OLG Hamburg, Beschluss vom 19.12.2012 - 6 Sch 18/12
Fundstelle
openJur 2014, 6458
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Auf den Antrag der Antragsgegnerin wird festgestellt, dass für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Antragstellerin aus den Auftragsbestätigungen der Antragsgegnerin 2000165 vom 11. März 2011 und 2000308 vom 1. November 2011 ein schiedsrichterliches Verfahren vor dem Schiedsgericht des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. zulässig ist.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens.

Die Antragsgegnerin belieferte die Antragstellerin im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung seit 2007 mit getrockneten Zwiebeln und ähnlichen Produkten (Anl. Ag 2 – Ag 11).

Seit Januar 2009 enthielten die Auftragsbestätigungen der Antragsgegnerin folgenden Hinweis (Anl. Ag 2):

„Wir danken für Ihren Auftrag und verkaufen Ihnen gemäß den Geschäftsbedingungen des „Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. “ Hamburg.“

Im Jahr 2011 führte die Antragsgegnerin Auftragsbestätigungen in englischer Sprache unter der Bezeichnung „Contract“ ein, in der es nunmehr hieß:

„We thank you for your order and sell according to the arrangement of the “Waren-Verein der Hamburger Börse e.V.“

Nach § 2 Waren-Vereins-Bedingungen ist das deutsche Recht anzuwenden. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1980 – CISG – soll keine Anwendung finden.

In § 30 Waren-Vereins-Bedingungen heißt es unter der Überschrift „Schiedsgericht“:

(1) Alle Streitigkeiten aus einem zu diesen Geschäftsbedingungen oder mit der Klausel „Waren-Vereins-Arbitrage“ abgeschlossenen Verträge werden unter Ausschluss des Rechtswegs durch ein Schiedsgericht entschieden. ... Für die Organisation dieses Schiedsgerichts, für das von ihm einzuhaltende Verfahren, für die Kosten des Verfahrens und für die Zuständigkeit staatlicher Gerichte (§ 1062 ZPO) ... gilt die von der Mitgliederversammlung des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. beschlossene Schiedsgerichtsordnung; für jede Verfahrenshandlung gilt die jeweils neueste Fassung.

§ 31 Waren-Vereins-Bedingungen bestimmt unter der Überschrift „Sachverständige“:

(1) Der streitige Minderwert einer Ware oder der streitige Marktpreis einer Ware oder ein streitiger Gewichtsabgang bei Käufen nach ausgeliefertem Gewicht (§ 35 Abs. 4) können durch ein nach der Verfahrensordnung für Sachverständige erwirktes Gutachten bewiesen werden. Die streitige Beschaffenheit einer Ware oder eines Musters kann nur durch ein derart herbeigeführtes Gutachten bewiesen werden.

(2) Die Verfahrensordnung wird von der Mitgliederversammlung des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. beschlossen. Für jede Verfahrenshandlung gilt die jeweils neueste Fassung. Das Gutachten ist für das Schiedsgericht verbindlich, es sei denn, dass es offenbar unrichtig ist oder auf einem unzulässigen Verfahren beruht. ...

Unter dem 11.03.2011 übersandte die Antragsgegnerin der Antragstellerin einen „contract“ Nr. 2000165, in dem sie das Angebot der Antragstellerin über den Kauf von ca. 60.000,00 kg getrocknete Zwiebeln zu einem Gesamtpreis von € 147.000,00 bestätigte (Anl. Ast 3). Mit einem „contract“ Nr. 2000308 vom 01.11.2011 bestätigte die Antragsgegnerin die Kauforder der Antragstellerin über eine weitere Partie von ca. 60.000,00 kg getrockneten Zwiebeln zu einem Gesamtpreis von € 147.000,00 (Anl. Ast 3).

Die Geschäfte wurden nicht ausgeführt. In einer E-Mail vom 12.09.2012 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin u.a. mit: „ ... we wish to close this matter down finally and cancel the contracts 2000308 and also 2000165 due to huge problems with quality.” (Anl. Ag 20).

