OLG Köln, Urteil vom 27.06.2012 - 13 U 165/11
Fundstelle
openJur 2014, 6568
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 22.7.2011 (8 O 467/10) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger sind die Erben der am 17.3.2011 verstorbenen Frau I. Mit der von der Verstorbenen gegen ihren Sohn, den Beklagten, noch zu ihren Lebzeiten anhängig gemachten und von den Klägern als ihren Rechtsnachfolgern weiterverfolgten Klage wird ein Rückforderungsanspruch nach dem Widerruf einer Schenkung geltend gemacht.

Nach dem Tode ihres Mannes, des Stiefvaters des Beklagten, übertrug die Verstorbene mit notariellem Vertrag vom 12.1.2004 (Bl 1 ff AH I) das Hausgrundstück G 12 in X zum Zwecke der vorweggenommenen Erbfolge auf den Beklagten. Dieser räumte ihr im Gegenzug ein lebenslanges dingliches Wohnrecht an allen Räumen des Hauses ein. Die inzwischen Verstorbene bewohnte das Haus bis August 2009 allein. Im Januar 2009 hatte sie dem Beklagten eine notariell beurkundete General- und Betreuungsvollmacht erteilt (Bl 5 ff AH II), nachdem sie ihm bereits zuvor, nämlich im Jahre 2000, eine Vorsorgevollmacht und im August 2007 eine Kontovollmacht erteilt hatte.

Am 25.8.2009 stürzte die Mutter des Beklagten und wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Wenige Tage danach, am 1.9.2009, schloss der Beklagte einen unbefristeten Heimvertrag für seine Mutter ab und veranlasste nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ihre Verlegung in ein Pflegeheim. Die Mutter des Beklagten widerrief die dem Beklagten erteilte "Vorsorge/Betreuungsvollmacht" mit einem an ihn gerichteten Schreiben vom 25.9.2009 (Bl 15 AH I) und kündigte den Heimvertrag.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 7.12.2009 wurde Herr L, der Ehemann einer Nichte der Verstorbenen, zum vorläufigen Betreuer bestellt. Eine Fortführung der Betreuung lehnte das Amtsgericht Wuppertal mit Beschluss vom 29.3.2010 (Bl 29 f AH I) ab, nachdem die Betreute Herrn L am 12.2.2010 - nach Auffassung des Amts- und des Landgerichts Wuppertal auf der Grundlage eines schriftlichen Gutachten des Sachverständigen I2 wirksam - eine über den Tod hinaus wirkende notarielle Vollmacht erteilt hatte. Seit dem 22.10.2010 befand sich die Mutter des Beklagten auf Veranlassung ihres nunmehrigen Betreuers L in einem Pflegeheim in N.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.6.2010 (Bl 31 ff AH I) hatte die Mutter des Beklagten die Schenkung des Grundstücks wegen groben Undanks gemäß § 530 Abs. 1 BGB widerrufen und mit der Klage die Rückübertragung des Eigentums an dem Grundstück verlangt. Als Grund für den Widerruf führte sie an, dass der Beklagte seit Jahren den persönlichen Kontakt verweigere, ohne triftigen Grund und gegen ihren Willen ihre Unterbringung in dem Pflegeheim veranlasst und Maßnahmen getroffen habe, ihre Rückkehr nach Hause zu verhindern.

