VG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2014 - 26 K 7968/13
Fundstelle
openJur 2014, 10367
  • Rkr:

Kein Anspruch gegen die Meldebehörde auf Preisgabe des Namens eines Informanten, dessen Auskunft Grundlage für die vorübergehende Abmeldung der Klägerin und ihrer minderjährigen Kinder aus dem Melderegister der beklagten Gemeinde war.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute und haben gemeinsam vier minderjährige Kinder. Am 10. August 2011 meldete die Familie unter der Anschrift "L. G. 17, S. " ihren Wohnsitz bei der beklagten Stadt an. Nachdem das Schulamt der Beklagten gegenüber der Meldebehörde die Auskunft erteilt hatte, dass die Klägerin mit den vier jüngsten Kindern in Polen leben würde, beauftragte die Beklagte ihren Ermittlungsdienst mit einer Prüfung der Melde-/Aufenthaltsverhältnisse. Unter dem 5. März 2012 teilte der Außendienst in Bezug auf die Klägerin mit:

"Die "o.g. Personen sind unter der Meldeanschrift nicht zu ermitteln. Lt. (Angabe geschwärzt) leben sie z.Z. in Polen. Der Ehemann (...) wohnt unter der gemeldeten Anschrift in S. ."

Daraufhin meldete die Beklagte die Klägerin sowie die vier minderjährigen Kinder ab und vermerkte als Tag des Auszugs den 5. März 2012.

Nachdem durch eine Steuerberatergesellschaft schriftlich bescheinigt worden war, dass die Klägerin im Kalenderjahr 2012 das ganze Jahr bei der Firma ihres Mannes - des Klägers - beschäftigt war und die Vermieterin der Wohnung auf Nachfrage gegenüber der Beklagten bestätigt hatte, dass die Klägerin oft gesehen werde und keine Zweifel am Aufenthalt bestehen könnten, meldete die Beklagte die Klägerin nebst Kindern am 10. Dezember 2012 rückwirkend zum 10. August 2011 wieder unter der früheren Anschrift "L. G. 17" als aufhältig an und setze die Klägerin hiervon durch Schreiben vom gleichen Tage in Kenntnis.

Mit Schreiben vom 21. März 2013 zeigten die Prozessbevollmächtigten der Kläger die Mandatsübernahme an, erklärten, es sei nicht nachvollziehbar, worauf die Abmeldung der Klägerin zurückzuführen sei, und baten um Gewährung von Akteneinsicht.

Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 übersandte die Beklagte den Verwaltungsvorgang betreffend die zwischenzeitliche Abmeldung und wies darauf hin, dass die Schwärzung auf der zweiten Seite des Vorgangs dem § 9 Abs. 1 a IFG NRW geschuldet sei. Nach Abwägung der Interessen habe sich die Beklagte im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 IFG NRW für diese Form des Informationszugangs entschieden.

Die Kläger haben am 10. Oktober 2013 Klage erhoben.

Sie tragen vor: Mit Schreiben vom 5. Juni 2013 hätten sie ihr rechtliches Interesse an der Freigabe der Daten dargelegt, der Schwärzung des Namens des Informanten widersprochen und um erneute Zusendung des Aufenthaltsermittlungsberichts ohne Schwärzung gebeten. Zugleich hätten sie um Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides für den Fall der Auskunftsverweigerung durch die Beklagte gebeten. Gleichwohl habe die Beklagte keinen solchen Bescheid erlassen. Die Unterlassung der Auskunftserteilung sei rechtswidrig, weil der von der Beklagten angeführte Verweigerungsgrund der Auskunft nicht entgegenstehe. Die Kenntnis der erbetenen Daten sei zur Verfolgung von Ansprüchen erforderlich. Nur wenn der Name des Informanten bekannt sei, könnte dieser wegen der von ihm begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Kläger in Anspruch genommen werden. Ihnen - den Klägern ‑ sei Zinsschaden wegen der verspäteten Zahlung des Kindergeldes, sowie Verdienstausfall aufgrund der vielen notwendigen Behördengänge des selbständig tätigen Klägers wegen der fehlerhaft erfolgen Abmeldung entstanden. Ohne die erbetene Auskunft sei es unmöglich, den Schadensersatzanspruch effektiv zu verfolgen. Der Schutz der Daten müsse hinter diesem qualifizierten Interesse zurücktreten.

