AG Bottrop, Urteil vom 10.01.2013 - 20 C 55/12
Fundstelle
openJur 2014, 6624
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, auf dem Grundstück in C im Garten- und Terrassenbereich Katzenfutter zum Zwecke des Anlockens von Wildkatzen auszulegen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 75 %, die Kläger zu 25 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft C in C. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Unterlassung In Anspruch. Sie tragen vor, die Beklagte sei dazu übergegangen, im Bereich des im Gemeinschaftseigentums stehenden Gartens sowie der Gartenterrasse Katzenfutter auszulegen, um verwilderte Katzen zwecks der Ermöglichung ärztlicher Untersuchung anzulocken. Das führe zu unangenehmen Begleiterscheinungen, weil auch Ratten und Vögel angeködert würden. Darüber hinaus komme es zu nächtlichen Ruhestörungen durch Tiergeräusche.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, auf dem gemeinschaftlichen Grundstück C in C Katzenfutter zum Zwecke des Anlockens von Wildkatzen im Garten- und Terrassenbereich auszulegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie lege das Futter ausschließlich auf der Terrasse aus, die zu ihrem Sondereigentum gehöre. Ratten würden dadurch nicht angelockt, diese seien ohnehin da. Für das Auftreten von Tiergeräuschen sei sie nicht verantwortlich.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Kläger können von der Beklagten gemäß §§ 14 Ziffer 1, 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB verlangen, dass sie das Auslegen von Katzenfutter unterlässt.

Gemäß § 14 Ziffer 1 WEG ist jeder Eigentümer verpflichtet, sowohl von seinem Sondereigentum als auch vom gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass den anderen Eigentümern kein Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidlichen Maß hinaus entsteht. Nachteilig ist dabei jede konkrete und objektive Beeinträchtigung, die nicht ganz unerheblich ist. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen ist entscheidend, ob sich ein verständiger Durchschnittseigentümer nach der Verkehrsanschauung verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Das WEG berücksichtigt damit den Umstand, dass die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine soziale Gemeinschaft bilden und damit zwischen ihnen eine Sonderverbindung gegeben ist, innerhalb derer allgemein die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme besteht.

Die Beklagte verletzt dieses in § 14 WEG normierte Rücksichtnahmegebot durch das Auslegen von Tierfutter. Denn durch das dadurch unstreitig gewollte Anlocken von einer nicht kontrollierbaren Anzahl von Katzen werden die anderen Eigentümer einschließlich der Kläger nachteilig betroffen. Durch das Anfüttern der Tiere ist das gemeinschaftliche Gartengrundstück betroffen, da die Katzen notgedrungen über diese Fläche kommen müssen, um an das Futter zu gelangen. Die nachteiligen Folgen sind sowohl vermehrte Verschmutzung (Kot) durch das erhöhte Tieraufkommen als auch eine erhöhte Geräuschentwicklung durch Tierstimmen. Das Vorliegen dieser Umstände entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und bedarf keines gesonderten Nachweises. Eine weitere Folge, die ebenfalls keines Nachweises bedarf, ist der Umstand, dass offen ausgelegtes Tierfutter auch andere Tierarten wie Ratten oder Vögel anlockt. Dass zumindest Ratten auf dem gemeinschaftlichen Grundstück nicht erwünscht sind und deren Existenz die Kläger beeinträchtigt, steht außer Frage.

Diese Beeinträchtigungen sind wegen der einhergehenden Gesundheitsgefahren auch erheblich und brauchen von den Klägern nicht geduldet zu werden.

Es kann dahinstehen, ob die Beklagte - wie sie vorträgt - das Futter nur im Bereich ihres Sondereigentums auslegt. Denn die Beeinträchtigungen sind gleich, egal ob das Futter auf der Terrasse der Beklagten oder im gemeinschaftlichen Garten ausliegt. Der etwas abweichend formulierte Klageantrag war daher entsprechend der offensichtlichen Intention der Kläger, das Anlocken einer unbestimmten Anzahl von Tieren zu unterbinden, auszulegen und der Tenor entsprechend zu formulieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Hinsichtlich des weiteren Begehrens der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, einen Kaninchenstall zu entfernen, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt. Insofern war im Rahmen der Kostenentscheidung nach billigem Ermessen eine Kostenverteilung auf beide Parteien zu gleichen Teilen vorzunehmen. Denn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes war nicht abzuschätzen, wie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses eine streitige Entscheidung ausgefallen wäre.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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