Der Beklagte ist dem Klagebegehren entgegen getreten. Er hat bestritten, eine dauerhafte Unterbringung seiner Mutter in einem Pflegeheim ohne Berücksichtigung ihrer Interessen betrieben zu haben. Nach ihrem Sturz und den dadurch ausgelösten gesundheitlichen Folgen habe er es - nach Beratung mit dem Sozialdienst der Klinik - jedoch für angezeigt gehalten, dass seine Mutter sich im Anschluss an die Behandlung im Krankenhaus vorübergehend in einer Pflegeeinrichtung erhole. Dies sei in Anbetracht ihrer gesundheitlichen Situation unbedingt notwendig gewesen. In diesem Zusammenhang habe er es - im Interesse seiner Mutter - auch für angebracht gehalten, Besuche anderer Personen vorübergehend zu untersagen. Endgültige Maßnahmen habe er nicht getroffen, insbesondere habe er ihre Rückkehr nach Hause nicht dauerhaft verhindert oder verhindern wollen. Der Widerruf der ihm erteilten Vollmacht sei aus seiner damaligen Sicht unwirksam gewesen, da er Anlass gehabt habe, von einer andauernden Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter auszugehen.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.7.2011 (GA 125 ff.), auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen, der erstinstanzlichen Anträge und der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), hinsichtlich des Hauptantrags und unter Zurückweisung des weitergehenden Begehrens stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass zwar das Verhalten des Beklagten im Zeitraum vor dem Zugang der Widerrufserklärung der inzwischen Verstorbenen nicht als schwere Verfehlung im Sinne von § 530 Abs. 1 BGB gewertet werden könne, weil es sich dabei zum einen nicht um endgültige, eine Rückkehr seiner Mutter unmöglich machende Maßnahmen gehandelt habe und der Beklagte zum anderen unter Berücksichtigung ihrer durch den Entlassungsbericht der Klinik dokumentierten gesundheitlichen Situation davon ausgehen durfte, dass eine über eine bloße Kurzzeitpflege hinausgehende vorläufige Unterbringung in einem Pflegeheim ihren Interessen nicht zuwiderlaufe, sein Verhalten nach dem Zugang des Widerrufs aber eine schwere Verfehlung darstelle, die den Klageanspruch rechtfertige. Ab diesem Zeitpunkt habe dem Beklagten klar sein müssen, dass er nicht berechtigt sei, Kontakte seiner Mutter zu Angehörigen und Nachbarn zu unterbinden und eine anwaltliche Vertretung zu untersagen. Dass das Besuchsverbot aus ärztlicher Sicht angezeigt gewesen sei, habe der Beklagte nicht konkret dargelegt. Auch wenn nicht anzunehmen sei, dass er ohne konkrete Anhaltspunkte von einer fortdauernden Geschäftsunfähigkeit seiner Mutter ausgegangen sei, habe der Beklagte doch naheliegende Erkenntnismöglichkeiten nicht genutzt, weil er mit ihr nicht persönlich gesprochen habe. Es komme hinzu, dass er sie in einem an ihre Nichte gerichteten Schreiben vom 4.4.2010 als dement bezeichnet habe.

Mit seiner zulässigen Berufung verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Er wendet sich dagegen, dass das Landgericht sein Verhalten als schwere Verfehlung gegenüber der Verstorbenen gewertet hat. Richtigerweise sei es als Ausdruck seiner Sorge um den gesundheitlichen Zustand seiner Mutter zu bewerten, wie er ihn auf der Grundlage der verschiedenen ihm zur Verfügung stehenden ärztlichen Stellungnahmen eingeschätzt habe. Diese Sorge habe er auch in dem Schreiben an die Nichte zum Ausdruck bringen wollen; unter Berücksichtigung dieses Grundverständnisses habe das Landgericht die dort gewählten Formulierungen nicht als Ausdruck der Missachtung seiner Mutter werten dürfen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Aachen vom 22.7.2011 (8 O 467/10) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags.

Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2012 den Beklagten gemäß § 141 ZPO persönlich angehört.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Bei zutreffender Bewertung des Verhaltens des Beklagten liegen die zu einem Widerruf der Schenkung vom 12.1.2004 nach § 530 Abs. 1 BGB berechtigenden Voraussetzungen nicht vor.

1.

Nach § 530 Abs. 1 BGB kann eine Schenkung widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undankes schuldig macht. Eine schwere Verfehlung in diesem Sinne setzt ein Fehlverhalten des Beschenkten voraus, das objektiv eine gewisse Schwere aufweist und subjektiv eine tadelnswerte Gesinnung, die einen Mangel an Dankbarkeit erkennen lässt (BGH NJW 1992, 183; NJW 1999, 1623; NJW 2000, 3201; FamRZ 2005, 511; Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 530 Rdn. 5; Koch in Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2012, § 530 BGB, Rdn. 2; Erman, Kommentar zum BGB, 13. Aufl. 2011, § 530 BGB, Rdn. 2). Das kann etwa der Fall sein bei einer Bedrohung des Lebens des Schenkers oder eines nahen Angehörigen oder bei einer körperlichen Misshandlung, aber auch bei einer grundlosen Strafanzeige, schweren Beleidigungen oder belastenden Aussagen in einem staatlichen Verfahren trotz bestehenden Aussageverweigerungsrechtes. Auch der für den Beschenkten erkennbar grundlose Antrag auf Betreuerbestellung kann eine schwere Verfehlung im Sinne von § 530 Abs. 1 BGB darstellen (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 1432). Nichts anderes gilt für das unberechtigte Unterbinden eines dem Schenker vorbehaltenen Nutzungsrechtes (BGH NJW 1992, 183). Die Beurteilung erfordert in jedem Fall eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalles; auf der subjektiven Seite ist erforderlich, dass die Verfehlung Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann.