Mit Anwaltsschreiben vom 17.09.2012 warf die Antragsgegnerin der Antragstellerin vor, sie habe die Erfüllung beider Kontrakte zu Unrecht verweigert, so dass sie gem. § 18 Abs. 2 Waren-Vereins-Bedingungen berechtigt sei, Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend zu machen (Anl. Ast 1). Außerdem kündigte sie an, zunächst die vertragsmäßige Beschaffenheit der Ware durch ein Gutachten nach § 31 Abs. 1 S. 2 Waren-Vereins-Bedingungen klären zu lassen, benannte einen eigenen Sachverständigen und forderte die Antragstellerin auf, ihrerseits einen Sachverständigen zu benennen.

Die Antragstellerin meint, eine Schiedsklausel sei nicht wirksam vereinbart worden. Die Waren - Vereins-Bedingungen - seien nicht wirksam einbezogen worden. Auch habe die Antragsgegnerin ihr die Schiedsklausel nicht zur Kenntnis gebracht.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass ein schiedsrichterliches Verfahren, insbesondere eine „Qualitätsarbitrage“ im Sinne der „Verfahrensordnung des Waren-Verein der Hamburger Börse e.V.“, zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin unzulässig ist, soweit es die Auftragsbestätigungen der Antragsgegnerin Nr. 2000165 vom 11.3.2011 und Nr. 2000308 vom 01.11.2011 betrifft.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen,

und beantragt ferner,

festzustellen, dass für die Geltendmachung von Ansprüchen der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin aus den Auftragsbestätigungen der Antragsgegnerin 2000165 vom 11. März 2011 und 2000308 vom 1. November 2011 ein schiedsrichterliches Verfahren vor dem Schiedsgericht des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. zulässig ist.

Die Antragsgegnerin meint, die Verträge 2000165 und 2000308 seien zustande gekommen. Desgleichen seien die Waren-Vereins-Bedingungen durch den ausdrücklichen Hinweis in den Auftragsbestätigungen wirksam einbezogen worden, so dass gem. § 30 der Bedingungen das dort vereinbarte Schiedsgericht für die Entscheidung von Streitigkeiten zuständig sei. Sie habe der Antragstellerin mit Schreiben vom 02.02.2009 (Anl. Ag 1) ausdrücklich mitgeteilt, dass sie mit Beginn des Jahres 2009 ihre AGB den Geschäftsbedingungen des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. angepasst habe und auf einen Link im Internet hingewiesen, über den sowohl die deutsche als auch die englische Fassung der Waren-Vereins-Bedingungen eingesehen werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin ist nur zum Teil zulässig, in der Sache ist er, soweit zulässig, unbegründet. Der Antrag der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.

1.

a) Der Antrag der Antragstellerin ist gem. § 1032 Abs. 2 ZPO insoweit zulässig, als er sich auf die Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens richtet. Nach dieser Vorschrift kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Die Antragsgegnerin beabsichtigt die Einleitung eines Schiedsverfahrens nach der Schiedsgerichtsordnung des Waren-Vereins (Anl. Ast 1), das Schiedsgericht hat sich aber noch nicht konstituiert.

Die Zuständigkeit des Senats folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Danach ist für Verfahren gem. § 1032 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt. Nach § 11 Abs. 1 der Schiedsgerichtsordnung des Waren-Vereins (Anl. Ast 1) ist das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg zuständig für Entscheidungen über Anträge gem. § 1062 Abs. 1 ZPO. Im vorliegenden Verfahren geht es zwar vorab um die Klärung, ob überhaupt eine Schiedsvereinbarung vorliegt. Ist das der Fall, ist das Hanseatische Oberlandesgericht aber als das für Entscheidungen gem. § 1062 Abs. 1 ZPO zuständige staatliche Gericht in der Schiedsvereinbarung bezeichnet. Außerdem bestimmt § 2 Schiedsgerichtsordnung Hamburg als Sitz des Schiedsgerichts.

