OLG Stuttgart, Urteil vom 27.11.2013 - 4 U 137/13
Fundstelle
openJur 2014, 7397
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24.06.2013 (Az.: 7 O 144/12) mit dem zugrunde liegenden Verfahren für die Zeit ab dem 05.03.2013 aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Es wird festgestellt, dass das Verfahren seit dem 05.03.2013 unterbrochen ist.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 127.822,97 EUR

Gründe

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für ein Grundstück geltend.

1.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und das Vorbringen in erster Instanz einschließlich der Antragstellung wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.

Ergänzend:

Entgegen der Annahme des Landgerichts (LGU S. 3 vierter Absatz) hat das AG Stuttgart als Insolvenzgericht bereits mit Beschluss vom 05.03.2013 (8 IN 734/05, vorgelegt als Anl. BKK 5, Bl. 455) hinsichtlich der Klagforderung die Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO angeordnet.

2.

Das Landgericht hat zunächst am 25.02.2013 ein der Klage stattgebendes Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil im Urkundsprozess erlassen (Bl. 61 f. - vorgeheftet), in dem es der Beklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten hat.

Mit Urteil vom 24.06.2013 hat es im Nachverfahren das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die zulässige Klage habe in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger sei aktivlegitimiert, da über den Antrag des Insolvenzverwalters auf Anordnung der Nachtragsverwaltung noch nicht entschieden worden sei; er sei auch weiterhin prozessführungsbefugt.

Ihm stehe gegen die Beklagte aber kein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises für den Grundstücksanteil in Dresden gemäß § 433 Abs. 2 BGB mehr zu, da der Anspruch gemäß § 364 Abs. 1 BGB erloschen sei.

Die Parteien könnten dem Schuldner die Befugnis einräumen, das Schuldverhältnis durch eine andere als die geschuldete Leistung zum Erlöschen zu bringen; eine solche Vereinbarung könne beim Bewirken der Leistung oder vorher zustande kommen.

Nach der Beweisaufnahme (Vernehmung des Zeugen F) sei das Gericht überzeugt, dass die Parteien etwa im Zeitraum Mai/Juni 2000 vereinbart hätten, dass die Beklagte die gemäß dem notariellen Vertrag vom 07.08.2000 geschuldeten 250.000 DM nicht zu zahlen habe, sondern dafür das Elternhaus des Klägers renovieren sollte. Dies habe der Zeuge F glaubhaft bestätigt.

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe auch zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Erbringung der Werkleistungen keinen bloßen Freundschaftsdienst für den Kläger dargestellt hätten (zur Begründung hierfür im Einzelnen siehe LGU S. 7 f. unter 3. der Entscheidungsgründe).

Außer den glaubhaften Angaben des Zeugen F spreche für die Richtigkeit des Beklagtenvortrags als Indiz auch, dass die Beklagte als Eigentümerin eingetragen worden sei, obwohl unstreitig kein Cent des Kaufpreises bezahlt worden sei.

Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten sei der Umstand, dass der Kläger die Kaufpreisforderung im Insolvenzverfahren über sein Vermögen nicht angegeben habe, denn bei Zugrundelegung des Beklagtenvortrages habe ihm bei dessen Eröffnung tatsächlich auch kein Kaufpreisanspruch mehr zugestanden, da dieser durch die erbrachten Werkleistungen bereits erloschen gewesen sei.

Die Formnichtigkeit der Vereinbarung der Parteien über die Renovierungsabsprache sei durch die Eintragung des Eigentumsübergangs gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt worden; die Heilung erstrecke sich auch auf den Vertrag im Ganzen einschließlich der Vertragsänderungen.

Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der Anspruch des Klägers auch verwirkt sei.

Das vom Kläger begehrte Schriftsatzrecht zu dem neuen Vortrag der Beklagten, die Rechnungen seien Ende 2003 ausgestellt worden, sei ihm nicht einzuräumen gewesen, da der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung für die Entscheidung ohne rechtliche Bedeutung sei und das Urteil auf diesem nicht beruhe.

