1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 718,07 € nebst Zinsen in Höhe von 0,18 Prozentpunkten jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2010 zu zahlen.
2.
Überdies wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 120,67 € zu zahlen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Parteien streiten um restlichen Schadenersatz infolge eines Verkehrsunfalls vom 01.10.2010 in N zwischen dem klägerischen Fahrzeug sowie einem weiteren Fahrzeug, amtliches Kennzeichen ...#, welches am Unfalltag bei der Beklagten haftpflichtversichert war.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte dem Grunde nach für sämtliche Schäden am klägerischen Fahrzeug eintrittspflichtig ist. Lediglich über die Schadenshöhe besteht zwischen den Parteien Streit. Ausweislich eines eingeholten Gutachtens der E vom 06.10.2010 betragen die Reparaturkosten der Schäden am klägerischen Kfz ohne Mehrwertsteuer 7.014,05 €, brutto 8.346,72 €. Auf Grundlage des Gutachtens ließ der Kläger sein Fahrzeug bei der Firma P GmbH instandsetzen, die dem Kläger hierfür unter dem 22.10.2010 Nettoreparaturkosten in Höhe von 6.295,98 € zuzüglich Mehrwertsteuer mit einem Gesamtbruttoreparaturbetrag in Höhe von 7.492,22 € in Rechnung stellte. Mit Schreiben vom 22.11.2010 trat die Beklagte in die Schadensregulierung ein, wobei sie lediglich Reparaturkosten laut Rechnung in Höhe von 7.492,22 € berücksichtigte, obgleich auf Grundlage des Gutachtens und der Schadensberechnung vom 03.12.2010 ein Gesamtbetrag von 7.014,05 € nebst 1.196,24 € Mehrwertsteuer zu zahlen war. Der Kläger rechnete dabei fiktiv auf Gutachtengrundlage ab. Zwischenzeitlich reichte der Kläger bei der Beklagten auch die Rechnung der durchgeführten Reparatur der Autohaus P GmbH ein. Vorprozessual verweigerte die Beklagte die Zahlung weiteren Schadenersatzes, so dass der Kläger anwaltliche Hilfe durch den nunmehrigen Prozessbevollmächtigten in Anspruch nahm, der seine vorgerichtlichen Kosten mit 120,69 € liquidierte.
Die Beklagte hat die Richtigkeit des klägerseits eingeholten Schadensgutachtens vorprozessual und auch prozessual nicht bestritten.
Der Kläger trägt im Wesentlichen Folgendes vor:
Er sei aufgrund der von ihm vorgenommenen fiktiven Abrechnung berechtigt, den im Verhältnis zur tatsächlich durchgeführten Reparatur höheren Schadensbetrag aufgrund des eingeholten Schadensgutachtens der E zu fordern. Zwar habe er bei der Beklagten in der Tat zwischenzeitlich die Rechnung der durchgeführten Reparatur eingereicht, dies jedoch nur deshalb, weil er auch Ersatz für die anfallende Mehrwertsteuer habe erlangen wollen.
Der Kläger beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 718,07 € nebst 0,18 Prozentpunkten Zinsen jährlich über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2010 zu zahlen;
2.
die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 120,67 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt im Wesentlichen Folgendes vor:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf weiteren Schadenersatz, er sei mit den erfolgten Zahlungen ausreichend entschädigt. Sein Fahrzeug sei unstreitig durch die P GmbH ordnungsgemäß und fachgerecht instandgesetzt worden, damit habe die Beklagte ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz Genüge getan. Der Kläger könne nunmehr nicht auf Grundlage fiktiver Abrechnung den im Gutachten festgestellten Reparaturbetrag verlangen. Der Abrechnung habe die Reparaturkostenrechnung der P GmbH vom 22.10.2010 zugrundegelegen. Aufgrund derer stehe nunmehr fest, dass die im Gutachten enthaltene Schadenprognose über die Schadenshöhe unzutreffend gewesen sei, vielmehr habe der Schaden, wie die Reparaturrechnung zeige, zu einem deutlich niedrigeren Betrag repariert werden können. Die klägerseits zitierte Fundstelle im Standardwerk "Palandt, BGB", sei falsch. Sie gebe die zugrundeliegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs unzutreffend wieder.
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Der Kläger nimmt die Beklagte mit Recht auf Zahlung weiteren Schadenersatzes in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe in Anspruch. Der Anspruch ergibt sich aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 2 StVG, 115 ff VVG, 249 BGB. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann der Kläger nämlich auf Grundlage der von ihm vorgenommenen fiktiven Abrechnung durchaus auf Basis des Gutachtens abrechnen. Dies gilt auch für den Fall, dass -wie vorliegend- der tatsächlich angefallene Betrag für die fachgerecht durchgeführte Reparatur in einer Markenwerkstatt hinter dem prognostizierten Schadensbetrag in dem eingeholten Schadensgutachten zurückbleibt. Daran vermag auch vorliegend die Tatsache nichts zu ändern, dass, wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat, der Kläger eine Reparaturkostenrechnung der P GmbH über die durchgeführte Reparatur an die Beklagte übersandt hat. Allein durch die Einreichung einer Rechnung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger nunmehr von einer fiktiven Schadensabrechnung auf eine jederzeit zulässige konkrete Schadensabrechnung übergehen wollte, dies schon deshalb nicht, weil der aufgrund des Gutachtens prognostizierte Schadensbetrag höher war als der tatsächlich angefallene. Überdies hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, er habe die Rechnung nur deshalb übersandt, weil er auch Ersatz für die angefallene Mehrwertsteuer habe erlangen wollen. Andere Umstände, die auf einen Übergang zur konkreten Schadensberechnung schließen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, der Kläger würde an dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis deshalb verdienen, weil er sich nicht auf die Höhe des Rechnungsbetrages der tatsächlich durchgeführten Reparatur, sondern auf den prognostizierten Reparaturbetrag aus dem Schadensgutachten im Rahmen einer fiktiven Abrechnung bezieht, so ist dies hinzunehmen. Dabei ergibt sich insbesondere auch aus dem beklagtenseits zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20.6.1989, Az. VI ZR 334/88, nichts anderes. Ist ein Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden, so kann der Geschädigte von dem ersatzpflichtigen Schädiger statt der Herstellung durch diesen den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag für eine von ihm selbst veranlasste Reparatur verlangen (§§ 249 Satz 1, 2 BGB). Der erforderliche Geldbetrag bemisst sich danach, was vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Eigentümers in der Lage des Geschädigten für die Instandsetzung des Fahrzeugs zweckmäßig und angemessen erscheint. Dies schließt aber nicht aus, dass der Geschädigte Schadenersatz auf Gutachtenbasis verlangen kann, auch wenn das Unfallfahrzeug repariert worden und die Reparaturrechnung niedriger ist als die Berechnung im Sachverständigengutachten. Zwar gilt auch für die Ersetzungsbefugnis des § 249 Satz 2 BGB der schadensrechtliche Grundsatz, dass der Geschädigte zwar volle Herstellung verlangen kann, dass er aber an dem Schadensfall nicht "verdienen" soll (vgl. auch BGH, a.a.O.). Damit hat der Schädiger dem Geschädigten gemäß § 249 Satz 2 BGB aber den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Danach kommt es aber gerade nicht darauf an, was gerade dieser Geschädigte für die von ihm durchgeführte Reparatur ausgegeben hat, sondern darauf, was dazu erforderlich wäre; der Ersatzanspruch ist mithin "objektiv" zu bemessen (vgl. BGH, Urteil vom 20.6.1989, Az. VI ZR 334/88; OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 15.6.2000, Az. 7 U 103/99). Inhalt des Geldanspruchs nach § 249 Satz 2 BGB ist es nämlich gerade nicht, den Geschädigten die Kosten, die er für die Herstellung tatsächlich ausgegeben hat, zu ersetzen. Inhalt des Anspruchs ist es vielmehr, dass der Schädiger mit der Geldzahlung den Schaden an der von ihm beschädigten Sache ausgleicht. Mithin muss der Betrag, der für die Reparatur tatsächlich aufgewendet worden ist, begrifflich von dem Betrag, der für die Herstellung erforderlich ist, unterschieden werden (vgl. BGH, MDR 1970, 751). Die Ermittlung der erforderlichen Kosten im Sinne von § 249 Satz 2 BGB erfolgt durch den Richter mit Hilfe eines Sachverständigen oder durch eine Schätzung gemäß § 287 ZPO. Dabei ist nicht darauf abzustellen, was die (etwa schon durchgeführte) Reparatur gekostet hat, auch nicht darauf, ob der Geschädigte die Herstellung durchführen will; weil der Geldanspruch vom Gesetz objektiv bestimmt ist, scheiden andere Umstände, die diesem Geschädigten die Wiederherstellung der Sache auf dem sonst üblichen Weg erleichtern - etwa eine Reparatur durch den Geschädigten selbst oder eine preiswertere Reparatur durch eine Werkstatt, die der Geschädigte aufgrund seines Verhandlungsgeschicks erreicht - bei der Bestimmung der Höhe des Geldanspruchs aus. Im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO ist mithin vom Schadensgutachten auszugehen und zu prüfen, ob die Reparaturrechnung Zweifel an der Richtigkeit der Begutachtung begründen kann. Derartige Zweifel hat das Gericht aufgrund des vorliegenden Schadensgutachtens nicht. Der Schädiger ist bei einer Bewertung der Schadenshöhe, ausgehend vom Schadensgutachten, auch nicht etwa benachteiligt, weil er die Richtigkeit des Gutachtens bestreiten kann. Das hat die Beklagte hier aber substantiiert nicht getan, vielmehr hat sie überhaupt nicht bestritten, dass das Gutachten zutreffend ist. Hätte sie Zweifel an der Richtigkeit des Schadensgutachtens gehabt, so hätte es der Beklagten freigestanden, die Höhe des prognostizierten Schadens dadurch zu erschüttern, dass sie substantiiert die Feststellungen des Sachverständigen aus dem Schadensgutachten angegriffen und diese durch Überprüfung durch ein gerichtlich bestelltes Sachverständigengutachten gestellt hätte. Dies hat die Beklagte jedoch unstreitig nicht getan. Solange jedoch durch die Rechtsprechung, die auch das erkennende Gericht teilt, eine fiktive Abrechnung auf Gutachtenbasis zugelassen wird, so kann es keinen Unterschied machen, ob der Geschädigte sein Fahrzeug gar nicht reparieren lässt, dieses durch eine nicht markengebundene Fachwerkstatt instandsetzen lässt oder dieses - wie vorliegend - durch eine Markenwerkstatt fachgerecht instandsetzen lässt. Soweit beklagtenseits gegen diese Betrachtungsweise eingewandt wird, dass in dem häufiger vorkommenden Fall, dass die tatsächlichen Reparaturkosten über dem prognostizierten Betrag aus dem Schadensgutachten liegen, der Geschädigte ja ebenfalls bei der Versicherung des Schädigers den überschießenden Betrag geltend machen könne, müsse dies umgekehrt auch für den Fall gelten, dass die Reparaturkosten tatsächlich niedriger ausfallen, so ist dem nicht zu folgen. Dies ist vielmehr Ausfluss des Grundsatzes, dass der Schädiger das Prognoserisiko für den von ihm angerichteten Schaden trägt.
Der Zinsanspruch sowie die Verpflichtung zum Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzugs, §§ 286, 288 Abs. 1 BGB bzw. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: bis zu 900,00 €