Bayerischer VGH, Beschluss vom 22.05.2014 - 12 ZB 12.2509
Fundstelle
openJur 2014, 11502
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds.

Die Beklagte leistete ihrem 1993 geborenen Sohn zunächst 2009 Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege nach § 33 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Bereits für diese Maßnahme wurde sie zu einem Mindestkostenbeitrag in Höhe des von ihr bezogenen Kindergelds herangezogen. In der Folge bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juli 2010 für den Zeitraum vom 21. Juni 2010 bis 26. Februar 2011 für ihren Sohn erneut Jugendhilfe in Form der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII durch die Einrichtung V. N. in I. (Tagessatz in Höhe von 152,35 EUR zuzüglich eines monatlichen Taschengelds in Höhe von 61,70 EUR). Nachdem das Jugendamt die irrtümliche Einordnung dieser Maßnahme als intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung erkannt hatte, hob es den ursprünglichen Bewilligungsbescheid mit Bescheid vom 7. März 2011 auf und gewährte stattdessen für den Zeitraum vom 21. Juni 2010 bis 26. Februar 2011 Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung nach § 34 SGB VIII durch V. N. in I. (Tagessatz in Höhe von 154,74 EUR zuzüglich eines monatlichen Taschengelds in Höhe von 61,70 EUR). Die Bewilligungsbescheide wurden jeweils bestandskräftig.

Für die genannte Jugendhilfemaßnahme erhob die Beklagte bei der Klägerin und ihrem Ehemann Kostenbeiträge. Bereits während des der Heimunterbringung vorausgehenden Aufenthalts ihres Sohnes in der H. Klinik wies dabei eine Mitarbeiterin der Beklagten die Klägerin auf die Kostenbeitragspflicht für künftige Jugendhilfemaßnahmen hin. Mit Schreiben vom 27. September 2010, zugestellt am 30. September 2010, teilte sie der Klägerin die Leistungsgewährung mit, wies auf die Kostenbeitragspflicht hin und bat um eine Einkommensauskunft. Zugleich erfolgte ein Hinweis betreffend die Folgen der Kostenbeitragserhebung für die Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber dem Hilfeempfänger. In der Folge verpflichtete die Beklagte mit dem nunmehr streitgegenständlichem Bescheid vom 17. März 2011 die Klägerin zur Leistung eines Kostenbeitrags für die gewährte Jugendhilfemaßnahme in Höhe von 61,33 EUR für den Zeitraum vom 21. Juni 2010 bis 30. Juni 2010, von 184,- EUR im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2010 und dem 31. Januar 2011 und von 159,47 EUR für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis einschließlich 26. Februar 2011. Das nach § 93 SGB VIII ermittelte bereinigte Einkommen der Klägerin habe zu negativen monatlichen Einkünften geführt. In einem derartigen Fall sehe der Gesetzgeber, sofern der Kostenbeitragspflichtige Kindergeld beziehe, die Zahlung eines Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds vor. Ab dem 1. Januar 2010 habe die Klägerin für ihren Sohn monatliches Kindergeld in Höhe von 184,- EUR bezogen, was zur Festsetzung des entsprechenden Kostenbeitrags führe. Eine Reduzierung sei nicht möglich. Gründe für die Annahme einer besonderen Härte nach § 92 Abs. 5 SGB VIII seien weder nachgewiesen noch nach den Angaben der Klägerin und den Feststellungen der Beklagten ersichtlich.

Der gegen diesen Kostenbescheid erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 23. Mai 2012 insoweit statt, als die Klägerin für den Zeitraum zwischen dem 21. Juni 2010 und dem 30. September 2010 zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds herangezogen worden war. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab. Die gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII erforderliche Mitteilung der Leistungsgewährung sei gegenüber der Klägerin nachweisbar erst mit dem Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010 am 30. September 2010 erfolgt, sodass für den davor liegenden Zeitraum kein Kostenbeitrag mehr erhoben werden könne. Als unschädlich erweise es sich, dass die Beklagte in dem Hinweisschreiben an die Klägerin bei der Leistungsgewähr von einer intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung im Sinne von § 35 SGB VIII anstelle der später mit Bescheid vom 7. März 2011 bewilligten Hilfe zur Erziehung in Form der Heimunterbringung nach § 34 SGB VIII ausgegangen sei. Denn Sinn und Zweck der Mitteilung über die Leistungsgewähr seien auch dann erfüllt, wenn die konkrete Jugendhilfeleistung auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt werde, es sich aber um ein und dieselbe stationäre Hilfemaßnahme handle, bei der Beginn, Dauer und Höhe der Leistung identisch seien.

Im Übrigen erweise sich der streitbefangene Kostenbeitragsbescheid als formell und materiell rechtmäßig. Die Beklagte habe ihn gemäß § 35 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausreichend begründet. Im Rahmen der Begründung sei der Verweis auf die Rechtsgrundlage der Kostenbeitragserhebung zwar in der Regel angezeigt, wobei jedoch im Einzelfall auch der allgemeine Hinweis auf die §§ 91 ff. SGB VIII genügen könne, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Klägerin aus der Vergangenheit die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Mindestkostenbeitrags für Jugendhilfemaßnahmen bereits bekannt gewesen sei.

Ferner erweise sich der streitbefangene Bescheid auch als im Sinne von § 33 SGB X hinreichend bestimmt. So führe er in der Bescheidformel insbesondere die Höhe der Leistungsverpflichtung der Klägerin exakt auf. Der Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung lasse sich aus den Hinweisen am Ende des Bescheids ermitteln, in denen auf das Ergehen einer gesonderten Zahlungsmitteilung verwiesen werde.

Nach § 92 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VIII würden ferner Elternteile zu einem Kostenbeitrag getrennt herangezogen. Mit dieser Regelung habe der Gesetzgeber eine zuvor bestehende Privilegierung zusammen lebender Eltern in Bezug auf die Kostenbeitragspflicht beseitigt. Ob die Klägerin im vorliegend maßgeblichen Zeitraum Einkünfte bezogen hat, bedürfe keiner Klärung, da sie nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 7 Abs. 1 der Kostenbeitragsverordnung jedenfalls zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des von ihr für den Hilfeempfänger bezogenen Kindergelds herangezogen werden könne. Da im Rahmen einer stationären Jugendhilfeleistung nach § 39 SGB VIII auch der notwendige Unterhalt des jungen Menschen sichergestellt werde, würden die Eltern entsprechend entlastet. Diese Entlastung werde nach dem Willen des Gesetzgebers unmittelbar beim kindergeldberechtigten Elternteil abgeschöpft.

Die Festsetzung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag begründe nach § 92 Abs. 5 SGB VIII für die Klägerin auch keine besondere Härte. § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII sei gegenüber § 92 Abs. 5 SGB VIII lex specialis. Für den Vorrang spreche zum einen der strikte Wortlaut von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII wie auch die Systematik des Gesetzes. Ein Vorrang des Mindestkostenbeitrags vor der Härtefallklausel ergebe sich auch aus den Regelungen der Kostenbeitragsverordnung. Gestützt werde diese Auffassung ferner durch die Gesetzgebungsmaterialien. Die Annahme eines Vorrangs von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII entspreche dem Zweck des Kindergelds, wie er in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigung des sog. Geschwisterkindergelds bei der Einkommensermittlung nach § 93 Abs. 1 SGB VIII zum Ausdruck komme (BVerwG, U.v. 12.5.2011 – 5 C 10.10). Demnach handele es sich beim Kindergeld um eine zwar den Eltern zufließende, jedoch für das jeweilige Kind bestimmte Leistung. Ihm stehe es wirtschaftlich zu; es solle seinen Bedarf decken. Decke dagegen ein Jugendhilfeträger durch eine Jugendhilfemaßnahme den notwendigen Unterhalt des jungen Menschen, müsse das Kindergeld ihm zufließen.