Der Kläger sei in der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2013 angehört worden und sei auch während der gesamten Verhandlung vom 10.06.2013 anwesend gewesen, auch während und nach der Vernehmung des Zeugen. Er hätte mithin jederzeit Erklärungen abgeben oder den Angaben des Zeugen entgegentreten können.

Im Übrigen sei Beweis für die klägerischen Behauptungen nicht angeboten gewesen, auch nicht durch Parteivernehmung. Eine Parteivernehmung von Amts wegen sei nicht geboten gewesen, da die Voraussetzungen des § 448 ZPO nicht vorgelegen hätten, da insbesondere das Ergebnis der Beweisaufnahme zusammen mit den genannten Indizien ausreichend erscheine.

3.a)

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger unter pauschaler Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen mit seiner Berufung, mit welcher er sein Ziel der Bestätigung des Anerkenntnis-Vorbehalts-Urteils weiter verfolgt; vorsorglich beantragt er die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor:

Es bestünden konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der landgerichtlichen Tatsachenfeststellungen begründeten. Insofern lägen gleichzeitig Umstände vor, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergebe.

Das Landgericht würdige nicht, dass gemäß § 2 Nr. 2 des notariellen Vertrags vom 07.08.2000 (K 1) die Beklagte nicht nur das Entgelt von 250.000 DM zu zahlen gehabt, sondern weiter sich verpflichtet habe, für die Zukunft die Verbindlichkeiten für die in Abt. III Nr. 2 u. 3 im Grundbuch eingetragenen Grundschulden zu Gunsten der Stadtsparkasse Dresden mit dem dazugehörigen Zins- und Tilgungsdienst ab sofort als alleinige Schuldnerin zu übernehmen; eine Verpflichtung, welche die Beklagte nicht erfüllt habe.

Weiter habe das Landgericht zu Unrecht als Indiz für die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten die fehlende Angabe der Kaufpreisforderung im Insolvenzverfahren durch ihn gewertet, obwohl diese Behauptung der Beklagten entgegen den Ausführungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils streitig gewesen sei. Das Landgericht hätte das auf LGU S. 3 angeführte Schreiben des Insolvenzverwalter vom 19.02.2013 nicht verwerten dürfen, nachdem keine der Parteien hierauf Bezug genommen habe.

Hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Klägers dazu, warum die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Zweifeln unterlägen und auf Rechtsverletzungen beruhten, wird auf die Ausführungen auf S. 6 bis 27 der Berufungsbegründung vom 24.09.2013 unter I. 3. u. 4. verwiesen.

Die Ausführungen des Landgerichts zur Formnichtigkeit der Vereinbarung der Parteien und deren Heilung hielten einer Überprüfung nicht stand. Soweit das Landgericht ausführe, die Heilung würde sich auf den gesamten Vertragsinhalt einschließlich Nebenabreden, Änderungen und Ergänzungen erstrecken, würde eine solche Heilung aber voraussetzen, dass es die von der Beklagten behauptete Parteivereinbarung überhaupt gegeben habe und diese nicht durch Abschluss des notariellen Vertrages aufgehoben worden sei. Der Abschluss einer Vereinbarung mit dem von der Beklagten behaupteten Inhalt nach oder bei Abschluss des notariellen Vertrages sei aber weder behauptet noch vorgetragen worden, so dass sich die wechselseitigen Verpflichtungen abschließend aus dem formwirksamen notariellen Vertrag ergäben. Im Übrigen würde jedwede Heilung nur ex nunc wirken.

Aufgrund dessen könne entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht dahinstehen, ob sein Anspruch gemäß § 242 BGB verwirkt sei; vielmehr sei dies entscheidungserheblich. Von Verwirkung könne aber bereits deshalb nicht ausgegangen werden, weil es auf die Person des Insolvenzverwalters bzw. der Insolvenzgläubiger ankomme.

