LSG der Länder Berlin und Brandenburg, Beschluss vom 07.04.2014 - L 16 R 958/13
Fundstelle
openJur 2014, 11273
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Zeitraum vom 1. September 1977 bis 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit der Klägerin zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

Die 1954 geborene Klägerin absolvierte in der Zeit von 1972 bis 1977 ein Studium am Institut M in der Fachrichtung „Industrielle Wärmeenergetik“; mit Beschluss der staatlichen Prüfungskommission vom „15. bis 22. Juni 1977“ wurde der Klägerin die Qualifikation als „Ingenieur für Industrielle Wärmeenergetik“ zuerkannt. Sie war anschließend in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 23. August 1976 ab 1. September 1977 als „Fachingenieur für Fernwärmeversorgung“ bei der B Kraft- und Licht (B)-Aktiengesellschaft und nach Maßgabe des Überleitungsvertrages vom 20. Dezember 1977 ab 1. Januar 1978 bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) Energieversorgung B beschäftigt, und zwar ab 1. Februar 1978 als „Ingenieur für Versorgungskonzeptionen H-WS“ und ab 1. Oktober 1979 als „Ingenieur für FW-Systeme“. Ab 1. September 1981 (Überleitungsvertrag vom 5. August 1981) arbeitete die Klägerin als „Mitarbeiter in der Erzeugnisplanung“ bei der Staatlichen Hauptlastverteilung beim Ministerium für Kohle und Energie; dort war sie ab 1. Oktober 1982 als „Mitarbeiter Bedarfsplanung“ und ab 1. Juli 1987 bis 30. Juni 1990 als „Hauptspezialist für Bedarfsabrechnung“ tätig. Eine Versorgungszusage hatte sie nicht erhalten.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom April 2004, mit dem sie die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für den Zeitraum vom 1. September 1977 bis 30. Juni 1990 aus der AVTI begehrte, mit Bescheid vom 25. Mai 2004, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 20. August 2004, ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem seien mangels Anwendbarkeit des AAÜG nicht festzustellen, da die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht ingenieurtechnisch beschäftigt gewesen sei.

Die auf Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung von Zugehörigkeitszeiten zur AVTI vom 1. September 1977 bis 30. Juni 1990 und Vormerkung der entsprechenden Entgelte gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mit Urteil vom 22. November 2013 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVTI und der insoweit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. Sie falle nicht unter den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG lägen nicht vor. Die Klägerin sei am 30. Juni 1990 nicht berechtigt gewesen, nach Maßgabe der insoweit heranzuziehenden Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12. April 1962 (GBl II 278) <IngVO-DDR> den Titel eines Ingenieurs zu führen; eine solche Berechtigung sei ihr auch nicht durch staatlichen Akt der DDR verliehen worden.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vor: Sie habe entgegen der Auffassung des SG den Titel eines Ingenieurs erworben. Bei den in der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die AVTI (AVTI-VO) vom 24. Mai 1951 (GBl 487) genannten Angehörigen der technischen Intelligenz handele es sich im Übrigen um Funktionsbezeichnungen, keine Titel. Im Übrigen hätten für Abschlüsse in der ehemaligen Sowjetunion in der DDR nach der Verordnung über die Verleihung akademischer Grade vom 6. September 1956 (GBl I 745) <AG-VO 1956> dieselben Rechte gegolten. Auf eine zusätzliche Berechtigung, in der DDR den Titel eines Ingenieurs zu führen, komme es daher entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht an.

Der Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2004 zu verpflichten, Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz für die Zeit vom 1. September 1977 bis 30. Juli 1990 sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Klägerin stellt ferner eine Reihe von Beweisanträgen; insoweit wird auf Abschnitt I.1. des Schriftsatzes vom 12. Februar 2014 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.

II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 iVm Absatz 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 1. September 1977 bis 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf die Klägerin schon deshalb nicht anwendbar, weil sie am 1. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Die Klägerin war aber auch am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn sie hatte bis zum 30. Juni 1990 keine Versorgungszusage in der DDR erhalten und ihr war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat zudem weder in den angefochtenen Bescheiden noch mit einem sonstigen Verwaltungsakt eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG getroffen. Eine solche Einbeziehung hat die Klägerin auch nicht nachträglich durch Rehabilitierung nach Maßgabe des beruflichen Rehabilitierungsgesetzes erlangt.

§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage am 1. August 1991 einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (st Rspr des Bundessozialgerichts – BSG –: vgl zB Urteile vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und – B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 sowie vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr 8). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (st Rspr: vgl zB BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 6).

