bank-1 vom 16.01.2014 (VoA Bl. ...). Diese enthält folgende Angaben:

" Angaben zur Transaktion (...)Überweisungsgutschrift am 08.01.2014 über € 562.369,78 mit dem Verwendungszweck "Kostenre. V. 06.01.2014 Dr. A. Auftraggeber: ... B

Grund für die Verdachtsschöpfung und andere relevante Informationen:

Frau N ist uns mit ihrem Privatkonto seit dem ... 2011 bekannt. Alle Mietzahlungen und sonstige Kosten werden durch Bareinzahlungen gedeckt. Die Kontoumsätze seit dem 01.10.2013 sind beigefügt. Bevollmächtigt ist der Lebensgefährte Herr Dr. A, geb. am ... 1941. Die gemeinsame Anschrift ist die X-Straße ..., ... O. In der Y-Straße ... befindet sich nach unseren Recherchen die ... von Frau N.

Auf den Hintergrund der Gutschrift angesprochen gaben Frau N und Herr Dr. A in einem persönlichen Gespräch am 15.01.2014 an, dass es sich um offene Forderungen von Herrn A handelt. Desweiteren habe er noch weitere Forderungen über € 2 Mio. gegenüber diversen Gläubigern. Die bisherige Gutschrift soll erst einmal auf den Konten der Frau N verbleiben, jedoch nicht langfristig angelegt werden und ihnen zur Verfügung stehen. Herr Dr. A selbst hat keine eigenen Konten in unserem Haus.

Eine Insolvenz wurde mangels Masse am 01.06.2011 abgewiesen. In die Vermögensverhältnisse haben wir keinen Einblick. Aufgrund dieser Tatsachen haben wir uns zu dieser Meldung entschlossen. (...)"

10. a) Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 20.01.2014, der Antragstellerin am selben Tag zugestellt, pfändete das FA den Anspruch des Vollstreckungsschuldners gegen die Antragstellerin auf Herausgabe der zu seinen Gunsten auf dem Konto der Antragstellerin bei der Bank-1 eingehenden Geldbeträge, maximal in Höhe von 137.863,79 € (VoA Bl. ..., ...).

b) Mit Drittschuldnererklärung gem. § 316 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) vom 29.01.2014 erklärte die Antragstellerin, den gepfändeten Anspruch nicht anzuerkennen. Dementsprechend sei sie nicht bereit, zu leisten (VoA Bl. ...).

11. Aufgrund eines Vollstreckungsauftrags vom 20.01.2014 über Rückstände in Höhe von insgesamt 137.841,60 € (VoA Bl. ...) suchte der Vollziehungsbeamte des FA den Vollstreckungsschuldner am 22.01.2014 auf. Dieser verweigerte dem Vollziehungsbeamten den Zutritt mit dem Hinweis, er habe die Vermögensübersicht bereits abgegeben (VoA Bl. ...).

12. a) Am 07.03.2014 ordnete das FA zur Sicherung von begründeter, aber noch nicht festgesetzter Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (VAZ) Januar 2014 in Höhe von 89.790,00 €, von begründeter, aber noch nicht festgesetzter Einkommensteuer für 2009 sowie das 2. bis 4. Quartal 2014 jeweils nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 170.329,78 € sowie von bereits festgesetzter Einkommensteuern für 2007 und 2008 (durch bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 02.06.2009, VoA Bl. ...; durch bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 07.12.2010, VoA Bl. ...) und steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 138.747,79 € einen dinglichen Arrest in das Vermögen der Antragstellerin in Höhe von insgesamt 398.867,57 € an (VoA Bl. ...).

Zur Begründung der Arrestanordnung führte das FA an, der Arrestanspruch bestehe in dem Anspruch auf Duldung der Vollstreckung gem. § 191 AO i. V. m. §§ 3, 4 Anfechtungsgesetz -AnfG-. Die Möglichkeit zum Erlass eines Duldungsbescheides gem. § 191 Abs. 1 Satz 2 AO ergebe sich aus der Anfechtbarkeit der Zahlungsanweisung des Vollstreckungsschuldners an den Insolvenzverwalter, den Rechnungsbetrag i. H. v. 562.369,78 € auf das Konto der Antragstellerin zu zahlen, nach § 3 und § 4 AnfG.

Ein Arrestgrund bestehe, da der Vollstreckungsschuldner sein Vermögen zumindest teilweise in die Sphäre der Antragstellerin verschoben habe. Die sofortige Inanspruchnahme der Antragstellerin als Duldungsschuldnerin sei ermessensgerecht i. S. d. § 2 AnfG. Weitere Personen, die mit Vermögen des Vollstreckungsschuldners zur Beitreibung seiner Steuerschulden beitragen könnten, seien nicht bekannt. Erhebliche vermögenrechtliche Schäden seien nicht zu erwarten.

Der Vollstreckungsschuldner habe nach bisherigen Ermittlungen nicht die Möglichkeit bzw. sei nicht dazu gewillt, die Steuerverbindlichkeiten zurückzuführen. In seiner am 07.10.2013 abgegebenen Vermögensaufstellung habe er die Vergütungsforderung nicht angegeben, obwohl er mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen sei, dass die Erfüllung der Forderung überwiegend wahrscheinlich sei. Anderenfalls hätte er seinen Anspruch nicht eingeklagt.

Für weitere Einzelheiten der Begründung wird auf die Arrestanordnung verwiesen.

b) In der Folge erließ das FA am 07.03.2014 eine Pfändungsverfügung und pfändete die Konten der Antragstellerin bei der Bank-1 (VoA Bl. ...).

c) Mit Drittschuldnererklärung vom 07.03.2014 teilte die Bank-1 mit, dass sie die Pfändungsmaßnahme hinsichtlich ... Girokonten (mit einem Guthaben in Höhe von insgesamt 321.827,69 €) sowie ... Sparkonten (Guthaben in Höhe von insgesamt 105.008,94 €) berücksichtigt habe (VoA Bl. ...).

13. Gegen die Arrestanordnung legte die Antragstellerin am 11.03.2014 Einspruch ein (ArrestA Bl. ...) und trug zur Begründung vor:

Die Anordnung des Arrestes sei rechtswidrig. Es bestehe weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Sie, die Antragstellerin, sei nicht Schuldnerin eines Duldungsanspruchs. Das FA beziehe sich in seiner Arrestanordnung zur Begründung des Anspruchs zwar auf die § 191 AO i. V. m. § 4 Abs. 1, 3 AnfG, habe jedoch tatsächlich keinen entsprechenden Duldungsbescheid gem. § 191 AO erlassen, der einen Arrest zur Sicherung künftiger Vollstreckungen rechtfertige. Sie, die Antragstellerin, habe in ihrer Drittschuldnererklärung vom 29.01.2014 zutreffend erklärt, dass der Vollstreckungsschuldner keine Ansprüche auf Herausgabe gegen sie habe. Der Vollstreckungsschuldner habe seine Ansprüche auf Vergütung als Mitglied des Gläubigerausschusses in dem Konkursverfahren über das Vermögen der Fa. ... B bereits im Juni 2007 abgetreten und letztendlich habe die volle restliche Forderung allein ihr zugestanden mit der Maßgabe, dass ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe von 55.548,10 € an Herrn F zu zahlen sei. Die Chance, dass das Landgericht ... den vom Vollstreckungsschuldner geltend gemachten Vergütungsanspruch bestätigen würde, sei nach ihren Informationen außerordentlich gering gewesen. Herr Rechtsanwalt J, der die Vereinbarung vom ... 2010 entworfen habe, habe sie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er die Chancen der Durchsetzung des restlichen Vergütungsanspruchs des Vollstreckungsschuldners als gering einschätze. Da kein Arrestanspruch bestehe, sei auch kein Arrestgrund gegeben. Im Übrigen lege das FA keine Argumente dar, die die Besorgnis rechtfertigen könnten, dass eine mögliche künftige Vollstreckung des Anspruchs gefährdet sei.

