OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2013 - I-12 U 114/12
Fundstelle
openJur 2014, 10035
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 21. Mai 2012 verkündete Urteil

des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird

zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der

Streithelferin, trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch

Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt aus dem Urteil zu

vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte oder

deren Streithelferin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu

vollstreckenden Betrages geleistet haben.

Gründe

A.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma A (im Folgenden: Schuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 23.1.2009 mit Beschluss vom 30.3.2009 eröffnet.

Die Schuldnerin hat an ihr gehörenden Eigentumswohnungen zur Sicherung eines ihrem Geschäftsführer von der Beklagten gewährten Darlehens eine Briefgrundschuld bestellt. Aus der Veräußerung der Eigentumswohnungen im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ist an die Beklagte ein Erlös in Höhe von 279.680,52 Euro ausgekehrt worden, dessen Rückgewähr zur Insolvenzmasse der Kläger im Wege der Insolvenzanfechtung bzw. nach den Vorschriften der ungerechtfertigter Bereicherung begehrt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages nebst der gestellten Sachanträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage habe keinen Erfolg, weil dem Kläger der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 279.680,52 Euro nebst Zinsen weder nach den Vorschriften der Insolvenzordnung noch nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) zustehe. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlich gestellten Klageantrag weiterverfolgt und dazu vorträgt:

Die Beklagte sei zur Auskehr des ihr zugeteilten Versteigerungserlöses verpflichtet. Die im Jahre 2007 erfolgte Grundschuldbestellung durch die Schuldnerin sei gemäß § 134 InsO anfechtbar. Die Schuldnerin habe die Grundschuld der Streithelferin der Beklagten bestellt. Da die Streithelferin der Beklagten als Empfängerin der Leistung für diese keine Gegenleistung erbracht habe, habe es sich bei der Grundschuldbestellung um eine gemäß § 134 InsO anfechtbare unentgeltliche Leistung der Schuldnerin gehandelt. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch richte sich gemäߠ § 145 Abs. 2 Ziffer 2 und 3 InsO gegen die Beklagte, nachdem deren Streithelferin ihr die von der Schuldnerin bestellte Grundschuld abgetreten habe.

Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen die Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte trägt dazu vor:

Sie sei originäre Zuwendungsempfängerin der von der Schuldnerin bestellten Grundschuld gewesen, weil ihre Streithelferin ihr diese -entgegen der Ansicht des Landgerichts- wirksam im Voraus abgetreten habe. Auch ohne eine wirksame Vorausabtretung sei sie als eigentliche Zuwendungsempfängerin anzusehen, da die Grundschuld ihr auf Grund der mit ihrer Streithelferin getroffenen Treuhandabrede wirtschaftlich zuzuordnen sei. Die Voraussetzungen des § 145 Abs. 2 InsO lägen nicht vor.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers hat aus den in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörterten Gründen des Senatsbeschlusses vom 30.09.2013 in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht seine Klage auf Zahlung von 279.680,52 Euro nebst Zinsen abgewiesen. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch steht dem Kläger weder nach den Vorschriften der Insolvenzordnung noch nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) zu.

I.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein insolvenzrechtlicher Rückgewähranspruch gemäß den §§ 134, 143 Abs. 1 InsO zu. Die Beklagte ist zwar die (eine) geeignete Anfechtungsgegnerin, die Voraussetzungen für eine hier allein in Betracht kommende Anfechtung der Grundschuldbestellung gemäß § 134 InsO liegen aber nicht vor.

1.

Die Beklagte ist die richtige Anfechtungsgegnerin, weil sie aus dem Vermögen der Schuldnerin die von dieser am 7.3.2007 bewilligte Grundschuld an deren Eigentumswohnungen erlangt hat. Dem steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin die Grundschuld nicht für die Beklagte, sondern für deren Streithelferin bewilligt hat. Dies beruhte auf Ziffer 4 der Anlage zu dem zwischen der Beklagten und dem Geschäftsführer der Schuldnerin geschlossenen Darlehnsvertrag (Bl. 103 GA), wonach die Besicherung des Darlehens durch Eintragung einer Briefgrundschuld für die Streithelferin der Beklagten, die diese treuhänderisch für die Beklagte zu halten hatte, zu erfolgen hatte. Leistet ein Schuldner in anfechtbarer Weise an einen vom Gläubiger mit dem Empfang der Leistung beauftragten Dritten (hier: die Streithelferin der Beklagten als Treuhänderin der zu bestellenden Grundschuld), ist (auch) der Gläubiger zur Rückgewähr der Leistung verpflichtet (BGH, Urteil vom 12.3.2009, AZ: IX ZR 85/06, Rn. 2 ff, ZIP 2009, 726; Urteil vom 16.7.2009, AZ: IX ZR 53/08, Rn. 2, NZI 2010, 320; Kayser in MünchKommInsO, 3. A., 2013, Rn. 13 zu § 134 m.w.N.).

Da die Schuldnerin mit der Bestellung der Grundschuld zugunsten der von der Beklagten als Dritte benannten Streithelferin die vertragliche Verpflichtung ihres Geschäftsführers gegenüber der Beklagten erfüllt hat (§ 362 Abs. 2 BGB), war die Beklagte unmittelbare Empfängerin der Grundschuldbestellung und Rückgewährschuldnerin gemäß § 143 Abs. 1 InsO. Dass die Schuldnerin weder der Beklagten noch deren Streithelferin gegenüber zur Grundschuldbestellung verpflichtet war, steht dem nicht entgegen.

Auf eine anfechtungsrechtliche Rechtsnachfolge der Beklagten im Verhältnis zu ihrer Streithelferin im Sinne von § 145 Abs. 2 InsO auf Grund der am 19.3.2009 erfolgten Abtretung der Grundschuld an die Beklagte (K 5; Bl. 35), kommt es daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht an.

2.

Die Grundschuldbestellung durch die Schuldnerin war nicht nach dem insoweit allein in Betracht kommenden Anfechtungstatbestand § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil es sich bei ihr nicht um eine unentgeltliche Leistung der Schuldnerin gehandelt hat.

Zwar ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 1.6.2006 (AZ: IX ZR 159/04, ZIP 2006, 1362) die Besicherung einer fremden Schuld (hier der Darlehnsschuld des Geschäftsführers der Schuldnerin) grundsätzlich unentgeltlich, wenn der Sicherungsgeber -so wie hier die Schuldnerin- zur Bestellung der Sicherheit nicht auf Grund einer entgeltlich begründeten Verpflichtung gehalten war. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 11.12.2008 (AZ: IX ZR 194/07, ZIP 2009, 228) umgekehrt festgestellt, eine Besicherung sei entgeltlich, wenn der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber für seine Leistung die Kreditgewährung an einen Dritten verspreche, was hier nicht der Fall war. Hieraus lässt sich aber nicht verallgemeinernd der Schluss ziehen, dass für eine Entgeltlichkeit stets eine rechtliche Verpflichtung des Sicherungsnehmers auch gegenüber dem Sicherungsgeber gegeben sein müsse, das Darlehen an den Dritten auszureichen. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner jüngeren Entscheidung vom 20.12.2012 (AZ: IX ZR 21/12, Rn. 24, ZIP 2013, 223), auf die die Parteien in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden sind, klargestellt. Von der Schenkungsanfechtung freigestellt ist der Sicherungsnehmer vielmehr auch dann, wenn er für die Zuwendung des Schuldners eine ausgleichende Gegenleistung an diesen oder einen Dritten -wie hier dessen Geschäftsführer- erbringt. Für die Entgeltlichkeit genügt es, dass der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß eine ausgleichende Leistung an einen Dritten erbringt, ohne dass hierzu eine vertragliche Verpflichtung des Sicherungsnehmers gegenüber dem Sicherungsgeber bestehen muss. Ob die Schuldnerin gegenüber dem Drittschuldner (hier: ihrem Geschäftsführer) zu der Leistung verpflichtet war oder ein eigenes Interesse an der Leistungserbringung hatte, ist unerheblich (vgl. BGH a.a.O. Rn. 25/26).

Soweit der Kläger diese Entscheidung nicht für einschlägig hält, weil die Grundschuld der Streithelferin der Beklagten bestellt wurde und nicht diese, sondern die Beklagte das Darlehen als ausgleichende Leistung gewährt habe, ist dieser Einwand nicht durchgreifend. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung bildeten die Beklagte und ihre Streithelferin auf Grund des zwischen ihnen bestehenden Treuhandverhältnisses eine Einheit. Die im Schriftsatz des Klägers vom 17.10.2013 in Bezug genommenen Entscheidungen veranlassen keine abweichende Beurteilung. Sie befassen sich mit der hier nicht relevanten Frage, ob sich aus dem Treuhandverhältnis ein Recht auf abgesonderte Befriedigung ergeben kann. Ob von der Schuldnerin mit der Besicherung eine unentgeltliche Leistung erbracht wurde, hängt entscheidend davon ab, ob das Darlehen von der Beklagten zumindest Zugum-Zug gegen die Hereinnahme der von der Schuldnerin gestellten Sicherheit oder danach ausgereicht wurde (entgeltliche Besicherung), oder ob umgekehrt die Drittsicherheit nachträglich bestellt worden ist, so dass eine unentgeltliche Nachbesicherung vorlag (BGH a.a.O. Rn. 28, 31, 33). Hier kam die Besicherung Zug um Zug mit der Darlehensauszahlung zustande (Bewilligung am 7.3.2007; Eintragung im Grundbuch am 29.3.2007, Darlehensauszahlung am 21.3.2007), so dass die Besicherung entgeltlich und damit nicht gemäß § 134 InsO anfechtbar war.

Das Ergebnis entspricht der in § 134 InsO zum Ausdruck kommenden Wertung, dass der Empfänger der Leistung nur dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (vgl. Kayser, WM 2007, 1 ff, S. 5 unter d). Die Beklagte hat hier spiegelbildlich für die Bestellung der Grundschuld dem Geschäftsführer der Schuldnerin das vertraglich vereinbarte Darlehen in Höhe von 250.000 Euro gewährt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen auf den Seiten 12 f des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

3.

Als gemäß § 134 InsO anfechtbare Handlung der Schuldnerin kommt hier einzig deren Grundschuldbestellung in Betracht. Bei der Abtretung der Grundschuld von der Streithelferin der Beklagten an die Beklagte vom 19.3.2009 handelte es sich nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angegriffenen Urteil nicht um eine (mittelbare) Leistung der Schuldnerin an die Beklagte, so dass eine Anfechtung gemäß §§ 132, 133, 134 InsO ausscheidet. Die nach der Stellung des Insolvenzantrages am 23.1.2009 erfolgte Abtretung vom 19.3.2009 ist auch nicht gemäß §§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Zwar setzen diese Anfechtungsvorschriften keine Rechtshandlung des Schuldners voraus, die Anfechtung scheitert insoweit aber daran, dass die Beklagte nach den zutreffenden Ausführungen auf S. 16 unter c. des angegriffenen Urteils nicht Insolvenzgläubigerin ist.

Auch bei der Vorausabtretung dürfte es sich nicht um eine Rechtshandlung der Schuldnerin handeln. Jedenfalls vermag eine isolierte Anfechtung der Vorausabtretung keinen Rückgewähranspruch des Klägers zu begründen, weil die Beklagte -wie ausgeführt- unabhängig von einer Vorausabtretung originäre Empfängerin der Grundschuld war, wobei die Grundschuldbestellung unanfechtbar war, weil die Beklagte für diese eine Gegenleistung erbracht hatte. Vor diesem Hintergrund kann die Wirksamkeit der Vorausabtretung dahinstehen. Die am 3.5.2010 erfolgte Auskehr des Versteigerungserlöses an die Beklagte kann der Kläger nicht nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechten, weil die Auskehr nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss vom 30.3.2009 erfolgt ist (§ 129 Abs. 1 InsO).

II.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich auch nicht nach den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB). Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts auf S. 17 ff des angegriffenen Urteils verwiesen.

III.

Der Inhalt des nicht nachgelassenen Schriftsatzes des Klägervertreters vom 17.10.2013 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Soweit auf dessen S. 8 erstmals ausgeführt wird, dass sich der Klageanspruch in Höhe von 26.072,88 Euro jedenfalls unter dem Gesichtspunkt eines von der Beklagten erzielten Übererlöses ergebe, handelt es sich um neues Vorbringen. Der darin liegenden Klageänderung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 31.10.2013 schon nicht zugestimmt und auch das Vorbringen in der Sache bestritten.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Vor dem Hintergrund der aufgeführten Entscheidungen des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 279.681 Euro.

Die Sache befindet sich beim BGH Karlsruhe in der Revision: Az. IX ZR 257/13.

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