LAG Düsseldorf, Urteil vom 21.03.2014 - 10 Sa 44/14
Fundstelle
openJur 2014, 10469
  • Rkr:

Zur Eingruppierung einer Lehrerin für den sog. herkunftssprachlichen Unterricht

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 27.11.2013 - 2 Ca 2787/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin als Lehrerin für den sog. herkunftssprachlichen Unterricht.

Die Klägerin ist am 14.11.1971 in der Türkei geboren. Im Anschluss an ein vierjähriges Studium, welches sie in der Türkei im Studiengang "Internationale Beziehungen" absolvierte und mit einem Diplom abschloss, zog die Klägerin im Jahre 1992 nach Deutschland, wo ihre Eltern bereits seit 1969 lebten. Hier studierte sie an der philosophischen Fakultät der Universität zu Köln die Fächer Politik, Wissenschaft, Deutsche Philologie und Pädagogik. Das Studium schloss sie mit der Magisterprüfung ab. Dieser Abschluß wurde vom beklagten Land mit Bescheinigung vom 06.11.2003 als erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschule anerkannt.

Im Jahre 2003 erwarb die Klägerin die deutsche Staatsbürgerschaft.

Nach elternzeitbedingter Unterbrechung des Vorbereitungsdienstes bestand die Klägerin am 28.03.2012 die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen. Im Anschluss war sie zunächst in Köln als Teilzeitlehrkraft an einer Gemeinschaftsgrundschule und in der Zeit vom 22.08.2012 bis 06.05.2013 als vollbeschäftigte Vertretungslehrkraft beschäftigt und jeweils in Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert.

Auf ihre Bewerbung hin wurde die Klägerin vom beklagten Land zum 30.08.2013 als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft für den Herkunftssprachlichen Unterricht in türkischer Sprache im Bereich des Schulamtes der Stadt N. eingestellt und seither nach Entgeltgruppe 10 TV-L vergütet. Im zugrundeliegenden schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.08.2013, wegen dessen vollständigen Inhalt auf die mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Kopie verwiesen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:

"§ 1

Frau … wird - vorbehaltlich des Nachweises der gesundheitlichen Eignung - ab 30. August 2013 (frühestens ab dem Tag der Arbeitsaufnahme) auf unbestimmte Zeit als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft für den Herkunftssprachlichen Unterricht in türkischer Sprache eingestellt. Die Beschäftigung erfolgt nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW vom 21.12.2009 (BASS°13 - 63 Nr. 3).

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006, den besonderen Regelungen für Lehrkräfte (TV-L besonderer Teil Lehrkräfte), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) vom 12. Oktober 2006, soweit einschlägig und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.

§ 3

…

§ 4

Das Entgelt der Lehrkraft erfolgt vorbehaltlich einer von den Tarifvertragsparteien des TV-L noch zu vereinbarenden Entgeltordnung nach der Entgeltgruppe 10 TV-L, die sich auf der Grundlage der Nr. 1.15 in Verbindung mit Nr. 8.5 des Runderlasses des Kultusministeriums NRW vom 20. November 1981 (BASS 21-21 Nr. 53) in der jeweils gültigen Fassung ergibt. Anpassungen der Eingruppierung/Einreihung aufgrund des In-Kraft-Tretens der neuen Entgeltordnung können auch entgeltgruppenübergreifend erfolgen. Bis zum In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung ist die in Satz 1 vereinbarte Eingruppierung vorläufig und begründet keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand."

Mit Bescheid vom 11.10.2013 erkannte die Bezirksregierung Detmold das vierjährige Studium, das die Klägerin in der Türkei absolviert hatte, sowie ein im Jahre 2011 erworbenes Sprachdiplom der Universität Ankara in Türkisch als Lehrbefähigung in dem Unterrichtsfach Türkisch als weiterem Unterrichtsfach (Erweiterung) für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen an.

Ausweislich eines darüber gefertigten Aktenvermerks hatte die Klägerin bereits am 12.08.2013 ggü. dem Schulamt der Stadt Mönchengladbach ihre Übernahme in das Beamtenverhältnis, hilfsweise eine Beschäftigung als Tarifangestellte mit Eingruppierung in Entgeltgruppe 11 geltend gemacht.

Da dies ergebnislos blieb, hat die Klägerin die am 18.09.2013 beim Arbeitsgericht eingegangene Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben.