Sie, die Antragstellerin, sei eine typische ..., die sich ausschließlich der ... widme. Sie habe damit in der Vergangenheit kein Geld verdient, werde jedoch von ihrer Familie stets unterstützt. Sie sei Eigentümerin eines sehr wertvollen Grundbesitzes in ... und "spekuliere" trotz entsprechender Baugenehmigungen auf weitere Wertsteigerungen. Die Arrestanordnung sei gegenwärtig besonders schlimm für sie, weil sie mit einer befreundeten Partnerin, einer ..., gerade ein Ladenlokal in O angemietet, Arbeiten verschiedener Gewerbe in Auftrag gegeben und Bestellungen vorgenommen habe, die jetzt durch die Blockade ihrer Konten bei der Bank-1 extrem gefährdet seien.

14. Am 18.03.2014 hat die Antragstellerin sich wegen der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Arrestanordnung vom 07.03.2014 an das Gericht gewandt.

Sie trägt zur Begründung vor, der Arrestanordnung vom 07.03.2014 mangele es sowohl am Arrestanspruch als auch am Arrestgrund. Die Arrestanordnung habe zu einer beträchtlichen Belastung des Verhältnisses zu ihrer Bank geführt. Es stehe zu befürchten, dass sie erhebliche wirtschaftliche und immaterielle Schäden erleide; insbesondere seien von ihr getroffene Dispositionen zum Ausbau ihrer beruflichen Tätigkeit stark gefährdet.

Nach dem tatsächlichen Sachverhalt spreche nichts dafür, dass eine anfechtbare Rechtshandlung vorliege. Eine Anfechtungsmöglichkeit nach § 3 Abs. 1 AnfG sei nicht gegeben. Diese setze auf ihrer Seite eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht voraus, für die - zumindest - erforderlich sei, dass sie gewusst habe, dass die Zahlungsunfähigkeit des Vollstreckungsschuldners drohe. Zudem müsste sie gewusst haben, dass es Gläubiger gegeben habe und die Handlung diese benachteilige. Beides unterstelle das FA, ohne auch nur den geringsten Anhaltspunkt hierfür zu haben. Soweit das FA in diesem Zusammenhang auf eine inkongruente Deckung abhebe, seien die Ausführungen dazu vollkommen an der Sach- und Rechtslage vorbei. Das FA gehe an dieser Stelle von Kenntnissen aus dem Jahr 2014 aus, um Intentionen und Wissen in den Jahren 2009 und 2010 zu unterstellen. Es habe sich seinerzeit um einen erlaubten und üblichen Kauf einer Risikoforderung gehandelt. Der jetzt zugeflossene Betrag sei damals in keiner Weise abzusehen gewesen, er sei sogar absolut unwahrscheinlich gewesen und könne daher in keiner Weise zur Beurteilung der Rechtsnatur der Vereinbarung herangezogen werden.

Ihr, der Antragstellerin, seien auch nicht 426.320,78 € zu viel zugeflossen, da sie die gesamte Forderung gekauft habe. Zum Zeitpunkt der damaligen Vereinbarung sei ein Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf eine Vergütung in Höhe von ca. 144.000,00 € zu erwarten gewesen. Ein höherer Anspruch sei vollkommen unsicher gewesen, da weitere Honorarforderungen des Konkursverwalters nicht absehbar gewesen seien.

Sie und der Vollstreckungsschuldner seien zum damaligen Zeitpunkt nicht eng verbunden gewesen; sie hätten noch keine verfestigte Beziehung geführt. Der Vollstreckungsschuldner sei seinerzeit noch verheiratet gewesen. Sie habe weder mit ihm zusammengelebt noch einen gemeinsamen Haushalt geführt. Sie habe zwar von "Millionenforderungen" gewusst, die zu jener Zeit nicht zu realisieren gewesen seien, habe jedoch keine vertieften Kenntnisse von der Einkommens- und Vermögenssituation des Vollstreckungsschuldners gehabt.

Allein die Tatsache, dass er das von ihr gewährte Darlehen nicht habe zurückführen wollen/können, ergebe keineswegs seine drohende Zahlungsunfähigkeit. Vielmehr habe sich die finanzielle Situation des Vollstreckungsschuldners zum damaligen Zeitpunkt - weder im Dezember 2009 noch im Juli 2010 - für sie keineswegs in irgendeiner Weise als gefährdet dargestellt. Der Vollstreckungsschuldner sei zum damaligen Zeitpunkt ein seit Jahrzehnten erfolgreicher Anwalt gewesen. In dieser Funktion habe er - wie dem FA bekannt sei - auch stets erhebliche Gewinne erwirtschaftet. Noch im Jahr 2009 habe er, nach Abzug der Kosten der Kanzlei, einen Gewinn von nahezu 130.000,00 € erzielt. Er habe seit Jahren dieselbe Wohnung bewohnt und zu den fraglichen Zeitpunkten eine eingerichtete Rechtsanwaltkanzlei im Z-Weg unterhalten. Abgesehen davon, dass somit im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung eine Zahlungsunfähigkeit des Vollstreckungsschuldners nicht bestanden habe, habe sie, die Antragstellerin, jedenfalls von einer solchen auch nichts wissen können.

Dass der Vollstreckungsschuldner auf großem Fuß gelebt habe, sei bekannt gewesen. Dass dies vielleicht - wie sich erst geraume Zeit später herausgestellt habe - auf zu großem Fuß gewesen sei, sei zum fraglichen Zeitpunkt für sie in keiner Weise erkennbar gewesen.

Die durch das FA behaupteten Steuerschulden des Vollstreckungsschuldners bestreite sie mit Nichtwissen.

Sie habe auch nichts von einer angeblichen Gläubigerbenachteiligung gewusst. Sie habe schon nicht einmal etwas von etwaigen Gläubigern gewusst, geschweige denn, dass diese dadurch, dass sie eine Risikoforderung gekauft habe, in irgendeiner Form hätten benachteiligt werden sollen oder können.