2.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist die Annahme einer schweren Verfehlung des Beklagten gegenüber der Verstorbenen nicht gerechtfertigt.

a.

Das gilt zunächst für das Verhalten des Beklagten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem die Einlieferung seiner Mutter ins Krankenhaus verursachenden Sturz am 25.08.2009 bis zum Widerruf der Betreuerbestellung durch die inzwischen Verstorbene mit Schreiben vom 25.09.2009.

aa.

Wie das Landgericht zutreffend angeführt hat, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass seine Mutter nach dem Abschluss der Behandlung der Sturzverletzungen im Krankenhaus nicht in der Lage sein würde, in ihr Haus zurück zu kehren und dort alleine zu leben. In dem Entlassungsbericht der geriatrischen Kliniken St. B in X vom 15.09.2009 (Bl. 8 ff. Anlagenheft I) heißt es in diesem Zusammenhang, dass eine weitere Versorgung der Patientin im häuslichen Umfeld aufgrund fehlender familiärer Unterstützung nicht möglich sei. In einem Gutachten des MDK Nordrhein zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 07.09.2009, das auf einer persönlichen Befunderhebung vom 04.09.2009 beruhte (Bl. 12 ff. Anlagenheft II), wird die Mutter des Beklagten als zeitlich und situativ desorientiert beschrieben, die bei fehlendem Antrieb regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen des täglichen Lebens vernachlässige und ihre eigenen Fähigkeiten überschätze. Die Begutachtung kommt zu dem Ergebnis der Notwendigkeit einer vollstationären Pflege auf der Grundlage einer demenzbedingten Fähigkeitsstörung. Nimmt man vor diesem Hintergrund hinzu, dass die - inzwischen offenbar durch andere Personen unterstützte und beratene - Mutter des Beklagten ausweislich ihres Schreibens vom 25.09.2009 offenbar selbst davon ausging, zu diesem Zeitpunkt (zu dem die Entlassung aus dem Krankenhaus bereits 10 Tage zurück lag) noch nicht in der Lage zu sein, unmittelbar nach Hause zurück zu kehren, sondern ihrerseits die Umwandlung des Pflegevertrages in ein Kurzzeit-Pflegeverhältnis anstrebte, kann der Abschluss des Pflegevertrages vom 01.09.2009 nicht als Verfehlung des Beklagten gegenüber seiner Mutter, sondern nur als eine in der damaligen Situation gebotene Verhaltensweise angesehen werden, die - auch weil der Pflegevertrag jederzeit kündbar war - komplikationslos wieder rückgängig gemacht und einer gegebenenfalls geänderten Situation angepasst werden konnte. Auch die übrigen, von den Klägern angeführten Maßnahmen des Beklagten (Kündigung des Hausnotrufs und des Telefonanschlusses sowie eine Anpassung des Energiebezugsvertrages) waren nicht endgültiger Natur, sondern jederzeit ohne nennenswerten Aufwand rückgängig zu machen.

bb.

Es kommt hinzu, dass nicht erkennbar ist, dass der Beklagte durch die Unterbringung seiner Mutter persönliche oder finanzielle Vorteile hatte. Durch den Heimaufenthalt trat weder eine Befreiung von - bereits zuvor nicht erbrachten und aufgrund der räumlichen Entfernung auch nicht ohne Weiteres möglichen - persönlichen Pflegeleistungen ein, noch ersparte der Beklagte dadurch irgendwelche Aufwendungen. Er musste im Gegenteil damit rechnen, für die Kosten des Heimaufenthaltes in Anspruch genommen zu werden. Insgesamt kann daher - insoweit stimmt der Senat der Bewertung des Landgerichts zu - nicht von einer schweren Verfehlung des Beklagten gegen seine Mutter ausgegangen werden.

b.

Diese Bewertung gilt aber auch - insoweit entgegen der Auffassung des Landgerichts - für das Verhalten des Beklagten nach dem Zugang des Schreibens seiner Mutter vom 25.09.2009.

aa.