Diese Auslegung von § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII wiederspreche auch nicht § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, wonach die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nur in angemessenem Umfang erfolgen dürfe. Eine Heranziehung in angemessenem Umfang bedeute, dass bei der Erhebung des Kostenbeitrags die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Kostenbeitragspflichtigen als Grund und Grenze der Heranziehung zu berücksichtigen sei. Dem Beitragspflichtigen müsse zumindest der sog. unterhaltsrechtliche Selbstbehalt verbleiben, um Wertungswidersprüche zwischen Unterhalts- und Kostenbeitragsrecht zu vermeiden. Unterhaltsrechtlich stehe indes Kindergeld nach § 1612b Abs. 1 Satz 2 BGB dem Kind zu und sei zur Deckung seines Bedarfs bestimmt, nicht hingegen des Bedarfs der Eltern. Es diene der Sicherung des Existenzminimums des Kindes. Die Forderung des Einsatzes des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag eines Elternteils könne daher nicht dazu führen, dass der Elternteil mehr als angemessen im Sinne von § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII belastet werde.

Schließlich liege im Vorrang der Heranziehung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag vor einem Absehen von einem Kostenbeitrag wegen besonderer Härte auch kein Wertungswiderspruch zum Sozialhilferecht. Denn auch sozialhilferechtlich sei das Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bzw. § 82 Abs. 1 Satz 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als ein der Deckung des Bedarfs des jungen Menschen dienendes Einkommen anzusehen, jedenfalls dann, wenn der kindergeldberechtigte Elternteil und das Kind derselben Bedarfsgemeinschaft angehörten. Die Pflicht zur Zahlung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag könne daher, selbst wenn der kostenbeitragspflichtige Elternteil durch eine Leistung des Kostenbeitrags sozialhilfebedürftig würde, nicht zur Annahme einer besonderen Härte nach § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII führen.

Das Kindergeld als Mindestkostenbeitrag gebühre der Beklagten indes nur insoweit, als der Sohn der Klägerin auch tatsächlich in einer Jugendhilfeeinrichtung betreut und sein Unterhalt nach § 39 SGB VIII sichergestellt werde. Soweit er sich daher während des Hilfezeitraums nicht nur zu Umgangskontakten bei der Klägerin aufgehalten habe und von ihr betreut und versorgt worden sei, sei sie nach § 94 Abs. 4 SGB VIII nicht zur Leistung eines Kostenbeitrags verpflichtet. Dies gelte auch im Fall der Erhebung eines Mindestkostenbeitrags. Gegebenenfalls könnten auch Wochenendaufenthalte als über Umgangskontakte hinausgehende Betreuungszeiten im Sinne von § 94 Abs. 4 SGB VIII einzuordnen und damit der Kostenbeitrag anteilig zu reduzieren sein. Mangels Vortrags der Klägerin zu entsprechenden Aufenthalten habe sich hierfür jedoch kein Anlass, auch nicht für weitere Amtsermittlungsmaßnahmen ergeben.

Schließlich sei die Rechtmäßigkeit der Kostenbeitragserhebung von der Rechtmäßigkeit der Jugendhilfemaßnahme jedenfalls dann nicht abhängig, wenn die Klägerin – wie im vorliegenden Fall – von der Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der Hilfemaßnahme keinen Gebrauch gemacht habe. In einem solchen Fall erscheine die Rüge der Rechtswidrigkeit der Hilfemaßnahme im Rahmen der Überprüfung des Kostenbeitragsbescheids rechtsmissbräuchlich.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung der Entscheidung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und einen Verfahrensmangel geltend macht.

Die Beklagte wendet sich gegen die Zulassung der Berufung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet, da die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO entweder nicht hinreichend dargelegt sind oder aber nicht durchgreifen, sodass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht bedarf.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts München im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Denn die Klägerin hat weder einen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Argumenten so infrage gestellt, dass der Ausgang eines zugelassenen Berufungsverfahrens zumindest ungewiss erschiene.

1.1 Soweit sich die Klägerin zunächst gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, sie sei nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hinreichend über die Leistungsgewährung an ihren Sohn informiert sowie über deren Folgen für ihre Unterhaltspflicht aufgeklärt worden, kann sie mit ihrem Vorbringen nicht durchdringen.

§ 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII setzt für die Erhebung eines Kostenbeitrags bei den Eltern des Hilfeempfängers voraus, dass dem Kostenbeitragspflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wird. Bei dieser Informations- und Aufklärungspflicht handelt es sich um eine Tatbestandsvoraussetzung der Kostenbeitragserhebung. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem der Jugendhilfeträger dieser Pflicht genügt hat, ist die Erhebung eines Kostenbeitrags möglich. Was konkret der Jugendhilfeträger dem Kostenbeitragspflichtigen hinsichtlich der Gewährung der Leistung mitteilen muss und welche Aufklärung er mit Bezug zur Unterhaltspflicht des Kostenbeitragspflichtigen unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 2 SGB VIII zu leisten hat, ist von der Zielsetzung der Verpflichtung des § 93 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII her zu bestimmen. Diese Norm dient vorrangig dazu, dem Kostenbeitragspflichtigen die Möglichkeit zur Vermögensdisposition im Hinblick auf die drohende Beitragspflicht zu eröffnen und ihn vor finanziellen Fehldispositionen – insbesondere hinsichtlich von ihm zu erbringender Unterhaltsleistungen – zu schützen (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerwG, U.v.11.10.2012 – 5 C 22.11BVerwGE 144, 313 Rn. 12 ff.). Daraus folgt nicht nur eine Pflicht des Jugendhilfeträgers zur Mitteilung der Leistungsgewährung und eine Aufklärung über die Folgen für bestehende Unterhaltspflichten, sondern auch die Notwendigkeit eines deutlichen Hinweises auf eine mögliche Kostenbeitragspflicht. Die Mitteilungspflicht nach § 93 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII besteht sowohl gegenüber Eltern, die Bar-, wie auch solchen, die Naturalunterhalt leisten. Dabei hat sich der Umfang der Informationspflicht im Einzelfall entsprechend dem Schutzzweck der Norm an den jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten der Kostenbeitragspflichtigen zu orientieren. Leisten Eltern vor Beginn der Jugendhilfemaßnahme Naturalunterhalt, steht bei ihnen, anders als bei der Leistung von Barunterhalt oder dem Bezug von Sozialleistungen, die Information über das zeitliche Einsetzen der Jugendhilfemaßnahme im Mittelpunkt, da Naturalunterhaltspflichtige aus ersparten Aufwendungen Rücklagen bilden können. § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gebietet daher auch nicht, Bar- und Naturalunterhaltspflichtige in gleich intensiver Weise über alle anzusprechenden Fragen rechtlich aufzuklären (vgl. BayVGH, B.v. 24.9.2013 – 12 C 13.1712 – Rn. 7 f.). Vielmehr müssen den Betroffenen in erster Linie die in ihrem Fall für sie relevanten Informationen vermittelt werden, um vermögensrechtliche Fehldispositionen im Zusammenhang mit dem Entstehen der Kostenbeitragspflicht zu vermeiden. Da der naturalunterhaltspflichtige Elternteil in Bezug auf den Unterhaltsanspruch keine besonderen vermögensrechtlichen Dispositionen treffen muss, kann sich bei ihm die unterhaltsrechtliche Aufklärung entsprechend dem Wortlaut des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII darauf beschränken, dass die Jugendhilfeleistung unterhaltsrechtlich entlastende Auswirkungen hat. Besondere Bedeutung erlangt bei ihm dagegen der Hinweis auf das Entstehen der Kostenbeitragspflicht.