Ein Anfechtungsgrund gem. § 4 Abs. 1 AnfG liege ebenfalls nicht vor. Der Vollstreckungsschuldner sei bereits seit dem ... 2007 nicht mehr Inhaber der Forderung gewesen. Er habe, auch wenn man die Verfügung als unentgeltlich ansehen würde, weit vor dem Anfechtungszeitraum von vier Jahren über die Forderung verfügt. Entgegen der Ansicht des FA sei auch eine Gegenleistung gegeben gewesen. Auch wenn die Darlehensforderung seinerzeit durch den Vollstreckungsschuldner nicht zurückgeführt worden sei und der erklärt habe, dazu nicht in der Lage zu sein, mache dies die Forderung nicht wertlos.

Ein Arrestgrund sei nicht gegeben. Sie, die Antragstellerin, habe dem Vollstreckungsschuldner nicht ihr Konto zur Verfügung gestellt, damit er darüber Geschäfte habe abwickeln können. Vielmehr sei auf ihr bestehendes Konto lediglich ein ihr zustehender Betrag eingezahlt worden. Der Geldeingang habe gerade nicht dem Vollstreckungsschuldner zugestanden, deshalb sei auch nichts verschleiert worden.

Die Antragstellerin beantragt,1. im Wege der einstweiligen Anordnung die Vollstreckungsmaßnahmen im Wege der Arrestanordnung vom 07.03.2014 in ihr bewegliches und unbewegliches Vermögen mit sofortiger Wirkung ohne Sicherheitsleistung aufzuheben,2. vorsorglich die Vollziehung eines vom Antragsgegner im Verfahrensverlauf erlassenen Duldungsbescheides auszusetzen,hilfsweise,die Vollziehung der Arrestanordnung vom 07.03.2014 auszusetzen.

Das FA beantragt,den Antrag abzulehnen.

Es trägt zur Begründung vor: Für die glaubhafte Annahme eines Arrestanspruchs genüge, dass ein gesetzliches Schuldverhältnis nach dem AnfG bestehe, das inhaltlich begründet und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit glaubhaft bestimmt sei. Dies sei der Fall. Die Antragstellerin habe mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch eine anfechtbare Rechtshandlung etwas aus dem Vermögen des Vollstreckungsschuldners erlangt, was dem FA gem. § 11 AnfG zur Verfügung gestellt werden müsse, soweit es zur Befriedigung der Rückstände des Vollstreckungsschuldners erforderlich sei. Anfechtungsgründe bestünden gem. § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 AnfG. Die Antragstellerin habe eine inkongruente Deckung erlangt, da sie eine Sicherung oder Befriedigung erlangt habe, die sie nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit habe beanspruchen können. Die Antragstellerin habe gegen den Vollstreckungsschuldner höchstens eine Darlehensforderung über 136.049,00 € (100.000,00 € zzgl. 8 % Zinsen seit dem 01.07.2010). Da die Abtretung des Vergütungsanspruchs nicht auf den Stand des Darlehens zzgl. Zinsen begrenzt worden sei, seien der Antragstellerin letztlich 426.320,78 € zu viel zugeflossen (562.369,78 € abzgl. 136.049,00 €).

Die Gewährung einer inkongruenten Deckung stelle ein erhebliches Beweisanzeichen für die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Vollstreckungsschuldners dar. Zudem habe die Antragstellerin gewusst, dass der Vollstreckungsschuldner zahlungsunfähig sei, da in dem Schuldanerkenntnis und der Abtretungserklärung vom ... 2010 niedergeschrieben sei, dass der Vollstreckungsschuldner nicht in der Lage sei, das Darlehen zurückzuführen.

Die Antragstellerin habe in dem Schuldanerkenntnis und der Abtretungserklärung vom ... 2010 auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet. Unabhängig von der Ungewissheit der Höhe der Vergütung bzw. der vereinbarten Abgeltung des Risikos, dass die Darlehensforderung nicht erreicht werde, seien der Antragstellerin mindestens 426.320,78 € zugeflossen, ohne dass dem eine konkrete Gegenleistung gegenüberstehe. Der Verzicht auf eine wertlose Forderung habe keinen Entgeltcharakter. Bei Abschluss der Vereinbarung am ... 2010 hätte die Antragstellerin den Anspruch auf Darlehensrückzahlung nicht durchsetzen können. Aus dem Gläubigerverzeichnis vom ... 2011 ergebe sich nunmehr allerdings, dass die Antragstellerin offenbar doch nicht auf das Darlehen verzichtet habe.

Indem die Antragstellerin dem Vollstreckungsschuldner ihr Konto zur Verfügung gestellt habe, habe sie ihm ermöglicht, den Geldeingang vor den Gläubigern zu verschleiern. Das Geld habe die Antragstellerin durch eine anfechtbare Rechtshandlung erhalten, so dass sie es an den Vollstreckungsschuldner zurückzugewähren habe. Ausweislich der Drittschuldnererklärung der Bank-1 vom 07.03.2014 sei das Geld offenbar bereits auf verschiedene Konten transferiert worden und innerhalb von nur 1,5 Monaten seien von den 562.000,00 € bereits mindestens 140.000,00 € ausgegeben oder jedenfalls von den Bank-1-Konten wegtransferiert worden.

Wesentliches Indiz für die Gefährdung der Vollstreckung sei auch, dass sich die Antragstellerin die kompletten 562.000,00 € auf ihr Konto habe überweisen lassen, obwohl die ausgewiesene Umsatzsteuer vom Vollstreckungsschuldner an das FA abzuführen sein werde.

Das FA habe bei Erlass der Arrestanordnung nicht erkennen können, welche Rechte die Antragstellerin an den auf ihrem Konto eingegangenen 562.369,78 € beanspruche. In dem Insolvenzgutachten vom 30.05.2011 seien keine Feststellungen zu Rechten der Antragstellerin gegenüber dem Vollstreckungsschuldner enthalten.

Dem Gericht haben 1 Band Vollstreckungsakte (St.-Nr.-1), jeweils 1 Band Einkommen- und Umsatzsteuerakten (St.-Nr.-2), ein Band Arrestakten sowie Band ... bis ... der Insolvenzakte (Az. ...) vorgelegen.

Gründe

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 114 Finanzgerichtsordnung -FGO- gegen die Arrestanordnung ist nicht statthaft (1.a)); der vorsorgliche Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines vom FA im Verfahrensverlauf erlassenen Duldungsbescheides ist mangels Beschwer unzulässig (1.b); der hilfsweise gestellte Antrag auf AdV der Arrestanordnung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (1.c) und 1.d)), in der Sache aber unbegründet (2.).

1. a) Gegen die Arrestanordnung ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 114 FGO nicht statthaft.

Im finanzgerichtlichen Verfahren ist vorläufiger Rechtsschutz entweder gem. § 69 FGO durch AdV des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO zu gewähren. Die AdV ist gegenüber der einstweiligen Anordnung grundsätzlich vorrangig (§ 114 Abs. 5 FGO). Die Abgrenzung der beiden Rechtsschutzmöglichkeiten korrespondiert mit der Klageart in der Hauptsache. Ist die zutreffende Klageart die Anfechtungsklage, wird vorläufiger Rechtsschutz in der Regel durch AdV gewährt (§ 69 FGO), bei Verpflichtungs-, Feststellungs- und sonstigen Leistungsklagen ist grundsätzlich eine einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu beantragen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 114 FGO Rn. 8).

