LAG Hamm, Urteil vom 24.04.2014 - 17 Sa 1387/13
Fundstelle
openJur 2014, 9188
  • Rkr:

Die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010, die unter ausdrücklicher Änderung bestehender Arbeits- und Tarifverträge eine Entgeltsenkung für Mitarbeiter der öffentlichen Hand anordnen, greifen nicht unmittelbar korrigierend in die von der Republik Griechenland mit den Lehrkräften in Deutschland nach deutschem Recht geschlossenen Arbeitsverträge ein (im Anschluss an LAG Nürnberg 25.09.2013 - 2 Sa 172/12).

Eine von diesen Gesetzen bezweckte Entgeltsenkung kann in Anwendung deutschen Rechts nur über den Ausspruch einer Änderungskündigung erreicht werden. Die gegenüber einem tariflich nicht ordentlich kündbaren Arbeitnehmer ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung aus wichtigem Grund muss zwingend eine der tariflichen Kündigungsfrist entsprechende soziale Auslauffrist wahren.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.05.2011 - 6 Ca 2937/10 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die außerordentliche, fristlose Änderungskündigung der Beklagten vom 21.10.2010, zugegangen am 12.11.2010, unwirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt jede Partei zu 50 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen Änderungskündigung.

Der am 1959 geborene Kläger ist seit dem 17.01.1994 an der griechischen Grundschule der Beklagten in C als Studienrat mit einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 4.164 € tätig. Das Grundgehalt aus der Entgeltgruppe 10 Stufe 5 TV-L betrug im Januar und Februar 2010 3.590,17 €. Zum 01.03.2010 wurde es auf 3.635,45 € erhöht.

Der Kläger absolvierte in Deutschland ein Magisterstudium in Germanistik, das von der Beklagten anerkannt wurde. Er unterrichtet das Fach Deutsch.

Bei seiner Einstellung war er griechischer Staatsbürger. Inzwischen verfügt er über eine doppelte Staatsbürgerschaft.

Sein Gehalt wird in Griechenland besteuert. Er unterliegt dem deutschen Sozialversicherungssystem.

Die Beklagte betreibt in C neben der Grundschule noch ein Lyzeum. Insgesamt beschäftigt sie an diesem Standort drei Lehrer und Lehrerinnen im Angestelltenverhältnis und mehr als zwölf Beamte.

In Deutschland bestehen weitere griechische Schulen.

Dem Arbeitsverhältnis liegen Arbeitsverträge vom 01.03.1994 (Bl. 3, 4 d.A.), vom 20.09.1994 (Bl. 5, 6 d.A.), vom 01.09.2001 (Bl. 7 bis 9 d.A.) und vom 02.01.2008 (Bl. 10 d.A.) zugrunde. In dem Änderungsvertrag vom 02.01.2008 heißt es unter Nr. 2 wie folgt:

Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt nach dem deutschen Bundestarifvertrag der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte und des deutschen öffentlichen Dienstes vom 07.05.1992 mit rückwirkender Gültigkeit zum 01.01.1992.

Gemäß den obigen Ausführungen, den Änderungen der Beiträge des deutschen Versicherungsträgers und der Anpassung des BAT am TV-L, gestaltet sich sein Gehalt wie folgt:

Wegen der Einzelheiten der Gehaltsdarstellung für den Zeitraum ab Januar 2008 wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegte Kopie des Vertrages (Bl. 10 d.A.) verwiesen.

Die Arbeitsverträge waren in griechischer und deutscher Sprache abgefasst. Die Gehaltsabrechnungen wurden dem Kläger in griechischer Sprache erteilt.

Erhöhte sich das Gehalt nach den Vergütungsverträgen zum BAT bzw. den Tabellen zum TV-L, erhielt auch der Kläger einer Gehaltserhöhung, zuletzt zum 01.03.2010.

Unter Nr. 2 C des Änderungsvertrages vom 01.09.2001 wies die Beklagte das Weihnachtsgeld 2001 unter Zugrundelegung der Vergütungsgruppe IV a BAT, des Alters des Klägers von 41 Jahren und einer Kinderzahl von drei Kindern aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegte Kopie des Vertrages (Bl. 8 d.A.) verwiesen.

Mit Wirkung zum 01.01.2010 trat Artikel 1 des griechischen Gesetzes 3833/2010 - Schutz der nationalen Wirtschaft - dringende Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise - in Kraft. Der Auftrag zur Veröffentlichung des Gesetzes und zu dessen Ausführung als Gesetz datiert vom 11.03.2010. Dem Gericht wurde eine von dem Beklagtenvertreter gefertigte Übersetzung in die deutsche Sprache vorgelegt. Der Beklagtenvertreter ist durch den Präsidenten des Oberlandesgerichtes Köln ermächtigter und beeidigter Dolmetscher für die griechische Sprache. Die Richtigkeit seiner Übersetzung ist zwischen den Parteien unstreitig. Artikel 1 § 4 des Gesetzes 3833/2010 lautet wie folgt:

4. Bedienstete mit privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gem. Paragraph 2, für die die Bestimmungen von Gesetz 3205/2003 nicht gelten, werden von der Absenkung des Paragraphen 2 jene Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne des ersten Absatzes von Paragraph 2 dieses Artikels gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um sieben Prozent (7 %) herabgesetzt.

Artikel 3 des Gesetzes betrifft die Einkommenspolitik des Jahres 2010. Nach Artikel 3 § 1 sind ab Inkrafttreten des Artikels bis zum 31.12.2010 Abschluss und Gewährung von Erhöhungen auf die Gehälter und Bezüge unter anderem der Angestellten im öffentlichen Dienst im Allgemeinen nicht gestattet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesetzes wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.11.2013 vorgelegte Kopie (Bl. 170 - 181 der Akte) Bezug genommen.

Mit Wirkung zum 01.06.2010 trat Artikel 3 des Gesetzes 3845/2010 in Kraft, das am 06.05.2010 mit Auftrag zur Veröffentlichung und Ausführung unterzeichnet wurde.

Artikel 3 § 3 des Gesetzes lautet wie folgt:

3. Bei Bediensteten mit Arbeitsverträgen des Privatrechts gem. Par. 2 Art. 1 Ges. 3833/2010, die den Bestimmungen von Gesetz 3205/2010 nicht unterliegen, sind von der Kürzung des Paragraphen 1a die Zulagen ausgenommen, die vom Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne von Paragraph 1 gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um drei Prozent (3 %) herabgesetzt.

Artikel 3 § 6 enthält folgende Regelung:

6. Die Weihnachts-, Oster- und Urlaubszulagen, welche von jeglichen Allgemein- oder Sonderbestimmung und Tarifklauseln, Arbeitsverträgen, Schiedssprüchen, und Einzelverträgen oder Schiedssprüchen für die Bediensteten im Anwendungsbereich der Paragraphen 1 bis 4 einschließlich, ebenso für die Bediensteten im Anwendungsbereich des Paragraphen 5 werden wie folgt festgelegt:

a) Die Weihnachtszulage auf fünfhundert (500) Euro.

b) Die Osterzulage auf zweihundertfünfzig (250) Euro.

c) Die Urlaubszulage auf zweihundertfünfzig (250) Euro.

Die oben erwähnten Zulagen werden entrichtet, wenn alle ordentlichen Bezüge, Zulagen und Vergütungen, einschließlich der Zulagen des vorangegangenen Absatzes, innerhalb eines Kalenderjahres den Betrag von insgesamt dreitausend (3.000) Euro pro Monat nicht übersteigt.

Wenn mit der Entrichtung der Zulagen des ersten Absatzes dieses Paragraphen die ordentlichen Bezüge, Zulagen und Vergütungen aller Art diesen Betrag übersteigen, denn werden sie bei entsprechender Kürzung bis zur Grenze der dreitausend (3.000) Euro pro Monat entrichtet.

Aus Artikel 3 § 8 ergibt sich, dass die Bestimmungen der vorangegangenen Paragraphen alle Allgemein- oder Sonderbestimmungen und Tarifklauseln, Arbeitsverträge, Schiedssprüche und Einzelverträge überwiegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesetzes und seiner Anhänge wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 25.11.2013 überreichte Übersetzung ihres Prozessbevollmächtigten (Bl. 191 - 198 der Akte) verwiesen. Der Kläger bestreitet die Richtigkeit der Übersetzung nicht.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.03.2014 Übersetzungen der Gesetzes 3899/2010 vom 17.12.2010 (Bl. 275 d.A.) und 4024/2011 vom 27.10.2011 (Bl. 276 d. A.) vorgelegt.

Mit Schreiben vom 15.06.2010 erklärte ihm die Beklagte, sie werde in den folgenden Monaten die unter Zugrundelegung der Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 in den Monaten Januar bis Mai 2010 geleisteten Entgeltüberzahlungen einbehalten.

Tatsächlich ergaben sich für die Monate ab Juni 2010 Entgeltdifferenzen, die der Kläger in dem vor dem Landesarbeitsgericht Hamm unter dem Aktenzeichen 17 Sa 999/13 geführten Rechtsstreit geltend macht. Die Beklagte leistete für 2010 keine Jahressonderzahlung.

Mit Schreiben vom 21.10.2010, das dem Kläger am 12.11.2010 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und bot dem Kläger die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. In dem Kündigungsschreiben heißt es wie folgt:

... Im Hinblick auf die Bewältigung der Wirtschaftskrise und die Anwendung des Unterstützungsmechanismus der griechischen Wirtschaft durch die Mitgliedsstaaten der Eurozone sowie durch den Internationalen Währungsfonds hat der griechische Staat Gehaltskürzungen veranlasst bei allen Beschäftigten/Gehaltsempfängern des griechischen Staates (Gesetze 3833/2010 und 3845/2010). Bei Verträgen der Art wie Ihrem wurde eine Kürzung der monatlichen Bruttobezüge um 7 % und 3 % beschlossen, d.h. 310,64 € monatlich sowie die Einstellung der Jahressonderzahlung, die an Stelle des Weihnachts- und Urlaubsgeldes gezahlt wurde. Der Einbehalt der Kürzung Ihrer Bezüge um 7 % erfolgte ab dem 01.01.2010 und um 3 % am dem 01.06.2010.