Gemessen an diesen Vorgaben hat das Verwaltungsgericht eine § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII genügende Information und Aufklärung der Klägerin spätestens bis zum 30. September 2010 zutreffend bejaht. Hierbei ist zunächst davon auszugehen, dass dem Sohn der Klägerin von der Beklagten bereits im Zeitraum zwischen dem 25. Mai und dem 30. September 2009 Jugendhilfe in Form der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII gewährt worden und die Klägerin mit Bescheid vom 16. November 2009 zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds für die damalige Maßnahme herangezogen worden war. Im Anschluss an die Vollzeitpflege lebte der Sohn der Klägerin wieder bei seinen Eltern, die ihm gegenüber Naturalunterhalt erbracht haben, bis er ab 21. April 2010 in die H.-Klinik eingewiesen wurde. Der Entlassung aus der H.-Klinik am 21. Juni 2010 schloss sich unmittelbar die Jugendhilfemaßnahme bei V.N. in der Nähe von Berlin an.

Über Art, Beginn und Ende der Jugendhilfemaßnahme, deren Kostenbeitragspflicht in Streit steht, war die Klägerin jedenfalls durch den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 22. Juli 2010, spätestens jedoch durch das Hilfeplangespräch vom 30. August 2010 dergestalt in Kenntnis gesetzt, dass sie als bisher gegenüber ihrem Sohn Naturalunterhalt Leistende im Hinblick auf die Kostenbeitragspflicht die erforderlichen Vermögensdispositionen treffen konnte. Am Hilfeplangespräch haben sowohl die Klägerin wie auch eine Vertreterin von V. I., der Einrichtung, in der der Sohn der Klägerin untergebracht war, teilgenommen. Dabei wurde die Entwicklung des Sohns der Klägerin in der Einrichtung besprochen ebenso wie entsprechende Entwicklungsziele festgelegt. Als vorläufiger Endzeitpunkt der Maßnahme wurde auf die Volljährigkeit des Sohns der Klägerin am 27. Februar 2011 abgestellt. Der Beginn der Maßnahme war der Klägerin dadurch bekannt, dass sie ihren Sohn selbst in die Einrichtung gebracht hat. Dass für die Jugendhilfemaßnahme seitens der Klägerin ein Kostenbeitrag zu leisten ist, ergibt sich bereits aus dem Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010 (Ziffer 3. des Bescheidtenors), war der Klägerin darüber hinaus bereits aus der vorherigen Jugendhilfemaßnahme bekannt. Ebenfalls weist der Bewilligungsbescheid vom 22. Juli, wie auch später das Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010, darauf hin, dass durch die Jugendhilfemaßnahme der notwendige Unterhalt des Kindes außerhalb des Elternhauses sichergestellt sowie die erforderliche Krankenhilfe geleistet werde, und dass die Deckung des unterhaltsrechtlichen Bedarfs durch die Jugendhilfemaßnahme gegebenenfalls bei der Berechnung des bürgerlich-rechtlichen Unterhalts zu berücksichtigen sei.

Dass die Beklagte die Jugendhilfemaßnahme für den Sohn der Klägerin zunächst irrtümlich als Maßnahme der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII eingestuft hat und sich zwischen dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010 und dem korrigierten Bewilligungsbescheid vom 7. März 2011 hinsichtlich des Tagessatzes der Maßnahme ein Unterschied von 2,39 EUR ergibt (154,74 EUR gegenüber 152,35 EUR) macht die nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für die Erhebung des Kostenbeitrags erforderliche Information und Aufklärung nicht unwirksam. Denn nach § 91 Abs. 1 Nr. 5 lit. b, c SGB VIII ist sowohl die Unterbringung in einem Heim wie in einer sonstigen betreuten Wohnform nach § 34 SGB VIII wie auch die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII, sofern sie – wie hier – außerhalb des Elternhauses erfolgt, kostenbeitragspflichtig, sodass sich hinsichtlich der erforderlichen Vermögensdispositionen des Kostenbeitragsschuldners kein Unterschied ergibt. Die Differenz des Tagessatzes für die Jugendhilfemaßnahme in Höhe von 2,39 EUR beeinträchtigt die erforderlichen Vermögensdispositionen der Klägerin ebenfalls nicht, weil für diese gerade keine auf Euro und Cent genaue Angabe der Kosten im Rahmen der Mitteilung der Leistungsgewähr nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII erforderlich ist, sondern die ungefähre Angabe des Kostenrahmens ausreicht. Hinzu kommt, dass nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin, die ihrerseits den Umfang der Mitteilungspflicht der Beklagten prägen, hier die genaue Höhe der Kosten der Jugendhilfemaßnahme angesichts des Umstands, dass sie nur zum Mindestkostenbeitrag in Höhe des Kindergelds herangezogen wird, keine Bedeutung für ihre wirtschaftlichen Dispositionen besitzt. Mithin ist die Klägerin wohl bereits mit dem Bewilligungsbescheid vom 22. Juli 2010, jedenfalls aber mit dem Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010 über die Leistungsgewährung informiert und über die Folgen des Kostenbeitrags für die Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Sohn aufgeklärt worden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erweist sich insoweit nicht als zweifelhaft.

1.2 Ernstlichen Richtigkeitszweifeln im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begegnet die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auch nicht deshalb, weil sie von der Klägerin behauptete Begründungsmängel im streitgegenständlichen Kostenbeitragsbescheid vom 17. März 2011 verneint hat. Soweit die Klägerin diesbezüglich vorträgt, das Begründungserfordernis des § 35 Abs. 1 SGB X verlange, dass der Kostenbeitragsbescheid die exakten Rechtsgrundlagen für die Erhebung des Kostenbeitrags angebe und eine nachvollziehbare Berechnung des Einkommens der Klägerin enthalte, und führe im Falle einer defizitären Begründung zur Aufhebung des Kostenbeitragsbescheids, kann sie damit nicht durchdringen. Denn selbst unterstellt, der von der Klägerin behauptete Begründungsmangel läge vor, würde dies nicht zur Aufhebung des Bescheids führen, da dieser Formmangel sich nach § 42 Satz 1 SGB X als unbeachtlich erwiese. Denn nach dieser Bestimmung kann eine Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren oder die Form zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. hierzu Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, § 35 Rn. 54; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 22). Im vorliegenden Fall ist indes offensichtlich, dass allein die fehlende Benennung einer exakten Rechtsgrundlage im Kostenbeitragsbescheid das Ergebnis in der Sache nicht beeinflusst haben kann. Gleiches gilt auch für die behauptete fehlende Angabe einer exakten Berechnung der Einkünfte der Klägerin. Sofern diese nicht materiell unrichtig ist, wofür keine durchgreifenden Anhaltspunkte bestehen, kann sie nicht als angebliches Begründungsdefizit zur Aufhebung des Bescheids führen. Die entsprechenden Rügen in der Zulassungsbegründung gehen daher ins Leere.