Die Kläger, die auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, beantragen schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte zu verpflichten, ihnen Einsicht in die vollständige behördliche Akte der Melderegistersache mit dem Zeichen 0.00.0.K ohne Schwärzung des Namens des Informationsgebers im Bericht zur Aufenthaltsermittlung zu gewähren.

Die Beklagte, die ebenfalls auf mündliche Verhandlung verzichtet hat, beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie wendet ein: die Klage sei bereits unzulässig, denn das von den Klägern erwähnte Schreiben vom 5. Juni 2013 sei genauso wenig wie eine nachfolgende Sachstandsanfrage zur Akte gelangt, so dass die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO nicht vorlägen. Die Klage sei aber auch unbegründet, denn sie - die Beklagte - sei nicht verpflichtet, den Klägern durch Einsicht in die nicht geschwärzte Akte oder im Wege der Auskunft den Namen ihres Informanten preiszugeben. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass das Geheimhaltungsinteresse das Auskunftsinteresse jedenfalls dann überwiege, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Informant wider besseres Wissen oder leichtfertig falsche Behauptungen aufgestellt habe. Grundsätzlich seien die Behörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf die Informationen Dritter angewiesen. An der Aufrechterhaltung dieses Informationsflusses bestehe ein rechtsstaatliches öffentliches Interesse, das durch die Geheimhaltung der Informantenidentität gewährleistet werde. Ob den Klägern zivilrechtliche Ansprüche zustünden, könnte deshalb dahinstehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft, denn die behördliche Entscheidung über die Gewährung des Informationszugangs stellt einen Verwaltungsakt dar.

Vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.05.2011 - OVG 12 N 20.10 - juris; Urteil der Kammer vom 18.03.2014 - 26 K 5849/12 - ; VG Berlin, Urteil vom 15.05.2013 - 2 K 8.13 - juris; VG Saarbrücken, Beschluss vom 04.12.2007 - 10 K 1140/07 - juris; VG Minden, Urteil vom 18.08.2004 - 3 K 4613/03 - juris, m.w.N; offen gelassen für die Erteilung einer Auskunft aus dem Melderegister von OVG NRW, Beschluss vom 10.09.2013 - 16 E 190/13 - juris und Beschluss vom 04.04.1979 - XV A 2716/78 - juris.

Durch die mit Schreiben vom 17. Mai 2013 mitgeteilte Entscheidung der Beklagten, den Meldevorgang mit Schwärzung eines Namens auf Seite 2 zu übersenden, mithin den Klägern die gewünschte Information nur beschränkt - nämlich ohne namentliche Benennung des Informanten - zur Verfügung zu stellen, hat die Beklagte den auf vollständige Akteneinsicht bzw. Auskunft gerichteten Antrag teilweise abgelehnt und hierdurch eine die Kläger belastende Entscheidung getroffen.

Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens vor Klageerhebung bedurfte es nach § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO i.V.m. § 110 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen - JustG NRW) nicht.

Die Klage ist auch nicht wegen Versäumung der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO unzulässig, denn mangels einer der Ablehnungsentscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrung ist die Klagefrist nicht in Gang gesetzt worden, so dass die Klage innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Entscheidung zulässig ist (§ 58 VwGO).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht bzw. Information.

Die Kläger können ihren Anspruch zunächst nicht auf Vorschriften des Meldegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Meldegesetz NRW - MG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. September 1997 oder auf Vorschriften des noch bis 31. Dezember 2014 fortgeltenden Melderechtsrahmengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 2002 (MRRG) stützen.

Nach § 7 Nr. 1 MRRG i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 MRRG hat die Meldebehörde dem Betroffenen auf Antrag Auskunft zu erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Daten und Hinweise, auch soweit sie sich auf deren Herkunft beziehen. Allerdings unterbleibt die Auskunft nach § 8 Abs. 3 MRRG, wenn sie die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Meldebehörde liegenden Aufgaben gefährden würde (Nr. 1) , oder die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss (Nr. 3).