Aufgrund des oben Gesagten kündigen wir hiermit den mit Ihnen bestehenden Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund, unmittelbar und ohne Wahrung der Kündigungsfrist. Gleichzeitig bieten wir Ihnen den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit den folgenden Bedingungen an:

1. Kürzung der monatlichen Bruttobezüge um 310,63 € monatlich.

2.Einstellung der Jahressonderzahlung.

Ergänzend teilen wir Ihnen mit, dass zukünftig die Gehaltserhöhungen nicht automatisch gemäß dem deutschen Tarifvertrag (TV-L) geleistet werden, sondern nach Beschluss Ihres Arbeitgebers, d. h. gemäß der Einkommenspolitik des griechischen Staates.

Die übrigen Bedingungen des bestehenden Vertrages bleiben unverändert.

Der Kläger nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 16.11.2010 (Bl. 12 der Akte) unter Vorbehalt an.

Mit seiner am 29.11.2010 bei dem Arbeitsgericht Bielefeld eingegangenen Klage wendet er sich gegen die Rechtswirksamkeit der Kündigung.

Er hat ausgeführt:

Auf das Arbeitsverhältnis finde deutsches Arbeitsrecht Anwendung.

Die Beklagte habe nicht allen Beschäftigten im öffentlichen Dienst das Gehalt gekürzt. Ihm seien Arbeitskollegen und -kolleginnen in anderen Städten bekannt, die noch keine Änderungskündigung erhalten hätten.

Die Kündigungserklärung sei inhaltlich unklar, unschlüssig und nicht ausreichend bestimmt. Der angegebene Kürzungsbetrag von 310,63 € sei nicht nachvollziehbar.

Die Kündigung sei auch unverhältnismäßig, da die Beklagte sich auf Geldmangel allein nicht berufen könne.

Er hat beantragt

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21.10.2010, ihm zugegangen am 12.11.2010, sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Aufgrund ihrer miserablen wirtschaftlichen Lage habe sie gemäß den Vereinbarungen mit den Darlehn gewährenden Ländern durch Gesetze unter anderem die Herabsetzung aller Löhne um 7 % ab dem 01.01.2010 und um weitere 3 % ab dem 01.06.2010 sowie die Herabsetzung bzw. Abschaffung aller Gratifikationen beschlossen. Die Gesetze beträffen alle im öffentlichen Dienst Beschäftigten gleichermaßen, unabhängig von ihrem Status als Beamte oder Angestellte. Sie habe ihre Beschäftigten im Ausland von den Regelungen nicht ausnehmen können.

Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei aufgrund der wirtschaftlichen Probleme unabweisbar und rechtfertige die außerordentliche Kündigung gegenüber einem ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmer wie dem Kläger, und zwar ohne Einhaltung einer sozialen Auslauffrist.

Mit Urteil vom 04.05.2011 hat das Arbeitsgericht Bielefeld festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21.10.2010 unwirksam ist. Es hat erkannt, dass die Kündigung unter Berücksichtigung der ordentlichen Unkündbarkeit des Klägers unverhältnismäßig sei und die Voraussetzungen des § 626 BGB nicht erfülle.

Wegen des erstinstanzlichen Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 38 - 50 der Akte Bezug genommen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht Hamm mit Urteil vom 24.11.2011 - 17 Sa 1065/11 - das Urteil abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Klage stehe ein Verfahrenshindernis entgegen, da die deutsche Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei.

Auf die zugelassene Revision des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25.04.2013 - 2 AZR 77/12 - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24.11.2011 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision zurückverwiesen. Es hat die Zulässigkeit der Klage bejaht und ausgeführt, das Landesarbeitsgericht habe bei Prüfung der materiellen Rechtslage davon auszugehen, dass sich die Wirksamkeit der Änderungskündigung nach deutschem Recht richte, da die Parteien konkludent die Anwendung deutschen Rechts vereinbart hätten. Es habe weiter der Frage nachzugehen, welche Rechtsqualität die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 hätten und ob diese die Beklagte angesichts ihrer drohenden Insolvenz und der Auflagen der Geberländer völkerrechtlich berechtigten, unmittelbar korrigierend auch in Arbeitsverhältnisse einzugreifen, die außerhalb des Staatsgebietes vollzogen würden. Insoweit sei unter Umständen ein völker- und staatsrechtliches Gutachten einzuholen. Sollte danach die Änderungskündigung nicht "überflüssig" sein, sei davon auszugehen, dass das Änderungsangebot ausreichend bestimmt sei. Das Landesarbeitsgericht habe gegebenenfalls zudem den Fragen nachzugehen, ob - unter Berücksichtigung einer dem ausländischen Parlament zuzugestehenden Einschätzungsprärogative - ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für die Erklärung einer fristlosen Kündigung gegeben sei, ob die Beklagte eine Auslauffrist hätte einhalten müssen und ob sie die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt habe. Gegebenenfalls habe es bei Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung und die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes zu prüfen.

Wegen der Einzelheiten des Urteils des Bundesarbeitsgerichts wird auf Blatt 154 - 159 der Akte Bezug genommen.

Die Beklagte führt nunmehr aus:

Die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 beanspruchten internationale Geltung. Sie seien nicht auf griechische Tarifverträge oder Verträge beschränkt. Sie unterhalte überall in der Welt Schulen, Kulturinstitute und Konsulate, an denen sie nicht nur Beamte sondern auch Ortskräfte beschäftige. Die mit den Ortskräften geschlossenen Verträge richteten sich nach verschiedenen Tarifverträgen bzw. unterschiedlichen Rechtsordnungen.

Sie sei nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen.

Die Parteien hätten auch nicht die Anwendbarkeit deutschen Rechts vereinbart. Nach Artikel 30 Abs. 2 EGBGB unterliege ein Arbeitsvertrag dann nicht den Regeln des Staates, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichte, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergebe, dass der Arbeitsvertrag eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweise. Das sei hier gegeben. Das Arbeitsverhältnis des Klägers weise eine enge Beziehung zu Griechenland auf. Seine Muttersprache sei Griechisch. Bei Einstellung habe er nur über die griechische Staatsbürgerschaft verfügt. Er habe griechische Eltern und ein griechisches Abitur abgelegt. Als Lehrer an der griechischen Schule in C unterrichte er ausschließlich griechische bzw. griechischstämmige Schüler. Ohne Vorliegen dieser persönlichen Voraussetzungen hätte sie ihn nicht eingestellt. Die griechische Schule werde aus griechischen Haushaltsmitteln finanziert. Sie erfülle mit der Einrichtung der Schulen ihren Bildungsauftrag gegenüber den in Deutschland lebenden griechischen und griechischstämmigen Kindern. Die Stellenausschreibung und die mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsverträge seien in griechischer Sprache abgefasst worden. Zu berücksichtigen sei auch die Besteuerung in Griechenland. Die Art der Tätigkeit und der Wohnsitz des Klägers seien demgegenüber nachrangig.

Die Anwendung der griechischen Gesetze sei auch nicht mit deutschen Rechtsgrundsätzen unvereinbar. Sie stellten Eingriffsnormen im Sinne der deutschen Rechtsordnung dar.

Die dem Kläger mit Ausspruch der Kündigung angebotenen Vertragsänderungen hätten dauerhaften Charakter. Sie habe eine endgültige Regelung angestrebt, da nicht abzusehen sei, wann sie wieder finanziell in der Lage sein werde, ihre Angestellten wie vor der Krise zu vergüten. Deshalb habe sie insbesondere die Sonderzahlungen, das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld, endgültig neu regeln wollen. Sie habe insgesamt den Vertrag unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses im Übrigen ihren wirtschaftlichen Bedingungen anpassen wollen. Sie habe auch die automatische Vergütungsanpassung nach deutschen Tarifverträgen ausschließen wollen. Aus Artikel 3 § 5 des Gesetzes 3833/2010 ergebe sich eine Aufhebung der Verweisungsklausel auf deutsche Tarifverträge. Auch in Griechenland habe es Tarifverträge zwischen den öffentlichrechtlichen Arbeitgebern und den Arbeitnehmervertretungen gegeben. Diese seien im April 2010 ausgelaufen.

Durch das Gesetz 4024/2011 sei die Vergütung von Lehrern neu festgesetzt worden.

Zu berücksichtigen sei ferner, dass ihre Haushaltsgesetze Geschäftsgrundlage für den mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrag seien. Ende Februar/Anfang März 2010 sei sie finanziell nicht mehr in der Lage gewesen, die Löhne für ihre Bediensteten aufzubringen. Sie sei dringend auf fremde Hilfe angewiesen gewesen, um eine Insolvenz und den Austritt aus der Währungsunion zu verhindern. Die Gläubigerländer, zu denen auch die Bundesrepublik Deutschland gehöre, hätten Hilfeleistungen von Bedingungen abhängig gemacht, unter anderem von der Bedingung, die Gehälter der öffentlichen Bediensteten zu kürzen. Diese Vorgaben habe sie mit den vorgelegten Gesetzen umgesetzt. Sie habe kein anderes Mittel gehabt, die Ausgaben erheblich zu senken. Entsprechend sei auch der Arbeitsvertrag der neuen Geschäftsgrundlage anzupassen.

Aufgrund der Dringlichkeit der Lohnsenkung habe sie keine fristgemäße Kündigung aussprechen können, zumal das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht ordentlich gekündigt werden könne.

