LG Düsseldorf, Urteil vom 16.08.2013 - 6 O 348/11 U.
Fundstelle
openJur 2014, 7187
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 559,00 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen die Zwangsvollstreckung durch den jeweils anderen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht mit der Klage einen Vergütungsanspruch aus einem am 12. Februar 2010 geschlossenen Internet-System-Vertrag geltend.

Die Klägerin ist Anbieterin von Einzel- und Komplettlösungen rund um das Thema Internet. Die Beklagte betreibt unter der Firmenbezeichnung „Heilzentrum CCCCCCCCCCCCCC“ ein Handelsgewerbe in Benshausen. Am 12. Februar 2010 schloss sie mit der Klägerin einen sogenannten Internet-Systemvertrag (Anlage K 1), nach dem die Klägerin der Beklagten eine Internetpräsenz „XXXXXXXX“ sowie „YYYYYYYYYYYYY“ bereitstellen und weitere Internet-Dienste erbringen sollte. Die Vertragslaufzeit sollte ausweislich der Regelung in dem Vertrag achtundvierzig Monate betragen. An Vergütung weist der Vertrag neben einer einmaligen Anschlussgebühr in Höhe von 199,00 € zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer einen monatlich zu zahlenden Betrag in Höhe von 150,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 19 %, also 178,50 € aus. Die Zahlung ist nach dem Vertrag jährlich im Voraus zu leisten, wobei an dieser Stelle auf § 1 der auf der Rückseite des Vertragsformulars befindlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwiesen wird. In § 2 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist geregelt, dass der Vertrag während der Laufzeit nur aus wichtigen Gründen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kündbar ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des von der Klägerin mit Anspruchsbegründung vom 16. November 2010 vorgelegten Internet-System-Vertrages Bezug genommen.

Am 22. Februar 2010 richtete die Beklagte eine E-Mail mit folgendem Inhalt an die Klägerin:

„hiermit widerrufe ich laut der mir gesetzlich zustehenden Widerrufsfrist mit sofortiger Wirkung meinen Vertrag vom 12.02.2010.“

Am 01. März 2010 kündigte sie den Vertrag ersatzweise aus wichtigem Grund. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2011 vor dem Amtsgericht Düsseldorf erklärte die Beklagte erneut die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrages mit der Klägerin (Bl. 54 d.A.).

Zahlungen der Beklagten auf die vertraglich vereinbarten Beträge erfolgten nicht. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05. August 2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 2.683,76 € bis zum 15. August 2010 auf (Anlage K2).

Die Klägerin behauptet, im Rahmen des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages sei lediglich die Einrichtung einer Suchmaschinenoptimierung geschuldet gewesen, nicht hingegen die Platzierung der Homepage auf einer bestimmte Position. Dabei sei das der Beklagten unterbreitete Angebot im Vergleich zu dem Angebot für Kaufkunden wesentlich günstiger gewesen (Bl. 169 d.A.).

Im Übrigen sei der Zeuge MMMMMMMMM mit der Beklagten den Inhalt des Vertrages durchgegangen. Aus diesem ergebe sich auch, dass ein Domainservice, also das Portieren der Domain auf das System der Klägerin erforderlich sei.

Sie meint, die von der Beklagten erklärte Kündigung sei unwirksam.

Die Klägerin behauptet, sie habe den Abschluss und die Durchführung eines Internet-System-Vertrages des Typus „XXXXXXXXXX“ mit 5.790,64 € kalkuliert. Mit Schriftsatz vom 08. März 2011 (Bl. 82 ff. d.A.) hat sie vorgetragen, durch die Kündigung der Beklagten habe sie 3.602,88 € netto an Aufwendungen erspart. Mit Schriftsatz vom 15. August 2011 behauptet sie nunmehr, die Ersparnisse würden im Fall der Beklagten lediglich 297,95 € betragen. Ihre früheren Ausführungen hätten sich auf eine abstrakte Berechnung bezogen. Nunmehr rechne sie konkret zu dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag ab.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.378,81 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. März 2010 zu zahlen, die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an sie 229,30 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. August 2010 zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2011 hat die Klägerin die Klage erweitert und beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 3.796,12 € netto an sie zu verurteilen (Bl. 93 d.A.). Mit Schriftsatz vom 15. August 2011 (Bl. 121 d.A.) hat die Klägerin die Klage erneut erweitert und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 7.101,05 € (netto) nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

Mit Schriftsatz vom 08. November 2012 hat die Klägerin die Klage in Höhe von 139,68 € zurückgenommen und beantragt nunmehr,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 6.961,37 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Zeuge MMMMMMMM habe ihr im Rahmen des Verkaufsgespräches mitgeteilt, dass ihre Homepage im Rahmen der Suchmaschinenoptimierung auf Seite eins bei der Suchmaschine „Google“ angezeigt werden würde. Die Klägerin habe sie insoweit arglistig getäuscht.