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit guten Gründen an der Wirksamkeit des in diesem Schreiben enthaltenen Vollmachtswiderrufs zweifeln konnte. Diese Zweifel ergeben sich vor allem aus dem - bereits erwähnten und dem Beklagten bekannten - Gutachten des MDK Nordrhein vom 7.9.2009, in dem es - neben der bereits zitierten Beschreibung der Situation der Mutter des Beklagten - zu ihrer geistigen Leistungsfähigkeit heißt, dass bei ihr "eine demenzbedingte Fähigkeitsstörung, eine geistige Behinderung oder psychische Erkrankung" sowie "inhaltliche Denkstörungen" vorliege. Vor diesem Hintergrund durfte der Beklagte annehmen, dass seine Mutter möglicherweise geschäftsunfähig war und sich aus dieser Geschäftsunfähigkeit eine Unwirksamkeit des Widerrufs seiner Vollmacht ergebe und in der Folge die ihm durch seine Mutter früher erteilte Vollmacht fortgelte. Dass der Beklagte selbst zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich vom Fortbestehen der ihm im Januar 2009 erteilten Vollmacht ausging, ergibt sich aus seinem Schreiben vom 16.10.2009 (Bl. 46 Anlagenheft II). Inwieweit dem - medizinisch nicht ausgebildeten - Beklagten ein Gespräch mit seiner Mutter bessere Erkenntnisse hinsichtlich ihrer Geschäftsfähigkeit hätte verschaffen können, wie das Landgericht annimmt, ist nicht ersichtlich.

bb.

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der vom Beklagten im Zuge seiner Anhörung vor dem Senat plausibel geschilderten Motivation erweist sich das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit den gegenüber dritten Personen ausgesprochenen Besuchsverboten letztlich als nicht ausreichend, um mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit von einem von einer erheblichen Undankbarkeit gegen die Verstorbene getragenen Verhalten auszugehen. Es ist zwar richtig, dass der ungerechtfertigte, sachlich nicht begründete Versuch der Isolierung einer kranken und pflegebedürftigen Person auch dann, wenn der Anordnende dazu aufgrund seiner Stellung als Betreuer rechtlich befugt ist, Ausdruck einer Missachtung sein kann, die - sofern sie gegenüber einem Schenker erfolgt - auch eine schwere Verfehlung im Sinne von § 530 Abs. 1 BGB darstellen kann.

Im vorliegenden Fall lässt sich aber nicht sicher feststellen, dass das Verhalten des Beklagten - von dem allerdings anzunehmen ist, dass es dem subjektiven Wunsch der Verstorbenen zuwider lief - von einer Gesinnung der Undankbarkeit getragen war. Dafür spricht allerdings zunächst die Erwägung, dass es in der Regel im Interesse eines älteren, erstmals mit der Situation einer Heimunterbringung konfrontieren Menschen ist, in möglichst weitgehendem Umfang die gewohnten Kontakte zu Nachbarn und Angehörigen aufrecht zu erhalten. Deshalb dürfte ein als Betreuer Handelnder in der Regel auch gehalten sein, solche Kontakte zu ermöglichen und zu fördern, nicht aber zu untersagen.

Im vorliegenden Fall gilt aber ausnahmsweise im Hinblick auf die erheblichen Konflikte innerhalb der Familie der Verstorbenen, wie sie sich aus dem Sachvortrag der Parteien und den verschiedenen vorgerichtlichen Schreiben und sonstigen Unterlagen (z. B. aus dem zur Akte gereichten Schreiben der Nichte der Verstorbenen vom 04.07.2011; GA 105) ergeben, etwas anderes. In dem gegebenen Gesamtzusammenhang kann dem Beklagten nicht widerlegt werden, dass er mit der - ersichtlich vorläufigen - Anordnung an die Leitung des Pflegeheimes, in der die Verstorbene zunächst untergebracht war, in erster Linie den Zweck verfolgte, seiner Mutter eine möglichst ungestörte Eingewöhnung in die Heimsituation zu ermöglichen. Dafür spricht - neben seinen eigenen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat - vor allem das an das Heim gerichtete Schreiben des Beklagten vom 16.10.2009 (Bl. 46 Anlagenheft II), in dem außerdem der Zusammenhang mit der Befürchtung des Beklagten zum Ausdruck kommt, dass die Besucher seiner Mutter diese in einem von ihm nicht für wünschenswert gehaltenen Sinne beeinflussen könnten. Dass die Maßnahme - wie man es für erforderlich halten muss - auch aus der damaligen Sicht des Beklagten zeitlich begrenzt war, ergibt sich aus dem einleitenden Verweis auf das bereits in Auftrag gegebene psychiatrische Gutachten, dessen Ergebnis abzuwarten sei.