Unabhängig hiervon fehle es am für die Verwirkung erforderlichen Zeitmoment; nach ständiger Rechtsprechung genüge eine Zeitspanne von etwa sieben Jahren hierfür nicht. Überdies habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass Kaufpreisansprüche der Verwirkung nicht unterlägen.

Was die Versagung des begehrten Schriftsatzrechts betreffe, so komme es entgegen der Auffassung des Landgerichts durchaus auf den Zeitpunkt der Erstellung der Rechnungen durch die Beklagte im Rahmen der Beweiswürdigung an. Das Landgericht hätte jedenfalls die mündliche Verhandlung auf seinen Schriftsatz vom 19.06.2013 hin wieder eröffnen müssen, da er in diesem seine Prozesstaktik offengelegt habe und auch sein eigentliches Ziel, die Voraussetzungen für den Rücktritt vom notariellen Vertrag vom 07.08.2000 unter Mehrung der Insolvenzmasse zu schaffen, damit das Grundstück in Dresden aus der Insolvenzmasse heraus gekauft werden könne.

Es habe nie einen Auftrag von ihm an die Firma der Beklagten zu Renovierungsarbeiten im Gebäude ... Straße in S gegeben; diese seien vom Ehemann der Beklagten auf rein freundschaftlicher Basis ausgeführt worden, wobei er, der Kläger, selbst ständig mitgearbeitet habe.

Es erscheine insofern unwahrscheinlich, dass die jeweiligen Rechnungen zu dem dort jeweils angegebenen Datum erstellt worden seien und noch unwahrscheinlicher, dass die in diesen genannte Umsatzsteuer abgeführt worden sei. Es erstaune auch, dass die vermeintliche Vereinbarung der Parteien - Abgeltung des Kaufpreises gegen Renovierung des Hausgrundstückes in der ... Straße - von der Beklagten außergerichtlich niemals behauptet, sondern erstmals im Rechtsstreit vorgetragen worden sei.

Die von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit vorgelegten Rechnungen addierten sich zu einem Gesamtbetrag von 212.962,79 EUR, überstiegen mithin die Kaufpreisforderung aus dem notariellen Vertrag vom 07.08.2000 deutlich. Es sei erstaunlich, dass die Beklagte diese Forderung niemals geltend gemacht habe. Gleichzeitig dürfte es schlicht unmöglich gewesen sein, dass die Firma der Beklagten darüber hinaus Aufträge der Fa. M. mit einem Volumen von 199.201 EUR im Jahr 2002 und 259.300 EUR im Jahr 2003 allein vom Ehemann der Beklagten und einem zusätzlichen Mitarbeiter abgearbeitet haben wolle.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass das Verfahren durch den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 05.03.2013 nach § 240 ZPO unterbrochen worden sei, welcher ihm bis zum Schreiben des Insolvenzgerichts vom 27.09.2013 (Anl. BKK 4, Bl. 454) nicht bekannt gewesen sei. Mit diesem Beschluss habe er seine Prozessführungsbefugnis verloren, da die Bestimmung des § 240 ZPO auf die Nachtragsverteilung entsprechend anzuwenden sei. Sein Rechtsmittel gegen das trotz der Unterbrechung ergangene Schluss-Urteil vom 24.06.2013 sei allein schon deswegen zulässig und begründet und führe zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht. Er sei auch trotz Anordnung der Nachtragsverteilung nach wie vor befugt, diesen Verstoß gegen § 240 ZPO zu rügen und mittels der Berufung geltend zu machen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war der Kläger säumig.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen;

im Übrigen Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Abgesehen von einer pauschalen Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen trägt sie zur Begründung im Wesentlichen vor:

Aufgrund der vom Amtsgericht Stuttgart am 05.03.2013 hinsichtlich der streitgegenständlichen Ansprüche angeordneten Nachtragsverteilung sei der Kläger nicht aktivlegitimiert und sei dies bereits bei Berufungseinlegung nicht gewesen.

Entgegen der Auffassung des Klägers bestünden auch keine konkreten Anhaltspunkte, welche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründeten. Hinsichtlich der Ausführungen, mit denen die Beklagte diese Auffassung begründet, wird auf die S. 2 - 5 der Berufungserwiderung unter I. 1. (Bl. 459 - 462) verwiesen.

