Zugehörigkeit zu einem Geburtsjahrgang als Maßstab für die Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten Gesetzesvorbehalt (BVerwG v. 13.12.2012, Az. 2 C 11.11)
I. Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom ... Februar 2011 und der Beschwerdebescheid vom ... November 2011 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, im aktuell laufenden Auswahlverfahren über den Antrag des Klägers auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der 1979 geborene Kläger steht seit Juli 2002 als Soldat auf Zeit im Dienst der Beklagten. Seine Dienstzeit endet nach Aktenlage voraussichtlich mit Ablauf des ... Dezember 2015 (vgl. Bl. 46, 47, 55 A II der Personalakte), nach Mitteilung des Klägers im Schriftsatz vom ... Dezember 2011, die von der Beklagtenseite nicht in Abrede gestellt wurde, hingegen bereits mit Ablauf des ... Oktober 2014. Mit Verfügung vom ... November 2008 wurde der Kläger von der ... an das Amt für Militärkunde nach ... versetzt und ist hier seit dem als sachbearbeitender Offizier tätig. Er wurde nach Aktenlage zuletzt mit Wirkung vom ... Januar 2011 zum Hauptmann (BesGr. A 11) befördert.
Mit Schreiben vom ... April 2010 stellte der Kläger einen Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Einem ggf. erforderlichen Wechsel der Ausbildungs- und Verwendungsreihe (AVR) stehe er positiv gegenüber.
In einer aus Anlass des vorgenannten Antrags gefertigten Laufbahnbeurteilung vom ... Juli 2010 wird der Kläger vom beurteilenden Vorgesetzten für die Umwandlung in das Dienstverhältnis als Berufssoldat als „in außergewöhnlichem Maß geeignet“ bezeichnet (bestmögliche der zu im Formblatt zur Auswahl stehenden Alternativen). Der nächsthöhere Vorgesetzte ist dieser Beurteilung unter dem ... Juli 2010 beigetreten. Hinsichtlich der begründenden Ausführungen des beurteilenden Vorgesetzten und des nächsthöheren Vorgesetzten wird auf die Beurteilungsformularblätter vom ... und ... Juli 2010 Bezug genommen (Bl. 55, 55b B II der Personalakte).
Mit einem dem Kläger am ... März 2011 bekanntgegebenen Bescheid vom ... Februar 2011 wurde sein Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten abgelehnt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass seine Übernahme als Berufsoffizier nicht möglich sei, da die Übernahmemöglichkeiten in seinem Geburtsjahrgang bereits ausgeschöpft seien.
Am ... März 2011 legte der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid vom ... Februar 2011 Beschwerde ein. Bei der letztmaligen Ablehnung im Jahr 2009 / 2010 sei ihm seitens des Personalamtes mitgeteilt worden, dass weiterhin Chancen für eine Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten bestünden und er im Jahr 2009 nur knapp gescheitert sei. Ihm sei empfohlen worden, nochmals im Jahr 2010 einen Übernahmeantrag zu stellen.
Mit am ... November 2011 zugestellten Beschwerdebescheid vom ... November 2011 wies das Personalamt der Bundeswehr die Beschwerde des Klägers zurück. Der Kläger habe bei seinem ersten Übernahmeantrag im Jahr 2009 nicht berücksichtigt werden können, weil er sich im Eignungs- und Leistungsvergleich seines Geburtsjahrgangs und seiner Ausbildungs- und Verwendungsreihe nicht habe durchsetzen können. Für das Auswahljahr 2009 hätten nach den Bedarfsvorgaben nur drei Offiziere der PzGrenTr in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen werden können. Der Kläger habe sich in der Gesamtbetrachtung nach Eignung, Befähigung und Leistung auf Platz vier von acht Kandidaten seines Jahrgangs und seiner AVR und damit knapp hinter den drei übernommenen Konkurrenten eingereiht. Aus diesem Grund sei ihm angeraten worden, sich im Jahr 2010 erneut dem Auswahlverfahren zur Übernahme als Berufssoldat zu stellen. Eine Absenkung der Quote der Berufssoldaten sei damals noch nicht absehbar gewesen. Im Vorgriff der Auswahlkonferenz für Berufssoldaten im Jahr 2010 sei dann aber der Bedarf an Berufsoffizieren TrDst von Seiten des Bedarfsträgers deutlich