Auch vor dem Hintergrund, dass sie nicht über die Notwendigkeit einer Portierung der Domain aufgeklärt worden sei ergebe sich, dass der Vertrag nichtig sei. Sie hätte den Zeugen MMMMMMMM mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass eine Portierung der Domain für sie nicht infrage komme. Dieser habe sodann zugesichert, dass sie nicht portieren müssten.

Im Übrigen ergebe sich eine Täuschung daraus, dass ihr gesagt worden sei, dass es sich um ein exklusives, besonders günstiges Angebot handele.

Im Übrigen habe sie eine Leistungsbeschreibung nicht erhalten. Auch seien die von der Klägerin in Ansatz gebrachten ersparten Aufwendungen unzutreffend.

Das zunächst von der Klägerin angerufene Amtsgericht Düsseldorf hat sich mit Beschluss vom 26. August 2008 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das hier erkennende Gericht weiterverwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen NNNN und MMMM. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 19. Juli 2013 verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig und im Tenor beschriebenen Umfang begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Vergütungsanspruch gemäß § 649 S. 3 BGB in Höhe von 559,00 € zu, nachdem die Beklagte am 01.03.2013 den Vertrag gekündigt hat.

1. Die Parteien haben unter dem 12.02.2010 einen wirksamen Internet-System-Vertrag geschlossen, der als Werkvertrag einzuordnen ist (vgl. BGH, NJW 2010, 1449).Danach sollte die Klägerin insbesondere eine Suchmaschinenoptimierung im Hinblick auf die Homepage der Beklagten durchführen, sowie diese überarbeiten. Bei einer solchen Übereinkunft, welche die Überarbeitung und Betreuung einer Website und deren möglichst gute Platzierung im Internet zum Gegenstand hat, wird die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges geschuldet.

a.) Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist wirksam, daran ändert auch der Umstand, dass die von Beklagtenseite behauptete garantierte Platzierung der Website auf Seite 1 bei der Suchmaschine Google technisch nicht durchführbar ist, nichts. Denn nach § 311 a Abs. 1 BGB steht der Wirksamkeit eines Vertrages nicht entgegen, dass die vom Schuldner zu erbringende Leistung schon bei Vertragsschluss unmöglich im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB war.

b) Der Vertrag ist nicht gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als von Anfang an nichtig anzusehen.

Nach § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige seine abgegebene Willenserklärung anfechten, der hierzu durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung bestimmt worden ist.

Die Beklagte hat nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht bewiesen, über die Möglichkeit der Platzierung ihrer Website bei der Suchmaschine Google, das Hosting durch die Klägerin oder ihre konkrete Zahlungsverpflichtung arglistig getäuscht worden zu sein.

Eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB setzt eine Fehlvorstellung des anderen Teils voraus, durch die seine Willenserklärung veranlasst worden ist. Diese Fehlvorstellung muss dem Anfechtungsgegner zuzurechnen sein. Dazu muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Umstände beziehen. Bloße subjektive Wertungen oder marktschreierische Anpreisungen reichen nicht (BGH, Urteil vom 19. September 2006, XI ZR 204/04, NJW 2007, 357; BGH, Urteil vom 05. Dezember 2006, XI ZR 341/05; ZIP 2007, 414).

Hiervon ausgehend hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis einer arglistigen Täuschung nicht geführt. Eine solche Täuschung ergab sich nicht im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme.

Zwar hat der Zeuge NNNNN im Rahmen seiner Vernehmung ausgesagt, der Zeuge MMMMMM habe auf konkrete Nachfrage mitgeteilt, er könne auf jeden Fall garantieren, dass die Website der Beklagten auf Seite 1 bei Google aufgeführt werde. Nicht garantieren könne er hingegen, dass diese im Rang ganz oben aufgeführt werden.