Im Übrigen hielten auch die materiell-rechtlichen Ausführungen des Landgerichts einer Überprüfung stand.

Der Zeuge F habe bei seiner Vernehmung diese Vereinbarung auch glaubhaft bestätigt; hinsichtlich der diese Einschätzung nach Auffassung der Beklagten tragenden Erwägung wird auf die S. 7 - 10 der Berufungsbegründung (Bl. 464 ff.) verwiesen.

Das Landgericht habe auch in richtiger Weise festgestellt, dass die Erbringung der Werkleistungen keinen Freundschaftsdienst für den Kläger dargestellt habe und die Renovierung eines gesamten Hauses in derartigem Umfang weit über jeden Freundschaftsdienst hinausgehe. Der Umfang einer bestimmten Leistung könne sehr wohl Aufschluss darüber geben, ob ein Freundschaftsdienst vorliege oder nicht. Der Umstand, dass der Kläger im kleinsten Umfang an den Renovierungsarbeiten beteiligt gewesen sei, ändere daran nichts. Zum Einen handele es sich bei den Arbeiten um solche, die besser zu zweit ausgeführt hätten werden können, zum Anderen sei es nicht unüblich, dass Bauherren bei der Renovierung ihres Hauses Kleinstarbeiten übernähmen.

Darauf, dass der Zeitpunkt der Eigentumsübertragung und die Nichtangabe der vermeintlichen Kaufpreisforderung durch den Kläger im Insolvenzverfahren als Indizien für die Richtigkeit ihres Vortrags gewertet werden könnten, habe das Landgericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2013 (S. 2 d. Protokolls, Bl. 340) hingewiesen. Auf diese Hinweise habe der Kläger nicht reagiert.

Zutreffend seien auch die Ausführungen des Landgerichts zur Heilung des formnichtigen Notarvertrags gemäß § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB. Entgegen der Auffassung des Klägers liege ein formwirksamer Verpflichtungsvertrag insofern vor, als sich die Parteien darauf geeinigt hätten, dass die Beklagte die Zahlung des Kaufpreises an Erfüllungs statt durch die Renovierung erfüllen könne. Diese Vereinbarung sei nicht durch den Abschluss des Notarvertrags aufgehoben worden, vielmehr hätte diese Regelung den notariellen Kaufvertrag ergänzt. Diese Ergänzung sei zwar nicht beurkundet worden. Dieser Formmangel sei aber durch die Eintragung im Grundbuch geheilt worden.

Der Kläger habe mit der Entgegennahme der Renovierungsarbeiten zu verstehen gegeben, dass er weiterhin an der Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Renovierungsarbeiten an Erfüllungs statt festhalte. Wie der Kläger selbst zutreffend ausführe, seien nach Auflassung, aber vor Eintragung getroffene Ergänzungen jedenfalls formfrei gültig. Insofern habe die Vereinbarung der Parteien hinsichtlich der Renovierungsabsprache an Erfüllungs statt formfrei geschlossen werden können und sei durch die Annahme der Renovierungsarbeiten seitens des Klägers auch geschlossen worden.

Was die Verwirkung betreffe, so komme es entgegen der Auffassung des Klägers auf die Person des Insolvenzverwalters schon deshalb nicht an, weil er diesem gegenüber die Forderung nicht offengelegt habe. Der vergangene Zeitraum sei auch ausreichend, um das Zeitmoment der Verwirkung zu begründen. Die Ansicht des Klägers, Kaufpreisansprüche unterlägen nicht der Verwirkung, sei ohnehin rechtsirrig. Im Hinblick auf die von ihrem Ehemann erbrachten Werkleistungen könne auch durchaus Verwirkung angenommen werden.

Zutreffend seien auch die Ausführungen des Landgerichts zur Versagung des klägerseits beantragten Schriftsatzrechts und zum fehlenden Anlass für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

II.