Die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Meldebehörde wäre gefährdet, wenn im vorliegenden Fall die Identität des Informanten durch entsprechende Auskunft preisgegeben würde. Gemäß § 1 Abs. 1 MRRG haben die für das Meldewesen zuständigen Behörden der Länder (Meldebehörden) die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Personen (Einwohner) zu registrieren, um deren Identität und Wohnungen feststellen und nachweisen zu können. Die Meldebehörden erteilen Melderegisterauskünfte, wirken bei der Durchführung von Aufgaben anderer Behörden oder sonstiger öffentlicher Stellen mit und übermitteln Daten. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben führen die Meldebehörden Melderegister. Diese enthalten Daten, die bei den Betroffenen erhoben, von Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen übermittelt oder sonst amtlich bekannt werden. Die von der Meldebehörde erhobenen Daten dienen zum einen der Feststellung der Identität der Einwohner zum anderen aber auch der allgemeinen Aufgabenerfüllung der Gemeinden und der Wahrnehmung der Rechte der Einwohner wie zum Beispiel die Teilnahme an Wahlen. Darüber hinaus werden die Daten auch zur Weiterleitung an Behörden oder sonstige öffentliche Stellen (Landesamt für Statistik, Meldebehörden anderer Gemeinden, Religionsgemeinschaften) verwendet. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben sind die Behörden auch auf Informationen durch Dritte angewiesen, weil sich Fragen zur Identität oder zum Wohnsitz bei unklaren Aufenthaltsverhältnissen gerade nicht allein nach Aktenlage und aufgrund der von den Betroffenen zur Verfügung gestellten Informationen beantworten lässt. Die Bereitschaft, derartige Informationen zu erteilen, wäre aber erheblich eingeschränkt, wenn der Informant stets davon ausgehen müsste, dass sein Name bekannt wird und er - unabhängig davon, ob er richtige oder schuldhaft falsche Angaben gemacht hat - befürchten müsste, mit zivilrechtlichen Prozessen überzogen zu werden.

Auch aus landesrechtlichen Vorschriften ergibt sich kein Anspruch der Kläger auf Preisgabe des Informantennamens.

Gemäß § 9 Abs. 1 MG NRW hat die Meldebehörde dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten einschließlich der zum Nachweis ihrer Richtigkeit gespeicherten Hinweise sowie über den Zweck und die Rechtsgrundlage der Speicherung und - außer in den Fällen des § 34 Abs. 1 - über die Empfänger von Übermittlungen schriftlich zu erteilen. Vorliegend dürfte es sich allerdings bei dem Namen des Informanten nicht um einen Hinweis handeln, der zum Nachweis der Richtigkeit der gespeicherten Daten gespeichert ist. Denn die von dritter Seite gegebene Information hat sich - wie von der Beklagten eingeräumt wird - als falsch herausgestellt. Diese Information einschließlich der Personalien des Informationsgebers ist gerade nicht Grundlage der gespeicherten Daten.

Ungeachtet dessen kann dahingestellt bleiben, ob der Name des Informanten zu den in der Vorschrift genannten Hinweisen gehört, die zum Nachweis der Richtigkeit der Daten gespeichert sind. Denn jedenfalls steht einer Auskunftserteilung § 9 Abs. 3 Nr. 4 MG NRW entgegen, wonach die Auskunft zu verweigern ist, soweit die personenbezogenen Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen einer dritten Person, geheim gehalten werden müssen. Insoweit geltend die Ausführungen zum Auskunftsanspruch nach dem MRRG entsprechend.

Ein Anspruch ergibt sich ebenfalls nicht aus dem Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen - DSG NRW - ) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Juni 2000, das gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 MG NRW hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 DSG NRW ist der betroffenen Person von der verantwortlichen Stelle auf Antrag Auskunft zu erteilen u. a. über die Herkunft der zu ihrer Person verarbeiteten Daten. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Der Begriff der personenbezogenen Daten ist in § 3 Abs. 1 des Datenschutzgesetzes NRW (DSG NRW) definiert. Personenbezogene Daten sind danach Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (betroffene Person). Zu den personenbezogenen Daten gehören grundsätzlich alle Informationen, die über die Bezugsperson etwas aussagen, unabhängig davon, welcher Lebensbereich angesprochen ist, einschließlich der sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen Beziehungen der Person zu ihrer Umwelt.

BVerwG, Urteil vom 24.03. 2010 - 6 A 2.09 - DVBl 2010, 1307.

Name und Anschrift einer Person sind "klassische" personenbezogene Daten.