Im Streitfall ist die Anfechtungsklage die zutreffende Klageart. Denn die Arrestanordnung ist ein vollzugs- und aussetzungsfähiger Verwaltungsakt (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rn. 34 "Vollstreckungsmaßnahmen").

Ausnahmsweise kann zwar vorläufiger Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen nicht nur im Wege der AdV, sondern wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen der Rechtschutzbegehren trotz § 114 Abs. 5 FGO gleichzeitig auch durch einstweilige Anordnung gewährt werden. Ein solcher Antrag kann z. B. auf § 258 AO (einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung, Aufhebung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen) gestützt werden (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rn. 34 "Vollstreckungsmaßnahmen"). Mit dem Vollstreckungsaufschub (§ 258 AO) wird eine Regelungsanordnung durch das Gericht i. S. des § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO begehrt.

Ein solcher Antrag wäre vorliegend aber unbegründet. Da die den Anordnungsgrund rechtfertigenden Umstände über die Nachteile hinausgehen müssen, die im Regelfall bei einer Vollstreckung zu erwarten sind (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 10.08.1993 VII B 262/92, BFH/NV 1994, 719; vom 25.02.1997 VII B 231/96, BFH/NV 1997, 428), kommt eine einstweilige Anordnung grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Betroffenen durch die Ablehnung der beantragten Maßnahme unmittelbar bedroht ist. Eine solche Bedrohung hat die Antragstellerin jedoch weder behauptet noch glaubhaft gemacht; die Antragstellerin hat lediglich darauf hingewiesen, die Arrestanordnung habe zu einer beträchtlichen Belastung in dem Verhältnis zu ihrer Bank geführt und es sei zu befürchten, dass erhebliche wirtschaftliche und immaterielle Schäden für sie entstünden (oben I.14.).

b) aa) Ein Antrag auf AdV setzt voraus, dass der Verwaltungsakt angefochten ist, d. h. gegen ihn ein außergerichtlicher Rechtsbehelf eingelegt oder Klage erhoben worden ist. Zwar kann das Gericht die Vollziehung schon vor Klageerhebung aussetzen (§ 69 Abs. 3 Satz 2 FGO), jedoch nicht vor Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs. Vorliegend ist der Duldungsbescheid nach Kenntnis des Senats noch gar nicht ergangen, geschweige denn durch die Antragstellerin mit einem Einspruch angefochten worden.

bb) Der Senat kann offen lassen, ob der Antrag der Antragstellerin auf vorsorgliche AdV in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem FA den Erlass eines Duldungsbescheides zu untersagen, umzudeuten ist, da dieser Antrag unbegründet wäre.

aaa) Das Gericht kann eine einstweilige Anordnung nur erlassen, wenn ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-). Das ist vorliegend nicht der Fall, auch wenn das FA beabsichtigt, gegen die Antragstellerin in Kürze einen Duldungsbescheid zu erlassen. Es gibt grundsätzlich keinen vorläufigen Unterlassungsanspruch oder Feststellungsanspruch bzgl. der Unterlassung eines angekündigten Verwaltungsaktes, da der Adressat eines erlassenen Verwaltungsaltes seine Rechte durch Gestaltungsklage gegen diesen Verwaltungsakt verfolgen kann (vgl. FG Bremen, Beschluss vom 16.11.1990 II 257/90 V, EFG 1991, 211; anders zur Vollstreckung aus einem Beitreibungsersuchen BFH-Urteil vom 11.12.2012 VII R 69/11 BFH/NV 2013, 739, vorgehend FG Hamburg, Urteil vom 26.10.2011 3 K 205/10, EFG 2012, 482), d. h. die Antragstellerin müsste den Duldungsbescheid für den Fall, dass er tatsächlich erlassen wird, mit Einspruch und - falls der Einspruch zurückgewiesen wird - mit der Anfechtungsklage angreifen. Die Aussetzung der Vollziehung könnte sie ggf. im Verfahren nach § 69 FGO zu erreichen versuchen.

bbb) Unabhängig vom Fehlen des Anordnungsanspruchs ist auch ein Anordnungsgrund für den Erlass der einstweiligen Anordnung nicht gegeben. Ein Anordnungsgrund im Sinn des § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO ist nur dann gegeben, wenn die Regelung "um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint". Selbst wenn man zugunsten der Antragstellerin davon ausgeht, dass das FA mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen sie in Kürze einen Duldungsbescheid erlassen wird, hat die bevorstehende Bekanntgabe eines solchen Bescheides keine Folgen, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabweisbar machen. Da der Antragstellerin die einschlägigen Rechtsbehelfe einschließlich des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung zustehen, sind keine Gründe ersichtlich, warum sie nicht zunächst den Erlass eines Duldungsbescheides abwarten kann und diesen Bescheid nach der Bekanntgabe an sie angreift.

c) Gegen die Arrestanordnung ist somit der statthafte Rechtsbehelf der Antrag auf AdV (vgl. BFH-Beschluss vom 06.02.2013 XI B 125/12, BFH/NV 2013, 615).

d) Der Antrag auf AdV, den der Senat nach dem offenkundigen Interesse der Antragstellerin als Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der Arrestanordnung gem. § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO auslegt, ist auch im Übrigen zulässig.

Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin nicht zuvor einen Antrag auf AdV an das FA gestellt und dessen Ablehnung abgewartet hat. Eine Ablehnung durch das FA ist gem. § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FGO entbehrlich, wenn die Vollstreckung droht. Dies gilt auch, wenn die Vollstreckung schon begonnen hat. Erst recht muss dies gelten, wenn die Vollstreckung des angefochtenen Bescheides wie hier schon stattgefunden hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 06.02.2013 XI B 125/12, BFH/NV 2013, 615; vom 15.02.2002 XI S 32/01, BFH/NV 2002, 940; BFH-Urteil vom 29.10.1985 VII B 69/85, BStBl II 1986, 236, 237). Durch die vollzogene Vollstreckung ist die Rechtsstellung der Antragstellerin noch stärker als durch die drohende Vollstreckung beeinträchtigt, so dass der Verweis auf den vorherigen außergerichtlichen Antrag nicht gerechtfertigt ist. Gem. § 69 Abs. 3 Satz 2 FGO kann das Gericht in diesen Fällen die Vollziehung aufheben.

2. Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1, 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht die Vollziehung aufheben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte darstellt.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind nach der Rechtsprechung des BFH zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des Bescheides neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung einer Rechtsfrage bewirken (BFH-Beschlüsse vom 21.11.2013 II B 46/13, BFH/NV 2014, 269; vom 11.07.2013 XI B 41/13 BFH/NV 2013, 1647; vom 12.12.2012 I B 127/12, BFHE 239, 25, BStBl II 2013, 272).

a) Im Streitfall bestehen nach summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Arrestanordnung.

Gem. § 324 Abs. 1 AO kann die für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzbehörde zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen nach §§ 249 bis 323 AO den Arrest in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen anordnen, wenn zu befürchten ist, dass sonst die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert wird.