1.3 Keine Richtigkeitszweifel bestehen ferner auch, soweit das Verwaltungsgericht den Kostenbeitragsbescheid vom 17. März 2011 für im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X hinreichend bestimmt erachtet hat. In dem Umstand, dass der Bescheid zwar die Klägerin als Kostenbeitragspflichtige bezeichnet und die für die einzelnen Zeiträume zu leistenden Kostenbeiträge beziffert, jedoch keinen konkreten Zahlungszeitpunkt nennt, vielmehr hinsichtlich des Zahlungszeitpunkts auf eine gesondert ergehende Zahlungsmitteilung verweist, liegt keine Unbestimmtheit des Bescheids, die zu dessen Aufhebung führen könnte. Das verwaltungsgerichtliche Urteil stellt insoweit zutreffend auf die Bestimmbarkeit des Zahlungszeitpunkts unter Berücksichtigung der gesondert ergehenden Zahlungsmitteilung ab. Der von der Klägerin insoweit konstruierte Widerspruch zwischen der Festschreibung der Zahlungspflicht im Bescheidtenor einerseits und dem Hinweis auf Leistung der Zahlung erst nach Erhalt der gesonderten Zahlungsmitteilung andererseits, liegt bei der gebotenen objektiven Betrachtung erkennbar neben der Sache.

1.4 Ernstlichen Zweifeln begegnet das angefochtene Urteil auch nicht unter dem Gesichtspunkt der vom Klägerbevollmächtigten behaupteten Verfassungswidrigkeit der getrennten Heranziehung beider Elternteile zum jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 2 2. Halbs. SGB VIII in Verbindung mit der Pflicht des kindergeldbeziehenden Elternteils zur Leistung eines Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Insoweit hält der Senat an seiner, dem Bevollmächtigten der Klägerin bekannten Rechtsprechung fest (BayVGH, U.v. 24.6.2010 – 12 BV 09.2527BayVBl. 2011, 113 ff. Rn. 40 ff.; B.v. 5.12.2011 – 12 ZB 11.1341 – juris Rn. 17 ff.). Auch die nunmehr vorgetragenen Erwägungen rechtfertigen keine andere Beurteilung. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin ausführt, eine unterschiedliche Ausübung der Bezugsberechtigung für das Kindergeld nach § 64 EStG führe kostenbeitragsrechtlich zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, ob das Kindergeld insgesamt als Mindestkostenbeitrag abgeführt werden müsse oder aber lediglich zu einer Erhöhung des anrechenbaren Einkommens des kindergeldbeziehenden Elternteils führe, mit der Folge, dass eine deutlich geringere oder aber gar keine Erhöhung des Kostenbeitrags eintrete, kann er einen Verstoß gegen Verfassungsrecht nicht begründen. Denn der Klägerin und ihrem Ehemann kommt nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG hinsichtlich der Bezugsberechtigung für das Kindergeld eine Wahlmöglichkeit zu, die auch monatsweise für die Zukunft, gegebenenfalls sogar rückwirkend geändert werden kann (vgl. hierzu BFH, U.v. 19.4.2012 – III R 42/10BFHE 238, 24). Es liegt daher in der Hand der Klägerin und ihres Ehemanns, die Bezugsberechtigung ggf. so zu bestimmen, dass möglicherweise ein geringerer Kostenbeitrag anfällt. Inwieweit die vom Bevollmächtigten der Klägerin aufgeworfene hypothetische Fallgestaltung indes zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 92 Abs. 2 2. Halbsatz SGB VIII in Verbindung mit § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII führen sollen, erschließt sich dem Senat nicht. Vielmehr würde umgekehrt ein mit Blick auf den jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag optimierter Kindergeldbezug die Frage des Missbrauch gesetzlicher Gestaltungsmöglichkeiten aufwerfen (vgl. hierzu hinsichtlich einer nachträglichen Änderung der Steuerklassen OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 16.4.2013 – 12 A 1292/09 – juris Rn. 89 ff.).

Auch das Argument der Klägerin, im Falle zusammen zur Einkommensteuer veranlagter Ehegatten ließen sich angesichts der getrennten Heranziehung zum Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 2 2. Halbsatz SGB VIII die gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII vom Einkommen abzuziehenden Steuern nicht ermitteln, was mittelbar sogar die Grundlagen des Ehegattensplittings in Frage stelle, dringt nicht durch. Insoweit verkennt der Bevollmächtigte der Klägerin, dass das jugendhilferechtliche Kostenbeitragsrecht von einem eigenen Einkommensbegriff ausgeht, den seinerseits das im ganzen Bereich des Sozialrechts geltende Zuflussprinzip bestimmt. Als Einkommen gelten demnach unter Berücksichtigung der in § 93 Abs. 1 SGB VIII normierten Ausnahmen alle Einkünfte, die dem Kostenbeitragspflichtigen im maßgeblichen Leistungszeitraum – im Regelfall einem Kalendermonat – tatsächlich zufließen. Umgekehrt sind daher auch nur die tatsächlich auf das Einkommen geleisteten Steuern nach § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII als Abzugsposten zu berücksichtigen. Nachträgliche steuerrechtliche Ausgleichsmechanismen (vgl. etwa zum Verlustausgleich § 10 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch) beeinflussen die am tatsächlichen Zufluss orientierte Einkommensermittlung hingegen nicht. Entgegen der Ansicht der Klägerin lassen sich daher die von ihr auf ihr Einkommen gezahlten Steuern ungeachtet ihrer steuerlichen Veranlagungsart bei der kostenbeitragsrechtlichen Einkommensberechnung ermitteln. Insoweit wirkt sich § 92 Abs. 2 2. Halbs. SGB VIII auf steuerliche Sachverhalte auch nicht aus. Ernstliche Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die maßgeblichen Normen der Kostenbeitragserhebung für rechtmäßig erachtet hat, bestehen daher nicht.

1.5 Auch soweit die Klägerin die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 7 Abs. 1 KostenbeitragsV bildeten leges speciales zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII, für ernstlich zweifelhaft erachtet, kann sie mit ihrer Argumentation die Zulassung der Berufung nicht bewirken.

1.5.1 Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Unrichtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht aus dem von ihr zitierten Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. September 2012 (VG Köln, U.v. 20.9.2012 – 26 K 1803/12 – juris). Denn dieses Urteil hat ein Spezialitätsverhältnis zwischen der Härtefallklausel des § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII und der Erhebung des Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gerade nicht zum Gegenstand. Vielmehr behandelt die Entscheidung das Verhältnis von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, wonach der Kostenbeitragspflichtige lediglich in angemessenem Umfang zu den Kosten einer Jugendhilfemaßnahme herangezogen werden darf. Insoweit sieht das VG Köln in § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII keine alle übrigen Regelungen ausschließende lex specialis. Damit lässt das Verwaltungsgericht die Möglichkeit, dass Art. 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII jedenfalls eine lex specialis zu einigen Normen des Kostenbeitragsrechts bildet, ausdrücklich offen. Im Übrigen wird in der genannten Gerichtsentscheidung der systematische Zusammenhang zur Härtefallklausel nicht näher thematisiert.

1.5.2 Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiter vorträgt, § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII könne deshalb nicht lex specialis zu § 92 Abs. 5 SGB VIII sein, weil dies dazu führen würde, dass auch § 92 Abs. 4 SGB VIII mit Blick auf die Erhebung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag nicht mehr anwendbar wäre, was im Ergebnis kontraproduktiv erschiene, kann sie auch mit dieser Argumentation keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründen. So ist diese Frage bereits nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils; sie stellt sich daher bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht. Im Übrigen blendet die Klägerin die Argumentation des Verwaltungsgerichts, der Bezug von Kindergeld tangiere den sog. unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nicht, aus ihren Überlegungen aus. Nach den für die sog. unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung maßgeblichen unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL) rechnet das Kindergeld nicht zum anrechenbaren Einkommen des Unterhaltsschuldners (Ziffer 3. SüdL Stand 1.1.2013). Schöpft daher der Jugendhilfeträger das Kindergeld durch Erhebung des Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ab, kann sich dies weder auf den dem Unterhaltsschuldner verbleibenden unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt noch auf die Unterhaltsansprüche weiterer Unterhaltsberechtigter auswirken. Nach § 1612b Abs. 1 BGB mindert der Kindergeldbezug allenfalls den Anspruch auf Barunterhalt des jeweiligen Kindes. Ein Wertungswiderspruch zu § 92 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII kann daher nicht eintreten. Was das Verbot der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII und dessen Verhältnis zu Erhebung des Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 betrifft, ist die vorliegende Sachverhaltskonstellation nicht betroffen, weil keine Leistungsgewähr an eine Schwangere oder junge Eltern in Rede steht.