§ 5 Abs. 1 S. 1 AAÜG knüpft bei der Frage, ob eine Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem vorliegt, am Recht der DDR an, so dass es insoweit auf die maßgebenden Vorschriften des Beitrittsgebietes ankommt. Es handelt sich hierbei grundsätzlich um die Gesamtheit der Vorschriften, die hinsichtlich des jeweiligen Versorgungssystems nach den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG bestehen. Bezogen auf die AVTI sind dies die im streitigen Zeitraum gültige AVTI-VO vom 17. August 1950 (GBl 844) und die 2. DB (vgl zB BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 25/07 R = SozR 4-8570 § 1 Nr 13). Allerdings sind nicht alle Vorschriften der AVTI zu Bundesrecht geworden. Dies gilt zunächst für die Vorschriften über die Zuteilung von Versorgungszusagen (§ 1 Abs. 3 2. DB). Zu Bundesrecht sind nur diejenigen Vorschriften geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns verstanden werden können (vgl BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R). Allein maßgebend sind insoweit die Texte der AVTI-VO und § 1 Abs. 1 der 2. DB, soweit diese am 30. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind. Die genannten Vorschriften der DDR sind dabei unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungspraxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R– juris). Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch im Bereich der AVTI nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung: vgl hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe hatte die Klägerin am 1. August 1991 keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVTI erlangt. Sie erfüllt die persönliche Voraussetzung nicht, denn sie war nicht berechtigt, eine der in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB genannten Berufsbezeichnungen zu führen. Wie der Begriff "Ingenieur" in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, hat das BSG, dessen Rechtsprechung der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, in mehreren Entscheidungen konkretisiert (vgl etwa BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 25/07 R -). Während die AVTI-VO vor allem den allgemeinen Rahmen für die Einbeziehung in die Zusatzversorgung vorgibt, erfolgt die konkrete bundesrechtliche Ausgestaltung der Versorgungsordnung in der 2. DB. Insoweit macht § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB deutlich, dass die "technische Intelligenz" nicht insgesamt erfasst wird, sondern innerhalb dieser Gruppe nur ganz bestimmte Professionen. Zu der ausdrücklich aufgeführten Gruppe der Ingenieure gehört die Versicherte indes trotz entsprechender Ausbildung in der ehemaligen Sowjetunion nicht. Insoweit verdeutlicht § 1 Abs. 1 der 2. DB, dass als "Ingenieure" nur solche Personen einbezogen wurden, die (in der DDR) berechtigt waren, den Titel "Ingenieur" zu führen. Zur Beantwortung der Frage, was unter der Berufsbezeichnung "Ingenieur" nach dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme zu verstehen ist, hat das BSG wiederholt die IngVO-DDR als faktisches Indiz herangezogen und gefordert, dass die Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung durch einen entsprechenden staatlichen Akt der DDR verliehen worden sein musste (vgl zB BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8).

Der Klägerin ist ein den Anforderungen des § 1 IngVO-DDR iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB entsprechendes Diplom nicht verliehen worden, denn sie hat nicht durch akademisches Studium in einem ingenieurtechnischen Studiengang einen Studienabschluss an einer deutschen (vor 1945) oder DDR-Universität, DDR-Hochschule oder DDR-Fachschule als Dr. Ing., Dipl.-Ing., Ingenieur oder Ingenieurökonom erworben. Ihr wurde die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ auch nicht aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen zuerkannt. Auch die weiteren Tatbestände der IngVO-DDR, die zur Führung der Berufsbezeichnung "Ingenieur" berechtigen, sind nicht erfüllt.

