LG Kassel, Beschluss vom 22.04.2014 - 3 T 162/14
Fundstelle
openJur 2014, 10687
  • Rkr:

Die Vollziehung von Abschiebhaft in der JVA Frankfurt am Main I ist statthaft. In Hessen wird Abschiebehaft für männliche, erwachsene Abschiebehäftlinge allein in der JVA Frankfurt am Main I vollzogen, eine andere Einrichtung existiert in Hessen nicht. Zudem wird in dieser Hafteinrichtung nicht Strafhaft, sondern Untersuchungshaft vollzogen, und die Abschiebehäftlinge werden zudem in einer gesonderten Abteilung untergebracht und sind damit von den Untersuchungshäftlingen getrennt...

Tenor

Dem Beschwerdeführer wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt „...“,„...“, beigeordnet.

Die Beschwerde gegen den Abschiebehaftbefehl des Amtsgerichts Kassel vom 27.03.2014 wird zurückgewiesen. Der Beschluss der Kammer vom 14.04.2014 wird aufgehoben.

Die Entscheidung ist sofort wirksam.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 5.000 €.

Gründe

I.

Am 06.10.2013 reiste der am 25.05.1995 geborene Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, in das Bundegebiet ein und beantragte am 06.11.2013 Asyl. Zuvor war er jedoch bereits in Italien registriert worden, sodass mit Bescheid vom 23.01.2014 die Rücküberstellung nach Italien verfügt wurde, nachdem die italienischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages erklärt hatten. Der Beschwerdeführer erhob hiergegen Klage. Der beantragte Eilrechtsschutz wurde mit unanfechtbarem Beschluss vom 26.02.2014 abgelehnt.

Am 19.03.2014 sollte der Beschwerdeführer daher nach Italien überstellt werden. Er entzog sich der Abschiebung jedoch und wurde erst am 27.03.2014 von der Bundepolizei aufgegriffen. Daraufhin beantragte die zuständige Behörde den Erlass eines Abschiebehaftbefehls. Auf den Antrag und die beigefügten Anlagen (Bl. 1 ff d.A.) wird Bezug genommen.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer noch am 27.03.2014 von der zuständigen Richterin angehört. Der Antrag vom 27.03.2014 wurde in seine Muttersprache übersetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 27.03.2014 (Bl. 49 f. d.A.) Bezug genommen. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.03.2014 hat das Amtsgericht gegen den Beschwerdeführer antragsgemäß die Abschiebehaft längstens bis zum 24.04.2014 sowie gleichzeitig die sofortige Wirksamkeit angeordnet. Am 01.04.2014 wurde zudem die somalische Botschaft von der Verhaftung informiert. Nachdem die Haft zunächst einen Tag in der JVA Kassel I vollzogen wurde, wurde der Beschwerdeführer schließlich in die JVA Frankfurt am Main I verlegt und befand sich dort bis zum 14.04.2014 auf der ausschließlich für den Vollzug von Abschiebehaft zuständigen Abteilung. Für den 15.04.2014 war die Abschiebung vorgesehen.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 03.04.2014 (Bl. 63 d.A.) hat der Beschwerdeführer gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt. Diese wurde mit Schreiben vom 04.04.2014 (Bl. 68 d.A.) sowie nach Akteneinsicht mit Schreiben vom 09.04.2014 (Bl. 94 d.A.) begründet. Danach wird das Rechtsmittel im Wesentlichen damit begründet, dass die Vollziehung der Abschiebehaft in der gesonderten Abteilung in der JVA Frankfurt am Main I, einer reinen Untersuchungshaftanstalt, rechtswidrig sei, weil dieser Vollzug in einer Haftanstalt gegen das in Art. 16 Abs. 1 der EU-Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) normierte Trennungsverbot verstoße. Jedenfalls sei die Vollziehung des Haftbefehls auszusetzen, weil die Rechtslage zweifelhaft sei, weil der Bundesgerichtshof mit Entscheidung vom 11.07.2013 die Rechtsfrage bezüglich der Auslegung des Art. 16 der genannten Richtlinie dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hat. Daneben sei jedenfalls die Vollstreckung in der JVA Kassel rechtswidrig gewesen. Zudem sei die Benachrichtigung der konsularischen Vertretung zu spät erfolgt, der Betroffene habe bereits am 27.03.2014 darum gebeten, und auch die Angaben zur beantragten Haftdauer von vier Wochen seien unzureichend gewesen.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde ohne weitere Begründung nicht abgeholfen (Bl. 102 RS) und die Akte der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 14.04.2014 die Vollziehung der Haft bis zur Hauptsacheentscheidung vorläufig ausgesetzt. Auf den Beschluss wird insoweit Bezug genommen (Bl. 103 ff.).