OVG NRW, Urteil vom 01.03. 2011 - 8 A 2861/07 - juris.

Bei den von der Beklagten gespeicherten bzw. verarbeiteten Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten der Klägerin und ihrer Kinder im Sinne dieser Bestimmung, da diese Einzelangaben über die persönlichen und sachlichen Verhältnisse der Kläger darstellen (vgl. § 3 Abs. 1 DSG NRW). Denn die Tatsachen, ob die Klägerin und ihre Kinder sich im Bezirk der Beklagten aufhalten oder dauerhaft in Polen wohnhaft sind, stellen Informationen dar, die über die Kläger eine Aussage treffen; sie sind mithin personenbezogene Daten im Sinne des Gesetzes. Diese Daten sind verarbeitet worden. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 DSG NRW fällt unter Datenverarbeitung auch das Erheben personenbezogener Daten. Unter Erheben ist nach Satz 2 Nr. 1 dieser Bestimmung das Beschaffen von Daten über die betreffende Person ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren zu verstehen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Die Pflicht zur Auskunftserteilung bezieht sich im Grundsatz auch auf die Herkunft der Daten. Denn unter diesen Begriff fallen auch Name und Anschrift der Person, durch die die datenverarbeitende Stelle über die personenbezogenen Daten informiert worden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 03.09.1991 - 1 C 48/88 - BVerwGE 89, 14.

Dem hiernach grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Auskunftserteilung steht jedoch § 18 Abs. 3 DSG NRW entgegen. Diese Vorschrift enthält Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung entfällt. Nach Buchst. a) dieser Bestimmung entfällt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung, soweit dies die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der verantwortlichen Stelle erheblich gefährden würde.

So liegt der Fall hier. Insoweit geltend die Ausführungen zum Auskunftsanspruch nach dem MRRG entsprechend.

Nach Buchst. c) des § 18 Abs. 3 DSG NRW entfällt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung außerdem, soweit die personenbezogenen Daten wegen der berechtigten Interessen einer dritten Person geheim gehalten werden müssen. Dabei stellt grundsätzlich das auf die Geheimhaltung ihrer Personalien gerichtete Interesse einer dritten Person, der Vertraulichkeit zugesichert worden ist, ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse im Sinne dieser Regelung dar. Dies gilt grundsätzlich unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Information, auch wenn unrichtige Informationen für die Aufgabenerfüllung der Behörden letztlich ohne oder von nur geringem Wert sind. Denn die Behörden können die für ihre Aufgabenerfüllung unentbehrlichen Informationen Dritter nur erwarten, wenn nicht schon jede geringe Nachlässigkeit des Informanten bei seinen Ermittlungen zu seiner Preisgabe führt.

BVerwG, Urteil vom 03.09. 1991 - 1 C 48/88 - BVerwGE 89, 14.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass wider besseres Wissen oder leichtfertig unwahre Tatsachen behauptet worden sind. In einem derartigen Fall ist der Informant nicht schutzwürdig. Sein Interesse an der Geheimhaltung der Personalien kann nicht als berechtigt i.S.d. § 18 Abs. 3 Buchst. c) DSG NRW angesehen werden.

OVG NRW, Urteil vom 22. 11.2001 - 1 A 4855/99 - juris.

Derartige Anhaltspunkte liegen jedoch nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus dem Verwaltungsvorgang, dass die um Auskunft ersuchte Vermieterin der Kläger im Dezember 2012 mitgeteilt hat, die Kinder der Kläger kämen immer in den Ferien, sie seien zuletzt im August hier gewesen. Halten sich aber die Kinder nur oder vorwiegend in den Schulferien bei den Klägern auf, gibt es also durchaus längere Zeiten der Abwesenheit, so kann nicht ansatzweise davon gesprochen werden, der Informant der Beklagten habe leichtfertig gehandelt, als er die Auskunft erteilte, die Klägerin lebe mit ihren Kindern z. Zeit in Polen.

Ein Informationsrecht hinsichtlich der Personalien des Informanten folgt auch nicht aus § 4 Abs. 1 IFG NRW. Nach dieser Vorschrift hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.

Zwar kann ein Einsichtsgesuch auf § 4 Abs. 1 IFG NRW gestützt werden, auch wenn das Verwaltungsverfahren bereits abgeschlossen ist oder das Begehren von einem nicht am Verwaltungsverfahren Beteiligten ausgeht.