b) Der Antrag der Antragstellerin ist hingegen unzulässig, soweit er sich auf die Feststellung richtet, dass eine Qualitätsarbitrage unzulässig ist. § 31 Abs. 1 S. 2 der Waren-Vereins-Bedingungen i.V.m. §§ 16 ff der Verfahrensordnung für Sachverständige des Waren-Vereins sieht zwar eine Qualitätsarbitrage durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vor (Anl. Ast 1). Die Antragsgegnerin hat im Anwaltsschriftsatz vom 17.09.2012 auch die Klärung der vertragsgemäßen Beschaffenheit der Zwiebeln durch die Einholung eines solchen Gutachtens angekündigt (Anl. Ag 1). Die Qualititätsarbitrage ist aber kein schiedsrichterliches Verfahren, in dem ein Schiedsgericht an Stelle eines staatlichen Gerichts entscheidet, sondern es handelt sich vielmehr um ein Schiedsgutachten zur Klärung bestimmter Tatsachen, nämlich der Beschaffenheit der verkauften Ware (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 1029 Rn. 4). Das Verfahren gem. § 1032 Abs. 2 ZPO bezieht sich indes allein auf die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens. Die begehrte Feststellung der Qualitätsarbitrage ist in diesem Verfahren mithin unstatthaft und damit unzulässig.

2.

Der Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der Unzulässigkeit des von der Antragsgegnerin beabsichtigten Schiedsverfahrens nach der Schiedsgerichtsordnung des Waren-Vereins ist unbegründet. Die Parteien haben eine Schiedsvereinbarung getroffen. § 30 der Waren-Vereins-Bedingungen sieht die Entscheidung von Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht nach der Schiedsgerichtsordnung des Waren-Vereins vor. Die Waren-Vereins-Bedingungen sind auch wirksam in die beiden streitgegenständlichen Vertragsverhältnisse einbezogen worden.

a) Die Frage, ob überhaupt eine Schiedsvereinbarung durch eine entsprechende Willenseinigung der Parteien zustande gekommen ist, ist bei Fällen mit Auslandsbezug nach dem Schiedsvereinbarungsstatut zu beurteilen, das nach den Regeln des deutschen internationalen Privatrechts zu ermitteln ist. Nach der Rechtsprechung des BGH führen diese Regeln, wenn wie hier keine Rechtswahl für die Schiedsvereinbarung getroffen ist, zur Geltung des Statuts des Hauptvertrages (vgl. BGH WM 2010, 2025 Tz. 30 ff; WM 2010, 2032 Tz. 26 ff; SchiedsVZ 2011, 157 Tz. 24).

Die Entscheidungen erfolgten allerdings noch auf der Grundlage der dort zeitlich noch anwendbaren Art. 27 ff EGBGB a.F. Die seit dem 17.12.2009 und damit auch vorliegend anwendbare Rom I – VO nimmt aber Schiedsvereinbarungen ebenso wie Gerichtsstandvereinbarungen in Art. 1 Abs. 2 e) ausdrücklich von ihrem Anwendungsbereich aus. Das ist ein zusätzliches Argument für die im Schrifttum vertretene Auffassung, die die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung unter Hinweis auf § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a) ZPO mangels einer Rechtswahl stets nach dem deutschen Recht beurteilen will, also auch dann, wenn es nicht um die Aufhebung oder die Vollstreckbarerklärung eines schon erlassenen Schiedsspruchs geht, sondern auch schon im Verfahren gem. § 1032 Abs. 2 ZPO (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 1029 Rn. 109, 113 f; MünchKommZPO/Münch, ZPO, 3. Aufl., § 1029 Rn. 31 ff; Schmidt-Ahrendts/Höttler, SchiedsVZ 2011, 267 ff; König, SchiedsVZ 2012, 129 ff; differenzierend Musielak/Voit, ZPO, 9. Aufl., § 1029 Rn. 28).

Ob Art. 1 Abs. 2 e) Rom I – VO der bislang vom BGH vertretenen Anknüpfung des Schiedsvereinbarungsstatuts an das Statut des Hauptvertrags entgegensteht, kann indes dahin stehen. Denn auch dieser Weg führt hier zur Anwendung des deutschen Rechts und damit zum gleichen Ergebnis wie eine unmittelbare Anknüpfung an § 1059 Abs.2 Nr. 1 a) ZPO.