Das erstinstanzliche Gericht habe auch verkannt, dass sich der Kläger wegen seiner Gehaltsentwicklung nicht auf die Regelungen des TV-L berufen könne. Der letzte mit ihm geschlossene Arbeitsvertrag verweise statisch auf den BAT vom 07.05.1992. Nach Ablösung des BAT durch den TV-L seien dem Kläger zwar Entgelterhöhungen nach den Tarifverträgen der Länder gewährt worden. Sie habe diese Erhöhungen jedoch irrtümlich geleistet.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.05.2011 - 6 Ca 2937/10 - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und führt unter Hinweis auf einen von dem Gericht den Parteien vorgelegten Aufsatz des Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Siehr (Prof.em. der Universität Zürich und freier Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg) aus:

Auf das Arbeitsverhältnis sei deutsches Recht anwendbar.

Den griechischen Gesetzen sei weder nach europäischem noch deutschem Internationalen Privatrecht unmittelbare Wirkung für sein Arbeitsverhältnis zu verleihen.

Artikel 9 Rom I - VO sei nicht anwendbar. Es gehe nicht um Eingriffsnormen des Erfüllungsortes, der in Deutschland liege.

Zu berücksichtigen sei auch, dass vom Vertragsstatut abweichende Normen nach den Vorschriften des IPR nur dann Geltung beanspruchen könnten, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger seien.

Die griechischen Gesetze beanspruchten keine internationale Geltung.

Die ausgesprochene Änderungskündigung sei unter Anwendung des deutschen Kündigungsrechts zu prüfen.

Die Beklagte beschäftige auch die nach § 23 Abs. 1 KSchG vorausgesetzte Arbeitnehmerzahl. Allein in Nordrhein-Westfalen betreibe sie sieben griechische Schulen mit dem entsprechenden Personal, das Teil ihrer Verwaltung sei.

Unabhängig davon, ob die Beklagte mit Ausspruch der Kündigung auch die Ablösung der Dynamik in der tariflichen Entgeltvereinbarungen zum TV-L habe ablösen wollen, sei ihr Angebot insgesamt unverhältnismäßig, da sie dauerhafte Einschnitte in die Gehaltsstruktur angeboten habe, die durch eine vorübergehende Krise nicht gerechtfertigt werden könnten. Insbesondere werde ihm die nach dem TV-L zu leistende Sonderzahlung dauerhaft entzogen ohne Rücksicht darauf, ob griechisches Recht Sonderzahlungen wieder zulasse. Insgesamt sei davon auszugehen, dass die vorgelegten Gesetze nur Geltung für die Dauer der Finanzkrise beanspruchten.

Der Änderungskündigung könne keine Rückwirkung beigelegt werden. Der Beklagten sei es auch nicht unzumutbar gewesen, eine soziale Auslauffrist einzuhalten.

Sie habe die Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt, da sie mit dem Ausspruch der Änderungskündigung mehr als sechs Monate nach Inkrafttreten der Gesetze zugewartet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Gründe

A.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

I.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2013 (2 AZR 77/12) bestehen keine Bedenken mehr gegen die Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt der Staatenimmunität.

Die gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.10.2010 gerichtete Klage begegnet auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken.

Der Kläger hat zu Recht einen dem Wort des § 4 Satz 2 KSchG entsprechenden Antrag gestellt, obwohl § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG keine Verweisung auf die das Änderungsschutzverfahren bei ordentlichen Änderungskündigungen regelnde Vorschrift des § 4 Satz 2 KSchG enthält. Der Zweck des § 2 KSchG, dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz zu erhalten und trotzdem die Überprüfung der Kündigung zu ermöglichen, erfordert jedoch die entsprechende Anwendung der Vorschrift (BAG 19.06.1986 - 2 AZR 565/85 - Rnr. 21, 22, DB 1986, 2604; 17.05.1984 - 2 AZR 161/83 - Rnr. 50 ff., AP BAT § 55 Nr. 3).

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliegt aufgrund ihrer Rechtswahl dem deutschen Recht, wie das Bundesarbeitsgericht bereits am 25.04.2013 angemerkt hat (Rnr. 24 - 26).

Die Berufung der Beklagten auf Artikel 30 Abs. 2 2. Halbsatz EGBGB führt zu keinem anderen Ergebnis.

a) Die Kammer ist an einer Prüfung nicht deshalb gehindert, weil das Revisionsgericht in seinen Erwägungen von der Anwendung deutschen Rechts ausgegangen ist. Gemäß §§ 72 Abs. 5 ArbGG, 563 Abs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht im Fall der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die zu der Aufhebung des Urteils geführt hat. Die Bindungswirkung beschränkt sich auf die Punkte, wegen derer die Aufhebung als solche unmittelbar erfolgt ist. Im Übrigen ist das Gericht frei (BGH 06.11.1951 - I ZR 61/51 - Rnr. 10, BGHZ 3, 321; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Auflage, § 563 ZPO Rnr. 3 a; Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl., § 563 ZPO Rnr. 11). Die Richtlinien des Revisionsgerichts für das neue Verfahren und die neue Entscheidung nehmen an der Bindungswirkung nicht teil (Zöller/Heßler, a.a.O., § 563 ZPO Rnr. 3 a).

Die Feststellung des Revisionsgerichts, es sei deutsches Recht anwendbar, gehört zu seinen Erwägungen, aber nicht zu den Gründen, die unmittelbar zur Aufhebung des Berufungsurteils vom 24.11.2011 geführt haben.

b) Gemäß Art. 30 Abs. 1 EGBGB darf die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB mangels Rechtswahl anzuwenden wäre.

Hätten die Parteien nicht die Anwendung deutschen Rechts konkludent vereinbart, wäre es nach Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB gleichwohl anwendbar, da der Kläger seine Arbeitspflicht ausschließlich in Deutschland zu erfüllen hat (BAG 25.04.2013, Rnr. 28).

Etwas andere gilt allerdings dann, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis engere Verbindung zu einem anderen Staat aufweist. In diesem Fall ist das Recht des anderen Staates anzuwenden, Artikel 30 Abs. 2 2. Halbsatz EGBGB. Die Ausnahmeklausel greift auch ein, wenn die Parteien eine Rechtswahl nach Artikel 30 Abs. 1 EGBGB getroffen haben (Palandt-Heldrich, BGB, 67. Aufl., Art. 30 EGBGB Rnr. 4).

Das Arbeitsverhältnis der Parteien weist keine engere Bindung zu dem Recht der Beklagten auf. Maßgeblich für die Beantwortung dieser Frage ist die Gesamtheit der Umstände. Primäre Anknüpfungspunkte sind der Arbeitsort, der Sitz des Arbeitgebers, die Staatsangehörigkeit beider Vertragsparteien. Diese Kriterien beschreiben die räumliche Dimension des Arbeitsverhältnisses. Ergänzend sind die Vertragsdimensionen, Vertragssprache und Währung, in der die Vergütung gezahlt wird, zu berücksichtigen und gegebenenfalls weitere vertragswesentliche Gesichtspunkte heranzuziehen, die in ihrer Gesamtheit hinreichendes Gewicht haben, um die Bedeutung der Regelanknüpfung zu überwinden. Das von der Regelanknüpfung berufene Recht wird nur verdrängt, wenn die Gesamtheit wichtiger und nicht nur nebensächlicher Anknüpfungsmerkmale zu einem anderen Ergebnis führt. Die ausdrückliche oder hier konkludente Rechtswahl als solche kann nicht herangezogen werden, da es gerade auf das ohne Rechtswahl maßgebliche Recht ankommt (BAG 11.12.2003 - 2 AZR 627/02 - Rnr. 43, BB 2004, 1393; 24.08.1989 - 2 AZR 3/89 - Rnr. 43, DB 1990, 1666). Indiz für das anwendbare Recht kann auch die Unterwerfung des Vertrages unter das deutsche Sozialversicherungssystem sein (BAG 11.12.2003, a.a.O., Rnr. 46).

Hier spricht für die Anwendung griechischen Rechts, dass der Kläger neben der deutschen Staatsbürgerschaft auch die griechische Staatsangehörigkeit besitzt. Die gemeinsame Staatsangehörigkeit kann Rückschlüsse auf einen den Parteien gemeinsamen Rechtshorizont zulassen (BAG 11.12.2003, a.a.O., Rnr. 47).

Die Vertragssprache der Parteien ist dagegen nicht ausschließlich Griechisch. Die Gehaltsabrechnungen sind - soweit aus den von dem Kläger in dem Rechtsstreit der Parteien - 17 Sa 999/13 - für 2010 vorgelegten Abrechnungen (Bl. 22, 23 der Akte 17 Sa 999/13) erkennbar, in griechischer Sprache abgefasst worden. Unstreitig wurden die Arbeitsverträge sowohl in griechischer als auch in deutscher Sprache geschlossen. Die Arbeitsverträge vom 01.03.1994 und 20.09.1994 hat der Kläger in deutscher Sprache unterzeichnet, die letzten beiden Arbeitsverträge offenkundig in der griechischen Fassung, da dem Gericht Übersetzungen der Verträge ohne Unterschriften der Parteien vorgelegt wurden. Zugunsten der Auffassung der Beklagten kann auch berücksichtigt werden, dass der Kläger griechischstämmige Schüler in einer griechischen Schule unterrichtet, aus griechischen Haushaltsmitteln vergütet wird und in Griechenland Steuern entrichtet. Die Entrichtung von Steuern in Griechenland ist jedoch kein wesentlicher Gesichtspunkt. Sie folgt aus Artikel X Abs. 1 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem damaligen Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern von Einkommen und Vermögen sowie der Gewerbesteuer vom 18.04.1966. Danach können Vergütungen, die aus öffentlichen Kassen des damaligen Königreichs Griechenland oder einer seiner Gebietskörperschaften für gegenwärtig erbrachte Dienste gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Zahlung an einen deutschen Staatsangehörigen geleistet wird, der nicht zugleich Staatsangehöriger des Königreichs Griechenland, jetzt der Beklagten ist.

Trotz der aufgezeigten Indiztatsachen besteht kein engerer Bezug zu dem griechischen Recht, da wichtige Vertragsfaktoren für die Anwendung des deutschen Rechtes sprechen. Die Arbeitsverträge wurden mit der Beklagten, vertreten durch die griechischen Generalkonsulate in Dortmund bzw. Düsseldorf, geschlossen. Wie ausgeführt, wurden sie auch in deutscher Sprache erstellt. Bis zur Währungsumstellung wurde das Gehalt in DM ausgewiesen. Die Parteien haben deutsches Tarifrecht für anwendbar erklärt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers unterliegt deutschem Sozialversicherungsrecht.

Er hat seine vertraglichen Leistungen ausschließlich in Deutschland in der nach deutschem Recht anerkannten Ergänzungsschule in C zu erbringen. Er unterrichtet dort als Studienrat der deutschen Sprache, wie sich aus den Arbeitsverträgen vom 01.09.2001 und 02.01.2008 ergibt. Nach seinen biografischen Daten steht er eher dem deutschen Rechtskreis näher als dem griechischen. Er ist in Deutschland geboren, hat hier sein Magisterstudium der Germanistik absolviert und hat seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland.

2. Die Änderungsschutzklage ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die Änderungen bereits unabhängig von dem Ausspruch der Kündigung eingetreten sind.

Wie das Bundesarbeitsgericht in seinen Erwägungen (25.04.2013, a.a.O., Rnr. 29) unter Hinweis auf seine Entscheidungen vom 26.01.2012 (2 AZR 102/11 - Rnr. 14, BAGE 140, 328) und vom 29.09.2011 (2 AZR 523/10 - Rnr. 14) ausgeführt hat, setzt die Begründetheit einer nach Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt erhobenen Änderungsschutzklage im Sinne des § 4 Satz 2 KSchG voraus, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Änderungen wirksam werden, das Arbeitsverhältnis nicht ohnehin zu den Bedingungen besteht, die dem Arbeitnehmer mit der Kündigung angetragen werden, es sei denn, der Arbeitnehmer hat die Annahme des Änderungsangebots unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG mit dem weiteren Vorbehalt verbunden, dass die Änderungskündigung nicht "überflüssig" ist.

Unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist die Änderungskündigung nicht "überflüssig", weil die von der Beklagten erstrebten Änderungen nicht unmittelbar, insbesondere durch Geltung der Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 eingetreten sind.

a) Der Kläger hat die Annahme unter Vorbehalt nicht mit dem weiteren Vorbehalt verbunden, dass die Änderungen nicht bereits eingetreten sind.

b) aa) Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag vom 02.01.2008 richtet sich seine monatliche Vergütung nach der Entgeltgruppe 10 Stufe 5 des TV-L.

(1) Die Beklagte hat zwar zunächst unter Nr. 2 Abs. 1 des Arbeitsvertrages auf die Anwendung der Regelungen des BAT vom 07.05.1992 verwiesen. Einen Zusatz, der auf die Anwendbarkeit des BAT dynamisch hinweist, gibt es nicht.

Der Vergütungstarifvertrag Nr. 35 zum BAT ist nicht fortgeschrieben worden, sondern gemäß der Anlage 1 Teil B zum TVÜ-L ersetzt worden. In Kenntnis dieser Tatsache ist in Nr. 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags das Gehalt des Klägers ausdrücklich "unter Anpassung des BAT am TV-L" festgesetzt worden. Die Gehaltsdarstellung für die Zeit ab Januar 2008 verweist entsprechend auf die Entgeltgruppen der Anlage 2 Teil B zum TVÜ-L. Die Vergütung des Klägers erfolgte nicht mehr aus der Vergütungsgruppe IV a BAT, sondern aus der Entgeltgruppe 10.

(2) Das Gehalt nach dem TV-L ist dynamisch gestaltet.

Das ergibt sich allerdings nicht aus dem Wortlaut der Nr. 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags. Die Gehaltsdarstellung bezieht sich nur auf die Zeit ab Januar 2008 unter Zugrundelegung der in 2008 geltenden tariflichen Vergütung bei Angabe eines festen Entgeltbetrags. Die Erläuterung "gemäß ... der Anpassung des BAT am TV-L" lässt nicht klar erkennen, ob die Anpassung auch die zukünftige tarifliche Gehaltsentwicklung erfasst, schließt dieses Verständnis aber nicht aus.

Die Parteierklärung ist jedoch gemäß §§ 133, 157 BGB im Sinne einer dynamischen Gehaltsentwicklung entsprechend den Entgelttabellen zum TV-L auszulegen.

Die Beklagte hat Nr. 2 des Arbeitsvertrages vom 02.01.2008 nach der gesamten Vertragsgestaltung im Sinne des § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB vorformuliert und mindestens einmal gegenüber dem Kläger verwendet, ohne dass dieser Einfluss auf den Inhalt nehmen konnte. Ob es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingung handelt, kann dahinstehen.

Der Arbeitsvertrag ist Verbrauchervertrag.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden können, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG 13.02.2013 - 5 AZR 2/12 - Rnr. 15, DB 2013, 2030).

Die Erklärung der Beklagten, das Gehalt gestalte sich in Anpassung des BAT an den TV-L, beinhaltet das Angebot auf Zahlung eines Tarifgehaltes. Damit hat sie dem Kläger als Klauselverwenderin verdeutlicht, sie vergüte nach Tarif, zumal sie auch entsprechend § 5 Abs. 2 TVÜ-L den Ortszuschlag bei der Bemessung des Entgelts berücksichtigt hat. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf eine derartige Verknüpfung eines festen Euro-Betrags mit der Bezeichnung als Tarifentgelt - hier durch den Hinweis auf die Entgeltgruppe des TV-L - redlicherweise so verstehen, dass der in der Klausel festgehaltene Eurobetrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend den Tariferhöhungen entwickeln soll. Ein redlicher Arbeitgeber würde, wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte, Bezeichnungen unterlassen, die auf ein tarifliches Entgelt hinweisen, und klar und deutlich zum Ausdruck bringen, dass er nicht "nach Tarif" zahlt und sich das Gehalt nur durch Parteivereinbarung erhöhen wird (BAG 13.02.2013, a.a.O., Rnr. 17).

Auch die Arbeitsverträge vom 01.03.1994, 20.09.1994 und 01.09.2001 verweisen auf eine tarifliche Vergütungsgruppe. Aus dem Arbeitsvertrag vom 01.09.2001 ergibt sich im Übrigen, dass das Tarifgehalt ab dem 01.09.2001 dynamisch unter Berücksichtigung von Änderungen im Familienstand und Alter des Klägers festgesetzt wurde.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte tatsächlich das Entgelt entsprechend den jeweils gültigen Vergütungstarifverträgen bzw. Anlagen zum TV-L festgesetzt hat. Zuletzt hat sie sein Gehalt zum 01.03.2010 auf 3.635,45 Euro erhöht, wobei sich allerdings aus der Entgelttabelle für das Tarifgebiet West für die Entgeltgruppe 10 Stufe 5 ein Tarifentgelt von 3.669,11 Euro ergibt. Dass der Festsetzung vom 01.03.2010 eine individuelle, von der Zahlung eines tariflichen Entgelts abrückende Vereinbarung zugrunde lag, behauptet die Beklagte jedoch nicht.

Ihren Einwand, sie habe Tariferhöhungen irrtümlich an den Kläger weitergegeben, hat sie nicht näher begründet.

bb) Der Kläger hat nach der Ausgestaltung der Arbeitsverträge auch einen Anspruch aus § 20 TV-L auf Zahlung einer Jahressondervergütung.

Unstreitig ist, dass ihm die tarifliche Sonderzahlung bis 2009 stets gewährt wurde. In dem Arbeitsvertrag vom 01.09.2001 wurden unter Nr. 2 C ausdrücklich ein Weihnachtsgeld, unter Nr. 2 F ein Urlaubsgeld nach der Vergütungsgruppe IV a BAT ausgewiesen.

Nach Ablösung der Tarifverträge über eine Zuwendung für Angestellte vom 12.10.1973 und über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16.03.1977 bestimmt sich der Anspruch unter Berücksichtigung des in Nr. 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrags vom 02.01.2008 geäußerten Parteiwillens, das Gehalt dem TV-L anzupassen, nach § 20 TV-L. Hätte die Beklagte die tarifliche Sonderzahlung von den Vergütungsregelungen ausnehmen wollen, hätte sie dies für den Kläger als Verbraucher klar erkennbar äußern müssen.

Der Anspruch auf Zahlung der Jahressonderzahlung steht entgegen der Auffassung der Beklagten unter keinem Freiwilligkeitsvorbehalt. Dieser ist in keinem der geschlossenen Arbeitsverträge vereinbart worden. Die Beklagte hat sich auch keinen Widerruf vorbehalten.

c) Die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 haben den Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht unmittelbar geändert. Dazu bedurfte es im vorliegenden Fall nicht der Einholung eines völker- und staatsrechtlichen Rechtsgutachtens, wie vom Bundesarbeitsgericht für erwägenswert gehalten (25.04.2013, a.a.O., Rnr. 28).

aa) Die Kammer folgt der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (25.09.2013 - 2 Sa 253/12 - Rnr. 113), dass sich in Fällen mit Auslandsberührung die anwendbaren Rechtsnormen nach den Regeln des Internationalen Privatrechts (IPR) bestimmen. § 293 ZPO ermöglicht es nicht, sich die Kenntnis über das deutsche IPR durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu verschaffen, dessen Kosten die unterlegene Partei zu tragen hätte (Zöller/Geimer, a.a.O., § 293 ZPO, Rnr. 1). Anderes gilt nur für die Ermittlung ausländischen Rechts, hier des griechischen Rechts. Die einschlägigen griechischen Gesetze sind dem Gericht jedoch vorgelegt worden. Über die Richtigkeit ihrer Übersetzung in die deutsche Sprache besteht kein Streit.

bb) (1) Die griechischen Gesetze sind keine internationalen Verträge, wie der Oberste VerwaltungsgerichtshofGriechenlands in seinem Urteil vom 21.06.2011 festgestellt hat (zitiert nach Griechenland-Blog unter Bezugnahme auf in.gr.).

(2) Die unmittelbare Anwendung der griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 rechtfertigt sich nicht aus Artikel 9 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Rom I - VO. Danach kann Eingriffsnormen des Staates, in dem die vertraglichen Verpflichtungen erfüllt werden sollen oder erfüllt worden sind, Wirkung verliehen werden, soweit diese Eingriffsnormen die Erfüllung des Vertrages unrechtmäßig werden lassen. Gemäß Artikel 28 Rom I - VO finden die Vorschriften der gesamten Verordnung jedoch keine Anwendung, da der letzte Arbeitsvertrag des Klägers vor dem 17.12.2009 geschlossen wurde (BAG 25.04.2013, a.a.O, Rnr. 24; LAG Nürnberg, 25.09.2013, a.a.O., Rnr. 116; MünchKomm/Martiny, BGB, 5. Aufl., Art. 28 Rom I-VO, Rnr. 3; a. A., Siehr a.a.O., S. 8, 9). Außerdem geht es nicht um Eingriffsnormen des Erfüllungsortes.

(3) Das Arbeitsverhältnis wird auch nicht im Sinne des Artikel 30 Abs. 1 EGBGB dem Schutz entzogen, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Abs. 2 anzuwenden wäre. Gemäß Artikel 30 Abs. 2 EGBGB wäre - wie bereits dargestellt - ebenfalls deutsches Recht anwendbar.

(4) Eingriffsnormen eines Staates, die weder aus dem Vertragsstatut - hier dem deutschen Recht - noch aus dem Recht am Sitz des angerufenen Gerichts folgen -, sogenannten drittstaatlichen Eingriffsnormen (Siehr a.a.O., S. 6) kann gemäß Artikel 7 Abs. 1 EVÜ bei der Anwendung des Rechts eines bestimmten Staates Wirkung verliehen werden, soweit diese Bestimmungen nach dem Recht hier des griechischen Staates ohne Rücksicht darauf anzuwenden sind, welchem Recht der Vertrag unterliegt. Diese Vorschrift hat die Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht in das EGBGB übernommen, sondern hat den Vorbehalt nach Art. 22 Abs. 1 a EVÜ bezüglich Art. 7 EVÜ erklärt (Siehr a.a.O., S. 7; Palandt/Heldrich a.a.O., Art. 34 EGBGB, Rnr. 1).

cc) Drittstaatliche Eingriffsnormen sind deshalb nur über das Vertragsstatut zu berücksichtigen (BGH 17.11.1994 - III ZR 70/93 - Rnr. 43, BGHZ 128, 41; OLG Frankfurt 09.05.2011 - 23 U 34/10 - Rnr. 34; LAG Nürnberg 25.09.2013, a.a.O., Rnr. 120; Palandt-Heldrich, a.a.O., Art. 34 EGBGB, Rnr. 5). Anstelle ihrer unmittelbaren Anwendung kommt bei einer entsprechend engen Beziehung zu einer ausländischen Rechtsordnung ihre faktische Berücksichtigung im Rahmen der §§ 138, 313, 275, 826 BGB in Betracht (LAG Nürnberg, a.a.O., Rnr. 120; BGH 08.05.1985 - IV a ZR 138/83 - Rnr. 20, 22, BGHZ 94,268; 08.02.1984 - VIII ZR 254/82 - Rnr. 18, NJW 1984, 1746; 22.06.1972 - II ZR 113/70 - Rnr. 13, NJW 1972, 1575; Palandt-Heldrich a.a.O., § 34 EGBGB, Rnr. 5; Siehr a.a.O., S. 15).

(1) Eine enge Beziehung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu der griechischen Rechtsordnung - wie sie in den Gesetzen 3833/2010 und 3845/2010 zum Ausdruck kommt - ist zu bejahen. Die Kürzungen der Gehälter sollen zwingend auch international durchgesetzt werden.

Die Kammer geht davon aus, dass diese Gesetze alle Bediensteten der Beklagten erfassen, auch wenn sie - wie der Kläger - im Ausland beschäftigt sind (so auch Siehr a.a.O., S. 16).

Artikel 1 § 4 des Gesetzes 3833/2010 betrifft nach seinem Wortlaut alle Bediensteten in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Das folgt auch aus der Regelung in Artikel 3 § 1 des Gesetzes. Danach ist im Jahr 2010 die Erhöhung von Gehältern der Angestellten im öffentlichen Dienst im Allgemeinen, sogar der Angestellten von Körperschaften des öffentlichen Rechts, die dem Staat gehören oder regelmäßig aus dem staatlichen Haushalt finanziert werden, uneingeschränkt untersagt. Selbiges ergibt sich aus Artikel 3 § 2 b des Gesetzes. Danach gilt die Untersagung der Gehaltserhöhungen ausnahmslos für alle mit einem Vertrag des privaten Rechts beschäftigten Bediensteten der Organisationen nach Artikel 3 § 1. Anhaltspunkte für den Ausschluss von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern des griechischen Staates finden sich nicht.

Auch das Gesetz 3845/2010 beansprucht Geltung gegenüber den im Ausland Beschäftigten. Artikel 3 § 3 nimmt Bezug auf Artikel 1 § 2 des Gesetzes 3833/2010 und bestimmt uneingeschränkt eine Gehaltskürzung von 3 % für alle Bediensteten mit Arbeitsverhältnissen des Privatrechts ohne Anspruch auf Zulagen. Eine Einschränkung des Geltungsbereichs des Gesetzes folgt auch nicht aus Artikel 3 § 6 des Gesetzes 3845/2010.

Sinn und Zweck der Gesetze sprechen ebenfalls dafür, dass die genannten gesetzlichen Regelungen Eingriffsnormen sind. Das Gesetz 3833/2010 trägt den Titel "Schutz der internationalen Wirtschaft - dringende Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise", das Gesetz 3845/2010 den Titel "Maßnahmen zur Aktivierung des Stützmechanismus für die griechische Wirtschaft von den EU-Staaten der Eurozone und dem internationalen Währungsfonds". Beide Gesetze bezwecken, der katastrophalen Finanzkrise des griechischen Staates entgegenzutreten und die Vorgaben der Staats- und Regierungschefs der Eurozone in den Erklärungen vom 25.03.2010 und 11.04.2010 (Anhang I, II des Gesetzes 3845/2010) nachzukommen. Die restriktive Haushaltsführung des griechischen Staates in den ersten Monaten des Jahres 2010 wurde ausdrücklich begrüßt. Zu Recht ist der Kläger deshalb dem Vortrag der Beklagten nicht entgegengetreten, dass die gesetzlichen Maßnahmen den Staatsbankrott verhindern sollten, unter anderem durch Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst (so auch: Siehr Seite 17).

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die griechische Ergänzungsschule in C allein von der Beklagten finanziert wird. Die Kammer teilt die Auffassung des LAG Nürnberg (25.09.2013, a.a.O., Rnr. 121), dass die streitgegenständlichen Gesetze auch im Interesse Deutschlands als Mitglied der Europäischen Union liegen.

(2) Die griechischen Eingriffsnormen mit der Folge von Entgeltkürzungen führen nicht gemäß § 134 BGB zu einer Teilnichtigkeit der Vergütungsabrede, da die griechischen Gesetze keine unmittelbar geltenden Verbotsnormen darstellen. § 134 BGB ist unanwendbar (LAG Nürnberg 25.09.2013, a.a.O., Rnr. 123; Palandt-Heldrich a.a.O., Art. 34 EGBGB, Rnr. 5).

(3) Ihnen kann auch nicht über § 138 BGB Geltung verschafft werden. Es ist kein Gesichtspunkt ersichtlich, der die vertragliche Regelung zum Entgelt sittenwidrig erscheinen lässt, wenn die gesetzlichen Kürzungen nicht durchgesetzt werden (zur Sittenwidrigkeit bei Verstoß gegen ausländische Gesetzesnormen, die Korruption verbieten, BGH 08.05.1985, a.a.O., Rnr. 22).

(4) Das griechische Recht wirkt auch nicht über § 275 Abs. 1, Abs. 3 BGB auf das Entgelt des Klägers ein. Die Norm ist auf Entgeltforderungen nicht anwendbar, da ein Schuldner eine Einstandspflicht für seine finanzielle Leistungsfähigkeit hat (Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. a.a.O., § 275 BGB Rnr. 3). Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg (25.09.2013, a.a.O., Rnr. 125) darauf hingewiesen, dass dem Kläger bei Anwendung des § 275 BGB Gegenrechte wie das Zurückbehaltungsrecht, die Kündigung zustehen könnten, an deren Ausübung die Beklagte kein Interesse hat.

(5) Dahinstehen kann, ob die gesetzlich verfügten Gehaltskürzungen dazu geführt haben, dass die Geschäftsgrundlage für die bisherige Vergütungshöhe entfallen ist.

§ 313 BGB ist ausgeschlossen, denn das Kündigungsrecht nach §§ 1 Abs. 2, 2 KSchG, 626 BGB ist gegenüber § 313 BGB lex specialis (BAG 20.06.2013 - 2 AZR 396/12 - Rnr. 14, NZA 2013, 1409; 29.09.2011 - 2 AZR 523/10 - Rnr. 26, NZA 2012, 628; 08.10.2009 - 2 AZR 235/08 - Rnr. 32, DB 2010, 509). Der Sachverhalt, der im Rahmen des § 313 BGB zu berücksichtigen wäre, ist im Rahmen des Kündigungsschutzes zu würdigen (BAG 08.10.2009, a.a.O., Rnr. 32).

3. Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

Zwar ist das Gesetz 3833/2010 bereits am 01.01.2010, das Gesetz 3845/2010 am 01.06.2010 in Kraft getreten. Die Änderungskündigung ist dem Kläger erst am 12.11.2010 zugegangen.

Die Verpflichtung der Beklagten, entgegen den Vorgaben der streitgegenständlichen Gesetze ein ungekürztes Gehalt zu zahlen, die damit verbundene Belastung ihres Haushalts ist wie der dauerhafte Wegfall des Arbeitsplatzes ein Dauertatbestand, der sich jeden Monat neu realisiert. Die Frist beginnt deshalb stets von neuem (BAG 20.06.2013 - 2 AZR 379/12 - Rnr. 32, DB 2014, 63; 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - Rnr. 28, DB 2013, 1301; 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 - Rnr. 33, BAGE 88, 10).

4. Die außerordentliche Änderungskündigung ist ausnahmsweise unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsende wirksam.

a) Der Kläger hat sie mit Schreiben vom 16.11.2010 unverzüglich unter Vorbehalt angenommen (zum Gebot der unverzüglichen Annahme BAG 19.06.1986, a.a.O., Rnr. 23).

b) Die außerordentliche Kündigung ist nicht schon deshalb unwirksam, weil es an einem hinreichend bestimmten Änderungsangebot fehlt.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 25.04.2013 (a.a.O., Rnr. 31 bis 35) ausgeführt, dass die Beklagte dem Kläger ausreichend bestimmend angeboten hat, das Gehalt monatlich ab Zugang der Kündigungserklärung um 310,63 Euro zu reduzieren und für die Zukunft keine Jahressonderzahlung mehr zu leisten.

Die Kammer hat das Bundesarbeitsgericht dahin verstanden, dass es entgegen der Auffassung der Beklagten in Abs. 3 des Kündigungsschreibens in der zwischen den Parteien unstreitigen Übersetzung "Zusätzlich machen wir ihnen bekannt, dass zukünftig die Erhöhungen ihrer Vergütung nicht automatisch gemäß dem deutschen Tarifvertrag TV-L gezahlt werden, sondern nach Beschluss des Arbeitgebers, d. h. gemäß der Einkommenspolitik des griechischen Staates" nicht als selbständigen Teil des Änderungsangebots, sondern als Klarstellung der auch im Prozess vertretenen Auffassung der Beklagten ansieht, dass die Bezugnahme auf den TV-L keine Dynamik enthält und deshalb kein Automatismus zur Gehaltserhöhung besteht.

Die Kammer ist zwar nicht gemäß §§ 72 Abs. 5 ArbGG, 563 Abs. 2 ZPO an die die Aufhebung nicht tragenden Erwägungen zur Bestimmtheit des Änderungsangebots gebunden, teilt sie aber uneingeschränkt.

Die Auslegung des Angebots nach §§ 133, 157 BGB ergibt, dass die zusätzliche Bekanntmachung, dass zukünftig Tariferhöhungen des TV-L nicht automatisch an den Kläger weitergegeben werden, nicht Teil des Angebots ist.

Das folgt schon aus Wortlaut und Aufbau des Kündigungsschreibens.

Absatz 1 enthält einleitende Ausführungen zur Gesetzeslage und zu dem Anlass für den Kündigungsausspruch (BAG 25.04.2013, a.a.O., Rnr. 33).

Absatz 2 enthält die Erklärung einer Kündigung aus wichtigem Grund ohne Wahrung der Kündigungsfrist mit dem Zusatz, dass dem Kläger gleichzeitig der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit "folgenden Bedingungen" angeboten wird. Die Bedingungen sind sowohl in der griechischen als auch in der deutschen Fassung des Kündigungsschreibens durch Fettdruck und Nummerierung gekennzeichnet und optisch abgesetzt. Damit ist nach dem Eindruck eines verständigen Empfängers, der alle ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit prüft (Palandt-Ellenberger, BGB, 73. Aufl., a.a.O., § 133 BGB Rnr. 9), der Angebotsteil abgeschlossen.

Entsprechend schließt sich die Erklärung zum Ausschluss des Automatismus bei Tarifentgelterhöhungen nicht unter Kennzeichnung als Nr. 3, sondern in einem eigenen Absatz an, der mit den Worten eingeleitet wird, "Zusätzlich machen wir bekannt". Das bedeutet, die Beklagte hat über das konkret bezeichnete Angebot hinaus eine Information gegeben, einen Rechtsstandpunkt dargestellt.

Die zusätzliche Bekanntmachung ist auch nicht deshalb als Teil des Änderungsangebots anzusehen, weil in Absatz 3 die weitere Erklärung folgt, dass "die übrigen Bedingungen des bestehenden Vertrags ... unverändert" bleiben. Vor dem Hintergrund der Auffassung der Beklagten, die mit dem Kläger getroffene Vereinbarung beinhalte keine Dynamik der Lohnentwicklung, bedurfte es keiner Änderung, nur der Loslösung von den nach ihrer Auffassung in der Vergangenheit rechtsirrtümlich erbrachten Entgelterhöhungen für die Zukunft.

Vor dem Hintergrund dieses Auslegungsergebnisses war die Kammer nicht gehalten, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 Abs.1 ZPO wiederzueröffnen, da das Vorbringen der Beklagten zu nach Kündigungsausspruch erlassenen Gesetzen unerheblich ist.

c. Der Kläger ist nur noch aus wichtigem Grund kündbar.

aa. Angesichts der Vereinbarung der statischen Geltung des BAT und der Bezugnahme auf den TV-L nur bezüglich der Vergütung geht die Kammer davon aus, dass nicht § 34 Abs. 2 TV-L, sondern die Tarifbestimmungen der §§ 53 Abs. 2, 55 BAT Anwendung finden.

bb. Gemäß § 53 Abs. 3 BAT ist der Angestellte nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren nach Vollendung des 40. Lebensjahres unkündbar. Der Kläger war bei Ausspruch der Änderungskündigung 51 Jahre alt und über 16 Jahre bei der Beklagten tätig.

Gemäß § 55 Abs. 1 BAT kann dem unkündbaren Angestellten aus in seiner Person oder seinem Verhalten liegenden Gründen fristlos gekündigt werden. Die Beklagte beruft sich jedoch nicht auf personen- oder verhaltensbedingte Kündigungsgründe.

Nach § 55 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 BAT berechtigen andere wichtige Gründe, insbesondere dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Angestellten entgegenstehen, nicht zur Kündigung, jedoch zur Änderungskündigung zwecks Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe, wenn die Beschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen nachweislich nicht möglich ist. Auch dieser Fall ist nicht gegeben. Die Beklagte hat die Kündigung nicht zur Herabgruppierung des Klägers ausgesprochen. Seine tatsächliche Beschäftigung ist unverändert möglich.

Es liegt auch kein Fall des § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT vor. Der Kläger ist nicht leistungsgemindert.

cc. Auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT kann jedoch eine betriebsbedingte außerordentliche Änderungskündigung mit Auslauffrist zum Zwecke der Reduzierung des Entgelts ausnahmsweise zulässig sein.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schließt die Tarifnorm die außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen nicht für jeden denkbaren Fall aus, auch wenn eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen gegenüber einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer tariflich nicht möglich ist. Es sind Ausnahmefälle denkbar, in denen im Rahmen des § 55 BAT eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit notwendiger Auslauffrist nach § 626 BGB in Betracht kommen kann (BAG 01.03.2007 - 2 AZR 580/05 - Rnr. 21, BAGE 121, 347). In Extremfällen kann auch eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zum Zwecke der Entgeltreduzierung nach §§ 626 BGB, 54 Abs. 1 BAT zulässig sein (BAG 28.05.2009 - 2 AZR 844/07 - Rnr. 14, BAGE 131, 78; 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 28). Allerdings sind die materiellen Anforderungen an den wichtigen Grund für eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Änderungskündigung hoch anzusetzen. Mit dem Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit geht der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer eine besondere Verpflichtung nicht nur hinsichtlich des Bestandes, sondern auch in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses ein (BAG 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 23). Bereits eine betriebsbedingte ordentliche Änderungskündigung kann nur dann wirksam sein, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlass darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Ob er eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die Voraussetzungen müssen für alle Vertragsänderungen vorliegen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen als für die Erreichung des angestrebten Zieles erforderlich (BAG 01.03.2007 Rnr. 24).

Besteht die vom Arbeitgeber angebotene Vertragsänderung allein in einer Absenkung der Vergütung, so ist erforderlich, dass durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebs oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind. Nicht erforderlich ist, dass ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung der Ruin unmittelbar bevorsteht (BAG 01.07.2007 Rnr. 26). Die betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein. Grundsätzlich sind einmal geschlossene Verträge einzuhalten. Geldmangel entlastet den Schuldner nicht. Die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs-/Lohngefüge, wie es die Änderungskündigung zur Durchsetzung einer erheblichen Lohnsenkung darstellt, ist deshalb nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen. Deshalb setzt eine solche Situation regelmäßig einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft (BAG 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 27).

Angesichts der hohen Voraussetzungen bereits für ordentliche Änderungskündigungen zur Entgeltsenkung müssen für die in Extremfällen nach § 55 Abs. 2 BAT zulässige außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung mit Auslauffrist zum Zweck der Entgeltreduzierung noch erheblich schärfere Anforderungen erfüllt sein. Andernfalls bliebe der Ausschluss der ordentlichen Kündigung wirkungslos. Der Arbeitgeber ist mit dem Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit eine weitreichende Verpflichtung und damit ein hohes Risiko eingegangen. Dieser Bindung muss er insbesondere bei der Prüfung der Frage, welche Vertragsänderungen er dem Arbeitnehmer zumuten kann, gerecht werden. Ein zum Ausspruch einer außerordentlichen Änderungskündigung berechtigender wichtiger Grund liegt nur dann vor, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen für den Arbeitgeber unabweisbar notwendig ist. Das ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen das Ziel hat, der konkreten Gefahr einer Betriebsschließung wegen Insolvenz zu begegnen (BAG 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 28, 29). Zu fordern ist stets, dass mildere Mittel ausgeschöpft sind (BAG 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 29).

Ausgehend von diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für eine außerordentliche Änderungskündigung aus wichtigem Grund gegeben. Die dem Kläger angebotenen neuen arbeitsvertraglichen Bedingungen waren für die Beklagte unabweisbar notwendig und ihm zumutbar.

(1)

Die Beklagte befand sich im Jahre 2010 in einer wirtschaftlichen Extremsituation. Aus der Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 11.04.2010 (Anhang II zu dem Gesetz 3845/2010) folgt, dass sie bereits am 23.03.2010 mit ihr die Bedingungen für eine Finanzhilfe vereinbart haben, um ihr im Bedarfsfall zu ermöglichen, zur Sicherung der Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet in diesem zu verbleiben. In der Erklärung wurde vereinbart, dass eine Kommission am 12.04.2010 zusammen mit dem IWF und den griechischen Behörden die Arbeit an einem gemeinsamen Programm aufnehmen sollte, das u.a. Beiträge der Beklagten und Auflagen an sie beinhalten sollte.

Dass erhebliche Anstrengungen der Beklagten zur Meisterung der finanzpolitischen und strukturellen Herausforderungen Teil des Stabilitätsprogramms waren, folgt aus der Erklärung, die Eurogruppe begrüße die entschlossenen Anstrengungen der griechischen Behörden und der europäischen Partner zur Krisenbewältigung und stelle fest, dass die Haushaltsführung der ersten Monate des Jahres 2010, die bereits ergriffenen Maßnahmen Früchte trügen.

Das Memorandum vom 03.05.2010 zur Verständigung auf konkrete wirtschaftspolitische Voraussetzungen (Anhang IV des Gesetzes 3845/2010) zeigt den europäischen Druck auf die Beklagte, quantitative Leistungskriterien einzuhalten. Die griechischen Behörden haben sich verpflichtet, mit dem Memorandum nicht in Einklang stehende Maßnahmen mit der europäischen Kommission, der EZB und dem IWF zu beraten und alle erforderlichen Informationen zur Überwachung der Fortschritte bei der Umsetzung des Programms und zur wirtschaftlichen und finanziellen Situation zur Verfügung zu stellen. Anschließend sind in 1) i) die Maßnahmen beschrieben, die durch die erste Überprüfung veranlasst wurden und bis zum Ende des zweiten Quartals 2010 abgeschlossen sein mussten. Dazu gehörte auch die Senkung der Lohnkosten im öffentlichen Sektor.

Die Beklagte stand einem Wirtschaftsunternehmen vergleichbar vor dem Ruin und hatte zur Erlangung von internationalen Finanzhilfen ein Programm unter Aufsicht vereinbart, das einem Sanierungsplan vergleichbar ist. Teil des "Sanierungsplanes" war auch die Senkung der Lohnkosten im öffentlichen Dienst, wie sich aus dem Memorandum und der Tabelle 1 "Griechenland - im Programm beinhaltete fiskalische Maßnahmen" ergibt (Anhang II Tabelle 1 des Gesetzes 3845/2010).

(2)

Die Beklagte hat die ihr gestellten fiskalischen Vorgaben durch die Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 umgesetzt.

(a)

Dem Gericht steht es nicht zu, die Sinnhaftigkeit der Maßnahme, ihre zwingende Erforderlichkeit zu überprüfen. Insoweit besteht eine Einschätzungsprärogative des griechischen Parlaments.

Auch nach deutschem Recht können Eingriffe des Gesetzgebers in Grundrechte gerechtfertigt sein, wenn diese verhältnismäßig sind, das heißt einen verfassungslegitimen Zweck verfolgen, zur Erreichung des Zwecks geeignet und erforderlich sind und bei einer Gesamtabwägung der Schwere des Eingriffs und des Gewichts der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenzen des Zumutbaren gewahrt sind. Dabei kommt auch dem deutschen Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit des eingesetzten Mittels zu. Er verfügt über das Recht, von mehreren unsicheren empirischen Sätzen einen auszuwählen und als Prämisse festzusetzen. Er hat einen Entscheidungs-, Prognose- und Gestaltungsspielraum (BVerfG 03.04.2001 - 1 BvL 32/97 - Rnr. 51, BVerfGE 103, 293; Neumann, Legislative Einschätzungsprärogative und gerichtliche Kontrolle bei Eingriffen in die Tarifautonomie, RdA 2007, 71,74).

Der Oberste Verwaltungsgerichtshof Griechenlands hat das Moratorium (Gesetz 3845/2010) einer Überprüfung unterzogen und mit Urteil vom 21.06.2011 entschieden, dass es weder die griechische Verfassung noch das europäische Menschenrechtsabkommen noch andere internationale Abkommen verletzt. Er hat das Gesetz auch im Hinblick auf Artikel 17 der griechischen Verfassung (Schutz des Eigentums) unter dem Gesichtspunkt der Lohnkürzung und im Hinblick auf Artikel 25 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) geprüft und darauf hingewiesen, dass das Gesetz 3845/2010 Teil des allgemeinen Programms zur volkswirtschaftlichen Konsolidierung und Durchsetzung struktureller Reformen ist und dass es durch ernsthafte Gründe volkswirtschaftlichen Interesses gerechtfertigt ist, die Gründe auch gemeinsamen Interessen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union entsprechen (Quelle: Griechenland-Blog unter Bezugnahme auf in.gr.). Die Parteien sind auf das Urteil hingewiesen worden und haben keine weiteren Ausführungen gemacht.

(b)

Die dem Kläger angebotenen Vertragsänderungen entsprechen den Vorgaben der Gesetze 3833/2010 und 3845/2010.

(aa)

Dass diese Gesetze ihn als Bediensteten der Beklagten mit einem privatrechtlichen Vertrag erfassen, ist schon begründet worden.

(bb)

Aus den dem Notstand der Beklagten Rechnung tragenden gesetzlichen Regelungen folgt, dass die angebotenen Bedingungen unabweisbar notwendig sind.

(aaa)

Nach Artikel 1 § 4 des Gesetzes 3833/2010 wird das Gehalt von Bediensteten mit privatrechtlichen Verträgen, die wie der Kläger keine Zulagen, Vergütungen und Honorare im Sinne des Artikel 1 § 2 Abs. 1 erhalten, um 7 % gekürzt. Nach Artikel 3 § 3 Satz 2 des Gesetzes 3845/2010 beträgt der weitere Kürzungsbetrag 3 %.

Der von der Beklagten angebotene Kürzungsbetrag von 310,63 € ist geringer als der sich aus den gesetzlichen Vorgaben tatsächlich ergebende Kürzungsbetrag. Die Beklagte hat das klägerische Gehalt im Jahre 2010 tatsächlich um 355,91 € gekürzt.

(bbb)

Auch das Angebot auf Streichung der Jahressonderzahlung rechtfertigt sich aus der griechischen Gesetzeslage.

Gemäß Artikel 3 § 6 Satz 2 des Gesetzes 3845/2010 erhalten Beschäftigte, die unter Berücksichtigung aller ordentlichen Bezüge, Zulagen und Vergütungen innerhalb eines Kalenderjahres mehr als 3.000 € monatlich verdienen, keine Weihnachts-, Oster- und Urlaubszuwendung.

Der Kläger erzielt auch nach Kürzung seines Entgeltes noch mehr als 3.000 € monatlich.

Die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L steht einer Weihnachts- und Urlaubszuwendung im Sinne des Artikel 3 § 6 des Gesetzes 3845/2010 gleich.

Die Neuordnung des tariflichen Systems im öffentlichen Dienst haben die Tarifvertragsparteien zum Anlass genommen, die Zuwendung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte, die gemäß § 4 Abs. 1 dieses Tarifvertrags zum 01.12. des Jahres gezahlt wurde, und das Urlaubsgeld nach dem Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte, das gemäß § 4 des Tarifvertrags im Juli des Jahres fällig war, abzulösen (Sponer/Steinherr, TVöD, § 20 TVöD Rnr. 2). Die Jahressonderzahlung stellt zwar ein aliud gegenüber dem Weihnachts- und Urlaubsgeld dar, ist aber nach der Zwecksetzung den von dem griechischen Gesetz erfassten Zuwendungen vergleichbar.

Die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L ist einerseits Entgelt, gleichzeitig aber auch Honorierung der Betriebstreue und Motivation für die Zukunft (BAG 12.12.2012 - 10 AZR 922/11 - Rnr. 20, NZA 2013, 384), ist demnach nicht nur Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung. Aus den Begriffen Weihnachts- und Urlaubszulagen in dem Gesetz 3845/2010 folgt, dass diese zusätzlichen Leistungen anlässlich bestimmter Ereignisse nicht unmittelbar Vergütung der geleisteten Arbeit sind. Artikel 3 §§ 3, 4 des Gesetzes betreffen die Gegenleistung des Arbeitgebers für die erbrachte Arbeitsleistung, bezeichnet als "Bezüge, als ordentlicher Bezug, Zulagen, Vergütungen oder Honorare im allgemeinen".

(ccc)

Für die Streichungen und Kürzungen der Entgelte und der Sonderzuwendungen der Bediensteten mit privatrechtlichen Verträgen ist ihre Rechtsgrundlage nach der griechischen Gesetzeslage unerheblich. Nach Artikel 1 § 5 des Gesetzes 3833/2010 und Artikel 3 § 8 des Gesetzes 3845/2010 gelten die Kürzungen unabhängig davon, ob die Ansprüche u.a. auf Tarifverträgen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarungen beruhen. Nach der Entscheidung des griechischen Gesetzgebers erfordert die Sanierung der Staatsfinanzen Entgeltreduzierungen im öffentlichen Dienst unabhängig von der Rechtsgrundlage der Ansprüche. Auch die arbeitsvertragliche Verweisung auf tarifliche Ansprüche ist nicht vor Eingriffen geschützt.

(ddd)

Auch im Hinblick auf die ordentliche Unkündbarkeit des Klägers war der angebotene Eingriff in die Entgeltstruktur unabweisbar.

Der Arbeitgeber darf zumindest dann auch gegenüber ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern außerordentliche Änderungskündigungen nach §§ 55, 54 BAT, 626 BGB aussprechen, wenn dies zur Sanierung des konkret insolvenzbedrohten Betriebs notwendig ist, weil sonstige Maßnahmen einschließlich der Änderungskündigungen gegenüber Mitarbeitern ohne Alterskündigungsschutz nicht ausreichen (BAG 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 35).

Angesichts der dargestellten Krisensituation, der Anforderungen der internationalen Geldgeber liegt es für die Kammer auf der Hand, dass jeder im griechischen öffentlichen Dienst Beschäftigte zum Gelingen der Konsolidierung einen Sanierungsbeitrag durch Entgeltreduzierung leisten muss.

(2) Gemessen an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind die Entgeltkürzungen und die Streichung der Jahressonderzahlung dem Kläger zumutbar. Die Beklagte hat ihm nur solche Änderungen vorgeschlagen, die er billigerweise hinnehmen muss.

Stehen dem Arbeitgeber mehrere Möglichkeiten der Änderung der Arbeitsbedingungen zur Verfügung, so fordert es der für das gesamte Kündigungsschutzrecht geltende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diejenige auch ihm zumutbare Änderung anbietet, die den Gekündigten am wenigsten belastet (BAG 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 39; 17.03.2005 - 2 ABR 2/04 - Rnr. 21, NZA 2005, 949).

(a)

Hier stand dem griechischen Gesetzgeber - wie dargestellt - eine Einschätzungsprärogative zu. Er hat entschieden, dass die Konsolidierungsanstrengungen auch Lohnkürzungen erfordern.

Nach dem Änderungsangebot büßt der Kläger bei Wirksamkeit der Änderungskündigung monatlich 310,63 € zuzüglich der Jahressonderzuwendung ein. Ausgehend von einem Bruttomonatsentgelt für 3.635,45 € und einer Jahressonderzahlung von 2.908,36 € (80 % von 3.635,45 €) verfügte er ohne die Kürzungen über ein Jahresbruttoeinkommen von 46.497,53 €. Unter Berücksichtigung der Kürzungen beträgt es nur noch 39.897,84 €, 86 % des ursprünglichen Einkommens. Die Kammer verkennt nicht, dass es sich um eine spürbare Einkommensminderung handelt, die dem Kläger angesichts der massiven Krisensituation jedoch noch zugemutet werden kann.

(b)

Entsprechend wendet er sich auch nicht im Wesentlichen gegen die Höhe der angebotenen Gehaltsminderung, sondern gegen ihre uneingeschränkte zukünftige Wirkung.

Die Kammer teilt nicht seine Auffassung, die Beklagte hätte das verschlechternde Angebot befristen müssen.

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer zwar nicht hinnehmen, dass sein Einkommen durch eine Änderungskündigung auf Dauer abgesenkt wird, wenn die Entgeltkürzung nur mit vorübergehenden wirtschaftlichen Verlusten begründet wird (BAG 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 40).

Bei Ausspruch der Kündigung war jedoch ein Ende der Wirtschaftskrise nach Vortrag der Beklagten nicht absehbar. Nach Angaben des Auswärtigen Amts hat sich die Haushaltslage Griechenlands zwar seit 2010 verbessert. Das Haushaltsdefizit sank von minus 9,4 % 2011 auf minus 6,3 % in 2012. Für 2013 werden noch minus 4,1 % erwartet bei einem nach wie vor bestehenden Schuldenstand von 175,5 % des Bruttoinlandsprodukts. Vor diesem Hintergrund enthalten die beiden Gesetze aus 2010 keine zeitlichen Beschränkungen für die Kürzungsmaßnahmen. Der Gesetzgeber hat eine Absenkung der Vergütungen im öffentlichen Dienst als auf Dauer unabdingbar erachtet. Zeitliche Beschränkungen ergeben sich weder aus Artikel 1 § 4 des Gesetzes 3833/2010 noch aus Artikel 3 § 3 des Gesetzes 3845/2010. In Artikel 3 des Gesetzes 3833/2010 hat der Gesetzgeber die Einkommenspolitik für 2010 beschrieben. Aus der Regelung folgt nicht, dass die in Artikel 1 § 4 verfügten Einschnitte in die Vergütungsstruktur beschränkt sind auf das Haushaltsjahr 2010. Aus Artikel 3 § 1 folgt lediglich, dass vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2010 Gehaltserhöhungen des öffentlichen Dienstes ausgeschlossen sind. Die untersagten Entgelterhöhungen werden in Artikel 3 § 2 näher konkretisiert. Artikel 3 § 3 enthält eine Ausnahmeregelung für den Fall, dass durch Gesetz, Verordnung, Tarifabkommen, Schiedsspruch oder Satzung Erhöhungen bereits beschlossen waren.

Wie krisenhaft die Gesamtlage und wie hoch der Zwang sind, dauerhaft Personalausgaben zu reduzieren, zeigt die Tatsache, dass das griechische Parlament in den Jahren 2011 und 2012 weitere Gesetze zur Entgeltreduzierung erlassen hat, wie der Kammer bereits vor dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten aufgrund von Presseveröffentlichungen bekannt war. Auf den konkreten Inhalt der nachfolgenden Gesetze kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

(dd)

Die außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist jedoch nicht als fristlose Kündigung wirksam. Dem Kläger ist eine Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsende gemäß §§ 55 Abs. 2 Unterabs. 3, 53 Abs. 2 BAT einzuräumen.

Betriebsverfassungsrechtliche Gründe stehen nicht entgegen, da kein Betriebsrat besteht, der gemäß § 102 BetrVG wie bei Ausspruch einer ordentlichen Änderungskündigung zu beteiligen gewesen wäre.

Bei Prüfung der Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung hat das Bundesarbeitsgericht durchgehend betont, dass eine Auslauffrist notwendig, gar zwingend ist (BAG 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - Rnr. 14, BB 2013, 533; 21.06.2012 - 2 AZR 343/11 - Rnr. 18, NZA 2013, 224; 01.03.2007 a.a.O. Rnr. 22; 06.10.2005 - 2 AZR 362/04 - Rnr. 28, ZTR 206, 437).

Zu bedenken ist, dass der Arbeitgeber - wie bereits ausgeführt - mit dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung eine weitreichende Verpflichtung und damit einhergehend ein hohes Risiko eingegangen ist. Die Einhaltung der Ausschlussfrist ist auch geboten, um eine Benachteiligung der durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung gerade geschützten Arbeitnehmer zu vermeiden (BAG 21.06.2012 a.a.O. Rnr. 18).

Die Kammer sieht keinen Grund, im vorliegenden Fall von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abzuweichen.

Artikel 1 des Gesetzes 3833/2010 ist schon zum 01.01.2010, Artikel 3 des Gesetzes 3845/2010 zum 01.06.2010 in Kraft getreten. Das Gesetz 3833/2010 wurde am 11.03.2010, das Gesetz 3845/2010 am 06.05.2010 erlassen. Auch wenn der Beklagten zuzugestehen ist, dass die Entgeltkürzungen bereits den Haushalt 2010 entlasten sollten, dass die Umsetzung in arbeitsrechtliche Maßnahmen einer gewissen Vorbereitungszeit bedurfte, so ist gleichzeitig zu bedenken, dass sie bereits mit Schreiben vom 15.06.2010 gegenüber dem Kläger erklärt hat, die ihrer Auffassung nach in der Zeit von Januar 2010 bis Mai 2010 erfolgten Überzahlungen durch Lohnabzug in den Folgemonaten realisieren zu wollen. Sie hat es unterlassen, den Arbeitsvertrag des Klägers zeitnah mit dem Ergebnis zu prüfen, dass jedenfalls vorsorglich der Ausspruch einer außerordentlichen Änderungskündigung geboten war.

Dass sie nicht die erforderliche Eile zur Wahrung ihrer Interessen gezeigt hat, ist auch der Tatsache zu entnehmen, dass der Kläger das von dem griechischen Generalkonsul in Hannover unterzeichnete Kündigungsschreiben vom 21.10.2010 erst am 12.11.2010 erhalten hat. Die von der Beklagten dargestellte und von der Kammer der Prüfung zugrunde gelegte wirtschaftliche Extremsituation hat sie selbst nicht zu einer zügigen Umsetzung der Kürzungen in das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger veranlasst. Der von ihr für zwingend erforderlich gehaltene Entlastungseffekt wird bei Einhaltung der sozialen Auslauffrist im Haushaltsjahr 2011 eintreten.

B.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs.6, 92 ZPO, die Zulassung der Revision aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.