StGH des Landes Hessen, Beschluss vom 12.02.2014 - P.St. 2355
Fundstelle
openJur 2014, 5579
  • Rkr:
Tenor

Das Grundrechtsklageverfahren wird eingestellt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Land Hessen hat der Antragstellerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe:

A

Die Antragstellerin hat sich mit ihrer kommunalen Grundrechtsklage gegen einzelne Bestimmungen des Finanzausgleichsänderungsgesetzes 2011 gewandt. Der Staatsgerichtshof hat in einem Parallelverfahren durch Urteil vom 21. Mai 2013

- P.St. 2361 - die von der Antragstellerin angegriffenen Regelungen für mit Art. 137 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 der Verfassung des Landes Hessen unvereinbar erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, spätestens für das Ausgleichsjahr 2016 den kommunalen Finanzausgleich für Hessen verfassungskonform neu zu regeln.

Daraufhin hat die Antragstellerin das Grundrechtsklageverfahren mit Schriftsatz vom 6. Juni 2013 für erledigt erklärt.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, es entspreche nicht der Billigkeit, die Erstattungsfähigkeit der Auslagen anzuordnen. Die Grundrechtsklage sei mangels hinreichender Substantiierung unzulässig gewesen.

B

I.

Nach § 24 Abs. 3 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - StGHG - stellt der Staatsgerichtshof das Verfahren durch Beschluss ein, wenn sich ein Antrag erledigt hat. Da sich aufgrund des Urteils vom 21. Mai 2013 im Grundrechtsklageverfahren der Stadt Alsfeld - P.St. 2361 - sowohl das Verfahren objektiv erledigt als auch die Antragstellerin eine Erledigungserklärung abgegeben hat, ist das Verfahren einzustellen.

II.

Das Verfahren ist nach § 28 Abs. 1 StGHG kostenfrei. Nach § 28 Abs. 7 und Abs. 8 StGHG hat der Antragsgegner der Antragstellerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.

1. In § 28 Abs. 5 und Abs. 6 StGHG sind zwei – hier nicht einschlägige – Fälle des Ausspruchs über die Auslagenerstattung geregelt. § 28 Abs. 7 StGHG bestimmt für die übrigen Fälle, dass der Staatsgerichtshof die volle oder teilweise Erstattung von Kosten und Auslagen anordnen kann.

Danach kommt eine Erstattung aus Billigkeitsgesichtspunkten u.a. dann in Betracht, wenn die Grundrechtsklage bei überschlägiger Beurteilung offensichtlich Aussicht auf Erfolg gehabt hätte und wenn im Rahmen der kursorischen Prüfung zu verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen nicht Stellung genommen zu werden braucht. Dies ist der Fall, wenn die Erfolgsaussicht der Grundrechtsklage unterstellt werden kann und wenn die verfassungsrechtliche Lage – etwa durch eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs in einem gleichgelagerten Fall – bereits geklärt ist.

- Vgl. zum inhaltsgleichen § 34a Abs. 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht - BVerfGG - BVerfG (K), Beschluss vom 16.10.2013 - 2 BvR 1446/12 -, juris, Rn. 5 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 22.01.2013 - 1 BvR 367/12 -, juris, Rn. 2 -

Diese Grundsätze gelten indes dann nicht, wenn der Antragsteller dem Grundsatz der Subsidiarität der Grundrechtsklage nicht genügend Rechnung getragen hat oder die Grundrechtsklage aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig war.

- Vgl. BVerfG (K), Beschluss vom 22.08.2002 - 1 BvR 255/02 -, juris, Rn. 2 -

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze entspricht es der Billigkeit, die Erstattung der notwendigen Auslagen der Antragstellerin anzuordnen.

Durch das Urteil des Staatsgerichtshofs vom 21. Mai 2013 im Parallelverfahren der Stadt Alsfeld - P.St. 2361 - ist das Rechtsschutzziel der Antragstellerin erreicht worden. Insoweit kann die Erfolgsaussicht der Grundrechtsklage daher ohne weiteres unterstellt werden.

Es kann offen bleiben, ob die Grundrechtsklage – wie vom Antragsgegner geltend gemacht – unsubstantiiert war. Selbst wenn dies im Ergebnis der Fall wäre, ließe sich das nur aufgrund einer ins Einzelne gehenden Prüfung feststellen und ist nicht offensichtlich. Die unzureichende Substantiierung der Grundrechtsklage lässt sich hier nicht ohne eingehende Analyse des Antragstellervorbringens unter Heranziehung der aus der als verletzt gerügten Selbstverwaltungsgarantie folgenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe feststellen. Das wird schon dadurch belegt, dass das Land Hessen einen beträchtlichen argumentativen Aufwand zur Herleitung der Unzulässigkeit mangels hinreichender Substantiierung betreibt, während die Landesanwältin in ihren Stellungnahmen unter Rückgriff auf anderweitige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum gegenteiligen Ergebnis kommt. Hinzu kommt, dass der Staatsgerichtshof erst in seinem Urteil vom 21. Mai 2013 - P.St. 2361 - präzisierende Anforderungen an die Substantiierung kommunaler Grundrechtsklagen speziell bei Rügen betreffend die kommunale Finanzausstattung aufgestellt hat, auf die der Antragsgegner in seiner ablehnenden Stellungnahme zur Frage der Auslagenerstattung maßgeblich abstellt. Von diesen Vorgaben des Staatsgerichtshofs konnte die Antragstellerin gerade auch in Anbetracht dessen, dass andere Landesverfassungsgerichte an die Darlegung der Antragsbefugnis einen großzügigeren Maßstab als der Staatsgerichtshof anlegen, bei Klageerhebung nicht ausgehen.

3. Erstattungspflichtig ist nach § 28 Abs. 8 StGHG das Land Hessen.

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