II.

Das gemäß §§ 415, 58 FamFG statthafte Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere ist die nach § 63 Abs. 1 FamFG zu beachtende einmonatige Beschwerdefrist gewahrt. Das danach zulässige Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die im Land Hessen praktizierte Unterbringung der erwachsenen männlichen Abschiebehäftlinge in der JVA Frankfurt am Main I führt nicht dazu, die Rechtswidrigkeit der Abschiebehaft anzunehmen (1). Und auch in der Sache hat das Amtsgericht auf Antrag der zuständigen Behörde (§ 417 FamFG), nach Aushändigung und Übersetzung des Antrags, nach Anhörung des Beschwerdeführers (§ 420 FamFG) und unter Beachtung der sonstigen Verfahrensvorschriften der §§ 415 ff. FamFG die Haft zur Sicherung der Abschiebung nach § 62 AufenthG zu Recht angeordnet (2).

(1.) Es bestehen zunächst keine Zweifel daran, dass die konkrete Vollziehung der Abschiebehaft in Hessen in der gesonderten Abteilung in der JVA Frankfurt am Main I rechtmäßig ist, insbesondere Art. 16 Abs. 1 der EU-Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) entspricht. Die im Kammerbeschluss vom 14.04.2014 geäußerten Zweifel im Rahmen der summarischen Überprüfung bei Eingang der Beschwerde sind ausgeräumt. Die Unterbringung in der gesonderten Abteilung in der JVA Frankfurt am Main I ist rechtmäßig, insbesondere richtlinienkonform, entspricht aber mindestens der deutschen Regelung und diese steht nach Auffassung der Kammer in Einklang mit Europarecht.

In Hessen gibt es keine räumlich eigenständigen Einrichtungen für den Vollzug der Abschiebehaft, allerdings in anderen Bundesländern. Gemäß der deutschen Fassung von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie ist die Unterbringung in einer Haftanstalt dann zulässig, wenn es in dem Mitgliedsstaat keine eigenen Einrichtungen hierfür gibt. § 64a Aufenthaltsgesetz stellt hingegen auf das einzelne Bundeland ab. Der 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 11.07.2013 (V ZB 40/11) die Frage, ob es richtlinienkonform ist, wenn auf das Bundesland statt auf den Mitgliedsstaat insgesamt abgestellt wird und eine Unterbringung in einer regulären Haftanstalt nur zulässig ist, wenn es in dem Mitgliedstaats insgesamt keine spezielle Einrichtung gibt, ebenso wie das Landgericht München I, dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorgelegt. Die Kammer sieht indes keine Veranlassung, die Frage dem EuGH vorzulegen, sondern hält die Praxis in Hessen für richtlinienkonform.

Art 16 Abs. 1 der betreffenden Richtlinie lautet: Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem Mitgliedsstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht.