abgesenkt worden, im Bereich der PzGrenTr auf 12 pro Geburtsjahrgang. Im Geburtsjahrgang 1979 sei der Bedarf bis zur Konferenz 2010 mit 15 zu Berufssoldaten übernommenen Offizieren bereits mehr als gedeckt gewesen, sodass kein Offizier in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten habe übernommen werden können. Für eine Übernahme zum Berufssoldaten in einer anderen AVR sei der Kläger seinen Wünschen gemäß mitbetrachtet worden, er habe sich hier aber im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung nach Eignung, Leistung und Befähigung sowie unter Berücksichtigung des strukturellen Bedarfs nicht gegenüber den Konkurrenten aus den betroffenen AVR durchsetzen können. Gemäß §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 37 ff. des Soldatengesetzes (SG) bestehe kein Anspruch auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Die Entscheidung über die Übernahme in das Dienstverhältnis treffe der Amtschef des PersABw im Rahmen dienstlicher Erfordernisse nach pflichtgemäßem Ermessen. Dieses Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. In Anwendung des Erlasses BMVg – P II 1 – Az. 16-02-09/1 erfolge die Auswahl der Berufsoffiziere im Rahmen einer ganzheitlichen, vergleichenden Betrachtung nach Eignung, Befähigung und Leistung unter Berücksichtigung des strukturellen Bedarfs im Geburtsjahrgang der jeweiligen Truppengattung im Rahmen einer jährlich durchgeführten Auswahlkonferenz. Zudem solle die Umwandlung des Dienstverhältnisses von Offizieren im jeweiligen Geburtsjahrgang schrittweise über einen Zeitraum von mehreren Jahren erfolgen (sog. Anböschungsverfahren). Dem Prinzip der Bestenauslese folgend könnten regelmäßig nur die Soldaten übernommen werden, die eindeutig zur Spitzengruppe in den entsprechenden Geburtsjahrgängen gehörten. Nach der Richtlinie BMVg – P II 1 – Az. 16-02-09/1 würden Anzahl und verwendungsbezogene Struktur der Offiziere eines Geburtsjahrgangs, die in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen werden könnten, durch die Führungsstäbe der Teilstreitkräfte festgelegt. Dies richte sich nach dem Bedarf in den Truppengattungen. Vorliegend sei der Bedarf derart abgesenkt worden, dass die Soll-Quote bei PzGrenTr im Geburtsjahrgang 1979 überdeckt sei (vgl. auch die Jahrgangsübersichten Bl. 41 ff. der Beschwerdeakte).
Am 21. Dezember 2011 hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben. Er beantragt (Schriftsatz v. 20. Dezember 2011),
den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom ... Februar 2011 und den Beschwerdebescheid vom ... November 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinen Antrag vom ... April 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Beklagte habe zu Unrecht die Voraussetzungen für die Übernahme als Berufssoldat verneint, zumal sie ihm anlässlich der Ablehnung seines früheren Übernahmeantrags aus dem Jahr 2009 ausdrücklich empfohlen habe, im Folgejahr einen erneuten Antrag zu stellen. Dem Kläger seien Bewerber mit Hochschulabschluss vorgezogen worden. Auf andere Qualitäten sei nicht abgestellt worden. Obwohl der Kläger hervorragende Beurteilungen vorweisen könne, in denen wiederholt betont werde, dass er neben dienstgradhöheren und akademisch gebildeteren Kollegen sicher bestehen könne, sei er im Vergleich zu anderen Bewerbern ohne erkennbaren Grund zurückgesetzt worden. Seine Leistungsfähigkeit, Führungskompetenz, Leistungsbereitschaft und Erfahrung seien ganz offensichtlich bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden. Damit liege ein Ermessensfehler bzw. ein Ermessensdefizit vor.
Die Beklagte hat sich im gerichtlichen Verfahren nicht zur Sache geäußert.
Mit Beschluss der Kammer vom 22. April 2014 ist der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen worden.
Mit Schriftsätzen vom 28. April 2014 (Bl. 35 der Gerichtsakten) und vom 5. Mai 2014 (Bl. 37 der Gerichtsakten) haben sich die Parteien mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig.