Trotz Säumnis des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist über dessen zulässige Berufung insoweit in der Sache durch unechtes Versäumnisurteil zu entscheiden, als das trotz der bereits am 05.03.2013 angeordneten Nachtragsverteilung (§ 203 InsO) ergangene Schluss-Urteil des Landgerichts einschließlich des Verfahrens ab diesem Zeitpunkt aufzuheben und die Sache auf den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag hin an das Landgericht zurückzuverweisen ist.

1.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung konnte entgegen den von Beklagtenseite geäußerten Bedenken vom Kläger trotz der bereits mit Beschluss vom 05.03.2013 vom Insolvenzgericht in Bezug auf die Klagforderung angeordneten Nachtragsverteilung wirksam eingelegt werden.

Der Kläger als (Gemein-)Schuldner bleibt trotz Anordnung der Nachtragsverteilung insoweit prozessführungsbefugt, als er die Wirkungen der Unterbrechung des Verfahrens gemäß §§ 240, 249 ZPO geltend machen kann. Dies war unter der Geltung der Konkursordnung für die Eröffnung des Konkursverfahrens allgemein anerkannt (etwa BGH NJW 1995, 2563 u. NJW 1997, 1445), gilt aber auch unter der Geltung der Insolvenzordnung (BGH NZI 2009, 783 Tz. 6; OLG Hamm MDR 2011, 888 Rn. 16 in Juris; OLG Oldenburg MDR 2005, 836 Rn. 10 Juris; OLG Brandenburg , Urteil vom 18.08.2010, 3 U 149/09 Rn. 19 in Juris). Der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gleich steht die Anordnung der Nachtragsverteilung, soweit sie eine streitgegenständliche Forderung betrifft: mit der Anordnung der Nachtragsverteilung tritt ein erneuter Insolvenzbeschlag hinsichtlich der Gegenstände ein, für welche die Nachtragsverteilung angeordnet wird (BGH NJW-RR 2012, 736 = NZI 2012, 271 Tz. 17; Münchner Kommentar zur Insolvenzordnung-Hintzen, 2. Aufl., § 203 Rn. 21). Eine solche Anordnung der Nachtragsverteilung ist auch im Verbraucherinsolvenzverfahren jedenfalls dann zulässig, wenn ein Schlusstermin stattgefunden hat (BGH, a.a.O., Tz. 5 und BGH NJW-RR 2006, 262 Tz. 4). Ein solcher fand auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers statt (am 12.06.2007, Bl. 169 der beigezogenen Insolvenzakten). Die Nachtragsverteilung ist auch unabhängig davon anzuordnen, aus welchem Grund die Verwertung im zwischenzeitlich beendet gewesenen Insolvenzverfahren unterblieben ist (BGH NJW-RR 2008, 428 Tz. 6).

2.

Die Berufung ist auch insoweit begründet, als sie zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führt, da infolge der Anordnung der Nachtragsverteilung hinsichtlich der Klagforderung im Beschluss des Insolvenzgerichts vom 05.03.2013 das Verfahren ab diesem Tage gemäß § 240 ZPO unterbrochen wurde.

a)

Das angefochtene Urteil hätte mithin aufgrund der Unterbrechungswirkung nicht mehr ergehen dürfen. Infolge der Anordnung der Nachtragsverteilung war der Kläger ab dem 05.03.2013 nicht mehr ordnungsgemäß vertreten. Die dennoch erfolgte Weiterführung des Verfahrens durch das Landgericht stellte einen Verfahrensfehler i.S.v. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO dar; unerheblich ist, dass dem Landgericht die den Verfahrensfehler auslösende Tatsache, hier die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, unbekannt war (BGH NZI 2009, 783 Tz. 12 m.w.N.; BGH MDR 1976, 487; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 20 in Juris).b)