1.5.3 Die Ausklammerung des Kindergelds aus dem unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen führt ferner dazu, dass es sich entgegen der Auffassung der Klägerin bei der Verweisung von § 7 Abs. 1 Nr. 3 KostenbeitragsV auf § 4 KostenbeitragsV nicht um ein Redaktionsversehen des Verordnungsgebers handelt und das System in sich stimmig bleibt. Denn rechnet das Kindergeld nicht zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen, kann dessen Abschöpfung als Mindestkostenbeitrag Unterhaltsansprüche gleichrangig Berechtigter nicht schmälern, sodass in diesem Fall für die Annahme einer besonderen Härte nach § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII über § 4 Abs. 2 Satz 2 KostenbeitragsV kein Raum bleibt.

1.5.4 Dies gilt in gleicher Weise auch für den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt, den die Heranziehung des Beitragspflichtigen in angemessenem Umfang nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII wahren muss (vgl. BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 5 C 10.09 – BVerwGE 137, 367 ff. Leitsatz). Denn rechnet das Kindergeld im Zuge einer unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung nicht zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen, tangiert seine Abschöpfung den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nicht (anders insoweit ohne Berücksichtigung des unterhaltsrechtlichen Einkommensbegriffs VG Köln, U.v. 20.9.2012 – 26 K 1803/12 – juris). Die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit als Grund und Grenze der Heranziehung ist demnach durch die Erhebung des Mindestkostenbeitrags in Höhe des bezogenen Kindergelds gewahrt. Dies gilt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, auch für den Bereich der Sozialhilfe, die das Kindergeld ebenfalls nicht dem Einkommen des Sozialhilfeempfängers zurechnet. Für die Frage, inwieweit einem Kostenbeitragsschuldner noch die Mittel für den eigenen Lebensbedarf verbleiben, kommt es daher auf die Abschöpfung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag ebenfalls nicht an (anders insoweit VG Köln a.a.O).

1.5.5 Wenn die Klägerin ferner vorträgt, die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses zwischen § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII verbiete dem Jugendhilfeträger die Berücksichtigung auch solcher atypischer Situationen, in denen durch die Kostenbeitragserhebung Ziel und Zweck der Hilfeleistung gefährdet würden, zeigt sie keine konkret nachvollziehbare Situation auf, in der eine derartige Gefährdung gerade durch die Abschöpfung des Kindergeldes als Mindestkostenbeitrag bei ihr ernsthaft zu besorgen ist.

1.5.6 Auch der Verweis der Klägerin auf § 31 Satz 1, 2 EStG führt nicht zu Zweifeln an der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Kindergeld stehe wirtschaftlich nicht den Eltern als den Kindergeldbeziehern, sondern vielmehr den Kindern zu und diene zur Deckung von deren Unterhaltsbedarf. Im Zuge des sog. Familienlastenausgleichs wird das Existenzminimum eines Kindes einschließlich des Bedarfs für Betreuung, Erziehung und Ausbildung durch die steuerliche Freistellung des elterlichen Einkommens in Höhe des Kinderfreibetrags nach § 32 Satz 1 EStG bewirkt. Greift die steuerliche Freistellung ein, übernimmt das Kindergeld die Funktion als Vorauszahlung auf die Kinderentlastung im laufenden Kalenderjahr. Greift, etwa wegen eines geringen zu versteuernden Einkommens, die steuerliche Freistellung des kindbezogenen Existenzminimums nicht, übernimmt nach § 31 Satz 2 EStG das Kindergeld als staatliche Sozialleistung die gebotene Familienförderung. Damit wird indes das Kindergeld auch nicht partiell zum Einkommen der Eltern, sondern es dient weiterhin der Sicherstellung des Existenzminimums des Kindes und seiner Ausbildung und Erziehung (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 8.6.2004 – 2 BvL 5/00BVerfGE 110, 412 ff. Rn. 69 ff.; Selder in Blümich, EStG, § 32 Rn. 21 ff.).

1.5.7 Dass es sich bei dem dem Kostenbeitragspflichtigen für den Hilfeempfänger zufließenden Kindergeld um eine zweckbestimmte Leistung handelt, die dem Unterhalt und der Erziehung und Bildung des Kindes dient, ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum sog. Geschwisterkindergeld (BVerwG, U.v.12.5.2011 – 5 C 10.10BVerwGE 139, 386 ff. Rn. 14 ff.). Nach seiner ständigen Rechtsprechung geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass das Kindergeld dazu diene, die in der Person des Kindes entstehenden Kosten der allgemeinen Lebensführung mindestens teilweise zu decken und zur Entlastung von den Kosten des Lebensunterhalts beizutragen (BVerwG a.a.O Rn. 15). In dieser personalen Zuordnung sieht sich das Bundesverwaltungsgericht durch eine systematische Betrachtung der heutigen Gesetzeslage in weiteren Bereichen, in denen der Gesetzgeber Bestimmungen über das Kindergeld getroffen hat, bestätigt (BVerwG a.a.O. Rn. 16). Hierzu rechnet das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auch das Sozialrecht. Auch wenn im Kostenbeitragsrecht eine ausdrückliche Verweisung auf die Einkommensermittlung im Sozialhilferecht nicht erfolgt ist, wie die Klägerin zutreffend ausführt, besagt dies nicht, dass, soweit im Achten Buch Sozialgesetzbuch keine ausdrücklichen Regelungen getroffen sind, nicht auf allgemeine Prinzipien des Sozialhilferechts zurückgegriffen werden könnte. Mit Sinn und Zweck des Kindergeldes zu argumentieren und dabei insbesondere die personale Zweckbindung zu betonen, wie es das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erweist sich daher als legitim und begründet keine Richtigkeitszweifel an der angefochtenen Entscheidung.

1.5.8. Schließlich gelingt es der Klägerin auch nicht, durch den Hinweis darauf, dass der vom Jugendhilfeträger nach § 39 SGB VIII geleistete „notwendige Unterhalt“ nicht den gesamten Bedarf ihres Sohnes als Hilfeempfänger abdecke, dieser vielmehr weitere Leistungen – etwa eine spezielle Brille, Anschaffung eines Notebooks, eines Handys, den Erwerb des Führerscheins, die Teilnahme an von der Schule organisierten Studienreisen sowie die Vorhaltung des Zimmers in der Schwabinger Wohnung der Eltern – umfasse, die von der Klägerin zu erbringen seien, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darzulegen. Denn entgegen ihrer Auffassung erweist sich auch insoweit die Erhebung eines Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds nicht als unverhältnismäßig, da der Jugendhilfeträger nach § 39 SGB VIII den notwendigen Unterhalt für den Sohn der Klägerin erbringt, dem in gleicher Weise auch das Kindergeld dient. Übernimmt der Jugendhilfeträger die Sicherstellung des notwendigen Unterhalts, gebührt ihm in gleicher Weise auch das Kindergeld. Dafür, dass nach Erhebung des Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII, weiterer Bedarf des Sohnes der Klägerin nicht gedeckt werden kann, insbesondere auch nicht durch Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen seinen Vater, trägt die Klägerin nichts substantiiert vor.