Das Verwaltungsgericht München ist für die Entscheidung über die Klage örtlich und sachlich zuständig. Eine Zuständigkeit des Truppendienstgerichts gem. § 82 Abs. 1 (2. HS) SG i.V. mit § 17 Abs. 1 S. 1 WBO kommt nicht in Betracht. Es geht vorliegend nicht um den „inneren militärischen Dienstbereich“, der durch das besondere militärische Über- und Unterordnungsverhältnis dem Vorgesetzten gegenüber geprägt ist, sondern um eine Rechtsstreitigkeit, die das Amt des Soldaten im statusrechtlichen Sinn betrifft. Rechtsstreitigkeiten dieser Art sind gem. § 82 Abs. 1 (1. HS) SG den allgemeinen Verwaltungsgerichten zugewiesen (BVerwG v. 13.12.2012, Az. 2 C 11.11, Rn. 34 bei juris; VG München v. 22.11.2013, Az. M 21 K 12.4873).
Der Rechtsstreit hat sich nicht dadurch erledigt, dass über die Einstellung von Berufsoffizieren im Auswahljahrgang 2010 im Laufe des Jahres 2011 abschließend entschieden wurde. Es ist immer noch von einem Rechtsschutzinteresse für eine Neubescheidungsklage auszugehen: Der Kläger steht weiterhin in einem umwandlungsfähigen Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit. Bei sachnaher Auslegung ist von einem konkludent gestellten Antrag des Klägers über den Zeitraum des konkreten Auswahljahres hinaus jedenfalls bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Rechtsweg auszugehen (vgl. auch VG Karlsruhe v. 09.12.2009, Az. 4 K 1542/08; VG München v. 05.10.2012, Az. M 21 K 11.1046; VG München v. 22.11.2013 a.a.O.; zur Möglichkeit, einen Antrag auch in die folgenden Auswahlverfahren einzubeziehen vgl. auch Nr. 2.7 der Richtlinie BMVg – PSZ I 1 (40) – Az. 16-02-09/1 vom 22.10.2010).
Vor diesem Hintergrund ist das Klagebegehren des Klägers gem. § 88 VwGO dahingehend zu verstehen, dass er in der Sache beantragt, den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom ... Februar 2011 und den Beschwerdebescheid vom ... November 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, im aktuell laufenden Auswahlverfahren über seinen Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Da die Dienstzeit des Klägers nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag der Klägerseite schon mit Ablauf des ... Oktober 2014 enden wird, ist es notwendig, dass eine Neubescheidung des klägerischen Antrags vom ... April 2010 noch im laufenden Auswahlverfahren für das Auswahljahr 2014 erfolgt.
Die so zu verstehende Klage ist auch begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der dieses Begehren ablehnende Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom ... Februar 2011 und der zurückweisende Beschwerdebescheid vom ... November 2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 SG bedarf es zur Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten einer Ernennung. Gemäß § 3 SG Abs. 1 ist der Soldat nach Eignung, Befähigung und Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Abstammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Herkunft zu ernennen und zu verwenden. Auch Offiziere auf Zeit können bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 SG in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten berufen werden (§ 39 Nr. 3 SG).
§ 3 Abs. 1 SG setzt einfachgesetzlich die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat, um. Die Beklagte hat die Entscheidung, ob sie dem Umwandlungsantrag des Klägers entspricht, daher nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Wie im Beamtenrecht kann auch im Soldatenrecht ein Bewerber nicht mehr und nicht weniger beanspruchen, als dass über seine Bewerbung um einen freien Dienstposten ohne Rechtsfehler in einem fairen, chancengleichen Verfahren entschieden wird (sogenannter „Bewerbungsverfahrensanspruch"). Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (z.B. BVerwG v. 07.05.1981, Az. 2 C 42.79; BVerwG v. 22.09.1988, Az. 2 C 35.86; BVerwG v. 18.10.2007, Az. 1 WB 6/07; Thür. OVG v. 16.08.2012, Az. 2 EO 868/11; OVG Bremen v. 19.12.2008, Az. 2 B 359/08; VG Berlin v. 03.03.2004, Az. 7 A 45.03). Das gilt im Soldatenrecht nicht nur bei der (erstmaligen) Berufung in ein Soldatenverhältnis, sondern mit Blick auf das hier ebenso erforderliche Ernennungserfordernis (s.o.) auch bei der hier begehrten Übernahme als Berufssoldat, also der Umwandlung eines Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten (BVerwG v. 23.10.1980, Az. 2 C 22.79; VG München v. 05.10.2012 a.a.O.; VG Karlsruhe v. 09.12.2009, Az. 4 K 1542/08; Vogelgesang, in: GKÖD, zu § 37 SG, Rn. 15; Scherer / Alff / Poretschkin, SG, 8. Aufl. 2008, § 37, Rn. 12).