Die Arrestanordnung ist eine Ermessensentscheidung; das Entschließungsermessen bedarf indes keiner besonderen Begründung (Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 324 AO Rn. 6; FG Hamburg, Urteil vom 24.08.2007 2 K 166/07, juris; FG Saarland, Urteil vom 03.12.2003 1 K 35/03, EFG 2004, 242).

Der Arrestanspruch ebenso wie der Arrestgrund müssen mit einem hinreichenden Maß an Wahrscheinlichkeit vorliegen (BFH-Beschluss vom 06.02.2013 XI B 125/12, BFH/NV 2013, 6158; BFH-Urteil vom 26.02.2001 VII B 265/00, BStBl II 2001, 464, 466). Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn der Sachverhalt, auf dessen Grundlage sich der Arrestanspruch/Arrestgrund schlüssig ergibt, wahr zu sein scheint. Nach Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände müssen mehr Gründe für als gegen das Bestehen des Arrestanspruchs/Arrestgrundes sprechen (FG Hamburg, Beschluss vom 02.08.1999 V 87/99, juris; Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 324 AO Rn. 24).

Dabei ist sowohl zu prüfen, ob die Arrestanordnung zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtmäßig war, als auch, ob sie am Schluss der mündlichen Verhandlung gem. § 325 AO noch gerechtfertigt ist (BFH-Urteil vom 17.12.2003 I R 1/02, BFHE 204, 30, BStBl II 2004, 392). Die Tatsachen, die die Arrestanordnung auf den Zeitpunkt des Erlasses begründen, können - jedenfalls im Rahmen des § 102 S. 2 FGO - bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ergänzt werden.

aa) Das Bestehen eines Arrestanspruchs ist nach summarischer Beurteilung des Senats hinreichend wahrscheinlich.

aaa) Nach § 249 AO hängt die Vollstreckbarkeit eines Verwaltungsakts und damit die Zulässigkeit der Vollstreckung durch das Finanzamt auch davon ab, dass mit dem Verwaltungsakt, der Grundlage der Vollstreckung ist, eine Geldleistung gefordert wird. Als Geldleistungen i. S. des § 249 Abs. 1 S. 1 AO kommen neben denen, die Steuern und steuerliche Nebenleistungen zum Gegenstand haben, auch solche Leistungen in Betracht, die in Geldleistungen übergehen können. Zu den Verwaltungsakten, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, werden auch Duldungsbescheide nach § 191 AO gerechnet, mit denen Rückgewähransprüche nach dem AnfG zur Befriedigung von Steuerforderungen geltend gemacht werden (so auch Hohrmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler -HHSp-, § 328 AO Rn. 1; Dumke in Schwarz, AO, § 324 Rn. 3). Dies gilt uneingeschränkt, wenn sich der Anfechtungsanspruch von vornherein auf eine Geldforderung richtet oder wenn Wertersatz geschuldet wird, weil der anfechtbar erworbene Gegenstand zur Zwangsvollstreckung nicht mehr zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei kann der Arrest nach § 324 Abs. 1 Satz 2 AO auch dann angeordnet werden, wenn die Forderung noch nicht zahlenmäßig feststeht oder wenn sie bedingt oder betagt ist (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2000 2 K 2948/99, juris).

bbb) Für die glaubhafte Annahme des durch das FA geltend gemachten Anfechtungsanspruchs auf Wertersatz gem. § 11 Abs. 1 AnfG genügt, dass im Streitfall ein gesetzliches Schuldverhältnis nach dem AnfG besteht, das inhaltlich begründet und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bestimmt ist; wobei die vorherige Geltendmachung durch einen Duldungsbescheid insoweit nicht erforderlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 09.02.1988 VII R 62/86, BFH/NV 1988, 752; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2000 2 K 2948/99, juris).

(1) Nach § 1 AnfG können alle Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, außerhalb des Insolvenzverfahrens nach den Bestimmungen des AnfG angefochten werden. Nach § 3 Abs. 1 AnfG ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift wird diese Kenntnis vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG muss das, was durch anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben wurde, dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 AnfG entsprechend. Dies bedeutet insbesondere, dass der Empfänger bei Unmöglichkeit der Herausgabe Wertersatz zu leisten hat, ohne sich auf Entreicherung berufen zu können (§ 818 Abs. 2 und 3, § 819 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-).

(a) Eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 1 Abs. 1 AnfG ist anzunehmen, wenn durch die anfechtbare Rechtshandlung die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers aus dem Schuldnervermögen verschlechtert wird, d. h. ganz oder teilweise wegfällt, erschwert oder bloß verzögert wird (Nerlich/Niehus, AnfG, § 1 Rn. 42). Dabei kommt es nicht auf die Verminderung des Schuldnervermögens insgesamt an, sondern auf die Erschwerung der Vollstreckungsmöglichkeit in den konkreten Gegenstand (VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 25.05.2011 5 K 3087/10, juris). Die Feststellungslast hierfür trägt der Gläubiger. Ausreichend ist es, wenn er vorträgt und nachweist, dass der Anfechtungsgegner einen Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners ohne angemessene Gegenleistung erlangt hat. Dann muss der Anfechtungsgegner im Einzelnen Tatsachen vortragen, aus denen sich anfechtungsrechtlich beachtliche Einwände ergeben.

(b) Für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz genügt ein bedingter Vorsatz, das heißt, dass der Schuldner die Benachteiligung der Gläubiger zumindest billigend in Kauf nimmt. Dieser Vorsatz muss nicht der alleinige Zweck des Handelns sein. Nicht erforderlich ist zudem, dass der Vorsatz darauf gerichtet ist, einen bestimmten, z. B. den später anfechtenden, Gläubiger zu benachteiligen (KG Berlin, Urteil vom 10.02.2014 20 U 308/12, juris; Nerlich/Niehus, AnfG, § 3 Rn. 13).

(c) In der Person des Anfechtungsgegners ist die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners erforderlich. Ein Vorsatz, die Gläubiger des Schuldners benachteiligen zu wollen, ist dagegen nicht erforderlich. Notwendig ist die positive Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes, Kennenmüssen und grob fahrlässige Unkenntnis reichen dagegen nicht aus (Nerlich/Niehus, AnfG, § 3 Rn. 25).

(2) Der Senat hat nach summarischer Prüfung keine ernsthaften Zweifel daran, dass die vorstehenden Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung i. S. d. § 3 AnfG im Streitfall erfüllt sind.

(a) Sowohl die am ... 2009 vereinbarte Besicherung der Darlehensforderung durch Abtretung der künftigen Vergütungsforderung als auch die am ... 2010 vereinbarte Vollabtretung zum Zwecke der Erfüllung der Darlehensforderung stellen Rechtshandlungen des Vollstreckungsschuldners dar, die zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung i. S. d. § 1 und 3 Abs. 1 AnfG führten. Der Begriff der Rechtshandlung erfasst alle von einem Willen getragenen Handlungen, die in irgendeiner Weise Rechtswirkungen auslösen können, ohne dass der Wille auf den Eintritt dieser Wirkungen gerichtet sein muss (Nerlich/Niehus, AnfG, § 3 Rn. 13).

Der Annahme von anfechtbaren Rechtshandlungen steht insoweit nicht entgegen, dass der Vollstreckungsschuldner seine Vergütungsansprüche bereits am ... 2007 an die Fa. D GmbH abgetreten hatte (oben I.2.a)); zum einen trat der Vollstreckungsschuldner in der Vereinbarung vom ... 2009 "alle darüber hinausgehenden Vergütungsansprüche" - sofern von der Vereinbarung vom ... 2007 nicht alle noch offenen Vergütungsansprüche erfasst und abgetreten sein sollten - und in der Vereinbarung vom ... 2010 "seine noch ausstehenden Vergütungsansprüche" selbst an die Antragstellerin ab (oben I.2.c) und 4.); soweit die Fa. D GmbH als Sicherungsgeberin die Forderungen abtrat, verfügte der Vollstreckungsschuldner zumindest über seinen Rückübertragungsanspruch, so dass auch insoweit eine Rechtshandlung i. S. d. § 1 AnfG vorliegt.

(b) Neben der objektiven Gläubigerbenachteiligung ist in beiden Fällen auch der hierauf bezogene Vorsatz des Schuldners zu bejahen. Hier sprechen die vorhandenen Indizien für einen derartigen Vorsatz des Vollstreckungsschuldners. Sowohl mit der Abtretung des Vergütungsanspruchs zur Besicherung des Darlehensanspruchs als auch zur Erfüllung des Darlehensanspruchs ist der Antragstellerin nämlich eine sog. inkongruente Deckung gewährt worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist die Gewährung einer inkongruenten Deckung ein starkes Beweisanzeichen für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners (zu § 133 Abs. 1 Insolvenzordnung -InsO- vgl. BGH-Urteile vom 19.12.2013 IX ZR 127/11, MDR 2014, 371; vom 17.07.2003 IX ZR 272/02, WM 2003, 1923, 1924, zu § 3 AnfG vgl. BFH-Beschluss vom 14.06.2007 IX ZR 170/06, juris).

(aa) Inkongruent ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte (vgl. § 131 Abs. 1 InsO). Entscheidend ist das Abweichen der konkreten Deckungshandlung vom Inhalt des Schuldverhältnisses (Kirchhof in Münchener Kommentar zur InsO § 131 Rn. 9).

(aaa) Eine Deckung ist nicht zu beanspruchen, wenn der Gläubiger gar keinen Anspruch gegen den Schuldner auf dessen Leistung hat (Kayser in Münchener Kommentar, InsO, § 131 Rn. 13). Da die Forderung auf die Hauptleistung allein noch kein Recht auf eine Sicherung gibt, ist eine Sicherung nur dann zu beanspruchen, wenn sie vertraglich, ggf. auch durch Vertrag zugunsten Dritter hinreichend bestimmt und besonders vereinbart worden war (Rogge in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 131 Rn. 20). Der Anspruch auf Besicherung ist nicht als minus in dem Anspruch auf Befriedigung enthalten, sondern als aliud anzusehen (BGH-Urteil vom 18.03.2010 IX ZR 57/09, NJW-RR 2010, 1428). Die Gewährung einer Sicherheit ist demgemäß nur dann kongruent, wenn der Sicherungsnehmer einen Anspruch auf gerade diese Sicherheit hatte. Wird ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit keine inkongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand. Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, liegt regelmäßig eine inkongruente Deckung vor (BGH-Urteile vom 11.03.2004 IX ZR 160/02, NJW-RR 2004, 1130; vom 18.04.2002 IX ZR 219/01, BGHZ 150, 326, NJW-RR 2002, 1417).

(bbb) Eine Deckung ist nicht in der Art zu beanspruchen, wenn dem Gläubiger zwar eine Befriedigung oder Sicherung zusteht, aber in einer Art, welche die übrigen Gläubiger weniger benachteiligt als die konkret gewährte. Wegen des Normzwecks ist der Maßstab dafür, ob eine Abweichung als geringfügig unschädlich ist, die Gleichwertigkeit im Hinblick auf die Gläubigerbefriedigung (Kayser in Münchener Kommentar, InsO, § 131 Rn. 31). Die Gewährung einer anderen als der geschuldeten Leistung an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-) oder erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) ist inkongruent, da sie eine in der Art nicht zu beanspruchende Befriedigung darstellt (vgl. Kayser in Münchener Kommentar, InsO, § 131 Rn. 32; Kreft in Heidelberger Kommentar, InsO, § 131 Rn. 9).

(bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze liegt bei summarischer Prüfung sowohl hinsichtlich der unter dem ... 2009 vereinbarten Abtretung zwecks Sicherung sowie der unter dem ... 2010 vereinbarten Abtretung zwecks Erfüllung eine inkongruente Deckung vor.

(aaa) Bezüglich der unter dem ... 2009 vereinbarten Besicherung der Darlehensforderung durch Abtretung der künftigen Vergütungsforderung lag eine inkongruente Deckung vor, da die Antragstellerin eine derartige Deckung nicht beanspruchen konnte. Sie hatte allenfalls einen Anspruch auf Zahlung - der mittlerweile wertlos war, weil der Vollstreckungsschuldner Barmittel nicht besaß -, nicht aber auf Bestellung einer Sicherheit.

Zwar wurde im Streitfall die Sicherung in der Form der Abtretung mit der Erteilung des Schuldanerkenntnisses bestellt, die gesicherte Forderung war jedoch bereits zuvor durch die Darlehenshingabe der Antragstellerin begründet worden. Das Schuldanerkenntnis selbst diente ebenso wie die Forderungsabtretung lediglich der Sicherung des bereits zuvor entstandenen Darlehens-Rückzahlungsanspruchs. Dieser Erfüllungsanspruch enthielt aber nicht zugleich einen Anspruch auf Sicherung.

(bbb) Bezüglich der unter dem ... 2010 vereinbarten Abtretung der künftigen Vergütungsforderung zum Zwecke der Erfüllung der Darlehensverbindlichkeit lag ebenfalls eine inkongruente Deckung vor, da die Antragstellerin eine Deckung in der Art nicht beanspruchen konnte. Sie hatte allenfalls einen Anspruch auf Zahlung - der mittlerweile wertlos war, weil der Vollstreckungsschuldner Barmittel nicht besaß -, nicht aber auf Erfüllung durch die Abtretung einer Forderung.

Vorliegend wurde die Forderungsabtretung an Erfüllungs Statt gewährt, da die Antragstellerin - anders als im Regelfall der Abtretung (vgl. BGH-Urteil vom 19.12.2013 IX ZR 127/11 MDR 2014, 371) - das Bonitätsrisiko tragen sollte. Da es sich somit bereits um eine nicht in der Art zu beanspruchende Deckung handelt, kommt es auf die vom FA in Bezug genommene Höhe der Forderung gar nicht mehr an.

(cc) Das in der Gewährung der inkongruenten Deckung liegende Beweisanzeichen hat die Antragstellerin nicht entkräftet. Dazu hätte sie dartun müssen, dass der Vollstreckungsschuldner bei Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung angenommen habe, er könne mit Sicherheit alle seine Gläubiger befriedigen (vgl. BGH-Urteile vom 24.05.2007 IX ZR 97/06, NJW-RR 2007, 1537; vom 29.04.1999 IX ZR 163/98, NJW 1999, 3046). Daran fehlt es vorliegend. Es spricht im Gegenteil alles dafür, dass der Vollstreckungsschuldner eine Benachteiligung der übrigen Gläubiger zumindest billigend in Kauf genommen hat. Dies genügt für die Annahme des Vorsatzes im Sinne von § 3 Abs. 1 AnfG.

(c) Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geht der Senat nach summarischer Prüfung auch davon aus, dass die Antragstellerin Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Vollstreckungsschuldners hatte.

Die inkongruente Deckung stellt ein Beweisanzeichen für die Kenntnis vom Anfechtungsvorsatz des Schuldners dar, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (vgl. BGH-Urteile vom 19.12.2013 IX ZR 127/11, MDR 2014, 371; vom 18.07.2013 IX ZR 219/11, BGHZ 198, 64, DB 2013, 1894; vom 18.03.2010 IX ZR 57/09, NJW-RR 2010, 1428).

Dies ist vorliegend der Fall:In der notariellen Vereinbarung vom ... 2009 erklärte der Vollstreckungsschuldner ausdrücklich, zur Rückzahlung des Darlehens nicht imstande zu sein. Die Antragstellerin wusste zudem aufgrund der offengelegten Sicherungsabtretung an Herrn F bzw. der ausdrücklichen Erwähnung in der Vereinbarung vom ... 2010, dass der Vollstreckungsschuldner die Darlehensforderung des Herrn F auch nicht befriedigen konnte.

Im Übrigen ergibt sich aus dem Bericht des Gutachters im Insolvenzverfahren vom 30.05.2011, dass der Vollstreckungsschuldner seine Anwaltstätigkeit bereits ca. 1,5 Jahre zuvor eingestellt hatte (oben I.5.b)). Unabhängig von der Frage, wie verfestigt die Beziehung zwischen der Antragstellerin und dem Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt des Abschlusses der notariellen Vereinbarungen war, ist das Gericht davon überzeugt, dass der Antragstellerin dieser Umstand sowie die damit einhergehende Konsequenz der fehlenden Einnahmequelle nicht verborgen blieb.

(d) Das FA war bezüglich der bereits festgesetzten Steuern/steuerlichen Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 138.747,79 € anfechtungsberechtigt i. S. d. § 2 AnfG (aa)). Im Hinblick auf die noch nicht festgesetzten Steuern/steuerlichen Nebenleistungen ist der alsbaldige Eintritt der Voraussetzungen des § 2 AnfG überwiegend wahrscheinlich (bb)).

(aa) Zur Anfechtung ist gemäß § 2 AnfG jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde.

(aaa) Zu den in § 2 AnfG genannten vollstreckbaren Schuldtiteln gehören auch Steuerbescheide (BFH-Urteil vom 09.02.1988 VII R 62/86, BFH/NV 1988, 752). Das FA hat gegen den Vollstreckungsschuldner bestandskräftige Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 erlassen (oben I.12.a)). Die Steuerforderungen waren seit dem 10.09.2009 bzw. 10.01.2011 fällig.

(bbb) Die Forderungen waren beim Vollstreckungsschuldner wegen der Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens uneinbringlich. Im Februar 2011 waren zwei Vollstreckungsversuche beim Vollstreckungsschuldner fruchtlos, der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vollstreckungsschuldners am 01.06.2011 wurde mangels Masse abgewiesen und eine noch am 22.01.2014 versuchte Vollstreckung blieb erfolglos (oben I.11.)

(bb) Soweit dem FA der für eine Anfechtung gem. § 2 AnfG erforderliche vollstreckbare Schuldtitel bzgl. der Umsatzsteuer für den VAZ 01/2014, der Einkommensteuer 2009 zzgl. Solidaritätszuschlag sowie der Einkommensteuervorauszahlung für das 2.- 4. Quartal 2014 zzgl. Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 260.119,78 € noch fehlte, steht dies gleichwohl nicht der Annahme eines Arrest-Anordnungsanspruchs auf Wertersatz nach dem AnfG entgegen, da insoweit die überwiegende Wahrscheinlichkeit des alsbaldigen Eintritts der Voraussetzungen des § 2 AnfG genügt (vgl. Kirchhof in Münchener Kommentar, AnfG, § 2 Rn. 20).

(aaa) Zwar ist zu einer Anfechtung nach dem AnfG gemäß § 2 AnfG nur ein Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist. Dies ist hier hinsichtlich der behaupteten Forderung des FA bezüglich der Einkommensteuer für 2009 zzgl. Solidaritätszuschlag sowie der Einkommensteuervorauszahlung für das 2. bis 4. Quartal 2014 zzgl. Solidaritätszuschlag sowie der Umsatzsteuer für den VAZ Januar 2014 (noch) nicht der Fall, da die maßgeblichen Steuerbescheide seitens des FA noch nicht erlassen wurde, so dass das FA deshalb zur Anfechtung von Rechtshandlungen, die der Vollstreckungsschuldner zugunsten der Antragstellerin vorgenommen hat, derzeit noch nicht berechtigt ist. Dies steht aber dem Erlass eines Arrestes gegen die Antragstellerin nicht entgegen.

Anders als für die klageweise Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs nach § 13 AnfG ist es für die Sicherung durch Arrest nicht erforderlich, dass über die befriedigungsbedürftige Forderung bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel im Sinne des § 2 AnfG vorliegt (OLG München, Beschluss vom 17.10.2008 3 W 2328/08, juris). Der Anfechtungsanspruch entsteht bereits mit der Vollendung der anfechtbaren Rechtshandlung. Die Fälligkeit des Hauptanspruchs, das Erlangen des Schuldtitels und der Nachweis der Vermögensunzulänglichkeit des Hauptschuldners sind nur - aufschiebende - Bedingungen für die Einleitung seiner zwangsweisen Erfüllung (Kirchhof in Münchener Kommentar, AnfG, § 13 Rn. 63). Unabhängig davon ist der Anspruch schon nach Maßgabe des § 324 Abs. 1 S. 2 AO sicherbar. Lediglich seine gerichtliche Durchsetzung erfordert zum einen das Vorliegen weiterer Voraussetzungen und hat zum anderen auch binnen bestimmter Fristen zu erfolgen.