1.6 Auch der Gesichtspunkt der von der Klägerin behaupteten Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Jugendhilfemaßnahme kann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht begründen. Die Klägerin genügt insoweit bereits ihrer Darlegungslast nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht, weil sich der Zulassungsbegründung keine Umstände entnehmen lassen, weshalb die gewährte Jugendhilfemaßnahme der Hilfe zur Erziehung in Form der Heimerziehung nach §§ 27, 34 SGB VIII rechtswidrig gewesen sein soll. Dass die Klägerin ihrerseits der Auffassung ist, im Falle ihres Sohnes wäre eine Eingliederungshilfemaßnahme nach § 35a SGB VIII anstatt oder ergänzend zur Hilfe zur Erziehung erforderlich, führt nicht zur Annahme der Rechtswidrigkeit der gewährten Jugendhilfemaßnahme, zumal die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen einer Eingliederungshilfemaßnahme, insbesondere das Vorliegen einer Teilhabebeeinträchtigung nicht belegt und auch nicht dargelegt hat, dass die im Rahmen sozialpädagogischer Fachlichkeit von der Beklagten getroffene Einschätzung der Notwendigkeit einer speziellen Hilfemaßnahme an verwaltungsgerichtlich justitiablen Fehlern leidet.

Im Übrigen geht die Argumentation der Klägerin auf die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Berufung auf die angebliche Rechtswidrigkeit der Hilfemaßnahme stelle einen Rechtsmissbrauch dar, nicht ein. Insoweit stellt das Verwaltungsgericht darauf ab, dass die Klägerin die bewilligte Jugendhilfemaßnahme nicht angefochten, sie vielmehr mitgetragen hat, was ihr nunmehr die Berufung auf die angebliche Rechtswidrigkeit im Kostenbeitragsverfahren verwehre. Kerngedanken dieser Argumentation bildet somit das im Verhalten der Klägerin liegende „venire contra factum proprium“, das sich noch insoweit ergänzen ließe, dass die Klägerin nicht nur die bewilligte Hilfemaßnahme nicht angefochten, sondern sie überdies auch selbst beantragt hat. Weshalb ihr speziell dann, wenn es um die finanzielle Beteiligung an der Jugendhilfemaßnahme geht, entgegen ihrem früheren Verhalten die Berufung auf eine behauptete Rechtswidrigkeit der Hilfemaßnahme möglich sein soll, lässt sich den Darlegungen in der Zulassungsbegründung nicht entnehmen.

Im Ergebnis ist daher zusammenfassend festzuhalten, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen würden, nicht bestehen.

2. Die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München kommt auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht.

Insoweit benennt die Klägerin in ihrem Zulassungsvorbringen keine tatsächlichen Umstände, deren Aufklärung im vorliegenden Fall erforderlich sein sollen, die das Verwaltungsgericht erstinstanzlich nicht geklärt hat und deren Klärung daher die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordert. Ihr Vorbringen ist daher mit Blick auf besondere tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache unsubstantiiert.

Die Rechtssache weist überdies auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, die sich nicht bereits im Zulassungsverfahren klären ließen und die daher die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderten. Besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen dann vor, wenn der Sachverhalt Rechtsfragen aufwirft, die das normale Maß nicht unerheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen. Umgekehrt fehlt es an besonderen rechtlichen Schwierigkeiten, wenn die im Streitfall entscheidungserheblichen Fragestellungen sich unmittelbar aus dem Gesetz oder ohne Weiteres mit den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens beantworten lassen (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 7.2.2014 – 13 A 1900/13 – juris Rn. 3 ff. unter Hinweis auf Kuhlmann in Wysk, VwGO, 2011, § 124 Rn. 29 ff; Kopp/Schenke, VwGO 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 8 ff.). Gemessen an diesen Vorgaben weist die vorliegende Rechtssache keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf, da sich die maßgebliche Fragestellung, nämlich ob die Klägerin zu einem Mindestkostenbeitrag in Höhe des von ihr bezogenen Kindergelds für eine Jugendhilfemaßnahme herangezogen werden kann, sich durch Anwendung von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII beantworten lässt.

Sofern die Klägerin die Subsumtion des vorliegenden Sachverhalts unter § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII mit einer Vielzahl verschiedener Argumente in Zweifel zu ziehen versucht, generiert sie damit ebenfalls keine besondere rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache. Zwar trifft es zu, dass ein entsprechender Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils ebenso wie eine sich mit dieser Begründung auseinandersetzende Zulassungsbegründung ein Indiz für besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache bilden kann (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00NVwZ 2000, 1163 ff. Rn. 17; B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09NJW 2009, 3642 ff. Rn. 21). Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der Umfang der Begründung des erstinstanzlichen Urteils daraus resultiert, dass sich das Verwaltungsgericht mit einer umfangreichen Klagebegründung auseinandersetzt und im Urteil auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente eingeht (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 108). In diesem Fall kann nicht allein der Begründungsaufwand des Verwaltungsgerichts die Annahme besonderer rechtlicher Schwierigkeiten tragen, sondern es bedarf hierzu der Darlegung, welche der jeweiligen Rechtsfragen für sich genommen materiell einen derartigen Schwierigkeitsgrad aufweist, dass es zur Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (Qualität statt Quantität; vgl. hierzu Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 27). Dies ist indes vorliegend nicht der Fall. Insoweit wird auf die Behandlung der von der Klägerin aufgeworfenen Zweifelsfragen sowie der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache unter lit. 1. und 3. verwiesen. In einem Berufungsverfahren klärungsbedürftige besondere rechtliche Schwierigkeiten weist das vorliegende Verfahren nicht auf.

3. Die Zulassung der Berufung kommt im vorliegenden Fall auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Grundsätzliche Bedeutung besitzt eine Rechtssache dann, wenn die im Zulassungsantrag dargelegte Rechtsfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist. Die dargelegte Rechtsfrage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsrichterlicher Klärung zugänglich und bedürftig sein (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss im Rahmen der Zulassungsbegründung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt werden. Das Darlegungserfordernis umfasst dabei insbesondere auch die Frage der Entscheidungserheblichkeit der für grundsätzlich bedeutsam erachteten Rechtsfrage für die Entscheidung des Ausgangs- wie des Berufungsgerichts (vgl. Happ, a.a.O, § 124a Rn. 72).

3.1 An der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit mangelt es, soweit die Klägerin die Klärung der Frage durch das Berufungsgericht anstrebt, ob § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII lex specialis zu § 92 Abs. 5 SGB VIII sei mit der Konsequenz, dass der Kindergeld beziehende Elternteil ausnahmslos zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergelds herangezogen werden kann. Denn als entscheidungserheblich erwiese sich diese Rechtsfrage nur, wenn bei der von der Klägerin angestrebten Verneinung der Spezialität von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu ihren Gunsten tatsächlich § 92 Abs. 5 SGB VIII eingriffe, mit der Folge, dass dem Beklagten in diesem Fall eine Ermessensentscheidung hinsichtlich eines Absehens von der Kostenbeitragserhebung eröffnet wäre.

Hinsichtlich der Voraussetzungen des § 92 Abs. 5 SGB VIII bestehen zunächst keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit der Heranziehung der Klägerin zu einem Kostenbeitrag ein in keinem Verhältnis hierzu stehender Verwaltungsaufwand im Sinne von § 92 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII einherginge. Ebenso fehlt es an einer substantiierten Darlegung, weshalb bei der Erhebung des Kindergelds als Mindestkostenbeitrag Ziel und Zweck der Jugendhilfemaßnahme gefährdet wären. Der alleinige Verweis auf den „Aspekt des Reisekostenaufwands“ reicht hierzu in keiner Weise aus.