Stellt man nämlich auf das Statut des Hauptvertrages ab, ist auch eine Rechtswahl der Parteien für den Hauptvertrag zu beachten (vgl. BGH WM 2010, 2032 Tz. 29). Nach § 2 Waren-Vereins-Bedingungen gilt deutsches Recht unter ausdrücklichem Ausschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1980 –CISG- (Anl. Ast 1). Nach Art. 6 CISG können die Parteien die Anwendung des Übereinkommens auch ausschließen. Ob die Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts wirksam ist, richtet sich nach dem deutschen Recht. Denn gem. Art. 10 Abs. 1 Rom I - VO beurteilt sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrages oder einer seiner Bestimmungen nach dem Recht, das nach der Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre. Das gilt gem. Art. 3 Abs. 5 Rom I – VO auch für eine für den Hauptvertrag geschlossene Rechtswahlvereinbarung (vgl. Palandt/Thorn, BGB, 72. Aufl., Rom I 10 Rn. 1). Die Wahl des deutschen Rechts unter Ausschluss des CISG begegnet gem. Art. 3 Abs. 1 Rom I – VO i.V.m. Art. 6 CISG keinen Bedenken.

b) Fraglich könnte allerdings sein, ob die Antragstellerin der Rechtswahl in § 2 der Bedingungen überhaupt zugestimmt hat, weil es sich bei den Waren-Vereins-Bedingungen um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Auch das ist indes zu bejahen. Die Einbeziehung von AGB einer Partei, auch wenn dort eine Rechtswahl getroffen wird, gehört zum Zustandekommen des Vertrages i.S.v. Art. 10 Abs. 1 Rom I – VO (vgl. Palandt/Thorn, a.a.O., Rom I 10, Rn. 1 und 3; MünchKommBGB/Spellenberg, 5. Aufl., Art. 10 Rom I – VO, Rn. 150, 165). Die Einbeziehung der Waren-Vereins-Bedingungen richtet sich mithin nach deutschem Recht. Danach genügt es im Verkehr zwischen Unternehmern, dass der Verwender dem anderen Teil die Möglichkeit verschafft, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen (vgl. BGHZ 102, 304, Tz. 28, zit. nach juris; BGH NJW 2002, 370, 372; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn. 53). Bei Verträgen mit Auslandsberührung ist ein für den ausländischen Vertragspartner verständlicher Hinweis auf die AGB erforderlich, aber auch ausreichend (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 305 Rn. 58).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Parteien befinden sich seit 2007 in einer ständigen Geschäftsverbindung. Seit Januar 2009 wiesen die Auftragsbestätigungen des Antragsgegnerin deutlich darauf hin, dass sie nach den Geschäftsbedingungen des Vereins der Hamburger Börse e.V. Hamburg verkaufe (Anl. Ag 2). Dass die Auftragsbestätigungen und der Hinweis auf die AGB in deutscher Sprache verfasst sind, steht einer Einbeziehung nicht entgegen. Denn die Antragstellerin behauptet nicht, dass sie den Inhalt der Auftragsbestätigungen nicht verstanden habe, weil sie die deutsche Sprache nicht beherrscht. Vor diesem Hintergrund steht der Einbeziehung der Waren-Vereins-Bedingungen in die hier streitigen Verträge durch die in englischer Sprache verfassten Auftragsbestätigungen nicht entgegen, dass der für AGB unübliche Begriff „arrangement“ verwendet wurde (Anl. Ast 3), wie schon zuvor in den Bestätigungen für die seit Januar 2011 abgeschlossenen Geschäfte (Anl. Ag 3). Die Antragstellerin wusste, dass die Antragsgegnerin seit 2009 auf der Grundlage der Waren-Vereins-Bedingungen arbeitete. Die etwas unbeholfene, inhaltlich aber eindeutige Übersetzung des AGB-Hinweises bei der Umstellung der Korrespondenz in die englische Sprache änderte daran nichts.