Gemäß § 62a Abs. 1 AufenthaltsG wird die Abschiebungshaft grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Land nicht vorhanden, kann sie in diesem Land in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

Der Vollzug der Abschiebhaft wird in Hessen, wo es keine räumlich getrennte Unterbringung der Abschiebehäftlinge gibt, auf der Grundlage des Erlasses des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 12.11.2012 (Bl. 83 d.A.) vollzogen. Danach wird die Abschiebehaft an erwachsenen Männern ab dem 18. Lebensjahr in der für den Vollzug von Untersuchungshaft zuständigen Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main I vollzogen. Dort wiederum werden die Abschiebungsgefangenen getrennt von den Untersuchungsgefangenen auf einer eigenständigen und ausschließlich der Abschiebungshaft gewidmeten Station untergebracht.

Diese Unterbringung der erwachsenen männlichen Abschiebehäftlinge in der gesonderten Abteilung in der JVA Frankfurt am Main I entspricht nach Auffassung der Kammer der Richtlinie. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem vom BGH am 11.07.2013 entschiedenen Fall, wo es um eine Frau ging und noch keine dem Erlass vom 12.11.2012 entsprechende Unterbringung erfolgte.

Die Richtlinie geht davon aus, dass die Haft in gesonderten Hafteinrichtungen vollzogen wird und jedenfalls eine Trennung von gewöhnlichen Strafgefangenen zu erfolgen hat. Somit handelt es sich auch bei solchen gesonderten Einrichtungen gleichwohl um Einrichtungen, in denen Haft vollzogen wird. Somit darf eine Unterbringung ohne weiteres in einer Haftanstalt erfolgen, wenn sie nur räumlich eigenständig ist und den Besonderheiten der Abschiebehaft Rechnung trägt. Im Hinblick auf die Haftgründe des § 62 AufenthaltsG darf eine solche spezielle Einrichtung dabei ohne Zweifel auch Sicherheitsvorkehrungen aufweisen und bei allem handelt es sich um Freiheitsentziehung. Wie die Einrichtung im Weiteren ausgestaltet sein muss, ist in Artikel 16 Abs. 1 nicht geregelt. Insoweit regelt § 62a AufenthaltG, welche Freiheiten den Inhaftierten verbleiben müssen. Damit würde es keinen Bedenken begegnen, würde die gesamte JVA Frankfurt am Main I als eigenständige Abschiebeeinrichtung genutzt. Dann kann es nach Auffassung der Kammer aber keinen Unterschied machen, wenn nur ein Teil des Gebäudes bzw. eine von dem übrigen Gebäude abgetrennte Abteilung ausschließlich für die Unterbringung der Abschiebhäftlinge genutzt wird. Schon insoweit ist dem Sinn und Zweck der Richtlinie genüge getan. Denn es geht nicht darum, Abschiebehäftlinge zwingend in einer räumlich eigenständigen Einrichtung unterzubringen. Vielmehr ist Hintergrund der Regelung, Abschiebehäftlinge nicht im regulären Strafvollzug zusammen mit Strafgefangenen unterzubringen. Denn natürlich sind ausreisepflichtige Ausländer keine Straftäter und eine Gleichsetzung liefe auf die Verletzung der Menschenwürde hinaus. Eine solche Gleichsetzung erfolgt durch die in Hessen praktizierte Unterbringung aber gerade nicht. Dabei kommt im Besonderen hinzu, dass auch bezogen auf die gesamte Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main I eine Gleichsetzung mit Strafgefangenen schon deshalb ausscheidet, weil auch sonst in dieser JVA keine Strafgefangenen sondern nur Untersuchungsgefangene untergebracht sind, die bis zur Verurteilung als unschuldig gelten und denen ebenso weitestgehend Freiräume eingeräumt werden müssen. Getrennt von diesen werden die Abschiebehäftlinge aber dennoch.