Soweit das Landgericht zu Lasten des Beklagten von einem unzureichenden Vortrag dazu, dass das Besuchsverbot ärztlich indiziert bzw. mit der Heimleitung abgesprochen gewesen sei, ausgegangen ist, ist das zum einen deshalb verfahrensfehlerhaft, weil der Beklagte auf diesen aus Sicht des Landgerichts bestehenden Mangel seines Vortrags nicht hingewiesen worden ist. Zum anderen hat die Klägerin die Darstellung des Beklagten aber auch nicht bestritten, sondern lediglich darüber spekuliert, dass eine weitere Heimunterbringung auch im wirtschaftlichen Interesse des Heimes gewesen sei. Unter diesen Umständen kann der Vortrag des Beklagten in diesem Zusammenhang nicht als unzureichend bewertet werden.

Vor diesem Hintergrund kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Reglementierung von Besuchen bei seiner Mutter Ausdruck einer tadelnswerten, im Sinne von § 530 Abs. 1 erheblichen Undankbarkeit ihr gegenüber war.

cc.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Anweisungen des Beklagten gegenüber dem Pflegeheim als Versuch einer Verhinderung einer anwaltlichen Vertretung seiner Mutter zu verstehen waren. Der damalige Bevollmächtigte des Beklagten hat sich in seinem Schreiben vom 19.10.2009 an die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin (Bl. 23 f. Anlagenheft I) lediglich dagegen gewandt, "hinter dem Rücken" seines Mandanten, also ohne Absprache mit dem Beklagten, Korrespondenz mit dem Pflegeheim zu führen. Da der Beklagte aus den oben angeführten Gründen sich selbst als für seine Mutter nach wie vor handlungsbevollmächtigten Betreuer ansehen durfte, kann deshalb auch diese Anordnung nicht als sicheres Anzeichen für eine Haltung der Undankbarkeit seiner Mutter gegenüber angesehen werden. Das gilt umso mehr, als der Beklagte sich insoweit auch aufgrund des anwaltlichen Rates seines damaligen Bevollmächtigten zu einer solchen Anordnung berechtigt sehen konnte. Zu beachten ist im Übrigen, dass sich das Schreiben des Beklagten vom 16.10.2009 nicht zu einer Beratung der Verstorbenen mit einem Rechtsanwalt verhält, sondern das Kontaktverbot auf Herrn L, andere Familienmitglieder und die Nachbarin S beschränkt wird. Deshalb spielt es auch keine im vorliegenden Fall entscheidende Rolle, dass nach § 275 FamFG ein Betroffener in Betreuungssachen ohne Rücksicht auf seine Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig ist.

dd.

Soweit das Landgericht zu Lasten des Beklagten den Inhalt des an die Klägerin T gerichteten Schreibens vom 04.04.2010 (Bl. 55 Anlagenheft II) herangezogen hat, wird der Kontext der Äußerung, die dem Beklagten vorgeworfen wird, verkannt. Es kann zwar grundsätzlich Ausdruck einer undankbaren Gesinnung sein, den Schenker bzw. die Schenkerin als "dement" zu bezeichnen. Das setzt aber voraus, dass diese Bezeichnung in einem herabsetzenden Sinne verwendet wird, was sich bei richtigem Verständnis des Gesamtzusammenhangs, in dem die Bezeichnung in dem fraglichen Schreiben steht, nicht feststellen lässt. Maßgeblich dafür ist zum einen, dass der Beklagte - wie sich aus den vorangehenden Feststellungen und den ihm zur Verfügung stehenden ärztlichen und pflegerischen Einschätzungen ergibt - durchaus davon ausgehen konnte, dass bei seiner Mutter eine dementielle Erkrankung vorlag. Das gilt auch unter Berücksichtigung der ersten gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen I2 vom 06.12.2009, die zwar nicht zur Feststellung von zu Geschäftsunfähigkeit führenden kognitiven Defiziten der Mutter des Beklagten gelangt war, aber bereits eine beginnende dementielle Entwicklung konstatierte, die für den Beklagten in der Zusammenschau mit den übrigen, bereits angeführten Berichten durchaus den Schluss zuließ, dass bei seiner Mutter eine Erkrankung aus dem dementiellen Formenkreis vorlag. Zum anderen geht der Sinn der Bezeichnung der Verstorbenen in dem Schreiben aber auch ersichtlich dahin, seine Mutter als eine hilfsbedürftige Person zu beschreiben ("dement, verwirrt und körperlich krank"), die er der Manipulation u. a. durch die Adressatin seines Schreibens ausgesetzt sah. Bei richtigem Verständnis handelt es sich demzufolge nicht um herabsetzende Äußerungen gegen die Verstorbene, sondern gegenüber der Adressatin des Schreibens, die aber für den hier zu beurteilenden Zusammenhang bedeutungslos sind.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

4.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil es sich um eine von den konkreten Umständen abhängige Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung handelt und weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 485.440 € festgesetzt.