Das von der Beklagten praktizierte System zur Beschränkung des Bewerberfelds für die Besetzung von Berufssoldatenstellen aus den Reihen der Zeitsoldaten verstößt gegen Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit dem Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes und ist daher wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ermessensfehlerhaft (BVerwG v. 13.12.2012 a.a.O.; VG München v. 22.11.2013 a.a.O.). Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers wurde durch die Beklagte insofern verletzt.
Das Auswahlsystem der Beklagten nach Maßgabe verwaltungsinterner Richtlinien des Bundesministeriums der Verteidigung (Nrn. 1.2, 1.6, 1.7, 2.4, 2.5 der Richtlinie für die Umwandlung des Dienstverhältnisses von Offizieren im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit oder einer Soldatin auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder einer Berufssoldatin vom 22.10.2010 – PSZ I 1 (40) – Az. 16-02-09/1; Abschnitt B. Nrn. II. 2., 4. der vormaligen Richtlinie BMVg – P II 1 – Az. 16-02-09/1 vom 17.02.1997) und nach Maßgabe konkretisierender Weisungsschreiben (vgl. Bl. 39, 58 der Beschwerdeakte) ist gekennzeichnet durch stufenweise aufzufüllende Geburtsjahrgangsquoten in den militärischen Organisationsbereichen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit verfassungsrechtlichen Vorgaben am Maßstab von Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar: Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Dienst- und Lebensalter gehören hingegen nicht zu den unmittelbar leistungsbezogenen Auswahlkriterien im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Bewerberauswahl zur Besetzung öffentlicher Ämter zwar ggf. Berücksichtigung finden, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG ebenfalls Verfassungsrang zukommt. Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung, sondern nur um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen verfassungsgeschützten Interessen geht, bedarf es hierfür aber einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen, d.h. ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (BVerwG v. 13.12.2012 a.a.O.; VG München v. 22.11.2013 a.a.O.).
Damit hält das Bundesverwaltungsgericht zwar Auswahlkriterien, die mit Art. 33 Abs. 2 GG kollidieren, zur Herstellung praktischer Konkordanz mit konfligierenden Verfassungswerten – wie z.B. Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG – für verfassungsrechtlich möglich, knüpft diese aber – unabhängig von materiell-verfassungsrechtlichen Grenzen – an eine normative Grundlage in Form eines Gesetzes oder zumindest einer Rechtsverordnung (ebenso bereits, mit etwas anderer Begründung VG München v. 05.10.2012, Az. M 21 K 11.1046).
Eine Reaktion des Gesetzgebers auf die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung ist in Bezug auf Soldaten bisher nicht erfolgt. In der sich hierfür anbietenden Soldatenlaufbahnverordnung (vgl. z.B. § 6, § 21 und § 22 SLV) sind wie bisher keine normativen Regelungen enthalten. Vielmehr wird an der Befugnis des Bundesministeriums der Verteidigung, die betreffenden Angelegenheiten durch Erlasse (Richtlinien) zu regeln, ausdrücklich festgehalten (vgl. § 44 SLV). Dies bietet indessen für den Ausschluss eines Soldaten von Auswahlverfahren aus Gründen des Geburtsjahrgangs keine ausreichende Rechtsgrundlage (VG München v. 22.11.2013 a.a.O.).
Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger für eine Übernahme als Berufssoldat generell – etwa aus gesundheitlichen Gründen – ungeeignet ist.
Auch wenn eine rückwirkende Bescheidung über Dienstposten als Berufssoldaten für das Ernennungsjahr 2012 ausgeschlossen erscheint, bleibt es möglich – und dazu ist die Beklagte im Wege eines Bescheidungsurteils (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) zu verpflichten –, dass der in der Sache zeitlich weiter gehende Antrag des Klägers (s.o.) in einem weiteren Auswahlverfahren neu beschieden wird. Dabei ist er ohne Rücksicht auf (derzeit nicht wirksam gesetzte) Jahrgangsquoten ausschließlich nach Leistungsgesichtspunkten gem. Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG zu betrachten.
Nach alldem war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 31.814,90 € festgesetzt (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG in der zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 21. Dezember 2011 geltenden Fassung: 13 x 3.670,95 € (Endgrundgehalt BesGr. 11 zum Zeitpunkt der Klageerhebung), hiervon 2/3 wegen Beschränkung der Klage auf einen Neubescheidungsantrag, vgl. Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs).