Bayerischer VGH, Beschluss vom 14.04.2014 - 22 C 14.598
Fundstelle
openJur 2014, 9457
  • Rkr:
Tenor

I. Unter Abänderung der Nummer III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 21. Februar 2014 wird der Streitwert für das Verfahren M 1 S 13.5407 auf 20.000,-- € festgesetzt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Durch Bescheid vom 22. Oktober 2013 verpflichtete das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen den Antragsteller zu 1), die Entfernung und ordnungsgemäße Entsorgung von auf zwei näher bezeichneten Grundstücken gelagerten Abfällen zu veranlassen, soweit diese Abfälle eine „Gesamtlagerkapazität“ von 100 t überschreiten würden und sie der Hindernisfreiheit eines Hubschrauberlandeplatzes entgegenstünden, der für ein benachbartes Grundstück luftrechtlich genehmigt wurde (Nummer 1 des Bescheidstenors). Unter der Nummer 2 des Tenors ordnete das Landratsamt die Beibringung von Nachweisen darüber an, dass die Lagerung des nicht gemäß der Nummer 1 entfernten Materials zu keiner Beschädigung des Oberflächenabdichtungssystems der unter den Abfällen befindlichen Deponie geführt habe; außerdem sei nachzuweisen, um welche Art von Stoffen es sich bei dem nicht entfernten Material handele. In der Nummer 3 des Bescheidstenors wurde u. a. dem Antragsteller zu 2) die Duldung der sich aus der Nummer 1 ergebenden Verpflichtung auferlegt.

Über die Klage, die die Antragsteller am 26. November 2013 zum Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2013 erhoben haben, wurde noch nicht entschieden.

Nachdem das Landratsamt am 21. Januar 2014 die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit dieses Bescheids aufgehoben hatte, erklärten die Beteiligten das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, das die Antragsteller gleichzeitig mit der Klageerhebung eingeleitet hatten, in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Durch Beschluss vom 21. Februar 2014 stellte das Verwaltungsgericht dieses Verfahren (Az. M 1 S 13.5407) unter Aufhebung der Kosten des Rechtsstreits gegeneinander ein und setzte den Streitwert auf 2.500,-- € fest.

Zur Begründung ihrer gegen die Streitwertfestsetzung eingelegten Beschwerde machen die Bevollmächtigten der Antragsteller geltend, angesichts des äußeren Umfangs des Bescheids vom 22. Oktober 2013, der Höhe der darin angedrohten Zwangsgelder, des Interesses am Betrieb des Hubschrauberlandeplatzes und der mit der Befolgung des Bescheids – insbesondere seiner Nummer 2 – einhergehenden Kosten erscheine die im ersten Rechtszug beantragte Festsetzung des Streitwerts für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auf 30.000,-- € als äußerst maßvoll.

II.

Die Streitwertbeschwerde wurde von den Bevollmächtigten der Antragsteller gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG aus eigenem Recht erhoben. Dies ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass eingangs des Abschnitts 4 der Beschwerdeschrift vom 10. März 2014 von einer Streitwertbeschwerde „der Kanzlei ... und ...“ die Rede ist.

Dieses Rechtsmittel, über das gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 GKG der Einzelrichter zu befinden hat, ist zulässig und zum überwiegenden Teil begründet.

Gemäß § 52 Abs. 1 GKG, hier anzuwenden in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, ist der Streitwert eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, soweit – wie hier der Fall – nichts anderes bestimmt ist, nach richterlichem Ermessen auf der Grundlage der Bedeutung festzusetzen, die die Sache ausweislich des Antrags des Rechtsschutzsuchenden für ihn besitzt. Angesichts dieses gesetzlichen Maßstabs haben entgegen dem Beschwerdevorbringen Interessen der Allgemeinheit oder Dritter, die am Betrieb des Hubschrauberlandeplatzes ggf. bestehen, bei der Streitwertbemessung ebenso außer Betracht zu bleiben wie der Umfang der Begründung des verfahrensgegenständlichen Bescheids.

Das im anhängigen Klageverfahren verfolgte Interesse des Antragstellers zu 1) geht darin, die finanzielle Belastung zu vermeiden, die sich für ihn aus dem Gebot ergibt, die von der Nummer 1 des Bescheidstenors erfasste Abfallmenge von den betroffenen Grundstücken zu entfernen und sie ordnungsgemäß zu entsorgen sowie die in der Nummer 2 des Tenors angeforderten Nachweise beizubringen. Die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Akten ermöglichen keine sichere Aussage darüber, mit welchen Kosten eine Erfüllung dieser beiden Anordnungen einhergeht. Insbesondere fehlen verlässliche Angaben über das Volumen des zu entfernenden Materials, so dass hinsichtlich der Beseitigungsverpflichtung ein Rückgriff auf die Empfehlung in der Nummer 2.4.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausscheidet. Soweit die Bevollmächtigten der Antragsteller in ihrem im Klageverfahren am 10. Februar 2014 an das Verwaltungsgericht gerichteten Schriftsatz die Kosten der Abfallbeseitigung „geschätzt auf € 100.000,00, bei vorsichtiger Schätzung mindestens € 50.000,00“ beziffert haben, wurde diese Angabe nicht nur in keiner Weise substantiiert; auch die Weite des von den Antragstellerbevollmächtigten genannten Rahmens und die ausdrückliche Kennzeichnung der vorgenannten Beträge als „Schätzung“ lassen es nicht angezeigt erscheinen, bei der Streitwertbemessung hiervon auszugehen. Soweit im Schreiben vom 10. Februar 2014 die mit einer Befolgung der Nummer 2 des angefochtenen Bescheids einhergehenden Kosten mit „mindestens“ 10.000,00 € angegeben wurden, gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend.

Pflichtgemäßer Ausübung des durch § 52 Abs. 1 GKG eröffneten gerichtlichen Ermessens entspricht es im vorliegenden Fall vielmehr, das mit der anhängigen Klage verfolgte Interesse des Antragstellers zu 1) auf 35.000,-- € zu veranschlagen. Beim Ansatz dieses Betrages lässt sich der Verwaltungsgerichtshof von dem Umstand leiten, dass ein angedrohtes Zwangsgeld gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG das wirtschaftliche Interesse erreichen soll, das der Pflichtige u. a. am Unterbleiben der zwangsgeldbewehrten Handlung besitzt. Wenn das Landratsamt für den Fall der Nichtbefolgung der Nummer 1 des Bescheids vom 22. Oktober 2013 ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000,-- € und bei Missachtung der Nummer 2 ein Zwangsgeld in Höhe von 15.000,-- € angedroht hat, so kann zum Zweck der Streitwertfestsetzung davon ausgegangen werden, dass diese Beträge in etwa die Größenordnung der finanziellen Aufwendungen erreichen, die dem Antragsteller zu 1) bei einer Befolgung dieser beiden Anordnungen erwachsen würden. Das gilt umso mehr, als das Landratsamt in den Gründen des angefochtenen Bescheids die Höhe der angedrohten Zwangsgelder ausdrücklich mit dem einem Vollzug der Anordnungen entgegenstehenden wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers zu 1) gerechtfertigt hat. Auch erscheint es lebensnah, dass ein Gutachten, wie es zur Erfüllung der Nummer 2 des Bescheidstenors beizubringen sein wird, Kosten in Höhe von ca. 15.000,-- € auslösen könnte.

Das Interesse des Antragstellers zu 2), die Beseitigung von Abfall auf dem Grundstück zu dulden, hinsichtlich dessen er ein „Nutzungsrecht zu Lagerzwecken“ besitzt, lässt sich demgegenüber nicht konkret beziffern. Es entspricht deshalb pflichtgemäßem Ermessen, seine Klage gemäß § 52 Abs. 2 GKG mit dem Auffangwert von 5.000,-- € zu bewerten.

Angesichts der nach § 39 Abs. 1 GKG gebotenen Zusammenrechnung der Werte der Rechtsschutzbegehren der beiden Antragsteller ergibt sich im Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 40.000,-- €. Dieser Betrag ist gemäß der Empfehlung in Satz 1 der Nummer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

Soweit die Bevollmächtigten der Antragsteller mit der Beschwerde die Festsetzung eines Streitwertes von mindestens 30.000,-- € erstrebt haben, war ihr Rechtsmittel zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG kein Rechtsmittel eröffnet.