c) Es besteht auch kein Anlass, der Anwendung des deutschen Rechts über die Billigkeitskontrolle gem. Art. 10 Abs. 2 Waren-Vereins-Bedingungen die Geltung zu versagen. Nach dieser Vorschrift kann sich eine Partei für die Behauptung, sie habe dem Vertrag nicht zugestimmt, auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthalts berufen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Wirkung ihres Verhaltens nach dem in Art. 10 Abs. 1 Rom I – VO bezeichneten Recht zu bestimmen. Zweck der Vorschrift ist es, der Partei für ihr Verhalten bei Vertragsschluss das ihr vertraute Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthaltsortes zugutekommen zu lassen. Die Partei soll nicht nach einem ihr fremden Recht rechtsgeschäftlich gebunden werden, mit dessen Geltung sie noch nicht zu rechnen brauchte, so dass sie ihr Verhalten nicht nach diesen fremden rechtsgeschäftlichen Verhaltensregeln ausrichten musste. Das betrifft auch die Einbeziehung von AGB (vgl. BGH NJW 1997, 1697, 1699 f zu Art. 31 Abs. 2 EGBGB a.F.).

Da die Antragstellerin ihren ständigen Aufenthalt in Tschechien hat, fände das tschechische Recht Anwendung, das eine Einbeziehung der Waren-Vereins-Bedingungen möglicherweise verneinen würde. Denn die tschechische Republik ist Vertragspartner des CISG mit der Folge, dass dieses internationale Einheitsrecht unmittelbar in den Vertragsstaaten gilt (vgl. MünchKommBGB/ Westermann, 6. Aufl., vor Art. 1 CISG, Rn. 1 und 7). Die hier in Rede stehenden Kaufverträge über getrocknete Zwiebeln fallen auch in den gem. Art. 1 Abs. 1 a) CISG bestimmten Anwendungsbereich des Übereinkommens, weil es sich um Kaufverträge über Waren zwischen Personen handelt, die ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten haben, nämlich der Bundesrepublik und der tschechischen Republik.

Das CISG enthält zwar keine besonderen Regeln über die Einbeziehung von AGB. Dessen ungeachtet richtet sich die Einbeziehung von AGB in einem dem UN-Kaufrecht unterliegenden Vertrag nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 31.10.2001 nach den für diesen geltenden Vorschriften der Art. 14, 18 CISG für den Vertragsschluss (BGH NJW 2002, 370). Im Rahmen des CISG fordert der BGH, über die Anforderungen des deutschen unvereinheitlichten Rechts hinausgehend, dass der Verwender dem Erklärungsgegner eines Vertragsangebots, dem Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde gelegt werden sollen, den Text übersendet oder anderweitig zugänglich macht (BGH NJW 2002, 370, 371; OLG Celle, NJW-RR 2010, 136 Tz. 15 ff; MünchKommBGB/Westermann, a.a.O., Art. 4 CISG Rn. 5).

Unstreitig hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin den Text der Waren-Vereins-Bedingungen nicht übersendet. Es kann auch offen bleiben, ob ein Verwender seine AGB dadurch „anderweitig zugänglich macht“, dass er auf einen Internet-Link zu den AGB hinweist (vgl. zur Problematik OLG Celle, NJW-RR 2010, 136 Tz. 15 ff; MünchKommBGB/Gruber, 6. Aufl., Art. 14 CISG Rn. 30 f). Denn die Antragstellerin bestreitet den Zugang des Schreibens der Antragsgegnerin vom 02.02.2009, das auf den Link zum Abruf der Waren-Vereins-Bedingungen im Internet hinweist (Anl. Ag 1).