Dieser Verfahrensfehler führt jedenfalls dann, wenn wie vorliegend von einer Partei Antrag auf Zurückverweisung gestellt ist - wobei es genügt, wenn wie hier seitens der Beklagten die Aufhebung und Zurückverweisung hilfsweise und nach Ablauf der Berufungsbegründung beantragt wird (Zöller-Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 538 Rnrn. 4 und 56 m.w.N.) -, zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils einschließlich des zu Grunde liegenden Verfahrens ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Unterbrechungswirkung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Diese Folge der (objektiven) Missachtung der Unterbrechungswirkung war bis zum Inkrafttreten der ZPO-Reform allgemein anerkannt (vgl. etwa BGH NJW-RR 1990, 342, 343; BGH NJW 1997, 1445 am Ende unter C.; OLG Köln NJW-RR 1995, 891, 892; OLG Frankfurt, OLGR 1993, 89). Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung gilt aber auch nichts anderes unter dem seit 01.01.2002 geltenden Rechtszustand (OLG Hamm, a.a.O., Rn. 22 in Juris; OLG Oldenburg MDR 2005, 836 Rn. 10 Juris; LAG München, Urteil vom 15.03.2007, 4 Sa 54/07, BeckRS 2009, 61900, unter III. 2. der Entscheidungsgründe; aus der Lit. etwa Flöther, jurisPR-InsR 9/2005 Anm. 6).

c)

Es ist auch keine Heilung des Verfahrensfehlers nach § 295 ZPO eingetreten.

aa)

Entgegen der vom LAG München (a.a.O. unter II. 2. b) der Entscheidungsgründe) vertretenen Auffassung ist allerdings ein Verstoß gegen die §§ 240, 249 Abs. 2, Abs. 3 ZPO grundsätzlich heilbar (BGH NJW-RR 1990, 342; OLG Brandenburg, a.a.O., Rn. 19 f. in Juris; Zöller-Greger, a.a.O., § 295 Rn. 3; Wieczorek/Schütze-Assmann, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 4. Aufl., § 295 Rn. 17; Stein/Jonas-Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 295 Rn. 29).

bb)

Eine solche Heilung ist vorliegend nicht erfolgt:

(1)

Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2013 verhandelt, obwohl ihm die Unterbrechung des Verfahrens bekannt war oder ihm diese infolge Kenntnis der Anordnung der Nachtragsverteilung bekannt gewesen sein müsste; eine Heilung nach § 295 ZPO kann dennoch nicht angenommen werden, weil - abgesehen davon, dass die Ansicht vertreten wird, die Heilung nach § 295 ZPO könne nur für solche Prozesshandlungen des Gerichts eintreten, die nicht in Entscheidungen bestehen (so Wieczorek/Schütze-Gerken, Zivilprozessordnung und Nebengesetz, 4. Aufl., § 249 Rn. 23 u. Stein/Jonas-Roth, ZPO, 22. Aufl., § 249 Rn. 13 u. 15; anders aber offenbar die Rechtsprechung, siehe neben OLG Brandenburg, ebenda, auch BGH VersR 1967, 343 sowie BSG NJW 1967, 2226) - diese lediglich die Gültigkeit und Unangreifbarkeit der jeweiligen mangelhaften Prozesshandlung bewirkt (siehe nur Stein/Jonas-Leipold, a.a.O., § 295 Rn. 17; Thomas/Putzo-Reichold, a.a.O., § 295 Rn. 7; Musielak-Huber, ZPO, 10. Aufl., § 295 Rn. 7), so dass durch das rügelose Verhandeln des Klägers im Termin vom 10.06.2013 lediglich die trotz Unterbrechung erfolgte Terminsverfügung vom 19.03.2013 (Bl. 244) geheilt wäre, nicht aber das anschließend verkündete Urteil.

