LG Marburg, Urteil vom 18.03.2013 - 1 O 64/12
Fundstelle
openJur 2014, 10206
  • Rkr:
Tenor

Es wird festgestellt, dass der auf der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 24. März 2012 gefasste Beschluss einer Änderung der Satzung mit dem Inhalt

a)

„§ 1 Name, Sitz und Geschäftsjahr

(1) Der Verein führt den Namen „A-Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde (A Geschichtsverein).“,

b)

㤠2 Ziele und Aufgaben

(1) Er kann zu diesem Zweck mit dem „Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde B 1834“ zusammenarbeiten und gemeinsame Publikationen herausbringen.“,

c)

„§ 3 Mitgliedschaft und Beiträge

(1) Die Aufnahme der Mitglieder (Einzelpersonen und Kooperationen) erfolgt aufgrund schriftlicher Anmeldung durch den Vorstand.

(2) Die Mitgliedschaft erlischt durch Tod, Austritt oder Ausschluss. Im Todesfall erlöschen die beiderseitigen Verbindlichkeiten sofort. Der Austritt erfolgt durch schriftliche Anmeldung beim Vorstand, spätestens drei Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres. Die Abmeldung befreit nicht von der Leistung des Beitrags für das laufende Jahr. Der Ausschluss durch den Vorstand kann erfolgen, wenn das Mitglied mit mehr als einem Jahresbeitrag trotz Anmahnung im Rückstand ist oder wenn das Mitglied den Vereinsinteressen gröblich zuwiderhandelt.

(3) Gegen die Ablehnung der Aufnahme oder den Ausschluss kann innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides Einspruch beim Vorstand erhoben werden. Die endgültige Entscheidung trifft die nächste Mitgliederversammlung.

(4) Der Mitgliedsbeitrag wird von der Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Vorstands festgesetzt. Die Mitgliederversammlung kann für Ehe- und Lebenspartner von Mitgliedern, für Schüler und Studenten und in anderen begründeten Fällen eine Ermäßigung des Beitrages beschließen.“

nichtig ist.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, gegründet am … 1834, ist Gliedverein des von ihm mitbegründeten Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. Zugleich ist er Hauptverein für 18 Zweigvereine,die mit Ausnahme des Beklagten wie des Geschichtsvereins in Stadt1.nicht eingetragene Vereine sind. Der Kläger wird vertreten durch den Hauptvorstand. Beschlussfassendes Gremium ist der Hauptausschuss, dem Delegierte unterschiedlicher Zahl aus allen Zweigvereinen angehören, wobei die Delegiertenzahl von der Mitgliederzahl der einzelnen Zweigvereine abhängt. Der Kläger gibt wissenschaftliche Publikationen heraus.

Der Beklagte ist seit 1937 eingetragener Verein. Er wird vertreten durch einen neunköpfigen Vorstand, der sich durch einen neunköpfigen Beirat beraten lässt. Der Beklagte gibt die wissenschaftliche Reihe A Beiträge zur hessischen Geschichte heraus.

§ 4 der Satzung des Klägers, zu deren weiteren Einzelheiten verwiesen wird auf die Satzung vom 19. September 2009 (Bl.14 ff.),lautet wie folgt:

§ 4 Untergliederung

(1)

Zur Förderung der örtlichen Zusammenarbeit können sich die Mitglieder zu Zweigvereinen zusammenschließen.

Die Zweigvereine können in ihrem Namen außer der Bezeichnung „Verein für hessische Geschichte und Landeskunde B 1834e.V.“ einen den räumlichen Tätigkeitsbereich kennzeichnenden Zusatz (z.B. Zweigvereinen …oder/und Hinterländer Geschichtsverein) führen.

(2)

Die Zweigvereine sind Mitglieder des Hauptvereins. Sie regeln ihr Vereinsleben selbstständig. Sie können eigene Satzungen aufstellen, die der vorliegenden Satzung nicht entgegenstehen dürfen; die Satzungen müssen vom Hauptvorstand bestätigt werden.Soweit keine besondere Satzung vorliegt, ist die Satzung des Vereins sinngemäß anzuwenden.