Soweit in der zivilrechtlichen Rechtsprechung eingewandt wird (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28.09.2009 2 W 88/09, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 28.03.2002, 27 W 7/02, juris), dass dann entgegen der Intention des § 2 AnfG nicht auszuschließen sei, dass der Streit über das Bestehen der Hauptforderung zwischen Gläubiger und Anfechtungsgegner auszutragen wäre, so ist zum einen anzumerken, dass durch eine derartige einengende Auslegung der nötige Rechtsschutz gerade in einem Bereich verweigert wird, in dem die Erfüllung der gesetzlichen Anfechtungsvoraussetzungen oft zugleich die Gefahr fortzusetzender Gläubigerbenachteiligung nahelegt (Kirchhof in Münchener Kommentar zum AnfG, § 13 Rn. 63). Zudem greift dieser Einwand bei dem Arrest gem. § 324 AO nicht ein, da das FA als Steuergläubigerin für die Anordnung des Arrestes selbst zuständig ist und der Amtsermittlungsgrundsatz gilt und bei Einwendungen gegen die Arrestanordnung, die gerichtlich geltend gemacht werden, das Finanzgericht die Anordnung darauf zu überprüfen hat, ob sämtliche Voraussetzungen für den Erlass noch vorliegen (Hohrmann in HHSp, AO/FGO, § 324 AO Rn. 94). Bei dem Arrest nach §§ 324 ff. AO handelt es sich um ein vorgezogenes Verfahren, das in seinem Zweck dem Besteuerungsverfahren dient, indem es einen Teil dieses hauptsächlichen Verwaltungsverfahrens in notwendig noch vorläufiger Form vorwegnimmt. Wegen des Zeitbedarfs des Hauptsacheverfahrens wird dem FA gesetzlich zugestanden, das Interesse an der Sicherung seiner Ansprüche vorab zu befriedigen. Dabei ist in diesem zweigliedrigen Nebenverfahren dasjenige zur Anordnung und Aufhebung des Arrestes eine besondere Form des Steuerfestsetzungsverfahrens und dasjenige zur Vollziehung des Arrestes ein vorgezogener Teil des Steuererhebungsverfahrens in der Form der Vollstreckungstätigkeit: Der spätere Steueranspruch wird bereits so weit identifiziert und konkretisiert, wie das die Kenntnis des verwirklichten Sachverhalts zulässt, und die Vollziehung des Steueranspruchs so weit abgesichert, wie es die Umstände notwendig machen (FG Düsseldorf, Urteil vom 03.05.2000 5 K 5963/92 U, juris).

(bbb) Die durch das FA geltend gemachten, noch nicht festgesetzten Steuerforderungen stehen ihm mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu.

(a) Für das Jahr 2009 hat der Vollstreckungsschuldner keine Einkommensteuererklärung eingereicht. Laut - dem Gericht nicht vorliegender - Mitteilung des Betriebsstättenfinanzamtes hatte der Vollstreckungsschuldner in 2009 Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus Beteiligungen in Höhe von 125.166,54 €. Unter Zugrundelegung dieser Einkünfte abzüglich eines Altersentlastungsbetrags sowie des Sonderausgaben-Pauschbetrags ergibt sich unter Anwendung der Grundtabelle für das Jahr 2009 eine Einkommensteuerschuld von 43.724,00 € zzgl. 2.404,82 € Solidaritätszuschlag (Probeberechnung vom 19.03.2014, VoA Bl. ...). Die Steuer ist mit Ablauf des Jahres 2009 entstanden (§ 36 Abs. 1 Einkommensteuergesetz -EStG-).

(ß) Der Vollstreckungsschuldner schuldet als Leistungserbringer die in der mit Rechnung vom 06.01.2014 abgerechneten Brutto-Vergütung enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von 89.790,00 €. Der Anspruch ist mit Ablauf des 31.03.2014 entstanden (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b i. V. m. § 18 Abs. 2 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz -UStG- im Fall der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten bzw. gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a S. 4 i. V. m. § 16 Abs. 1 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 UStG im Fall der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten).

(?) Der Zufluss der Netto-Vergütung in Höhe von 472.579,78 € wird mit Ablauf des Jahres 2014 eine Einkommensteuer von geschätzt 118.445,00 € zzgl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 6.514,47 € entstehen lassen (geschätzter Gewinn: 300.000,00 €; Probeberechnung vom 19.03.2014 VoA Bl. ...). Durch den Zufluss der steuerpflichtigen Vergütung ist ein Rechtsgrund für die Forderung bereits gelegt (vgl. Hohrmann in HHSp, AO/FGO, § 324 AO Rn. 17).

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Steuerpflichtige am 10.03., 10.06., 10.09. und 10.12. Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer zu entrichten, die er für den laufenden Veranlagungszeitraum voraussichtlich schulden wird. Die Einkommensteuer-Vorauszahlung entsteht gem. § 37 Abs. 1 Satz 2 EStG jeweils mit Beginn des Kalendervierteljahres, in dem die Vorauszahlungen zu entrichten sind. Grundsätzlich bemessen sich die Vorauszahlungen zwar nach der Einkommen-steuer, die sich nach Anrechnung der Steuerabzugsbeträge bei der letzten Veranlagung ergeben hat (§ 37 Abs. 3 Satz 2 EStG). Das FA kann die Vorauszahlungen aber gem. § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG an die Einkommensteuer anpassen, die sich für den Veranlagungszeitraum voraussichtlich ergeben wird, vorliegend somit auf 39.242,00 € zzgl. Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.158,32 € für das 2. bis 4. Kalendervierteljahr 2014.

(3) Da nach summarischer Beurteilung durch den Senat bereits die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 i. V. m. § 3 AnfG erfüllt sind, kann dahin stehen, ob vorliegend auch die Anfechtungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 AnfG erfüllt sind.

bb) Nach summarischer Würdigung des Senats liegt auch ein ausreichender Arrestgrund vor.

Ein Arrestgrund besteht, wenn bei objektiver Würdigung unter ruhiger und vernünftiger Abwägung aller Umstände die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die Vollstreckung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird; dabei kann es auf die Möglichkeit eines schnellen und unmittelbaren und damit auch eines sicheren Zugriffs ankommen (BFH-Beschlüsse vom 06.02.2013 XI B 125/12, BFH/NV 2013, 89; vom 26.02.2001 VII B 265/00, BFHE 194, 40, BStBl II 2001, 464).

Im Rahmen einer Gesamtwürdigung der glaubhaft gemachten Umstände ist die Besorgnis gerechtfertigt, dass ohne sofortige Sicherung durch Arrestanordnung die spätere Vollstreckung des Anfechtungsanspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Die Antragstellerin verfügt - neben ausländischem Grundvermögen - nach Aktenlage nahezu ausschließlich über Bankguthaben und damit über Vermögenswerte, die ohne großen Aufwand und in kürzester Zeit beiseite geschafft werden könnten. Das bisherige Verhalten der Antragstellerin - die Abhebung bzw. der Wegtransfer von ca. 140.000,00 € von den Konten der Bank-1 (oben I.12.c)) - sowie die Äußerung seitens der Antragstellerin und des Vollstreckungsschuldners gegenüber der Bank-1, das Geld solle nicht langfristig angelegt werden und ihnen zur Verfügung stehen, lassen nicht erwarten, dass die Vermögenswerte mit hinreichender Sicherheit auf pfändbaren Bankkonten verbleiben werden.

b) Hinreichende Gründe dafür, dass die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige Härte darstellte, sind nicht substantiiert vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Nichtzulassung der Beschwerde folgt aus § 128 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FGO, da Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht ersichtlich sind.