(2)

Darüber hinaus und insbesondere kommt es für die Heilung nach § 295 ZPO in der vorliegenden Konstellation gar nicht auf die Person des Klägers, sondern auf die Person des Insolvenzverwalters an (so ausdrücklich Zöller-Greger, a.a.O., § 249 Rn. 4), denn die Prozessführungsbefugnis (mit der Ausnahme, dass auch der Gemeinschuldner die Wirkung der Unterbrechung geltend machen kann, s. o. unter 1.) liegt infolge der Eröffnung bzw. Anordnung der Nachtragsverteilung beim Insolvenzverwalter, so dass es für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 295 ZPO auf dessen Person ankommen muss (so in der Sache auch BGH VersR 1967, 343; OLG Brandenburg, ebenda). Insoweit gilt nichts anderes als bei der Rechtsnachfolge, bei der auch der Rechtsnachfolger den Rechtsstreit rügelos fortsetzen muss, damit Heilung eintritt (vgl. BSG ebenda; Musielak-Stadler, a.a.O., § 249 Rn. 5). Nur dieses Ergebnis wird auch dem Grundsatz gerecht, dass hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis eine Heilbarkeit nach § 295 Abs. 2 ZPO ausscheidet (Münchner Kommentar zur ZPO-Prütting, ZPO, 4. Aufl., § 295 Rn. 24 m.w.N. in Fn. 33).

(3)

Überdies müssten die Voraussetzungen des § 295 ZPO auch bei der Beklagten gegeben sein, da anerkannt ist, dass ein trotz Unterbrechung ergangenes, die Insolvenzmasse betreffendes Urteil nicht nur vom Insolvenzverwalter und vom Gemeinschuldner, sondern auch vom Prozessgegner angefochten werden kann (BGH NJW 1969, 48, 49; BGH NJW 1997, 1445 unter B. II. 1.).

Hinsichtlich der Beklagten kann aber zum Einen nicht angenommen werden, dass sie in der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2013 rügelos verhandelt hat, obwohl ihr die infolge Anordnung der Nachtragsverteilung eingetretene Unterbrechung bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. Sie hat zwar Kenntnis vom Antrag des Insolvenzverwalters auf Anordnung der Nachtragsverteilung gehabt, da der Insolvenzverwalter ihr diesen per Telefax übersandt hat (Bl. 55). Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass ihr in der mündlichen Verhandlung 10.06.2013 auch die Anordnung der Nachtragsverteilung mit Beschluss vom 05.03.2013 hätte bekannt sein müssen. Die Beklagte traf insoweit keine Erkundigungsobliegenheit; sie konnte vielmehr annehmen, dass ihr seitens des Klägers oder des Landgerichts ein etwaig ergangener Beschluss mitgeteilt wird, zumal der Insolvenzverwalter in dem Antrag auf Anordnung der Nachtragsverteilung angekündigt hatte, dem Landgericht einen ggf. ergehenden Beschluss im Hinblick auf § 240 ZPO umgehend anzuzeigen (was er dann aber versäumt hat). Zum Anderen beträfe eine Heilung durch rügeloses Verhandeln im Termin vom 10.06.2013, wie oben unter (1) ausgeführt, ohnehin nur die Terminierung, nicht aber das im zeitlichen Nachgang ergangene Urteil. Auch ein Verzicht der Beklagten kann nicht angenommen werden, weil sie in der Berufungserwiderung ausdrücklich die fehlende Aktivlegitimation des Klägers rügte und - wenn auch irrig - meinte, dieser hätte gar nicht Berufung einlegen können.

c)

Trotz der Säumnis des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 20.11.2013 ist über die Berufung durch (unechtes Versäumnis-)Urteil in Form der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zu entscheiden.

aa)

Die Zurückweisung der Berufung durch Versäumnisurteil gegen den Kläger wäre auch nicht in Betracht gekommen, wenn die Beklagte ein solches beantragt hätte, denn dadurch würde das Schluss-Urteil des Landgerichts, welches gar nicht hätte ergehen dürfen, in der Sache bestätigt; eine anderslautende Entscheidung als die Aufhebung des trotz eingetretener Unterbrechung ergangenen Urteils ist dem Berufungsgericht gar nicht möglich (insoweit zutreffend OLG Köln NJW-RR 1995, 891, 892; ebenso OLG Frankfurt OLGR 1993, 89).

bb)