(3)

Jeder Zweigverein wählt einen Vorstand, dessen Mitglieder dem Hauptvorstand namentlich anzuzeigen sind. Dieser Vorstand hat die Mitgliederlisten zu führen, die An und Abmeldungen dieser Mitglieder den Hauptvorstand zu übermitteln und die Erhebung und Abführung der Beiträge an den Hauptverein zu besorgten.

(5)

Die Zweigvereine erhielten für ihre eigenen Bedürfnisse einen Zuschlag zu dem allgemeinen Mitgliedsbeitrag.

Mit Schreiben vom 16. Februar 2012 (Bl.23 ff.) wurde den Mitgliedern des Beklagten durch dessen Vorstand der Entwurf einer Satzungsänderung übermittelt, der mit Ziel der Verselbständigung des Beklagten zu den Regelungsgegenständen Name, Ziele und Aufgaben sowie Mitgliedschaft und Beiträge folgende Neuregelungen vorsah:

„§ 1 Name, Sitz und Geschäftsjahr

(1) Der Verein führt den Namen „A Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde (A Geschichtsverein).“,

㤠2 Ziele und Aufgaben

(1) Er kann zu diesem Zweck mit dem „Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde B 1834“ zusammenarbeiten und gemeinsame Publikationen herausbringen“,

„§ 3 Mitgliedschaft und Beiträge

(1) Die Aufnahme der Mitglieder (Einzelpersonen und Kooperationen) erfolgt aufgrund schriftlicher Anmeldung durch den Vorstand.

(2) Die Mitgliedschaft erlischt durch Tod, Austritt oder Ausschluss. Im Todesfall erlöschen die beiderseitigen Verbindlichkeiten sofort. Der Austritt erfolgt durch schriftliche Anmeldung beim Vorstand, spätestens drei Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres. Die Abmeldung befreit nicht von der Leistung des Beitrags für das laufende Jahr. Der Ausschluss durch den Vorstand kann erfolgen, wenn das Mitglied mit mehr als einem Jahresbeitrag trotz Anmahnung im Rückstand ist oder wenn das Mitglied den Vereinsinteressen gröblich zuwiderhandelt.

(3) Gegen die Ablehnung der Aufnahme oder den Ausschluss kann innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides Einspruch beim Vorstand erhoben werden. Die endgültige Entscheidung trifft die nächste Mitgliederversammlung.

(4) Der Mitgliedsbeitrag wird von der Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Vorstands festgesetzt. Die Mitgliederversammlung kann für Ehe- und Lebenspartner von Mitgliedern, für Schüler und Studenten und in anderen begründeten Fällen eine Ermäßigung des Beitrages beschließen.“

Die vorgeschlagene Satzungsänderung wurde in der Mitgliederversammlung vom 24. März 2012 durch die Mitglieder beschlossen.

Der Beklagte hat beim Amtsgericht -Registergericht- Marburg am 10. April 2012 den Antrag auf Eintragung der beschlossenen Satzungsänderungen gestellt. Gegen die in Hinblick auf das hiesige Verfahren durch das Amtsgericht – Registergericht –Marburg getroffene Aussetzungsentscheidung hat der Beklagte das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt, die dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 20 W 354/12 – zur Entscheidung vorliegt.

Der Kläger ist der Auffassung, die in der Mitgliederversammlung vom 24. März 2012 zu §§ 1,2 und 3 der Satzung des Beklagten beschlossene Satzungsänderung verstoße gegen § 4 der Satzung des Klägers und sei mit der Rechtslage zu dem Verhältnis von Hauptverein zu Zweigverein und der Rechtsstellung der Mitglieder nicht vereinbar. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte sei an die einschlägigen Bestimmungen der Verfassung des Hauptvereins gebunden,