Sie hat die Auffassung vertreten, Vergütung nach Entgeltgruppe 11 TV-L beanspruchen zu können. Zum einen seien bei ihr die Voraussetzungen von Nr. 1.1 des Runderlasses des Kultusministeriums NRW vom 16. November 1981 (sog. Erfüller-Erlass) gegeben, da sie alle Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfülle. Zum anderen erfülle sie die Voraussetzungen gemäß Ziffer 1.15 des Runderlasses des Kultusministeriums NRW vom 20. November 1981 (sog. Nichterfüller-Erlass). Es stelle einen Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn die Klägerin mit voller Lehrbefähigung nur nach Entgeltgruppe 10 vergütet werde, während Lehrkräfte, die (nur) in der Türkei die Lehrbefähigung besäßen, nach Entgeltgruppe 11 vergütet würden.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie ab dem 30.08.2013 Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 zu zahlen, wobei die Differenzbeträge zur Entgeltgruppe 10 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen sind.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, Nr. 1.1 des sog. Erfüller-Erlasses komme nicht zur Anwendung, weil die Klägerin nicht als Grundschullehrerin, sondern (nur) als Lehrkraft für den Herkunftssprachlichen Unterricht in türkischer Sprache eingestellt worden sei. Die Klägerin werde deshalb in zutreffender Anwendung von Nr. 1.15 in Verbindung mit Nr. 8.5 des sog. Nichterfüller-Erlasses nach Entgeltgruppe 10 vergütet, weil sie bislang nicht nachgewiesen habe, dass sie auch in der Türkei die Möglichkeit hätte, uneingeschränkt als Lehrerin zu arbeiten. Erst für diesen Fall sei der Nachweis nach den Ziffer 1.15 bis 1.17 des Nichterfüller-Erlasses über das Vorliegen einer vollen Lehrbefähigung nach dem Recht des Heimatlandes (Landes der Herkunftssprache) erbracht.

Mit Urteil vom 27.11.2013 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 TV-L. Die Voraussetzungen von Nr. 1.1 des sog. Erfüller-Erlasses erfülle die Klägerin nicht, weil sie nach dem Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages ausdrücklich nicht als Lehrkraft i.S.v. Nr. 1.1 des sog. Erfüller-Erlasses, sondern als Lehrerin für den Herkunftssprachlichen Unterricht in türkischer Sprache eingestellt worden sei. Als solche falle sie grundsätzlich unter Nr. 1.15 des sog. Nichterfüller-Erlasses. Dass sie die dort genannten Ausbildungskriteren, konkret die danach erforderliche volle Lehrbefähigung ihres Heimatlandes erfüllt, habe sie bisher jedoch nicht nachgewiesen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Die unterschiedliche Vergütung von Lehrern mit voller Lehrbefähigung des Heimatlandes und Lehrern, die über eine solche Lehrbefähigung in Deutschland verfügen, stelle keine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, da es einleuchtend sei, für den durch Nr. 1.15 erfassten Fall der Erteilung herkunftssprachlichen Unterrichts gerade auf die Lehrbefähigung des Herkunftslandes abzustellen.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen dieses Urteil.

Sie ist der Auffassung, das Urteil sei vorrangig deshalb abzuändern, weil das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass sie die Voraussetzungen von Nr. 1.1 des sog. Erfüller-Erlasses nicht erfülle. Die vom Arbeitsgericht herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 07.05.2008 sei nicht einschlägig, weil ihr ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe. Der Kläger des dortigen Verfahrens sei zur Erteilung muttersprachlichen Unterrichtes eingestellt worden und habe die Befähigung für das Lehramt für die Primarstufe erst Jahre später erworben. Die Klägerin hingegen habe sich auf eine Stelle beworben, die auch als Beamtenstelle ausgeschrieben gewesen sei. Deren fachliche und pädagogische Voraussetzungen habe sie schon im Moment ihrer Anstellung unstreitig erfüllt, so dass sie ohne weiteres in das Beamtenverhältnis hätte übernommen werden können, wenn sie nicht die Altersgrenze überschritten hätte. Erfülle die Klägerin aber - vom Alter abgesehen - alle Voraussetzungen für eine Verbeamtung, müsse dies zur Eingruppierung nach dem sog. Erfüller-Erlass führen.

Jedenfalls aber ergebe sich der Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Entgeltgruppe 11 aus Nr. 1.15 des sog. Nichterfüller-Erlasses. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Klägerin den geforderten Nachweis der Lehrbefähigung in der Türkei nicht ohne weiteres führen könne, weil die unter anderem erforderliche Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung für die Republik Türkei von mehr als drei Monaten für die Klägerin als deutsche Staatsangehörige nicht ohne weiteres sichergestellt sei und es zudem in hohem Maße zweifelhaft sei, ob die Klägerin die ebenfalls erforderliche Arbeitserlaubnis für ausländische Staatsangehörigkeit von der Republik Türkei erhalten würde.