§ 2 Buchst a IngVO-DDR bestimmte zwar, dass dem unter § 1 IngVO-DDR bezeichneten Personenkreis Inhaber von Zeugnissen mittlerer oder höherer technischer Schulen anderer Staaten, die in dem jeweiligen Land staatlich anerkannt waren und eine Qualifikation gewährleisteten, die der nach § 1 Abs. 1 Buchst a bis c IngVO-DDR genannten gleichzusetzen war, gleichgesetzt wurden. Nach § 8 IngVO-DDR erließ der Staatssekretär für das Hoch- und Fachschulwesen im Einvernehmen mit den zuständigen zentralen Staatsorganen Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung. Die auf dieser Rechtsgrundlage ergangene Erste Durchführungsbestimmung zur IngVO-DDR vom 24. Mai 1962 (GBl II 357) regelte in § 1: Über die Anerkennung früherer Zeugnisse und Zeugnisse anderer Staaten erlässt das Staatssekretariat für das Hoch- und Fachschulwesen entsprechende Richtlinien. In Zweifelsfällen sind die Zeugnisse dem Staatssekretariat für das Hoch- und Fachschulwesen zur Entscheidung vorzulegen. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965 (GBl I 84) - Bildungsgesetz - am 25. Februar 1965 (§ 80 Abs. 1 Bildungsgesetz) wurde bestimmt, dass der Staatssekretär für das Hoch- und Fachschulwesen die Grundsätze für die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und für die Verleihung akademischer Grade erlässt (§ 61 Abs. 4 Bildungsgesetz). Nach § 79 Abs. 2 Bildungsgesetz erließen der Ministerrat und die Leiter der für die Bereiche des sozialistischen Bildungssystems verantwortlichen Organe des Ministerrates die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen. Nach § 3 der auf den genannten Rechtsgrundlagen ergangenen Verordnung über die akademischen Grade vom 06. November 1968 (GBl II 1022) <AG-VO 1968> konnten als akademische Grade a) Diplom eines Wissenschaftszweiges (Dipl.-...), b) Doktor eines Wissenschaftszweiges (Dr. ...) und c) Doktor der Wissenschaften (Dr. sc.) verliehen werden. Nach § 12 Abs. 1 AG-VO 1968 bedurften Bürger der DDR, denen ein akademischer Grad von einer Institution eines anderen Staates verliehen worden war, zur Führung dieses Grades in der DDR der Genehmigung des Ministers. Auf Antrag konnte dem Inhaber eines solchen Grades das Recht erteilt werden, einen in der DDR üblichen akademischen Grad zu führen. Der Minister konnte eine erteilte Genehmigung zur Führung eines ausländischen akademischen Grades zurücknehmen. Diese Vorschriften galten auch noch am 30. Juni 1990. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulbildung vom 04. März 1988 (GBl I 71) erhielten die Inhaber einer Urkunde über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Universität, Hoch- beziehungsweise Fachschule eines anderen Staates auf schriftlichen Antrag und nach Vorlage der Urkunde vom Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen die Berechtigung zum Führen einer entsprechenden Berufsbezeichnung. § 3 Abs. 4 dieser Anordnung stellte hierbei klar, dass für eine Berufsbezeichnung, die gleichzeitig akademischer Grad war, die AG-VO 1968 galt.

Nach diesen Regelungen war die Klägerin nicht befugt gewesen, den Titel eines "Ingenieurs" in der DDR zu führen, und unterfällt deswegen auch nicht der AVTI (vgl zum Ganzen auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Mai 2010 – L 22 R 1509/05*17 – juris). Die erforderliche Genehmigung des Ministers hat die Klägerin nicht vorgelegt. Auf die AG-VO 1956, nach der die Genehmigung zum Führen der an bestimmten ausländischen Hochschulen erworbenen akademischen Grade allgemein erteilt werden konnte und auch erteilt war, kann sich die Klägerin demgegenüber nicht berufen. Denn die AG-VO 1956 trat zum 1. Februar 1969 außer Kraft (vgl § 17 Abs. 1 und 2 Buchst a AG-VO 1968); die Klägerin erwarb den akademischen Grad aber erst 1977.

Auch eine von der Klägerin behauptete rechtspraktische Gleichsetzung mit Ingenieuren iS der IngVO-DDR in der früheren DDR, für die im Übrigen Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Fehlen einer Einbeziehung in die AVTI durch Organe der DDR lässt sich mangels nachvollziehbarer Maßstäbe für deren Handhabung durch die Behörden und Gerichte der Bundesrepublik Deutschland nicht nachholen bzw ersetzen (vgl BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9) . Die Gerichte sind - auch verfassungsrechtlich - nicht gehalten, eine in der DDR ggf herrschende Praxis der Aufnahme in Systeme der Zusatzversorgung, soweit sie dem Text der Zusatzversorgungssysteme entgegenstand, im gesamtdeutschen Rechtsraum fortzusetzen. Würde man unter Missachtung des Textes der Versorgungsordnungen und unter Anknüpfung an die Praxis der Organe der DDR Kriterien für die Aufnahme in die Versorgungssysteme entwickeln wollen, würde dies bedeuten, die dortige, teilweise auch von Willkür geprägte und nicht an den Texten der Verordnungen über die Zusatzversorgung orientierte Praxis fortzuführen. Dies würde zwangsläufig zu neuen Ungleichheiten innerhalb der Versorgungssysteme und im Verhältnis der Versorgungssysteme zueinander führen (vgl hierzu: Bundesverfassungsgericht – BVerfG - SozR 4-8570 § 5 Nr 4). Maßgebend können daher bei Prüfung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung nur der Wortlaut der Versorgungsordnungen der DDR und nicht die Verwaltungspraxis oder die diese Praxis steuernden unveröffentlichten Richtlinien der DDR sein vgl BVerfG SozR 4-8570 § 5 Nr 4; siehe auch BSG, Urteil vom 18. Juni 2003 - B 4 RA 1/03 R - juris).

Den gestellten Beweisanträgen der Klägerin (vgl Schriftsatz vom 12. Februar 2014), die sich teilweise auf – höchstrichterlich bereits umfassend geklärte - Rechtsfragen, teilweise aber auch auf nicht entscheidungserhebliche Tatsachen beziehen, war nicht zu entsprechen

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.