Zu Unrecht meint das OLG Köln (ebenda) allerdings, es trete dann bei Säumnis des Berufungsklägers in einem solchen Falle ein Stillstand des Verfahrens im Berufungsrechtszug ein (so allerdings auch Feiber, EWiR 1994, 723). Dies hätte zur Folge, dass das - ja nicht nichtige, wenn auch zwischen den Parteien relativ unwirksame - Urteil des Landgerichts, das gar nicht hätte ergehen dürfen, für unbestimmte Zeit in der Welt bliebe. Der Senat hält es deswegen mit dem OLG Frankfurt (OLGR 1993, 89) auch bei Säumnis des Berufungsklägers für geboten, in der hier gegebenen Konstellation durch Aufhebung des zu Unrecht ergangenen Urteils und Zurückverweisung der Sache zu entscheiden, jedenfalls wenn wie vorliegend der Berufungsbeklagte dies beantragt. Dadurch kann das Verfahren in das Stadium zurückversetzt werden, in welchem es sich bei ordnungsgemäßem Ablauf, also bei Beachtung der Unterbrechung, befunden hätte, ohne dass eine der Parteien schlechter gestellt wäre als bei einem Erscheinen auch des (Berufungs-)Klägers in der mündlichen Verhandlung; auch dann hätte nur eine auf Aufhebung des angefochtenen Urteils lautende Entscheidung ergehen können (OLG Frankfurt, ebenda).

d)

Zur Klarstellung hat der Senat weiter deklaratorisch die Unterbrechung des Verfahrens festgestellt (vgl. LAG München, a.a.O., unter II. 2 b letzter Abs. der Entscheidungsgründe).

3.a)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 2 ZPO, dessen Anwendbarkeit auch beim Ausspruch einer Zurückverweisung anerkannt ist (BGH NJW 1997, 1007; OLG München MDR 2012, 117 Rn. 11 in Juris; Zöller-Herget, a.a.O., § 97 Rn. 12).

Dem Kläger sind die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, weil er die fehlende Verfügungsbefugnis und die Unterbrechungsfolge so rechtzeitig kannte oder zumindest infolge Fahrlässigkeit nicht kannte, dass er diese bereits in erster Instanz hätte geltend machen können (ebenso OLG Hamm, a.a.O., Rn. 24 in Juris, bei einem vergleichbaren Sachverhalt). Aus der beigezogenen Insolvenzakte ergibt sich nämlich, dass der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 05.03.2013 nicht nur den Rechtsanwälten, welche den Kläger im Insolvenzverfahren vertraten, zugestellt worden ist (siehe die Empfangsbekenntnisse vom 12.03.2013, Bl. 371 f. der Insolvenzakte), sondern darüber hinaus bereits am 13.03.2013 auch dem Kläger persönlich (Zustellungsurkunde Bl. 373 der Insolvenzakte)

Der Umstand, dass nicht feststeht, dass die Berufung des Klägers ohne das neue Vorbringen, d. h. die Mitteilung, das Verfahren sei infolge Anordnung der Nachtragsverteilung unterbrochen, erfolglos gewesen wäre, steht der Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO nicht entgegen (BGH NJW-RR 2005, 866, 867; OLG Hamm, a.a.O., Rn. 25 in Juris).

b)

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

c)

Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO aufgrund der bestehenden Divergenzen zu der Frage, ob bei der hier gegebenen Konstellation der Säumnis des Berufungsklägers das entgegen §§ 240, 249 ZPO ergangene erstinstanzliche Urteil aufzuheben ist oder nicht (s. o. 2. c) bb)), zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

Die Zulassung ist auch nicht mangels Beschwer der Parteien entbehrlich, denn selbst dann, wenn eine Partei - wie hier die Beklagte - selbst einen Antrag auf Aufhebung und Zurückverweisung gestellt hat, ist sie dadurch, dass die primär begehrte Sachentscheidung (hier: Zurückweisung der Berufung des Klägers) nicht ergeht, beschwert (so schon RGZ 14, 355, 356 f.; ferner BGH NJW 1965, 441).