Schließlich lässt sich aus den Darlegungen der Klägerin auch nicht das Vorliegen einer besonderen Härte im Sinne von § 92 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. SGB VIII ableiten. Eine solche wird regelmäßig dann angenommen, wenn die Erhebung des Kostenbeitrags zur Folge hätte, dass im Einzelfall eine atypische Situation eintritt, die dem Regelungsgedanken der §§ 91 ff. SGB VIII widerspricht. So liegt etwa dann eine besondere Härte vor, wenn der Kostenbeitragspflichtige Pflegeleistungen gegenüber einem Dritten erbringt, für den er nicht unterhaltspflichtig ist, und diese Pflegeleistungen aufgrund der Systematik des Kostenbeitragsrechts sich nicht einkommensmindernd auswirken können. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer dergestalt atypischen Situation sind im vorliegenden Fall weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit sie hierzu auf einen durch Leistungen nach § 39 Abs. 1 SGB VIII nicht gedeckten Unterhaltsbedarf ihres Sohnes verweist (Laptop, Handy, Führerschein, Klassenfahrt, etc.) wäre dieser, soweit die genannten Leistungen überhaupt dem Unterhaltsanspruch unterfallen und die Klägerin nicht leistungsfähig wäre, zunächst vom Kindsvater zu erbringen. Auch die der Kostenbeitragserhebung zugrunde gelegten „negativen Einkünfte“ der Klägerin können keine besondere Härte begründen, da sie sich als reine Rechengröße im Zuge der getrennten Kostenbeitragserhebung bei Ehegatten ergeben und einen zivilrechtlich bestehenden Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehemann völlig außer Acht lassen. Angesichts des Umstands, dass die Klägerin und ihr Ehemann mehrere vermietete Immobilien besitzen und der Ehemann der Klägerin aus freiberuflicher Tätigkeit als Bausachverständiger deutlich höhere Einkünfte als die Klägerin erzielt, liegt daher die Annahme einer besonderen Härte durch Erhebung des Mindestkostenbeitrags in Höhe des Kindergelds erkennbar fern. Die Frage, ob § 92 Abs. 5 SGB VIII bei Erhebung eines Mindestkostenbeitrags nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII Anwendung findet, ist daher im vorliegenden Fall bereits nicht entscheidungserheblich, sodass die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache insoweit nicht in Betracht kommt.

3.2 Dies gilt gleichermaßen, soweit die Klägerin der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung beimisst, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV und Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 124 Abs. 1 BV vereinbar ist, „dass ein Ehegatte in Fällen, in denen dieser das Kindergeld, aber kein oder nur ein so geringes Einkommen bezieht, dass ein Kostenbeitrag nur nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (sog. Mindestkostenbeitrag) in Betracht käme, neben dem allein- oder besserverdienenden anderen Ehegatten in Höhe des vollen Kindergelds als Mindestkostenbeitrag herangezogen wird, während bei Auszahlung des Kindergeldes an den allein- oder besserverdienenden Ehegatten eine Heranziehung des einkommenslosen oder nur mit sehr niedrigem Einkommen ausgestatteten Ehegatten nicht erfolgen würde, es folglich aufgrund der getrennten Heranziehung gemäß § 92 Abs. 2, 2. Halbs SGB VIII je nach Sachverhaltskonstellation, ob das Kindergeld an den Besser- oder den Schlechterverdienenden zweier Ehegatten ausbezahlt wird, zu einem höheren oder niedrigeren Gesamtkostenbeitrag aus beiden Kostenbeitragsbescheiden für ein und dasselbe Kind kommt“. Die dergestalt formulierte Rechtsfrage, die auf der Annahme einer hypothetischer Fallkonstellation beruht, stellt sich, wie oben sub 1.4 dargestellt, im vorliegenden Fall nicht. Im Übrigen kommt insoweit eine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Verwaltungsvereinfachung in der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfevereinfachungsgesetz – KJVVG vom 29.8.2013, BGBl I, S. 3463) die maßgeblichen Bestimmungen dergestalt geändert hat, dass nach der ab 3. Dezember 2013 geltenden Gesetzesfassung § 93 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII vorsieht, dass Kindergeld kostenbeitragsrechtlich nicht mehr zum Einkommen gerechnet wird. Künftig soll damit neben einem Kostenbeitrag aus dem Einkommen ein zusätzlicher Kostenbeitrag in Höhe des Kindergelds erhoben werde, weshalb das Kindergeld bei der Einkommensberechnung unberücksichtigt bleibt (BT-Drucks. 17/13023, S. 14, S. 15). Zu der von der Klägerin aufgezeigten, je nach den Umständen des Einzelfalls möglicherweise unterschiedlichen Auswirkung des Kindergeldbezugs auf die Höhe des von beiden Ehegatten aufzubringenden Gesamtkostenbeitrags wird es daher zukünftig nicht mehr kommen. Folglich handelt es sich bei der von der Klägerin thematisierten Rechtsfrage um auslaufendes Recht, dem regelmäßig keine die Zulassung der Berufung begründende grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 146; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 39).

4. Eine, die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO rechtfertigende Divergenz zwischen dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts München und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 5 C 10.09BVerwGE 137, 357) liegt nicht vor.

Der von der Klägerin insoweit dem erstinstanzlichen Urteil entnommene Rechtssatz, durch die Grenze des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts solle dem Unterhaltsschuldner bzw. Kostenbeitragspflichtigen nur das belassen werden, was er zur Deckung seines eigenen notwendigen Bedarfs benötigt, nicht hingegen diene die Grenze des Selbstbehalt dazu, dem Beitragsschuldner Einkünfte zuzuordnen, die wirtschaftlich dem Unterhaltsberechtigten bzw. in einer Jugendhilfemaßnahme betreuten Menschen zustünden, bezieht sich im Kontext des Urteils auf das Verhältnis zwischen § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts steht insoweit in Einklang mit dem von der Klägerin herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 (BVerwG a.a.O). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass das in § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII enthaltene Gebot einer Heranziehung des Kostenbeitragspflichtigen in angemessenem Umfang verlangt, dass dem Kostenbeitragspflichtigen nach Leistung des Kostenbeitrags noch der sog. unterhaltsrechtliche Selbstbehalt verbleiben muss. Ob dies der Fall ist, muss im Zuge einer sog. unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung (BVerwG a.a.O. Rn. 18. „Vergleichsberechnung nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen“) ermittelt werden. Hierzu sind die jeweils geltenden unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte, im Fall der Klägerin die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL), heranzuziehen. Aus Ziffer 3. der SüdL ergibt sich jedoch, dass Kindergeld bei der Unterhaltsberechnung nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet wird. Folglich wirkt sich der Bezug von Kindergeld auf die Wahrung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts ebenso wenig aus wie dessen Abschöpfung durch einen jugendhilferechtlichen Mindestkostenbeitrag. In diesem Sinne ist daher die Aussage des Verwaltungsgerichts zu verstehen, das Gebot der Wahrung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts könne nicht dazu dienen, wirtschaftlich dem Unterhalts- oder Hilfeempfänger zustehende Leistungen dem Einkommen der Eltern zuzurechnen. Denn bei der unterhaltsrechtlichen Vergleichsberechnung bleibt das Kindergeld gerade außen vor.