Selbst wenn aber die hessische Praxis als nicht richtlinienkonform anzusehen wäre, weil die gesonderte Abteilung der JVA nicht mit der nach der Richtlinie geforderten speziellen Hafteinrichtung gleichgesetzt würde, steht diese Praxis zweifellos in Einklang mit § 62a AufenthaltsG, weil es sonst in Hessen keine spezielle Einrichtung gibt und eine Trennung von Straftätern gewährleistet ist. Die Kammer ist auch insoweit der Auffassung, dass diese in Umsetzung von Art. 16 Abs. 1 der EU-Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) geschaffene nationale Regelung den Vorgaben der Richtlinie entspricht und auch von daher keine Bedenken gegen den konkreten Vollzug der Haft bestehen. Zwar spricht die deutsche Fassung der Richtlinie dafür, dass eine Unterbringung in der einer JVA nur dann zulässig ist, wenn es in der gesamten Bundesrepublik keine spezielle Hafteinrichtung gibt. Dies allein führt aber nicht dazu, einen unauflösbaren Widerspruch zur Richtlinie anzunehmen. Denn nach teilweise vertretener Auffassung, der sich die Kammer anschließt, erlaubt die Richtlinie den Rückgriff auf gewöhnliche Haftanstalten schon dann, wenn in der föderalen Untergliederung, in der die Abschiebungshaft vollzogen wird, keine speziellen Haftplätze vorhanden sind. Zur Begründung wird dabei auf Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EUV verwiesen. Danach hat die Europäische Union die föderale Struktur der Mitgliedstaaten zu respektieren (Basse/Burbaum/Richard, ZAR 2011, 361, 366; Huber, NVwZ 2012, 385, 388). Dem hat sich auch der deutsche Gesetzgeber angeschlossen, indem er in § 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthaltsG ausdrücklich auf das Gebiet des jeweiligen Bundeslandes abgestellt, eine auf das gesamte Bundesgebiet bezogene Fassung hingegen abgelehnt hat (vgl. Beschlussempfehlung zum Umsetzungsgesetz in: BT-Drucks. 17/6497, S. 10 ff). Insoweit wurde ein Änderungsantrag im Innenausschuss des Bundestages abgelehnt, der vorsah, auf das gesamte Bundesgebiet abzustellen und den Bundesländern, die seinerzeit über keine speziellen Hafteinrichtungen verfügten, eine Übergangszeit bis zum 30.06.2012 einzuräumen. Begründet wurde dies mit dem Wortlaut und der Intention der Richtlinie, wonach keine Unterbringung im regulären Strafvollzug erfolgen soll. Letzteres ist aber durch die hessische Praxis jedenfalls, wie ausgeführt, gewahrt, und der Verweis auf den Wortlaut ist wenig überzeugend. Denn es kommt hinzu, dass die Auslegung der Richtlinie durch abweichende Sprachfassungen erschwert wird (vgl. BGH Beschluss vom 11.07.2013, V ZB 40/11). Die deutsche Fassung lässt einen Rückgriff auf gewöhnliche Haftanstalten zwar erst dann zu, wenn im Mitgliedstaat keine speziellen Einrichtungen „vorhanden“ sind. Demgegenüber setzen die anderen Sprachfassungen nur allgemein voraus, dass eine Unterbringung in einer speziellen Einrichtung nicht erfolgen „kann“, ohne dieses „Nicht-Können“ näher zu definieren. Somit lässt sich argumentieren, dass ein Mitgliedstaat die Haft in keiner speziellen Einrichtung vollziehen „kann“, wenn es in der föderalen Untergliederung, die nach dem Recht des Mitgliedsstaates, wie in Deutschland, für den Vollzug der Haft verantwortlich ist, keine solche Einrichtung gibt (vgl. BGH a.a.O.).