Nachdem der Kläger in der Klageschrift vom 11. April 2012zunächst einen mit dem Ziel der Rücknahme des Eintragungsantrages gestellten Hauptantrag angekündigt hat sowie hilfsweise einen Antrag auf Beantragung der Löschung einer entsprechenden Eintragung sowie höchsthilfsweise einen Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit entsprechender Beschlussfassung, hat er auf Hinweis des Gerichts, dass das Begehren des Klägers im Wege der Feststellungsklage zu verfolgen sei, in der mündlichen Verhandlung erklärt, lediglich den als höchsthilfsweise angekündigten Antrag stellen zu wollen.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der auf der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 24. März 2012 gefasste Beschluss einer Änderung der Satzung mit dem Inhalta)„§ 1 Name, Sitz und Geschäftsjahr(1) Der Verein führt den Namen „A Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde (A Geschichtsverein).“,b)„§ 2 Ziele und Aufgaben(1) Er kann zu diesem Zweck mit dem „Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde B 1834“ zusammenarbeiten und gemeinsame Publikationen herausbringen.“,c)„§ 3 Mitgliedschaft und Beiträge(1) Die Aufnahme der Mitglieder (Einzelpersonen und Kooperationen)erfolgt aufgrund schriftlicher Anmeldung durch den Vorstand.(2) Die Mitgliedschaft erlischt durch Tod, Austritt oder Ausschluss. Im Todesfall erlöschen die beiderseitigen Verbindlichkeiten sofort. Der Austritt erfolgt durch schriftliche Anmeldung beim Vorstand, spätestens drei Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres. Die Abmeldung befreit nicht von der Leistung des Beitrags für das laufende Jahr. Der Ausschluss durch den Vorstand kann erfolgen, wenn das Mitglied mit mehr als einem Jahresbeitrag trotz Anmahnung im Rückstand ist oder wenn das Mitglied den Vereinsinteressen gröblich zuwiderhandelt.(3) Gegen die Ablehnung der Aufnahme oder den Ausschluss kann innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides Einspruch beim Vorstand erhoben werden. Die endgültige Entscheidung trifft die nächste Mitgliederversammlung.(4) Der Mitgliedsbeitrag wird von der Mitgliederversammlung auf Vorschlag des Vorstands festgesetzt. Die Mitgliederversammlung kann für Ehe- und Lebenspartner von Mitgliedern, für Schüler und Studenten und in anderen begründeten Fällen eine Ermäßigung des Beitrages beschließen.“nichtig ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, kraft seiner eigenen Vereinsautonomie berechtigt zu sein, die Satzungsänderung, wie sie am 24. März 2012 beschlossen worden ist, registergerichtlich wahren zu lassen. Das Gliedverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger (Zweigvereinsverhältnis) bestehe nicht mehr. Der Beklagte habe sich ursprünglich freiwillig in ein Mitgliedschaftsverhältnis zum Kläger und in die Rolle des Zweigvereins mit der Folge insbesondere der Abführungsverpflichtung begeben. Das Gliedschaftsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten sei ein Dauerrechtsverhältnis. Als solches stehe es ungeachtet satzungsgemäß statuierter Bindungen unter dem Rechtsgrundsatz der Auflösbarkeit, jedenfalls in rechtsanaloger Anwendung des §§ 723BGB bei Bestehen eines wichtigen Grundes. Ein solcher liege vor,nachdem der Kläger durch die Art und Weise langjähriger satzungswidriger Verwendung von Beitragsmitteln für Verwaltungsaufwand statt für wissenschaftliche Zwecke trotz Monita insbesondere des Beklagten in schwerwiegender Weise gegen die eigene Satzung, mittelbar auch gegen die Satzung des Beklagten,schließlich gegen die aus dem Mitgliedschaftsverhältnis sich ergebenden Treueverpflichtungen verstoßen habe.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf die Klageschrift vom 11. April 2012 (Bl.1 ff.), die Schriftsätze des Klägers vom 6. August 2012 (Bl. 106 ff.), 8. August 2012 (Bl. 121),3. Dezember 2012 (Bl. 163 ff.) und die des Beklagten vom 19. Juni 2012 (Bl. 37 ff.), 19. November 2012 (Bl. 125 ff.), 7. Dezember 2012 (Bl. 170 ff.), 28. Januar 2012 (Bl. 180 ff.) jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klage ist zulässig. Die Nichtigkeit eines auf der Mitgliederversammlung eines Vereins gefassten Beschlusses ist durch Feststellungsklage gegen den Verein nach § 256 ZPO geltend zu machen. Das für die Zulässigkeit nach vorgenannter Vorschrift erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ist gegeben. Zwar wird ein anerkennenswertes Feststellungsinteresse bei außerhalb des Vereins stehenden Dritten grundsätzlich nicht bejaht werden können, so dass regelmäßig nur Mitglieder eines Vereins wie auch die Organe eines Vereins berechtigt angesehen werden, die Nichtigkeit von Mitgliederbeschlüssen gerichtlich geltend zu machen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 – II ZR 111/05 – [zitiert nach Juris]). Es kann jedoch auch bei Dritten bestehen, deren Rechte der angefochtene Beschluss berührt (vgl. Soergel-Hadding, Bürgerliches Gesetzbuch, 13. Aufl., § 32, Rz.40). So liegt der Fall hier, in dem der Kläger als Hauptverein geltend macht, dass die gegenständliche Satzungsänderung mit der Satzung des Hauptvereins nicht vereinbar ist und zudem ohne die erforderliche Bestätigung des Hauptvorstandes des Klägers die registergerichtliche Eintragung herbeigeführt werden soll.

Die Klage ist auch begründet.

Der Beschluss der Mitgliederversammlung vom 24. März 2012 zur streitgegenständlichen Satzungsänderung ist nichtig.

Für das Vereinsrecht gilt der Grundsatz, dass der Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung den Beschluss der Mitgliederversammlung nichtig machen (vgl. Palandt-Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., § 32, Rz.9 sowie BGH, Urteil vom 2. Juli 2007 – II ZR 111/05 – [zitiert nach Juris]). Der Beschluss zur Satzungsänderung verstößt gegen die Satzung, hier § 4 der auch für den Beklagten Geltung beanspruchenden Satzung des Klägers, wie auch das Mitgliedschaftsrecht des einzelnen Mitgliedes.

Nicht gefolgt werden kann zunächst der Auffassung des Beklagten zur rechtlichen Einordnung der zwischen den Parteien bestehenden Struktur. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann vorliegend nicht von einem Gliedschaftsverhältnis des Beklagten zum Kläger ausgegangen werden, das den Beklagten aus eigenem Recht in die Lage versetzt, sich von dem Kläger zu lösen.

Hierbei gilt es zur Struktur mitgliederstarker Großverbände darauf zu verweisen, dass diese zum einen als sogenannter Vereinsverband zu finden sind, der sich - einem Staatenbund ähnlich – im Wesentlichen aus ihrerseits selbständigen Vereinen als Mitgliedern zusammensetzt. Daneben gibt es den – auch als Hauptverein bezeichneten – Großverein, der – wie ein Bundesstaat – zwar selbständige Untergliederungen hat, jedoch seine Mitgliedschaft unmittelbar aus den natürlichen Personen rekrutiert. Wie die Bürger der Bundesrepublik zugleich Bundes- und Landesbürger sind, so sind die Mitglieder des Gesamtvereins zugleich Mitglieder des Gliedvereins (vgl. Münchner Kommentar-Reuter, Bürgerliches Gesetzbuch, 5. Aufl., vor § 21, Rz.123). Letzteres ist für das Verhältnis des Klägers zum Beklagten der Fall. Der Kläger ist nicht entstanden als Vereinsverband durch Zusammenschluss bereits bestehender Zweigvereine. Für einen – hier auch nicht streitgegenständliche – Austritt des Beklagten ist kein Raum. Der Beklagte ist nicht selbst dem Kläger als Mitglied beigetreten. Die Struktur des Klägers ist in ihrer Entwicklung vielmehr dadurch geprägt, dass natürliche Personen sich auf der Grundlage ihrer Mitgliedschaft beim Kläger zur Gründung von Zweigvereinen zusammengeschlossen haben. Auch der Beklagte selbst ist ursprünglich entstanden als Zusammenschluss von Mitgliedern des Klägers. So heißt es auch auf der Webseite des Beklagten (www….) u.a. „

Neun … gehörten bereits 1834 der Gründungsversammlung des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde an. Zu ihnen zählten die beiden Juristen C, der Vater der hessischen Verfassung von 1831, und der spätere Justizminister D. 1839 schlossen sich 20 A-Mitglieder zum ersten Zweigverein zusammen, der als eigenständiger Verein eingetragen wurde“…. Dass nach § 5 der Satzung des Klägers zu den ordentlichen Mitgliedern des Vereins neben Einzelpersonen auch Korporationen gehören können, ändert nicht die vorstehende Entwicklung und Struktur der Rechtsbeziehungen zwischen Kläger und Beklagtem.