Dies reicht zur Annahme einer arglistigen Täuschung unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen MMMM nicht aus. Bei diesem handelt es sich um einen Außendienstmitarbeiter, welcher über eine Vertriebsagentur für die Klägerin tätig war. Dieser Zeuge, der sich zwar im Einzelnen nicht an den konkreten Gesprächsverlauf erinnern konnte, wies im Rahmen seiner Vernehmung jedoch in sich schlüssig und plausibel darauf hin, dass er sich nicht vorstellen könne etwas derartiges gesagt zu haben, da es zum Einen technisch gar nicht möglich sei eine solche Garantie zu geben und er zum Anderen auch gar nicht technisch für die Suchmaschinenoptimierung zuständig sei. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass der Zeuge MMMM etwas garantiert, dass auch nach seinem Kenntnisstand technisch nicht durchführbar ist, andererseits erscheint es aber doch plausibel, dass er vor diesem Hintergrund auch keine derartige Zusage macht.

Jedenfalls vermag das Gericht in Anbetracht der Nähe jedes Zeugen zu einer Partei keiner der beiden Aussagen mehr Glauben zu schenken als der anderen. Dieses non liquet geht zu Lasten der Beklagten.

Gleiches gilt auch in Bezug auf die von Beklagtenseite behauptete Täuschung durch die Mittelung, dass eine Portierung der Domain der Beklagten ausnahmsweise nicht erforderlich sei.

Auch diesbezüglich hat das Gericht auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht die Überzeugung erlangt, dass die streitige Behauptung als wahr anzusehen ist.

Auch insoweit streitet die Aussage des Zeugen M gegen die Aussage des Zeugen M. So hat dieser auch diesbezüglich bekundet, er könne derartige Zusagen gar nicht machen, da er hierauf gar keinen Einfluss habe und im Übrigen Zusatzvereinbarungen auf dem Vertragsformular festgehalten worden wären, sofern solche denn getroffen wurden. Insoweit waren die Bekundungen des Zeugen M in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Im Übrigen spricht auch der Umstand, dass es sich bei ihm lediglich um einen Außendienstmitarbeiter, nicht aber um einen technisch in die Vertragsumsetzung involvierten Mitarbeiter handelt für die Plausibilität seiner Aussage.

Eine arglistige Täuschung aufgrund irreführender Preisgestaltung kommt nicht in Betracht, da sich dem als Anlage K 1 vorgelegten Internet-System-Vertrag das monatliche Entgelt entnehmen lässt. Im Übrigen hat auch der Zeuge M bestätigt, dass im Rahmen des Gesprächs über die Kosten gesprochen worden sei und dann in dem Vertrag nach dem Durchstreichen der einzelnen Positionen nur noch der Endbetrag von ca. 180,00 € verblieben sei. Somit war das Vertragsformular Gegenstand des Gesprächs. Auf diesem ist ausdrücklich von monatlichem Entgelt die Rede ist, so dass durch eine einfache Multiplikation der monatlichen Servicegebühren über die gesamte Laufzeit der insgesamt für den Vertrag zu zahlende Betrag für jeden Laien ersichtlich war.

Schließlich kommt auch eine arglistige Täuschung darüber, dass der Vertrag vergleichsweise günstig sei nicht in Betracht, weil die Klägerin insoweit unbestritten vorgetragen hat, dass sie neben dem von der Beklagten abgeschlossenen Internet-System-Vertrag tatsächlich auch noch ein Angebot für sogenannte „Kaufkunden“ vorhält, bei welchem erheblich höhere Kosten anfallen. Solange es wesentlich teurere Vertragsgestaltungen gibt, mit deren Hilfe ein Kunde eine vergleichbare Leistung erhalten kann, trifft die getätigte Aussage, ihm werde ein besonders günstiges Angebot gemacht zu, so dass insoweit auch keine Täuschung der Beklagten vorliegt.

Ein Anfechtungsgrund gemäß § 119 Abs. 2 BGB wegen eines Irrtums über die Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit der Klägerin besteht nicht. Diesbezüglich ist der Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe einen schlechten Ruf, bereits zu unsubstantiiert.

c.) Ein Widerrufsrecht gemäß §§ 355, 312 ff. BGB steht der Beklagten nicht zu, denn der streitgegenständliche Vorfall betrifft sie nach unbestrittenem Vortrag in ihrer Eigenschaft als Gewerbetreibende und somit nicht als Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB.