Der von der Klägerin dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entnommene Rechtssatz (BVerwG a.a.O. Rn. 14) „Selbstbehalt in diesem Sinne ist der Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen mindestens für den eigenen Unterhalt erhalten bleiben muss.“ steht in der Entscheidung im Zusammenhang mit der Charakterisierung des zivilrechtlichen Begriffs des notwendigen oder kleinen Selbstbehalts, den das Bundesverwaltungsgericht unter Rückgriff auf einschlägige BGH-Rechtsprechung definiert. Selbstbehalt in diesem Sinne meint daher einen unterhaltsrechtlichen Begriff. Das Kindergeld rechnet, wie in Ziffer 3. SüdL ausdrücklich normiert, in diesem Sinne aber gerade nicht zum unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen. Inwieweit daher ein Widerspruch zwischen der Argumentation des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil und dem aus dem Zivilrecht entlehnten Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts bestehen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Vielmehr entspricht die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage des Eingreifens der Härtefallklausel, die sie mit dem Gebot der Wahrung des unterhaltsrechtlichen Selbstbehalts vermengt, stellt sich weder im Argumentationszusammenhang des verwaltungsgerichtlichen noch des bundesverwaltungsgerichtlichen Urteils, die sich allein auf § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII beziehen.

5. Schließlich erweist sich das angefochtene Urteil auch nicht als verfahrensfehlerhaft im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.

5.1 Ein Verstoß gegen die Vorschriften über die Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils in § 116 Abs. 2 VwGO und § 117 Abs. 4 VwGO liegt entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht vor. Wie sich aus der Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts ergibt, wurde, nachdem in der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2012 der Beschluss zur Zustellung einer Entscheidung nach § 116 Abs. 2 VwGO verkündet worden war, noch am 23. Mai 2012 von der Kammer der Urteilstenor niedergelegt, von sämtlichen Mitgliedern der Kammer einschließlich der ehrenamtlichen Richter unterschrieben und am folgenden Tag, dem 24. Mai 2012 der Geschäftsstelle übergeben (Bl. 116 der Gerichtsakte). Dies entspricht der gesetzlichen Regelung in § 117 Abs. 4 Satz 2 1. Halbs. VwGO.

Auch die weitere Vorgabe des § 117 Abs. 4 Satz 2 2. Halbs. VwGO, nämlich nach der Übergabe des Urteilstenors an die Geschäftsstelle Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln, wird im vorliegenden Verfahren eingehalten. Denn aus dem die Beurkundungsfunktion der Urteilsgründe und den Rechtsschutz der Prozessbeteiligten sichernden Gehalt des Begriffs „alsbald“ ergibt sich als äußerste Grenze der Abfassung und Übermittlung des vollständigen Urteils, dass in keinem Fall der Zeitraum überschritten werden darf, nach dessen Verstreichen die zuverlässige Erinnerung an die mündliche Verhandlung nicht mehr gewährleistet ist. Dies ist in Anlehnung an die in § 552 ZPO getroffene gesetzliche Wertung ein Zeitraum von fünf Monaten, innerhalb dem das vollständige Urteil der Geschäftsstelle übermittelt sein muss (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 117 Rn. 19 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Auf den Zeitpunkt der Zustellung des vollständigen Urteils an die Beteiligten kommt es dabei nicht an. Ausweislich der Gerichtsakte wurde im vorliegenden Fall das vollständige Urteil der Geschäftsstelle am 15. Oktober 2012 übermittelt (Bl. 186 der Gerichtsakte), dem Bevollmächtigten der Klägerin ging es am 17. Oktober 2012 zu. Mithin ist die Fünfmonatsfrist gewahrt. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegt folglich nicht vor.

5.2 Ein solcher ergibt sich ferner nicht aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen auf eine Kammerentscheidung vom 25. Juli 2012 (Az. M 18 K 10.6260) verweist, die nach dem streitgegenständlichen Urteil vom 23. Mai 2012 ergangen ist und zu der das Verwaltungsgericht ausführt, dass es bis zum Ergehen dieser Entscheidung die Frage, ob § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII eine lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII darstelle, als offen angesehen habe. Zwar kann ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch bei Einhaltung der Fünfmonatsfrist für die Abfassung des vollständigen Urteils angenommen werden, wenn sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils zwingend ergibt, dass sie nicht das Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der anschließenden Entscheidungsfindung widerspiegeln, mithin die Entscheidung auf einer anderen Grundlage getroffen wurde (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 117 Rn. 92). Dies belegt im vorliegenden Fall die Bezugnahme auf eine nach der mündlichen Verhandlung und Niederlegung des Urteilstenors ergangene Entscheidung indes nicht. Das Verwaltungsgericht ordnet vielmehr in seiner Begründung zur Qualifikation von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII als lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII die am 23. Mai 2012 getroffene Entscheidung in seine eigene Kammerrechtsprechung ein und vertieft damit lediglich seinen Begründungsansatz. Die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen auch nicht die Annahme, die Kammer habe sich ihre Rechtsauffassung zu der oben genannten Rechtsfrage nicht bereits am 23. Mai, sondern erst am 25. Juli 2012 gebildet. Ein Begründungsmangel, der die Zulassung der Berufung rechtfertigen würde, lässt sich aus dieser Bezugnahme daher nicht ableiten.

5.3 Mit der Bezugnahme auf die Entscheidung von 25. Juli 2014 in den Entscheidungsgründen verletzt das Gericht auch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei der Bewertung von § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII als lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII um eine sog. Überraschungsentscheidung handeln würde. Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dadurch die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen. An einer solchen Gelegenheit fehlt es nicht erst dann, wenn ein Beteiligter gar nicht zu Wort gekommen ist oder wenn das Gericht seiner Entscheidung Tatsachen zugrunde legt, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten. Ein Gericht verstößt aber dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, B.v. 15.2.2011 – 1 BvR 980/10BayVBl. 2011, 564 f. Rn. 13; B.v. 29.5.1991 – 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188 ff. Leitsatz). Mit dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII als lex specialis zu § 92 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII ansieht, musste im vorliegenden Fall der Bevollmächtigte der Klägerin als kundiger Prozessbeteiligter rechnen, da er mit der Klage gerade die Nichterhebung des Mindestkostenbeitrags aus Härtefallgründen geltend gemacht und damit das Verhältnis der genannten Normen zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat, diese Frage in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur kontrovers diskutiert worden war und das Verwaltungsgericht selbst hierzu jedenfalls bis zum Entscheidungszeitpunkt keine ständige Rechtsprechung etabliert hatte. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG durch Erlass einer Überraschungsentscheidung liegt mithin nicht vor.

5.4 Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt schließlich auch nicht darin, dass das Verwaltungsgericht das Argument der Klägerin, die getrennte Heranziehung der Eltern des Hilfeempfängers zu einem Kostenbeitrag nach § 92 Abs. 2, 2. Halbs. SGB VIII sei verfassungswidrig und verstoße gegen Art. 3 und 6 GG, angeblich nicht gewürdigt habe. Dies trifft indes nicht zu. Das Verwaltungsgericht nimmt in den Entscheidungsgründen (Bl. 9 f. des Entscheidungsumdrucks) zur Neuregelung der Heranziehung der Eltern zum Kostenbeitrag durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (G.v. 8.9.2005 BGBl. I, S. 2729 – KICK) Stellung und führt insbesondere aus, dass die nunmehr gebotene getrennte Heranziehung von Ehegatten der Beseitigung einer zuvor bestehenden ungerechtfertigten Privilegierung dient. Damit gibt es zu erkennen, dass es die Auffassung des Klägers zur Verfassungswidrigkeit der getrennten Heranziehung offenkundig nicht teilt. Einen Anspruch darauf, dass ein Gericht einer bestimmten Rechtsauffassung folgt, vermittelt Art. 103 Abs. 1 GG nicht. Ein Gehörsverstoß liegt demnach auch insoweit nicht vor.

6. Da die von der Klägerin umfangreich vorgetragenen Zulassungsgründe sämtlich nicht eingreifen, war der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Nach § 154 Abs. 2 VwGO trägt die Klägerin daher die Kosten auch des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten der Jugendhilfe nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.