Für das Verhältnis von Gesamtvereinen oder auch Hauptverein zum Zweigverein gilt, dass der Gesamtverein kraft Satzung Untergliederungen hat, die ihrerseits die Definitionsmerkmale eines eingetragenen oder nicht eingetragenen Vereins erfüllen. Diese sogenannten Zweigvereine sind nicht Organe des Hauptvereins, sondern selbstverantwortliche Rechtssubjekte. Die Eigenschaft der Zweigvereine als selbstständige Rechtssubjekte ändert nichts daran, dass sie Teile der Organisation des Hauptvereins sind. Deshalb hat das einzelne Mitglied nicht mehrere Mitgliedschaften (Doppelmitgliedschaft), sondern eine Mehrfachmitgliedschaft, ähnlich wie ein Bundesbürger eine Staatsbürgerschaft hat, die die staatsbürgerlichen Rechte im Bund und in dem Bundesland des Wohnsitzes vermittelt. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus unter anderem, dass die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte in den Zweigvereinen nicht nur an die Verfassungen der Zweigvereine, sondern auch an die einschlägigen Bestimmungen der Verfassung des Hauptvereins gebunden ist. Mehr noch: Als Teile der Organisation des Hauptvereins haben sich die Zweigvereine dem größeren Ganzen einzufügen, so dass im Falle der Kollision von Bestimmungen der Hauptvereinssatzung mit denen der Satzung eines Zweigvereins die Hauptvereinssatzung vorgeht (vgl. Münchner Kommentar-Reuter, a.a.O., vor § 21, Rz.131,132). Die Unterorganisation muss keine eigene Satzung haben; deren Verfassung und Zweck können in der Satzung des Gesamtvereins geregelt werden. Die Satzung des Zweigvereins kann also die des Gesamtvereins und durch diesen vorgegeben sein. Diese Wahrnehmung der Satzungsautonomie begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken, weil die Mitglieder des Zweigvereins zugleich Mitglieder des Gesamtvereins sind. Die Satzung kann auch durch den Zweigverein selbst beschlossen sein. Wenn der Zweigverein eine eigene Satzung hat, dürfen sich die Satzungen von Gesamt- und Zweigverein nicht widersprechen. (vgl. Beck'scher Onlinekommentar BGB, § 21, Rz 45 m.w.N.). Auch der Hauptverein kann seinen Untergliederungen eine Verfassung geben oder in seiner eigenen Satzung bestimmen, dass sie auch für die Untergliederungen verbindlich sei (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1984 – II ZR 168/83 - m.w.N.).

Dass die Mitglieder des Beklagten, wie im einzelnen von ihm ausgeführt, sich – auch mehrheitlich – insbesondere in der inhaltlichen Arbeit des Klägers nicht wiederfinden, so etwa in der als nicht angemessen empfundenen Bildung vermeintlich zu hoher Rücklagen wie gleichzeitig als unterdimensioniert gewerteten Mittelverwendung für die Erfüllung satzungsgemäßer Aufgaben, vermag die als Haupt- und Zweigverein bestehende rechtliche Struktur zwischen Kläger und Beklagten und die damit einhergehende Beschränkung der Satzungsautonomie des Beklagten nicht zu ändern. Auch die Bildung von Vereinsvermögen und sein Verbleib im Falle einer etwaigen Auflösung des Beklagten verändert nicht die vorhandene rechtliche Struktur. Hierbei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass gerade in der historischen Entwicklung die Vereinsautonomie dem Verein gegenüber dem Staat einen Freiraum begründen und sichern sollte. Dies bedeutet nicht das Bestehen eines rechtsfreien Raumes bei der selbständigen Regelung von Vereinsangelegenheiten wie auch das vorliegende Verfahren zeigt, rechtsgestaltende Eingriffe aus Zweckmäßigkeits- oder Billigkeitserwägungen sind Gerichten indes verwehrt.