2. Gleichwohl kann die Klägerin von der Beklagten nicht die gesamte vereinbarte Vergütung abzüglich der von ihr mit Schriftsatz vom 15.08.2011 und 08.11.2012 aufgeführten ersparten Aufwendungen verlangen. Gemäß § 649 BGB kann nämlich ein Werkvertrag von dem Besteller – wie hier unter dem 01.03.2008 erfolgt – jederzeit bis zur Vollendung des Werkes gekündigt werden. Die freie Kündigung der Beklagten war vorliegend nicht dadurch ausgeschlossen, dass nach dem Text des geschlossenen Vertrages in Verbindung mit § 2 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, während der vertraglichen Laufzeit von 48 Monaten nur eine Kündigung aus wichtigem Grund vorgesehen ist. Ein Ausschluss des freien Kündigungsrechts des Bestellers ergibt sich weder aus der Natur des hier geschlossenen Vertrages noch aus den von den Parteien im Einzelnen getroffenen vertraglichen Abreden.

Die in § 2 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin geregelte Laufzeitregelung ist nicht als Abbedingung des Kündigungsrechts nach § 649 S. 1 BGB zu sehen. Denn die Laufzeitregelung sollte lediglich sicherstellen, dass sich die von der Klägerin zu Beginn der Vertragslaufzeit anfallenden Aufwendungen amortisieren. Das diesbezügliche Vergütungsinteresse der Klägerin wird indes aufgrund der Regelung des § 649 S. 2 BGB nicht beeinträchtigt. Denn nach dieser Vorschrift kann die Klägerin auch nach einer freien Kündigung den gesamten Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen.

Die Kündigung hat nach § 649 S. 2 BGB auf die vereinbarte Vergütung für sich genommen keinen Einfluss. Allerdings muss sich der Unternehmer hierauf dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Erspart sind solche Aufwendungen, die der Unternehmer bei Ausführung des Vertrages hätte machen müssen und die er wegen der Kündigung nicht mehr machen muss. Dabei ist auf die Nichtausführung des konkreten Vertrages abzustellen. Maßgebend sind die Aufwendungen, die sich auf der Grundlage der vertraglichen Abreden der Parteien unter Berücksichtigung der Kalkulation des Unternehmers ergeben. Dementsprechend muss der Unternehmer zur Begründung seines Anspruchs gemäß § 649 S. 2 BGB grundsätzlich vortragen, welcher Anteil der vertraglichen Vergütung auf die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen entfällt und darüber hinaus vertragsbezogen darlegen, welche Kosten er hinsichtlich der nicht erbrachten Leistungen erspart hat. Erst wenn er eine diesen Anforderungen genügende Abrechnung vorgelegt hat, ist es Sache des Auftraggebers darzulegen und zu beweisen, dass der Unternehmer höhere Ersparnisse erzielt hat, als er sich anrechnen lassen will. Der Unternehmer muss über die kalkulatorischen Grundlagen der Abrechnung so viel vortragen, dass dem für höhere ersparte Aufwendungen darlegungs- und beweisbelasteten Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht wird (BGH, Urteil vom 24.03.2011).

Im vorliegenden Fall genügt die Abrechnung der Klägerin diesen Anforderungen nicht gänzlich. Nicht schlüssig ist das klägerische Vorbringen im Hinblick auf den Personaleinsatz und etwaige ersparte Aufwendungen.

Folglich steht ihr aus § 649 S. 2 BGB keine Vergütung zu.

Sie hat mit Schriftsatz vom 08.03.2011 vorgetragen, bis zur Vertragskündigung sei die Beklagte von einem ihrer Abschlussbevollmächtigten aufgesucht, der Internet-System-Vertrag abgeschlossen und bei ihr erfasst worden. Demnach ist es zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung nicht mehr gekommen.

Zwar hat die Klägerin zutreffend den geringfügigen Teil der von ihr erbrachten Leistungen in ihrer Abrechnung als nicht erbracht zugrunde gelegt und auch von diesem Teil die ersparten Aufwendungen hinsichtlich der Gesamtleistung abgezogen. So dass sie den Vertrag so abgerechnet hat, als hätte sie bis zur Beendigung des Vertrages keine Leistung erbracht. Eine solche Abrechnung ist zumindest dann zulässig, wenn nur ein kleiner Teil der geschuldeten Leistung erbracht worden ist (vgl. BGH BauR 2005, 385; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 13. Aufl., Rdnr. 1558).