OVG NRW, Bescvhluss vom 31.01.2005 - 21 E 1487/04 - juris.

Jedoch steht hier der Erteilung der begehrten Information die Vorschrift des § 9 IFG NRW - Schutz personenbezogener Daten - entgegen. Gemäß § 9 Abs. 1 IFG NRW ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der Information personenbezogene Daten offenbart werden, es sei denn, es ist einer der in Buchst. a) bis e) genannten Tatbestände erfüllt.

Da vorliegend ausweislich des im Verwaltungsvorgangs enthaltenen Vermerks (Beiakte Heft 2, Bl. 22) die betroffene Person nicht eingewilligt hat, die Offenbarung auch nicht durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erlaubt oder zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Allgemeinwohl oder von Gefahren für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder sonstiger schwerwiegender Beeinträchtigungen der Rechte Einzelner geboten ist, kommt hier allein der Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 1 Buchst. e) in Betracht. Hiernach dürfen ausnahmsweise personenbezogene Daten offenbart werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Information geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Person der Offenbarung nicht entgegenstehen.

Hier führt jedoch die Abwägung des von den Klägern angeführten rechtlichen Interesses - Möglichkeit zur Geltendmachung eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs - mit den schutzwürdigen Belangen der betroffenen Person - nämlich von einer derartigen Schadensersatzforderung verschont zu bleiben - zu einem überwiegenden Interesse des Dritten. Ausgehend davon, dass ein Überwiegen des Interesses der Kläger nur dann in Betracht kommt, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass der Informant wider besseres Wissen oder in der vorgefassten Absicht, den Ruf der Kläger zu schädigen, gehandelt hat oder dem Beklagten leichtfertig falsche Informationen übermittelt haben könnte,

vgl. BVerwG, Urteil vom 04.09. 2003 - 5 C 48.02 - BVerwGE 119, 11,

obliegt es den Klägern, konkrete Anhaltspunkte darzulegen oder zumindest zu benennen, die Anlass zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung geben können.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 04.09.2003 - 5 C 48.02 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 09. April 2008 - 8 E 1124/07 - juris

Daran fehlt es hier.

Schließlich kommt ein Anspruch auf Akteneinsicht oder zumindest Auskunft über den Informanten und die von ihm gemachten Angaben auch nicht nach § 83 Abs. 1 Nr. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (SGB X) in Betracht. Nach dieser Vorschrift ist dem Betroffenen auf Antrag Auskunft zu erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen. Diese Regelung ist aber schon deshalb nicht einschlägig, weil es sich bei den von der Meldebehörde gespeicherten Daten nicht um Sozialdaten im Sinne des § 67 SGB X handelt.

Sozialdaten sind gemäß § 67 Abs. 1 S. 1 SGB X Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 des Ersten Buches genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. In § 35 SGB I genannte Stellen sind die Leistungsträger und andere Stellen, soweit sie Aufgaben nach diesem Gesetz oder andere ausdrücklich genannte Aufgaben ausführen. Hierzu gehört die Meldebehörde einer Gemeinde nicht.

Ungeachtet dessen gilt: Gemäß § 83 Abs. 4 Nr. 3 SGB X unterbleibt die Auskunftserteilung, soweit die Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen, und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. Insoweit kann auf das oben Gesagte verwiesen werden. Denn bei der Abwägung des konkreten Interesses der Kläger an der Auskunftserteilung mit den berechtigten Interessen des Dritten an einer Geheimhaltung seines Namens und der von ihm gemachten Angaben ist zu berücksichtigen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Informant wider besseres Wissen oder leichtfertig der Behörde unrichtige Informationen gegeben hat.

vgl. auch BVerwG, Urteil vom 04.09.2003 a.a.O.

Da die Kläger die Akteneinsicht oder Auskunft nicht zum Zweck des Rechtsschutzes gegen eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt benötigten, sondern für ein etwaiges Vorgehen gegen den Informanten, ist auch Art. 19 Abs. 4 GG nicht einschlägig.

BVerwG, Urt. v. 23.06.1982 - 1 C 222.79 - NJW 1983, 2954; OVG Lüneburg, Urteil vom 14.08.2002 - 4 LC 88/02 - juris.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.