Dass es sich bei dem Beklagten selbst um einen eingetragenen Verein handelt, steht der sich nach den vorstehenden Ausführungen ergebenden Beschränkung seiner Vereinsautonomie letztlich ebenfalls nicht entgegen. Für die insbesondere bei Eintragung eines Vereins in das Vereinsregister zu prüfende Frage, ob die Satzung mit dem ungeschriebenen Grundsatz der Vereinsautonomie vereinbar ist, gilt, dass nur solche Beschränkungen der Autonomie als unzulässig angesehen werden, bei denen der rechtliche Fremdeinfluss so stark ist, dass der Verein nicht mehr als vornehmlich von der Willensbildung und –betätigung seiner Mitglieder getragen angesehen werden kann, sondern als unselbständige Verwaltungsstelle einer anderen, organisatorischen Einheit erscheint. Bei der Abwägung, ob eine solche wesentliche Einschränkung vorliegt, ist stets zu berücksichtigen, dass die Vereine gerade wegen ihrer Autonomie berechtigt sind, sich die ihren Zwecken entsprechende Organisation selbst zu geben und diese frei zu bestimmen, soweit dem nicht zwingende Vorschriften oder dem Wesen des Vereins zu entnehmende Grundsätze entgegenstehen. Die Vereinsautonomie kann deshalb grundsätzlich auch in der Weise ausgeübt werden, dass das Selbstverwaltungsrecht eines Vereins satzungsmäßig beschränkt wird. Insbesondere ist es mit ihr vereinbar, gestufte Verbände zu schaffen, innerhalb deren die Unterverbände – sei es als rechtsfähige, sei es als nichtrechtsfähige Vereine – zu Oberverbänden in Abhängigkeit stehen, ihren Vereinscharakter dadurch aber nicht verlieren. sofern sie auch eigenständig Aufgaben wahrnehmen. Das gilt namentlich für Ortsgruppen oder andere regionale Untergliederungen, die sich entweder selbst zu einem Zentralverband zusammenschließen oder – wie hier - so organisiert sind, dass ihre Mitglieder sowohl dem Gesamtverein als auch dem örtlichen Verein angehören. Bei derartigen Zweigvereinen sind satzungsmäßige Beschränkungen des Selbstverwaltungsrechts zugunsten des Gesamtvereins nicht nur üblich, sondern grundsätzlich auch nicht zu beanstanden. Denn zum einen entsprechen sie dem Zweck des regional gegliederten, aber einheitlich organisierten Zusammenschlusses.

Zum anderen steht der Gesamtverein seinen Zweigvereinen nicht wie ein fremder Dritter gegenüber, weil seine Willensbildung ebenfalls von den gemeinsamen Mitgliedern bestimmt wird (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2012 – 14 Wx 21/11 –[zitiert nach Juris] m.w.N zur Eintragungsfähigkeit eines regionalen Zweigvereins eines Gesamtvereins in das Vereinsregister.).

Sind die in der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 24. März 2012 beschlossenen Satzungsänderungen daher auch an der Satzung des Klägers zu messen, folgt daraus ihre Nichtigkeit. Die zu § 1 der Satzung des Beklagten beschlossene Änderung des Vereinsnamens ist nicht vereinbar mit der Regelung zu § 4 (1) der Satzung des Klägers, wonach die Zweigvereine in ihrem Namen außer dem des Klägers einen näher bezeichneten Zusatz führen können. Mag zu diskutieren sein, wie förderlich es für die Vereinszwecke eines für die Geschichte eines Bundeslandes auftretenden Gesamtvereins insbesondere bei bestehenden Konfliktlagen mit Zweigvereinen sein kann, in einer solchen Konstellation – wie vorliegend im Jahr 2009 geschehen – den Vereinsnamen noch mit dem Zusatz eines einzelnen Städtenamens zu versehen, bleibt gleichwohl die zu beachtende Anforderung, dass die Namensgebung des Beklagten sich zu orientieren hat an der Satzung des Klägers. Die weiter zu § 2 und § 3 beschlossenen Satzungsänderungen spiegeln sodann wieder die strukturelle Loslösung des Beklagten vom Kläger und stellen sich insoweit als nicht vereinbar dar insbesondere mit den Regelungen unter § 4 (1), (2) und (5) der Satzung, die sich beziehen auf die Organisationsstruktur der Zweigvereine wie die Gestaltung der Beitragserhebung.