Jedenfalls sei eine Eingruppierung gemäß Nr. 1.15 des sog. Nicherfüller-Erlasses geboten, weil andernfalls der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei. Es könne nicht rechtens sein, dass die Klägerin, die nach dem Bescheid der Bezirksregierung Detmold vom 11.10.2013 sogar die uneingeschränkte Lehrbefähigung für das Unterrichtsfach Türkisch besitze, schlechter gestellt werde als eine Lehrkraft, die nur muttersprachlichen Ergänzungsunterricht erteile und lediglich in der Türkei eine Lehrbefähigung erworben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 27.11.2013 (2 Ca 2787/13) festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, an sie ab dem 30.08.2013 Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus den Nettodifferenzbeträgen zwischen Entgeltgruppe 10 und Entgeltgruppe 11 ab dem 30.08.2013.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit seiner Berufungsbeantwortung, auf die wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens verwiesen wird, verteidigt es das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Der Klägerin sei bei Abschluss des streitgegenständlichen Arbeitsvertrages bekannt gewesen, dass das beklagte Land nur dazu bereit war, ihr eine Dauerbeschäftigung als Tarifbeschäftigte anzubieten, und zwar als Lehrerin für den Herkunftssprachlichen Unterricht nach Maßgabe der einschlägigen Eingruppierungsregelungen. Es sei der Klägerin unbenommen, die volle Lehrbefähigung ihres Heimatlandes nachzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und wegen der übrigen Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Parteien gemäß § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG ergänzend auf den Akteninhalt, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen aus beiden Instanzen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 1, 2, 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO genügende und deshalb zulässige Berufung konnte in der Sache keinen Erfolg haben.

1. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit richtig entschieden, indem es die als solche unzweifelhaft zulässige Eingruppierungsfeststellungsklage abgewiesen hat. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 TV-L. Das hat das Arbeitsgericht in zutreffender Darstellung und Anwendung der für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsgrundsätze im Detail herausgearbeitet, ohne dass seine Rechtsanwendung Fehler erkennen ließe. Das Berufungsgericht folgt deshalb den Erwägungen des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG bei gleichzeitiger Verweisung auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils fest.

2. Im Berufungsverfahren sind weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Gesichtspunkte vorgebracht worden, die zu einer Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Veranlassung geben könnten. Die Berufungsbegründung und die dortigen Angriffe gegen die umfassende und sorgfältige Auseinandersetzung des Arbeitsgerichts mit den tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen des Falles verfangen nicht.

a. Ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Entgeltgruppe 11 TV-L ergibt sich nicht aus Nr. 1.1 des sog. Erfüller-Erlasses.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Belang, dass sie - anders als der Kläger des vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 07.05.2008 entschiedenen Falls (BAG, Urteil vom 07. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 -, juris) - schon im Moment ihrer Einstellung die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis besaß. Es ist auch nicht von Belang, dass die Stelle, auf die sie sich bewarb, auch als Beamtenstelle ausgeschrieben war. Entscheidend für die Eingruppierung ist allein die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Tätigkeit. Nach dem ausdrücklichen Inhalt des Arbeitsvertrages wurde die Klägerin allein dazu eingestellt, herkunftssprachlichen Unterricht zu erteilen. Für eine solche Tätigkeit gibt es im sog. Erfüller-Erlass aber kein Tätigkeitsmerkmal. Folglich kann sich aus diesem Erlass auch keine Eingruppierung der Klägerin ergeben.

b) Auch aus dem sog. Nichterfüller-Erlass ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach Entgeltgruppe 11 TV-L.

aa) Gemäß Nr. 1.15 des sog. Nichterfüller-Erlasses sind Lehrer ausländischer Herkunft mit abgeschlossener Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule und voller Lehrbefähigung ihres Heimatlandes sowie zusätzlich mindestens Erster Staatsprüfung für ein Lehramt nach nordrheinwestfälischem Recht, die Schülerinnen und Schülern muttersprachlichen Unterricht (MSU) erteilen, in die Entgeltgruppe 11 TV-L eingruppiert.

bb) Das beklagte Land verhält sich gleichwohl rechtmäßig, wenn es der Klägerin lediglich Vergütung gemäß Entgeltgruppe 10 TV-L gewährt.

Unter Nr. 8.5 des sog. Nichterfüller-Erlasses heißt es, dass die Eingruppierung in die nächstniedrigere Entgeltgruppe erfolgt, sofern die einer Tätigkeit zugeordneten Ausbildungskriterien einer Fallgruppe (Vor- oder Ausbildung, sonstige fachliche Voraussetzungen) im Einzelfall nicht nachgewiesen werden und der Tarifbeschäftigte auch von einer anderen Fallgruppe seiner Lehrergruppe nicht erfasst wird.

(1) So verhält es sich hier.

Es ist unstreitig, dass die Klägerin, deren Tätigkeit von einer anderen Fallgruppe nicht erfasst wird, bisher nicht nachgewiesen hat, dass sie die nach Nr. 1.15 erforderliche volle Lehrbefähigung ihres Heimatlandes besitzt.