Von diesem weiten Verständnis war offenbar auch das Anhörungsverfahren vor Erlass der Richtlinie geprägt, was der Bundesgerichtshof in dem Beschluss vom 11.07.2013 dargelegt hat. So führt der Bericht des britischen House of Lords zum damaligen (insoweit unverändert gebliebenen) Richtlinienentwurf das Fehlen spezieller Einrichtungen in Nordirland als Beispielsfall dafür an, dass eine Unterbringung nicht in speziellen Einrichtungen erfolgen kann (House of Lords, European Union Committee, 32nd Report of Session 2005-06, Illegal Migrants: Proposals for a common EU returns policy, S. 29). Dasselbe Verständnis lag offenbar einem (später nicht in die Richtlinie übernommenen) Vorschlag des Entwicklungsausschusses des Europäischen Parlaments zugrunde, die zweite Satzhälfte um die Formulierung zu ergänzen, der Rückgriff auf gewöhnliche Haftanstalten erfolge „in Ermangelung freier Plätze in speziell für die vorläufige Gewahrsamnahme vorgesehenen Einrichtungen“ (Europäisches Parlament, Bericht A6-0339/2007 vom 20. September 2007, S. 69). Dieser Ergänzungsvorschlag setzt voraus, dass die Inhaftierung in einem gewöhnlichen Gefängnis unter Umständen zulässig sein kann, obwohl eine spezielle Hafteinrichtung vorhanden ist - nämlich insbesondere in dem Fall, dass diese spezielle Hafteinrichtung vollständig belegt ist. Dementsprechend ist der Ergänzungsvorschlag in der deutschen Sprachfassung unverständlich („Wenn in einem Mitgliedstaat keine solchen Gewahrsamseinrichtungen vorhanden sind und er sich gezwungen sieht, in Ermangelung freier Plätze in speziell für die vorläufige Gewahrsamnahme vorgesehenen Einrichtungen eine Einweisung in eine Haftanstalt vorzunehmen, .“). Somit aber spricht außer dem deutschen Wortlaut der Richtlinie alles für die Auslegung des deutschen Gesetzgebers, wonach entscheidend die Verhältnisse in dem jeweiligen Bundesland sind. Dem schließt sich die Kammer auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshof und auch der Stellungnahme der Kommission vom 13.12.2013 (Bl. 97 ff d.A.) an.

Mit der weiten und von der Kammer für richtig gehaltenen Auslegung ist schließlich auch vereinbar, dass der Betroffene zunächst für einen Tag in der JVA Kassel I untergebracht wurde.

(2.) Bestehen somit keine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Vollziehung der Haft in der speziellen Abteilung in der JVA Frankfurt am Main I, liegen auch die weiteren Voraussetzungen für den Erlass des Abschiebehaftbefehls vor. Die Kammer hat ebenso wie das Amtsgericht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens weiterhin lediglich das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 und 2 AufenthG) und das Vorliegen von Haftgründen zu prüfen. Ferner sind eventuell bestehende Abschiebehafthindernisse zu berücksichtigten. Die Beurteilung der Fragen des Ob und des Wie der Abschiebung einschließlich des Vorliegens von Abschiebehindernissen obliegt hingegen den Verwaltungsbehörden und den Verwaltungsgerichten (OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 28.02.2008, Az. 20 W 41/08). Nur ausnahmsweise führt ein feststehendes längerfristiges Abschiebehindernis dazu, dass eine Haft nicht angeordnet werden kann, weil sie unverhältnismäßig wäre (OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 28.02.2008, Az. 20 W 41/08; BVerfG NJW 2009, 2659).

Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung gerecht, und auch das Vorbringen im Beschwerdeverfahren vermag dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Angaben zur Notwendigkeit der beantragten Haftdauer in dem Haftantrag vom 27.03.2014 genügen noch den Anforderungen (vgl. BGH B v. 10.05.2012, V ZB 246/11). Zwar heißt es in dem Antrag, dass die Haft auch bezüglich der Dauer als zur Durchführung der notwendigen Abschiebung erforderlich erachtet wird und der Zeitraum der beantragten Haft daher sowohl notwendig und als auch ausreichend erscheine, um die Abschiebung durchzuführen. Dem Beschwerdeführer ist hier zuzugeben, dass keine eindeutige und auf den Einzelfall bezogene Abwägung deutlich wird. Allerdings erscheint der Kammer ein Zeitraum von weniger als vier Wochen kaum ausreichend, um vorliegend die Abschiebung vorbereiten und durchführen zu können. Neben der Information der aufnehmenden Behörden in Italien ist auch die Organisation des Fluges Voraussetzung für die Abschiebung und hierfür scheint ein Zeitraum von vier Wochen als durchaus ausreichend aber auch erforderlich, wie sich im konkreten Fall auch zeigt, wo nach der Festnahme am

27.03.3014 die Abschiebung dann am 15.04.2014 erfolgen sollte.