Daneben ist auch zu konstatieren, dass die beschlossenen Satzungsänderungen sich als nicht vereinbar darstellen mit der höchstpersönlichen Rechtsstellung der Mitgliedschaft. Nach § 38 Satz 2 BGB kann die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte nicht einem anderen überlassen werden. Betrifft die Vorschrift als solches unmittelbar nur die Stellung des Mitgliedes im Rechtsverhältnis zum Verein und die aus diesem Rechtsverhältnis hervorgehenden Rechte und Pflichten, muss sie umso mehr auch Geltung beanspruchen für die Abgabe rechtsgestaltender Erklärungen zu Ein- und Austritt. Die Mitgliedschaft, mit der im übrigen kein Anteil des einzelnen Mitgliedes am Vereinsvermögen verbunden ist (vgl. Palandt-Ellenberger,a.a.O., § 38, Rz.1a), endet durch Tod des Mitgliedes, Austritt, Ausschluss oder auch durch Verlust von einer Satzung vorgeschriebener persönlicher Eigenschaften bzw. Verhältnisse (vgl. Münchner Kommentar-Reuter,a.a.O., § 38, Rz.61). Sie kann jedoch nicht enden durch einen Austritt im Rahmen einer durch Mehrheitsbeschluss getroffenen Satzungsänderung. Soweit mit den auf der Mitgliederversammlung vom 24. März 2012 beschlossenen Satzungsänderungen gleichzeitig das Ende der Mitgliedschaft der Mitglieder des Beklagten beim Kläger beabsichtigt war – auch nach entsprechendem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2012 erschließt sich nicht, welche Konzeption letztlich für den Status bereits vorhandener Mitglieder beabsichtigt war, wenn im Schriftsatz vom 28. Januar 2013 unter Ziffer 4.g) ausgeführt wird, der Satzungsänderungsbeschluss schließe nicht aus, dass Einzelmitglieder persönlich Mitglieder im Hauptverein bleiben – bedeutet dies eine Ausübung des dem jeweiligen Mitglied höchstpersönlich zustehenden Rechts, durch Austritt aus einem Verein auszuscheiden. Es kann aber nicht die Mitgliederversammlung, auch nicht mit der für eine Satzungsänderung erforderlichen Mehrheit, in dieser Weise für das Mitglied handeln. Die Satzung des Beklagten sieht eine solche Möglichkeit im Übrigen nicht vor, auch dürfte insoweit kein dispositives Recht im Sinne des § 40 BGB gegeben sein. Soweit mit den auf der Mitgliederversammlung vom 24. März 2012 beschlossenen Satzungsänderungen hingegen das Bestehen einer Mitgliedschaft beim Kläger wie das einer Mitgliedschaft beim Beklagten (dann wohl auch mit Pflicht zur jeweiligen Beitragszahlung) beabsichtigt war, bedeutet auch diese eine in die höchstpersönliche Rechtsstellung eines jeden Einzelnen eingreifende Ausübung des Rechtes, darüber zu befinden, ob und welchem Verein man angehören will. Das Mitglied, das bis dahin über eine (Mehrfach-)Mitgliedschaft verfügte, findet sich nach der Satzungsänderung nunmehr wieder mit zwei Vereins-Mitgliedschaften und damit einhergehenden Ausweitungen (etwa bei Begleichung der Beitragszahlungen an zwei verschiedene Empfänger oder bei Beachtung unterschiedlicher Ausgestaltung von Mitgliedsrechten). Aus dies dürfte sich als nicht vereinbar darstellen mit dem Individualrecht des einzelnen Mitgliedes.

Die Kostenentscheidung folgt aus §91 Abs.1 ZPO. Soweit in der alleinigen Stellung des zunächst höchsthilfsweise angekündigten Feststellungsantrages eine jedenfalls konkludente Klagerücknahme des zunächst angekündigten Haupt- wie auch Hilfsantrages zu erblicken ist, war eine Kostenquotelung in Anwendung von §§ 92 Abs.1, 269 Abs.3 ZPO nicht veranlasst. Wenn der Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben wird, ist einem Kläger nach § 92 ZPO nur dann ein Teil der Kosten aufzuerlegen, wenn der Wert des Hauptantrages den Wert des Hilfsantrages übersteigt (vgl. BGH LM Nr.8 zu § 92 ZPO [zitiert nach Juris]). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr sind sämtliche angekündigten Anträge auch in Hinblick auf die Streitwertbemessung von wirtschaftlicher Identität, so dass nicht von einem Teilunterliegen ausgegangen werden kann.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.