(2) Der gegebene Sachverhalt gibt keine Veranlassung, die Klägerin gleichwohl so zu behandeln, als wären die Eingruppierungsvoraussetzungen von Nr. 1.15 des sog. Nichterfüller-Erlasses erfüllt.

(a) Die Klägerin behauptet nicht, dass ihr der geforderte Nachweis schlechterdings unmöglich wäre. Sie bringt mit der Berufungsbegründung lediglich vor, die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung für die Republik Türkei sei "nicht ohne weiteres sichergestellt", oder es sei "in hohem Maße zweifelhaft", dass die Klägerin eine Arbeitserlaubnis für ausländische Staatsangehörigkeit von der Republik Türkei erhalten würde. Solch spekulative Ausführungen darüber, welchen Schwierigkeiten die Klägerin ausgesetzt sein könnte, wenn sie den Versuch unternehmen würde, sich den erforderlichen Nachweis in der Türkei zu verschaffen, geben weder Anlass noch Handhabe dafür, der Klägerin Beweiserleichterungen zuzugestehen.

(b) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann auf den Nachweis der vollen Lehrbefähigung des Heimatlandes auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die Bezirksregierung Detmold das vierjährige Studium der Klägerin in der Türkei und ein im Jahre 2011 erworbenes Sprachdiplom der Universität Ankara in Türkisch als Lehrbefähigung in dem Unterrichtsfach Türkisch als weiterem Unterrichtsfach (Erweiterung) für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen und den entsprechenden Jahrgangsstufen der Gesamtschulen anerkannt hat.

Damit mag feststehen, dass die Klägerin befähigt ist, im Fach Türkisch (fremdsprachlichen) Unterricht zu erteilen. Darum geht es jedoch nicht. Die Klägerin ist nach dem Arbeitsvertrag ausschließlich dazu angestellt, herkunftssprachlichen Unterricht zu erteilen. Bei dem herkunftssprachlichen Unterricht handelt es sich um ein freiwilliges zusätzliches Unterrichtsangebot durch das außerhalb des normalen Pflicht- und Wahlpflichtunterrichts ua. die Sprachkompetenz der Schüler mit ausländischer Herkunft in ihrer Muttersprache erhalten und gefördert werden soll. Dieser besonderen Funktion des Unterrichts entspringt die persönliche Voraussetzung der dafür eingesetzten Lehrer, dh. dass sie ebenfalls ausländischer Herkunft sind. Und wegen dieser besonderen Funktion richtet sich ihre Eingruppierung - wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 07.05.2008 zutreffend festgestellt hat - vorrangig nach den in ihrem Heimatland erworbenen Qualifikationen (BAG, Urteil vom 07. Mai 2008 - 4 AZR 299/07 -, juris).

Wenn dem aber so ist, dann lässt sich der für die Eingruppierung nach Nr. 1.15 des sog. Nichterfüller-Erlasses erforderliche Nachweis, dass die Klägerin nach den in der Türkei geltenden Regeln befähigt ist, das Fach Türkisch als Heimatsprache dieses Landes zu unterrichten, gerade nicht durch die Befähigung ersetzen, in Deutschland Türkisch als Fremdsprache unterrichten zu können.

(c) Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt in alledem nicht.

Wie das Arbeitsgericht in zutreffender Darstellung der dem diesem Rechtsinstitut zugrundeliegenden Rechtserwägungen - auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird - richtig erkannt hat, liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor, wenn für eine unterschiedliche Behandlung ein sachlicher Grund gegeben ist.

Das ist hier der Fall.

Im Vergleich zu den Lehrkräften, die für eine Tätigkeit i.S. von Nr. 1.1 des sog. Erfüller-Erlasses angestellt sind und deshalb nach Entgeltgruppe 11 TV-L vergütet werden, rechtfertigt sich die abweichende Behandlung der Klägerin bezüglich ihrer Vergütung durch die Tatsache, dass diese nicht für eine solche Lehrtätigkeit, sondern ausschließlich für die Erteilung herkunftssprachlichen Unterrichts eingestellt wurde.

Im Vergleich zu solchen Lehrkräften, die die volle Lehrbefähigung des Herkunftslandes i.S. von Nr. 1.15 des sog. Nichterfüller-Erlasses nachgewiesen haben, rechtfertigt sich die unterschiedliche Behandlung der Klägerin durch die Tatsache, dass sie diesen Nachweis bisher nicht erbracht hat und die nachzuweisende Befähigung aus den dargelegten plausiblen und keinesfalls willkürlichen Gründen nicht durch die "anderweitige" Lehrbefähigung für Türkisch als Fremdsprache ersetzt werden kann.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361-2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

MailänderStricker Krüll