Allerdings müssen die Angaben der Klägerin so konkret sein, dass es der Beklagten möglich ist, ihrerseits konkret vorzutragen, dass und in welcher Höhe die Klägerin tatsächlich Ersparnisse erzielt hat oder die Möglichkeit anderweitigen Erwerbs hatte (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2011, VII ZR 146/10, Rdnr. 13, MDR 2011, 648 f.). Entscheidend ist nämlich das Informationsbedürfnis der Beklagten für ihre Verteidigung (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. 2011, § 649, Rdnr. 11). Dieser sogenannten sekundären Darlegungslast hat die Klägerin nicht Genüge getan. Insoweit reicht es nämlich nicht aus, zu behaupten, bezüglich der fest angestellten Mitarbeiter würden durch die Vertragskündigung keine Aufwendungen erspart und keine Kapazitäten für anderweitigen Erwerb frei (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.09.2011 zu IV- 23 U 146/10).

Allein der Umstand, dass die Klägerin behauptet, sie erfülle ihre vertraglichen Verpflichtungen durch fest angestellte Mitarbeiter und lasse die Kundenwebsites durch ihre Tochterfirma, die D, Bulgarien, hosten, vermag nicht zu erklären, warum der Klägerin von den mit 7.399,00 € kalkulierten Gesamtaufwendungen lediglich 437,63 € erspart geblieben sein sollen. Denn nach § 649 S. 2 BGB ist auf die vereinbarte Vergütung auch das anzurechnen, was der Unternehmer durch kündigungsbedingt frei gewordene Personalkapazitäten anderweitig erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Hierauf ist die Klägerin auch nach den von Beklagtenseite mit Schriftsätzen vom 14.11.2011 und 12.12.2012 vorgebrachten Einwänden nicht eingegangen. Die Beklagte hat vorliegend insbesondere gerügt, dass schon nicht ersichtlich sei, warum die Klägerin keinen anderweitigen Erwerb erzielen konnte, obwohl stetig neue Aufträge akquiriert würden.

Auch mit Blick auf fixe Personalkosten ist es insoweit erforderlich, die interne Kalkulation offenzulegen. Denn es kann nicht nur deshalb davon ausgegangen werden, dass keine weiteren ersparten Aufwendungen eingetreten sind. Im Hinblick auf die eigenen Mitarbeiterressourcen der Klägerin ist die Offenlegung erforderlich, um beurteilen zu können, ob es der Klägerin möglich war, in der freigewordenen Zeit andere Aufträge zu akquirieren und zu bearbeiten. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kündigung bereits unmittelbar nach Vertragsbeginn erfolgte.

Um ihrer sekundären Darlegungslast und dem Informationsbedürfnis der Klägerin gerecht zu werden hätte die Klägerin somit ergänzend zu ihren internen Kalkulationen (insbesondere Zeitaufwand, Mitarbeiterzahl, Anzahl der Verträge pro Jahr etc.) vortragen müssen.

Damit ist der klägerische Vortrag zur Darstellung des Zahlungsanspruchs nach § 649 S. 2 BGB unschlüssig und nicht nachvollziehbar.

Gemäß § 649 S. 3 BGB stehen der Klägerin daher lediglich 360,00 € zu. Nach § 649 S. 3 BGB wird vermutet, dass dem Unternehmer fünf Prozent der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden Vergütung zustehen. Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Bei einem Vertragsvolumen von 7.200,00 € beträgt die nach § 649 S. 3 BGB vermutete Vergütung 360,00 €. Hinzuzurechnen sind die mit 199,00 € netto vereinbarten Abschlusskosten, die unbeschadet der später erfolgten Kündigung fällig geworden sind.

3. Auch die Ausführungen der Klägerin in dem Schriftsatz vom 09.08.2013 haben nicht dazu geführt, dass die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wiederzueröffnen war.

II.

Der tenorierte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.

Den gegenüber der Anspruchsbegründung vom 16.11.2010 in der Klageerweiterung vom 15.08.2011 nicht mehr aufgegriffenen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten wertet das Gericht hierbei als zurückgenommen (§§ 133, 157 BGB).

Streitwert:

bis zum 15.08.2011 = 3.796,12 €

ab dem 15.08.2011 = 7.101,05 €