Die Sonderanknüpfung nach Art. 10 Abs. 2 Rom I – VO kommt jedenfalls deshalb nicht in Betracht, weil es an der Voraussetzung fehlt, dass die Beurteilung der Einbeziehung der AGB nach dem durch Art. 10 Abs. 1 Rom I – VO berufenen deutschen Recht nicht gerechtfertigt wäre. Dann müsste es nämlich nach den gesamten Umständen des Einzelfalls, insbesondere den bisherigen Gepflogenheiten der Parteien unbillig sein, die streitige Zustimmung der Antragstellerin ausschließlich nach dem ihr fremden deutschen Vertragsstatut zu bemessen (vgl. Palandt /Thorn, a.a.O., Rom I 10 Rn. 4). Das ist aber nicht der Fall. Die Parteien stehen seit 2007 in einer ständigen Geschäftsbeziehung. Seit 2009 findet sich in den Auftragsbestätigungen der Antragsgegnerin ein Hinweis auf die Waren-Vereins-Bedingungen. Die Antragstellerin wusste oder musste wissen, dass die Antragsgegnerin ihre AGB einbeziehen wollte. Sie konnte auch damit rechnen, dass sich in den AGB eine Rechtswahlklausel zugunsten des deutschen Rechts unter Ausschluss des CISG befinden würde. Um Klarheit zu erhalten, hätte sie die Antragsgegnerin um Übersendung der Waren-Vereins-Bedingungen bitten können. Sie hätte die Waren-Vereins-Bedingungen auch im Internet aufrufen können, was mittels einer Suchmaschine auch ohne Kenntnis des Link möglich ist. Angesichts der ständigen Geschäftsbeziehung mit einem deutschen Lieferanten, der in seinen Schreiben stets auf AGB Bezug nimmt, erscheint es nicht unbillig i.S.v. Art. 10 Abs. 2 Rom I – VO, die Einbeziehung der AGB nach dem gem. Art. 10 Abs. 1 Rom I - VO berufenen deutschem Recht zu entscheiden.

Der Senat setzt sich mit dieser Wertung nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des BGH (NJW 2002, 370). Denn dort gab es in den AGB keine Rechtswahl. In den hier zu beurteilenden AGB findet sich hingegen eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts mit einem ausdrücklichen Ausschluss des CISG, was gem. Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Rom – VO zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts - ohne die Bestimmungen des CISG - auch für die Frage führt, ob die AGB überhaupt einbezogen wurden. Die dargestellten Erwägungen erfolgen also auf einer anderen Ebene, nämlich einer Überprüfung des grundsätzlich anwendbaren Rechts im Hinblick auf eine etwaige Unbilligkeit (Art. 10 Abs. 2 Rom I – VO).

d) Die Vereinbarung der Waren-Vereins-Bedingungen samt Rechtswahl und Schiedsklausel scheitert auch nicht daran, dass es zu keinem Vertragsschluss im Übrigen – ungeachtet der Einbeziehung der AGB – gekommen ist. Ihre Zustimmung zu beiden Verträgen mit dem Inhalt der Auftragsbestätigungen vom 11.03.2011 und vom 01.11.2011 (Anl Ast 3) hat die Antragstellerin nicht nur durch ihr Schweigen bestätigt. Ihr eigenes Verständnis von einem verbindlichen Abschluss hat sie für den Vertrag 2000165 vom 11.03.2011 dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie mit einer E-Mail vom 09.05.2012 um eine Verlängerung bis zum Jahresende 2012 bat (Anl. Ag 12). Unter dem 17.05.2012 bat sie sodann um eine Aufhebung des zweiten Vertrags Nr. 2000308 vom 01.11.2011( „ ... Regarding the contract of Dried onion no. 2000308 I would like to ask you kindly to cancel this contract “ / Anl. Ag 14). Ebenso hat sie mit ihrer E-Mail vom 12.09.2012 um Aufhebung beider Verträge 2000308 und 2000165 gebeten, was zunächst einen Abschluss voraussetzt (Anl. Ag 20).

e) Die Auftragsbestätigungen erfüllen auch die Anforderungen an die Form einer Schiedsvereinbarung gem. § 1031 Abs. 3 ZPO. Es genügt, dass die einbezogenen Waren-Vereins-Bedingungen-Bedingungen in § 30 eine Schiedsklausel enthalten. Ein spezieller Hinweis auf die Schiedsklausel ist nicht erforderlich (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 1031 Rn. 9 und 24).

3.

Aus den genannten Gründen folgt zugleich, dass der Antrag der Antragsgegnerin auf Feststellung der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens vor dem Schiedsgericht des Warenvereins der Hamburger Börse e.V. gem. § 1032 Abs. 2 ZPO zulässig und begründet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.