Es sind, wie vom Amtsgericht zutreffend ausgeführt, die Haftgründe des § 62 Abs. 3 Nummern 4 und 5 AufenthaltsG gegeben. Auch aus seinen eigenen Angaben in dem Termin vom 27.03.2014 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer sich der für den 19.03.2014 bereits geplanten Abschiebung entzogen hat und daraus folgt für die Kammer ebenso, dass Anlass zu der Annahme besteht, dass er sich auch in Zukunft der Abschiebung entziehen wird.

Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Abschiebung aus Gründen, die vom Beschwerdeführer nicht zu vertreten wären, nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann, § 62 Abs. 3 Satz 4 AufenthG, oder die Fortdauer der Haft deshalb oder wegen des Vorliegens sonstiger Umständen unverhältnismäßig wäre. Die Anordnung von Abschiebehaft kommt nur in Betracht, wenn nach hinreichender tatrichterlicher Ermittlung und Auswertung des konkreten Sachverhalts feststeht, dass die Abschiebung innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann oder aber eine sichere Prognose nicht getroffen werden kann; die Prognose muss sich auf alle in Betracht kommenden Gründe erstrecken, die der Abschiebung entgegenstehen oder sie verzögern könnten (BGH FGPrax 2012, 82). Diese Prognose kann vorliegend aber ohne Schwierigkeiten gestellt werden. Bereits für den 19.03.2014 und wiederum für den 15.04.2014 war die Abschiebung vorgesehen. Es gibt somit keine Anhaltspunkte dafür anzunehmen, dass innerhalb der kommenden drei Monate keine Abschiebung möglich ist. Die Abschiebung wird also voraussichtlich durchgeführt werden.

Die Entscheidung konnte die Kammer schließlich auch ohne erneute persönliche Anhörung des Beschwerdeführers treffen, denn die nach § 420 Abs. 1 FamFG gebotene persönliche Anhörung ist durch die zuständige Richterin am Amtsgericht am 27.03.2014 erfolgt. Nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG kann von der erneuten persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Das ist vorliegend der Fall. Der Beschwerdeführer hat seine Einwände gegen die angefochtene Entscheidung in seiner Rechtsmittelschrift vorgebracht.

Letztlich kann sich der Beschwerdeführer mit ebenso wenig Erfolg darauf berufen, dass die konsularische Vertretung des Beschwerdeführers nicht sogleich am 27.03.2014 sondern gemäß der richterlichen Verfügung vom 31.03.2014 (Bl. 56 RS) erst am 01.04.2014 informiert wurde. Insoweit hat schon die vollständige Unterlassung der Belehrung des Beschwerdeführers nach Art. 36b des Wiener Übereinkommens vom 24.04.1963 über sein Recht, die Unterrichtung seiner konsularischen Vertretung zu verlangen, auf die Rechtmäßigkeit der Sicherungshaft keinen Einfluss (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 2. Zivilsenat, Beschluss vom 07.01.2004, 2 W 112/93, zitiert nach juris). Dann aber führt die Verständigung vier Tage nach Verhaftung ebenso wenig zur Rechtswidrigkeit der Sicherungshaft.

Trotz der Zurückweisung der Beschwerde ist dem Beschwerdeführer auf seinen rechtzeitigen Antrag hin Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des eingangs bezeichneten Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen.

Die Entscheidung zur sofortigen Wirksamkeit folgt aus § 422 Abs. 2 FamFG.

Hinsichtlich der Gerichtskosten ergibt sich die Kostenfolge ungeachtet der bewilligten Verfahrenskostenhilfe aus §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG.

Die Festsetzung des Geschäftswertes folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG.