LG Neuruppin, Urteil vom 07.08.2009 - 2 O 45/04
Fundstelle
openJur 2014, 17476
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1.) 49.609,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 7.602,49 EUR ab 30. September 2003 sowie in gleicher Höhe auf den gleichen Betrag ab 31. Oktober 2003, in gleicher Höhe auf den gleichen Betrag ab 30. November 2003 sowie in gleicher Höhe auf einen Betrag von 26.802,49 EUR ab 31. Dezember 2003 zu zahlen.

Darüber hinaus wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu 2.) 10.321,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 30. September 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. Oktober 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 30. November 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. Dezember 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. Januar 2004auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 29. Februar 2004auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. März 2004

zu zahlen.

Die Widerklagen der Beklagten werden abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus der Tätigkeit der Kläger als Vorstände der Beklagten.

Die Beklagte baut, vermietet und verwaltet Wohnungen. Der Kläger zu 1.) war seit dem Jahr 1972 ihr geschäftsführendes Vorstandsmitglied, und zwar hauptamtlich neben dem seit 1984 nebenamtlich als Vorstandsmitglied tätigen Kläger zu 2.). Dem Kläger zu 1.) unterstanden organisatorisch alle in und für die Baugenossenschaft tätigen Mitarbeiter im Innen- und Außendienst.

Im Laufe der 1990er Jahre baute die Beklagte in Glienicke in einem als „Glienicker Spitze“ bezeichneten und direkt an Berlin angrenzenden Bereich mehrere Wohnhäuser. Das Bauvorhaben „Glienicker Spitze“ war wirtschaftlich kreditfinanziert und lief zunächst auch mit einem für die Beklagten zufriedenstellenden Vermietungsstand. Mit den Mietparteien waren Staffelmietpreise vereinbart worden, die nach einigen Jahren einen Quadratmeterpreis von bis zu 26,00 DM vorsahen.

Ende 1997/Anfang 1998 erwarb die Beklagte weitere an die „Glienicker Spitze“ angrenzende Grundstücke in der Lindenstraße zu einem Kaufpreis von insgesamt 1.025.882,57 EUR. Auf diesen Grundstücken sollten weitere Wohngebäude errichtet werden. Die diesbezüglichen Planungsaufträge wurden 1999 erteilt. Auf einer gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten am 1. September 1999 erteilte der Aufsichtsrat seine Zustimmung zu der vom Kläger zu 1.) vorgeschlagenen Bebauung des Grundstücks in der Lindenstraße mit Genossenschaftswohnungen. Das Vorhaben wurde nach dem dazu gefertigten Protokoll (Anlage K 33, Bl.: 354 d. A.) in der Tagesordnung unter: „Stand der Planung und Erweiterung des Bauvorhabens „Glienicker Spitze“ um Eigentumswohnungen an der Lindenstraße 13-15/19-21“ geführt. Zu diesem Tagesordnungspunkt heißt es dort weiter:

„Herr xxx regt an, das an der Lindenstraße 13-15 / 19-21 im unmittelbaren räumlichen Anschluß an die „Glienicker Spitze“ geplante Bauvorhaben im Rahmen von Eigentumswohnungen zu vermarkten. Als Begründung führt er an, dass eine Verstärkung unserer Kapitaldecke wünschenswert wäre. Dieses Objekt würde sich seiner Meinung nach gut eignen, da es etwas abseits von den übrigen Bauten der „Glienicker Spitze“ liege. Weitere Argumente sind die derzeit noch günstigen Baupreise und die Schwierigkeit der Beschaffung eines anderen neuen Grundstücks für diesen Zweck. Nach einer längeren Diskussion wird dieser Antrag mit 4 Gegenstimmen und einer Enthaltung vom Aufsichtsrat abgelehnt.

Nachdem eine vom Vorstand geplante Änderung des Bebauungsplanes (erhöhte GFZ für „Straßenhäuser“, dafür Verzicht auf Bebauung in der 2. Reihe) von der Gemeinde abgelehnt wurde, wird der Vorstand nunmehr entsprechend einer neuen Planung des Architekten xxx auf den Grundstücken genossenschaftlichen Mietwohnungsbau (5 Häuser für ca. DM 7 Millionen) errichten zu lassen.“

Der Generalunternehmervertrag zur Errichtung dieser Gebäude wurde am 4. Juni 2000 von den Klägern zu einem Werklohn in Höhe von 3.885.818,30 EUR abgeschlossen. Am 24. Juli 2000 nahmen die Kläger für die Beklagte ein Darlehen in Höhe von 4.090.335,05 EUR bei der Hypo Vereinsbank zu einem Zinssatz von 6,38 % und einer jährlichen Tilgungsrate von 1 % auf. Das Bauvorhaben in der Lindenstraße wurde am 30. Juli 2001 zu einem Preis in Höhe von EUR 5.424.421,08 fertig gestellt und war nicht voll vermietet.

Das Anstellungsverhältnis des Klägers zu 1.) bei der Beklagten war zu dieser Zeit wie folgt geregelt: Als letzte reguläre Vertragsanpassung vereinbarten der Kläger zu 1.) und die Beklagte am 10. März 2000 einen Anstellungsvertrag, wonach ihm für seine Tätigkeit eine Vergütung von 250.000,00 DM (brutto) zustand, und zwar zahlbar zu 1/12 am Ende eines Monats. Als Beendigungszeitpunkt definiert § 9 des Vertrages - unter Bezugnahme auf § 21 der Satzung der Baugenossenschaft - die Dauer der Bestellung des Klägers. Für den Fall des Rücktritts „kann der Anstellungsvertrag mit einer Frist von zwölf Monaten zum jeweiligen Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden“ (Anlage K 1, Bl. 8 f. d.A.). Am 10. Dezember 2001 wurde der Kläger anläßlich der Aufsichtsratssitzung mit Wirkung ab 01 November 2002 erneut für fünf weitere Jahre zu den bisherigen Konditionen bestellt (Anlage K 2, Bl. 10 ff. d.A.).

Bereits bei der Errichtung der Wohngebäude in der „Glienicker Spitze“ traten hohe Zinsbelastungen für die Beklagte auf. Insgesamt bestand für die Beklagte im Jahre 2002 die Gefahr dauernder Zahlungsunfähigkeit. Im Zuge von Verhandlungen mit Banken über Sanierungen der Beklagten wurden Rücktrittsforderungen gegen den Vorstand erhoben. Diese führten zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und dem Aufsichtsrat. Letzterer warf dem Kläger zu 1.) die pflichtwidrige Wahrnehmung seiner Vorstandsfunktion vor, wodurch der Genossenschaft erhebliche wirtschaftliche Schäden entstanden seien. Der Kläger zu 1.) entschied sich wegen der andauernden Spannungen, sein Amt mit Ablauf des 27. Juni 2002 niederzulegen, was er auf der ordentlichen Mitgliederversammlung vom gleichen Tage bekannt gab; ferner gab er im Auftrag des nebenamtlich tätigen Klägers zu 2.) auch dessen Rücktritt bekannt (Anlage K3, Bl. 13 d.A.). In diesem Zusammenhang hatten der Kläger zu 1.) und die Beklagte zur Vorbereitung des Rücktritts bereits am 30. Mai 2002 eine schriftliche Vereinbarung zur Abwicklung des Anstellungsverhältnisses getroffen. In dieser heißt es:

㤠1

Herr xxx verpflichtet sich, auf der Mitgliederversammlung der xxx am 27. Juni 2002, von seinem Amt als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied zurück zu treten.

§ 2

Die xxx und Herr xxx sind sich darüber einig, daß das bestehende Arbeitsverhältnis durch fristgemäße Kündigung der xxx aus betrieblichen Gründen zum 31. Dezember 2003 endet“. Mit dem Rücktritt erlischt der Anspruch auf die Nutzung des Geschäftswagens. …

§ 3

Die in der Vertragsfassung vom 10. März 2000 vereinbarten Bezüge werden unverändert zu 1/12 am Ende eines jeden Monats - bis zum 31. Dezember 2003 gezahlt, die Beiträge für die betriebliche Altersversorgung in Höhe der vereinbarten monatlichen EURO 145,20 bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (Oktober 2004). Als Ausgleich für die selbst zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge wird mit der letzten Vergütung im Dezember 2003 eine Einmalzahlung in Höhe von EURO 19.200,- angewiesen.

§ 4

Der Aufsichtsrat der xxx wird der Mitgliederversammlung am 27. Juni 2002 und im Folgejahr vorschlagen, Herrn xxx Entlastung für die Geschäftsjahre 2001 und 2002 zu erteilen“

Im Übrigen wird auf die als Anlage K 4 zur Akte gereichte Vereinbarung (Bl. 19 d.A.) Bezug genommen.

Ausweislich des Protokolls der ordentlichen Mitgliederversammlung vom 27. Juni 2002 erteilte die Versammlung dem Vorstand, d.h. beiden Klägern, die Entlastung gemäß § 34 der Satzung für das Geschäftsjahr 2001 mit großer Mehrheit: „Die 74. Ordentliche Mitgliederversammlung beschließt die Entlastung des Vorstandes für das Geschäftsjahr 2001“ (Anlage K3, Bl. 16 d.A.).

Mit dem Kläger zu 2.) vereinbarte die Beklagte in der Folge die Weiterzahlung der monatlichen Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.474,57 EUR bis zum 31. März 2004. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Beklagten vom 16. Juli 2002 (Bl. 438 d.A.) verwiesen.

Der Kläger zu 1.) beendete im Anschluß daran seine aktive Tätigkeit unter Fortzahlung der Bezüge. Die Zahlung der Vergütung hielt die Beklagte im April 2003 jedoch zurück und erklärte die Aufrechnung mit Gegenforderungen (Schadensersatz). Nach Zurückweisung der Vorwürfe mit Anwaltsschreiben vom 05. Mai 2003 nahm die Beklagte die Zahlungen zunächst wieder auf, um sie ab September 2003 erneut (ganz überwiegend) einzustellen. Die Beklagte zahlte lediglich noch die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung und die Sozialversicherungsabgaben für den Kläger. Parallel dazu erklärte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Oktober 2003 die Aufrechnung mit einer zunächst (unbezifferten) Schadensersatzforderung. Letztere beruhe auf einer wirtschaftlichen Fehlplanung des Klägers in seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied, die zu einer für die Genossenschaft kaum finanzierbaren Deckungslücke bei der Tilgung fälliger Kreditschulden geführt habe. Es sei bei der Errichtung des Bauvorhabens Lindenstraße keine ausreichende Wirtschaftlichkeitsberechnung angestellt worden, weshalb die Tilgung der dazu aufgenommenen Kredite im höchsten Maße gefährdet sei (Anlage K 8, Bl. 23 d.A.). Daraufhin „beendete“ der Kläger zu 1.) mit Schreiben vom 5. November 2003 die Vereinbarung vom 30. Mai 2002 (Bl. 206 d.A.).

Gegenüber dem Kläger zu 2.) stellte die Beklagte zunächst im April 2003 die Zahlungen ein und nahm diese dann nach anwaltlicher Korrespondenz aber wieder auf. Ab September 2003 leistete die Beklagte keine weiteren Zahlungen an den Kläger zu 2). Sie verwies mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 10. Oktober darauf, daß wegen der behaupteten Pflichtverletzungen der Vorstandstätigkeit bezüglich des Objektes Lindenstraße Schadensersatzansprüche bestehen würden, mit denen sie aufrechne. Wegen der Einzelheiten des vorgenannten Schreibens wird auf die zur Akte gereichte Anlage K 8 (Bl. 481 d.A.) Bezug genommen.

Die Mitgliederversammlung erteilte den Klägern für das Jahr 2002 keine Entlastung (SS. v. 16. Februar 2009, Anlage B 16). Später, im Jahr 2005 veräußerte die Beklagte die Wohnanlagen in der Lindenstraße als Teil eines Anlagenpakets.

Die Kläger begehren Zahlung der durch die Beklagten einbehaltenen Vergütung.

Hinsichtlich der ihnen vorgeworfenen Pflichtverletzungen sind sie der Ansicht, daß die Beklagte durch den Entlastungsbeschluß vom 27. Juni 2002 auf Schadensersatzansprüche verzichtet habe. Schadensersatzansprüche bestünden darüber hinaus mangels Pflichtverletzung auch inhaltlich nicht. Sie, die Kläger, hätten als Vorstände der Beklagten ihre Pflichten in vollem Umfang erfüllt. Bei der Entscheidung zur Realisierung des Bauvorhabens Lindenstraße habe es sich um eine vertretbare Prognose in einem sachgerechten Entscheidungsvorgang gehandelt. Dazu behaupten die Kläger, sie hätten seinerzeit für das Projekt Lindenstraße Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt und diese dem Aufsichtsrat in der Sitzung am 1. September 1999 unter Tagesordnungspunkt 5 vorgestellt. Diese Berechnung sei auf einem DIN A4 Blatt handschriftlich erstellt worden und sei von zu erzielenden Mieten von 20,00 DM pro m² netto kalt für die Wohnungen und monatlich 135,00 DM für einen Garagenstellplatz ausgegangen. Diese Annahmen seien in der damaligen Marktsituation auch gerechtfertigt gewesen, weil solche Mieten im Zeitpunkt der maßgeblichen Entscheidung auch bei den anderen Wohnungen in dieser Lage sicher zu erwarten gewesen wären oder bereits erzielt worden seien. Als Finanzierungsaufwendungen seien ein Zinssatz von 6 % und eine Tilgung von 1 % kalkuliert worden. Die Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen könne zudem wegen Verjährung, auf die sich die Kläger berufen, gemäß § 34 Abs. 6 GenG nicht greifen.

Hinsichtlich der Widerklage meinen die Kläger, daß diese bereits infolge fehlerhafter Besetzung des Aufsichtsrats bei der diesbezüglichen Beschlußfassung unzulässig erhoben wurde. Denn die Erhebung der Widerklage wurde - was zwischen den Parteien unstreitig ist - durch den Aufsichtsrat am 30. Juni 2005 beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt waren zwei Mitglieder des sechsköpfigen Aufsichtsrates turnusgemäß aus dem Amt ausgeschieden, so daß der Aufsichtsrat nur aus vier Mitgliedern bestand. Die Kläger erheben darüber hinaus auch gegenüber der Widerklage die Einrede der Verjährung.

Ursprünglich haben die Kläger ihre Ansprüche in jeweils unabhängigen Verfahren vor dem Landgericht geltend gemacht. Die Kammer hat mit Beschluß vom 25. Februar 2005 das von dem Kläger zu 2.) anhängig gemachte Verfahren 2 O 484/03 mit dem vorliegenden führenden Rechtsstreit des Klägers zu 1.) verbunden (Bl. 898 d.A.). Die von der Klägerin zunächst angegebene Passivvertretung in beiden Verfahren war gegen die Beklagte, vertreten durch den Vorstand, gerichtet. Auf einen Hinweis der Kammer haben die Kläger im Passivrubrum jeweils auf eine Vertretung der Beklagten durch den Aufsichtsrat, dieser vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden umgestellt.

Ursprünglich hat der Kläger zu 1.) die Anträge angekündigt, die Beklagte zur Zahlung von 49.609,96 EUR nebst Zinsen zu verurteilen sowie die Feststellung zu treffen, daß sein Anstellungsvertrag bis zum 31. Oktober 2007 läuft. In der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2004 hat der Kläger sodann die Rücknahme des Feststellungsantrags erklärt.

Der Kläger zu 1.) beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum von September bis Dezember 2003 einen Betrag in Höhe von 49.609,96 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 7.602,49 EUR ab 30. September 2003 sowie in gleicher Höhe auf den gleichen Betrag ab 31. Oktober 2003, in gleicher Höhe auf den gleichen Betrag ab 30. November 2003 sowie in gleicher Höhe auf einen Betrag von 26.802,49 EUR ab 31. Dezember 2003 zu zahlen.

Ursprünglich hat der Kläger zu 2) die Anträge angekündigt, die Beklagte zur Zahlung von 1.156,82 EUR nebst Zinsen zu verurteilen und die Feststellung zu treffen, daß weitere fünf Zahlungen eines Betrags in Höhe von 1.474,57 EUR zwischen November 2003 und März 2004 zu leisten seien. Diesen Antrag hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9. November 2004 umgestellt.

Der Kläger zu 2.) beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 10.321,99 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten

auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 30. September 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. Oktober 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 30. November 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. Dezember 2003auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. Januar 2004auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 29. Februar 2004auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.474,57 EUR ab dem 31. März 2004zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen der Kläger abzuweisen.

Widerklagend beantragt die Beklagte mit dem den Klägern am 4. Juli 2005 zugestellten Schriftsatz,

die Kläger zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 300.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie

festzustellen, daß die Kläger als Gesamtschuldner ihr sämtliche weitere Schäden zu ersetzen haben, die ihr nach Erhebung dieser Widerklage aus den Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Bauprojektes „Lindenstraße in Glienicke/Nordbahn“ wegen fehlender und/oder fehlerhafter vorheriger Wirtschaftlichkeitsberechnung in der Zukunft noch entstehen werden.

Die Kläger beantragen,

die Widerklage abzuweisen

Die Beklagte ist der Ansicht, die Kläger hätten im Zusammenhang mit der Entscheidung, das Bauvorhaben Lindenstraße zu realisieren, ihre Pflichten als Vorstände verletzt. Daher habe sie, die Beklagte, gegen die Kläger Schadenersatzansprüche in Höhe von mindestens 3.091.289,11 EUR. Mit diesen Ansprüchen habe sie gegenüber den Ansprüchen der Kläger die Aufrechnung erklärt. Insbesondere, so behauptet die Beklagte, hätten die Kläger bei der Einleitung des Bauvorhabens in der Lindenstraße keine Wirtschaftlichkeitsberechnung erstellt. Die Widerklage erfasse ebenfalls einen Teilbetrag dieser Schadensersatzforderung. Denn aus den Wohnungen in der Lindenstraße könne nicht einmal bei Vollvermietung ein Gewinn erzielt werden. Die Pflichtverletzungen der Kläger lägen auch darin, daß diese bei pflichtgemäßer Prüfung lediglich eine monatliche Durchschnittsmiete von 8,48 EUR/m² und je Garagenstellplatz monatlich 65,00 EUR hätten einkalkulieren dürfen. Es sei ein jährlicher Zinsabfluß in Höhe von 42.490,33 EUR zu erwarten gewesen. Da die Finanzlage der Beklagten äußerst angespannt gewesen sei, hätte das Projekt in der Lindenstraße daher nicht durchgeführt werden dürfen.

Der Schaden der Klägerin betrage mindestens 3.091.289,11 EUR. Den Kosten für die Wohnbebauung in Höhe von 5.424.421,08 EUR stünde ein augenblicklicher Marktwert in Höhe von 2.836.000,00 EUR gegenüber. Darüber hinaus liege ein Schaden durch jährliche Zinsbelastungen zwischen 2001 und 2004 in Höhe von 131.262,82 EUR vor. Mit der Widerklage soll ein viertrangiger Teilbetrag in Höhe von EUR 300.000,00 aus dem insgesamt behaupteten Schadensersatzanspruch von 3.222.551,39 EUR gegen die Kläger geltend gemacht werden.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und dessen zweifache schriftliche Ergänzung (Bl. 428 d.A.) über die Behauptung des Klägers, er habe im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung unter Zugrundelegung der im Mai / Juni 2000 auf dem Gebiete der Wohnraumwirtschaft verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten davon ausgehen dürfen, daß sich hinsichtlich des streitgegenständlichen Bauvorhabens in der Lindenstraße in Glienicke/Nordbahn ab dem Jahre 2001 eine monatliche Netto-Kaltmiete in Höhe von 20,00 DM/m² (EUR 10,23) für den Wohnbereich und in Höhe von 130,00 DM pro Garagenstellplatz erzielen lassen würden und er habe im Rahmen der angestellten Wirtschaftlichkeitsberechnung ferner von einer möglichen Vollvermietung ab dem Jahre 2001 ausgehen dürfen. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. xxx vom 28. August 2006 (Bl. 1042 ff. d.A.), 5. Dezember 2007 (Bl. 1223 ff. d.A.) und 21. Mai 2008 (Bl. 1702 d.A.) verwiesen.

Darüber hinaus hat die Kammer Beweis durch Vernehmung der Zeugen Heinz-Joachim xxx, Dieter xxx, Joachim xxx und Peter xxx über den Gegenstand und Umfang der Erörterungen der gemeinsamen Aufsichtsrats- und Vorstandssitzung der Beklagten vom 1. September 1999 erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24. Juni 2009 (Bl. 1456 ff. der Akte) Bezug genommen.

Gründe

Die Klagen der Kläger zu 1.) und 2.) gegen die Beklagten sind - soweit sie noch rechtshängig sind - in vollem Umfang begründet, die Widerklagen der Beklagten gegen die Kläger zu 1.) und 2.) sind zulässig, jedoch insgesamt unbegründet.

Der Kläger zu 1.) hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 49.609,96 EUR.

Der Anspruch folgt in Höhe von 30.409,96 EUR aus der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung vom 30. Mai 2002 (dort § 3 Satz 1). Unter diesem Datum schlossen der damalige Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten und der Kläger zu 1.) eine Vereinbarung zur Aufhebung des Anstellungsverhältnisses des Klägers bei der Beklagten und regelten zudem, daß der Kläger zu 1.) die vereinbarten Bezüge bis zum 31. Dezember 2003 erhalten sollte. Von den insoweit monatlich zu leistenden Beträgen in Höhe von 10.652,00 EUR zahlte die Beklagte an den Kläger im Zeitraum September bis Dezember 2003 unstreitig monatlich 7.602,49 EUR insgesamt also 30.409,96 EUR nicht.

In Höhe von 19.200,00 EUR beruht der Anspruch ebenfalls auf der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung vom 30. Mai 2002 (dort § 3 Satz 2), wonach die Beklagte zu einer einmaligen Zahlung in vorgenannter Höhe verpflichtet sein sollte.

Der Anspruch ist nicht durch eine etwaige Kündigung des Klägers zu 1.) vom 5. November 2003 entfallen. Entgegen der geäußerten Rechtsansicht des Klägers zu 1.) ist der von der Vereinbarung vom 30. Mai 2002 erklärte Kündigung unwirksam. Soweit der Kläger nunmehr davon ausgeht, daß die Aufhebungsvereinbarung vom 30. Mai 2002 durch seine Kündigungserklärung mit Schreiben vom 05. November 2003 beendet und der ursprüngliche Anstellungsvertrag zugleich wiederhergestellt worden sei, geht dies schon deshalb fehl, weil die Parteien mit der Aufhebungsvereinbarung offenkundig kein neues Dauerschuldverhältnis begründen, sondern ein altes Dauerschuldverhältnis vorzeitig aufheben und die Abfindungsmodalitäten des Klägers zu 1.) regeln wollten. Es ist daher nicht ersichtlich, wie das alte Anstellungsverhältnis wieder in Kraft getreten sein könnte. Die Voraussetzungen für einen etwaigen Wegfall der Geschäftsgrundlage der Aufhebungsvereinbarung hat der Kläger nicht dargelegt. Auch verhält sich die Beklagte mit der Zurückhaltung der zugesagten Entgeltfortzahlung und der insoweit erklärten Aufrechnung nicht treuwidrig. Schließlich würde sich der Kläger in Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung setzten, wenn er aus der nach seiner Meinung hinfälligen Aufhebungsvereinbarung vom 30. Mai 2002 die (darin geregelte) Einmalzahlung von 19.2000,00 EUR „als Ausgleich für die selbst zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge“ mit dem Klageantrag zu 1.) geltend macht. Die Einmalzahlung bezweckt offenbar eine Abgeltung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit nach dem 31. Dezember 2003, in welcher die Beklagte bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers (Oktober 2004) noch die betriebliche Alterversorgung in Höhe von 145,20 EUR leisten sollte.

Da auch die Beklagte von der Wirksamkeit der Vereinbarung ausgeht und der Kläger zu 1.) seinen ursprünglichen Feststellungsantrag zurückgenommen hat, geht auch die Kammer davon aus, daß die Wirksamkeit der Vereinbarung vom 30. Mai 2002 nicht in Abrede steht. Der Höhe nach ist der Anspruch aber auch zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte wendet sich hiergegen ausschließlich mit ihrer Primäraufrechnung.

Der Anspruch des Klägers zu 1.) ist jedoch nicht gem. §§ 389, 387 BGB erloschen. Zwar hat die Beklagte zunächst formell wirksam die gem. § 388 BGB erforderliche Aufrechnungserklärung abgegeben. Soweit der Kläger zu 1.) gegen die außergerichtlich mit Schreiben vom 10. Oktober 2003 (Anlage K8, Bl. 23 d.A.) erklärte Aufrechnung einwendet, daß es für deren Erklärung an einem Beschluß der Mitgliederversammlung gemäß § 34 k der Satzung mangele (vgl. Anlage K9, Bl. 144 d.A.), geht dieser Einwand fehl, weil nach § 39 GenG der Aufsichtsrat auch allein ermächtigt ist, eine außergerichtliche Aufrechnung mit Regreßansprüchen gegen Vorstandsmitglieder zu erklären. Indem die Aufrechnungserklärung hier bereits vorgerichtlich erfolgt ist, kommt es auf eine Beteiligung der Mitgliederversammlung, die nach § 39 GenG nur bei der Geltendmachung von Ansprüchen im Prozeß erforderlich ist, nicht an (vgl. Beuthien, GenG, 13. Aufl. § 39 Rn. 4 d). Eine anderweitige Satzungsregelung zu außergerichtlichen Zuständigkeiten und Befugnissen im Zusammenhang mit Regreßansprüchen ist irrelevant (Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 39 Rn. 20).

Der Beklagten steht gegen den Kläger jedoch kein aufrechenbarer Gegenanspruch zu. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 34 Abs. 2 S. 1 GenG der insoweit in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage. Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft, die ihre Pflichten verletzen, sind nach dieser Vorschrift der Genossenschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Der Kläger zu 1.) war unstreitig Vorstandsmitglied der beklagten Baugenossenschaft und fällt somit in den sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift.

Allerdings ist dem Kläger ein pflichtwidriges Verhalten nicht vorzuwerfen. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, daß der Kläger insbesondere keinen der ausdrücklich in § 34 Abs. 3 genannten Pflichtenverstöße begangen hat. Dem Kläger wird eine Pflichtverletzung durch die Beklagte vielmehr unter zwei rechtlichen Gesichtspunkten vorgeworfen: Er habe einerseits eine gravierende unternehmerische Fehlkalkulation ohne Erstellung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung bei der Entwicklung und Umsetzung des Bauprojektes Lindenstraße 19 und 21 vorgenommen und zudem den Aufsichtsrat der Beklagten nur unzureichend über die Planungen und Kalkulationen informiert.

Beide dem Kläger vorgeworfene Pflichtverletzungen greifen jedoch im Ergebnis nicht durch.

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest, daß die kalkulatorische Grundlage des Klägers zu 1.) ein von ihm erstellter Wirtschaftsplan für das streitgegenständliche Projekt gewesen ist. Daß der Kläger zu 1.) Wirtschaftlichkeitsberechnungen angestellt hat wurde von diesem zunächst behauptet und von der Beklagten bestritten. Die vor der Kammer vernommenen Zeugen haben übereinstimmend bekundet, daß der Kläger im Rahmen der gemeinsamen Aufsichtsratssitzung am 1. September 1999 den Aufsichtsratsmitgliedern ein Konzept zur Finanzierung des Bauprojektes vorgestellt hat. Alle Zeugen haben zudem übereinstimmend bekundet, daß die anhand von Unterlagen geschehen ist, die dem Kläger zu 1.) vorlagen und aus denen er vorgetragen hatte. Diese Darstellungen sind glaubhaft. Es entspricht jeglicher Lebenserfahrung, daß bei größeren wirtschaftlichen Investitionsvorhaben Wirtschaftlichkeitsberechnungen durch die Projektverantwortlichen, hier die Geschäftsführer der beklagten Genossenschaft, angestellt werden. Lebensnah und plausibel ist es auch, daß solche Berechnungen dokumentiert und - bei Bestehen von Aufsichtsgremien - diesen vorgetragen werden. Der damalige Vorsitzende des Aufsichtsrats, der Zeuge xxx, hat nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, daß das Verfahren und die Erörterungen in der nämlichen Sitzung dem entsprachen, was bei der Beklagten üblicherweise erörtert wurde. Die Besonderheit dieses Vorhabens bestand jedoch darin, daß die Beklagte bereits im unmittelbaren Umfeld, nämlich der benachbarten „Glienicker Spitze“ Investitionen in einem weitaus größeren Volumen getätigt hatte. Der Zeuge xxx hat dies insoweit auf den Punkt gebracht und bekundet, daß es in der Besprechung darum gegangen sei, ob eine Fortführung des Bauvorhabens Glienicker Spitze in der Lindenstraße wirtschaftlich machbar sei oder nicht.

Die Kammer ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme ebenfalls davon überzeugt, daß die von Kläger im hiesigen Prozeß behaupteten Eckdaten Gegenstand der Beratungen des Aufsichtsrats gewesen sind. Die Kammer folgt insoweit den Ausführungen des Zeugen xxx, der glaubhaft die einzelnen Komponenten der Kalkulation dargestellt hat (vgl. Bl. 1457 der Akte), was auch von dem Zeugen xxx (vgl. Bl. 1457 R der Akte) bestätigt wurde. Der Zeuge xxx hat ausdrücklich bekundet, daß dem Aufsichtsrat Zahlen über die Berechnung der Planungen vorgetragen worden sind. Dies hat er sodann dahingehend konkretisiert, daß über die zu erwartenden Mieten und die Zinsbelastungen gesprochen worden sei. Auch der Zeuge xxx hat von sich aus die Zahlen genannt, die seiner Erinnerung nach Gegenstand der Erörterungen gewesen seien und darin die Angaben des Klägers zu 1.) bestätigt. Gleiches gilt in diesem Zusammenhang für den Zeugen Schneider (vgl. Bl. 1460 der Akte).

Die Kammer teilt die von der Beklagten vorgebrachten Glaubwürdigkeitsbedenken gegenüber dem Zeugen xxx nicht. Einerseits bettet sich die Aussage des Zeugen in die Aussagen der anderen Zeugen ein. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß sich die Zeugen vor dieser Sitzung abgesprochen haben sollten, kann die Kammer nicht erkennen. Selbst wenn der Zeuge xxx im Vorfeld des Rechtsstreits gegenüber den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten abweichende Ausführungen gemacht haben sollte, was die Kammer nicht näher aufzuklären hatte, kann es dafür unterschiedliche Gründe geben. Ob sich der Zeuge dabei selbst in ein besseres Licht stellen wollte oder ihm die Tragweite entsprechender Ausführungen nicht klar gewesen ist, sind nur denkbare Motivlagen, die jedoch nicht ausschließen, daß er nach der Belehrung über die Strafbarkeit falscher Aussagen vor Gericht und der Ermahnung zur Wahrheit, tatsächlich wahrheitsgetreu ausgesagt hat.

Die Frage der widersprüchlichen Angaben des Zeugen war auch Gegenstand seiner Befragung durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei der Zeugenvernehmung vor der Kammer. Der Zeuge hat auf diese Fragen allerdings ruhig und sachlich ohne jede Verunsicherung geantwortet. Er hat erklärt, dass nach seiner Erinnerung sich die an ihn herangetragenen Fragen im Vorfeld des Prozesses für ihn ganz anders dargestellt hätten. Seinerzeit sei er gefragt worden, ob er Unterlagen, insbesondere die Wirtschaftlichkeitsberechnung zur Verfügung stellen könne. Daraufhin habe er wahrheitsgemäß geantwortet, dass er eine solche nicht in seinen Unterlagen habe. Jetzt, bei der Zeugenvernehmung vor der Kammer, ging es aber um den Verlauf der gemeinsamen Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand der Beklagten am 1. September 1999. Dazu, so der Zeuge, sei er seinerzeit so nicht befragt worden, jedenfalls habe er die früheren Fragestellungen so nicht verstanden. Diese Erklärungen des Zeugen sind durchaus plausibel und können daher ohne weitere Anhaltspunkte dessen die Glaubwürdigkeit nicht erschüttern.

Auch im Übrigen hat die Kammer hinsichtlich aller am 24. Juni 2009 vernommenen Zeugen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie vor Gericht falsch ausgesagt hatten. Bei sämtlichen Zeugen handelte es sich um ältere Herren, die vor der Kammer einen seriösen Eindruck gemacht haben. Die Zeugen hatten erkennbar Bildung und Kenntnisse über die Zusammenhänge im Geschäftsleben. Sie haben, soweit feststellbar, ein ordentliches arbeitsreiches Leben hinter sich und befinden sich nun im Ruhestand. Bei solchen Zeugen kann ohne jegliche Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass sie vor Gericht falsch auszusagen und sich so der Strafbarkeit einer Falschaussage aussetzen. Auch ein eigenes Interesse am Ausgang des vorliegenden Zivilverfahrens oder daran, einer der Parteien durch eine Falschaussage Schaden zuzufügen, besteht nicht.

Die Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugen wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß sie sich zum Teil nicht mehr daran zu erinnern vermochten, ob ihnen tatsächlich eine Tischvorlage der handschriftlichen Auflistungen des Klägers ausgeteilt wurde oder nicht. Nach einem Zeitablauf von rund 10 Jahren wäre eher eine detaillierte Erinnerung, die das bloße Kerngeschehen übersteigt, anzuzweifeln gewesen, da es lebensfremd ist, daß bei einer Routinetätigkeit, nämlich dem Ablauf einer Aufsichtsratssitzung nach so langer Zeit noch präsentes Detailwissen vorhanden ist. Insoweit ist es den Zeugen auch nicht vorzuwerfen, daß sie sich anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen auf den Beweistermin vorbereitet hatten.

Die Kammer hatte bei keinem der Zeugen den von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 17. Juli 2009 geschilderten Anschein einer Aussagetendenz zu Gunsten der Kläger. Auch wenn der Zeuge xxx den Kläger gelegentlich trifft und in Vorbereitung des Termins hierüber auch mit ihm gesprochen haben will, hat die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, daß er – auch im Hinblick auf die Strafandrohung im Falle einer Falschaussage – die Unwahrheit ausgesagt haben könnte.

Entscheidend für die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Zeugen spricht letztlich, dass sich ihre Angaben mit dem Inhalt des Protokolls der gemeinsamen Sitzung von Vorstand und Aufsichtsrat am 1. September 1999 decken. So haben die Zeugen übereinstimmend dargestellt, dass es eigentlich keinen Zweifel daran gab, das Bauvorhaben Lindenstraße als letzten Abschnitt des Gesamtvorhabens „Glienicker Spitze“ zu verwirklichen. Es sei bei der maßgeblichen Sitzung vorrangig darum gegangen, ob man – wie bisher immer – Mietwohnungen oder nur Eigentumswohnungen errichtet. Dies sei ein Vorstoß des Zeugen xxx gewesen. Genau so ergibt es sich aber auch aus dem Protokoll, welches seinerzeit allen Beteiligten übermittelt wurde und dessen Inhalt von keinem, weder vom Vorstand noch vom Aufsichtsrat, beanstandet wurde.

Die Kammer folgt der hilfsweise geäußerten Rechtsauffassung der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 17. Juli 2009 nicht, wonach die Information des Aufsichtsrats am 1. September 1999 mit der vom Kläger zu 1.) präsentierten Wirtschaftlichkeitsberechnung unzureichend und pflichtwidrig gewesen sei. Für die Bestimmung des Pflichtenkreises des Klägers nach § 34 GenG ist maßgeblich darauf abzustellen, wie sich ein vernünftiger Genossenschaftsvorstand in der Situation des Klägers zu 1.) mit dem damaligen Kenntnisstand verhalten haben würde. Die Kammer legt dabei grundsätzlich die von der Beklagten im Schriftsatz vom 17. Juli 2009 (dort Seite 1) beschriebenen Sorgfaltsanforderungen an eine Wirtschaftlichkeitskalkulation zugrunde. Insoweit gehört es zu den Aufgaben einer pflichtgemäßen Kalkulation die zu erwartenden Kosten den zu erzielenden Einkünften gegenüberzustellen. Dabei ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn ein vernünftig handelnder Vorstand auf eigene Erfahrungswerte zurückgreift. Es muß hierbei aber auch der Prognosecharakter der vorliegenden Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 03.12.2001 - II ZR 308/99). Bei einer solchen Prognoseentscheidung konnte und durften die Kläger auf die Erfahrungen des Gesamtprojektes „Glienicker Spitze“ zurückgreifen, die eingangs allgemein – sowohl von den Klägern, als auch von den Aufsichtsratsmitgliedern der Beklagten – als positiv eingeschätzt worden waren. Insoweit kommt hinzu, daß von den Mitgliedern des damaligen Aufsichtsrates mit dem Zeugen ... (seinerzeit Bankdirektor der Landesbank Berlin), dem Zeugen xxx (vereidigter Sachverständiger für Grundstücks und Mietbewertungen) und dem mittlerweile verstorbenen Herrn xxx (Hauptsachbearbeiter für Baukredite bei der Dresdner Bank) erheblicher Sachverstand über die prognostisch zu erzielenden Mieten vorhanden war.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Kammer eingeholten Sachverständigengutachten des Dr. xxx vom 28. August 2006. Der Sachverständige kommt zunächst zu dem Ergebnis, daß die streitgegenständlichen Genossenschaftswohnungen nach den Kriterien für Umlandwohnungen in einer guten bis sehr guten Wohnlage einzustufen seien (vgl. Seite 7 des Gutachtens, Bl. 1048 d.A.). Auf dieser Grundlage hat der Sachverständige nach Überarbeitung seines Gutachten in dem Ergänzungsgutachten vom 3. Dezember 2007 angegeben, daß auf der Grundlage einer vernünftigen Kalkulation maximal ein Mietzins für den Wohnbereich von EUR 18,20/m² und für die Garagen ein Preis von 96,60 DM erzielbar gewesen sei. Diese Berechnungen erfolgten jedoch aus nachträglicher Betrachtung für die Auswertung der im Zeitraum Mai/Juni 2000 „auf dem Gebiet der Wohnungswirtschaft verfügbaren Erkenntnisquellen“, insbesondere also der Mietspiegel. Die Kammer sieht in der erkennenden Besetzung wenig Nutzen aus der Analyse des Sachverständigen, da sich der Pflichtenkanon des Klägers zu 1.) gerade nicht an durchschnittlichen Erfahrungswerten orientieren konnte und mußte. Die Kläger hatten bei der Einschätzung der zu erzielenden Mieten nicht nur statische Werte aus sich ergebenden Mietspiegelwerten zugrunde zu legen. Grundlage der Investition in das Bauvorhaben war vor allem die Erschließung einer berlinnahen und dadurch unter Umständen künftig sehr attraktiv werdenden Wohnlage. Hätte sich im Bereich der Glienicker Spitze eine der Teltower oder Kleinmachnower Wohngegend vergleichbare Attraktivität entwickelt, so wären die von den Klägern herangezogenen Mietwerte auch nach den Feststellungen des Sachverständigen ohne weiteres erzielbar gewesen.

Von einer solchen ungewissen und nicht sicher prognostizierbaren Entwicklung hing maßgeblich der zu erzielende Mietzins ab, weshalb die Kammer in erkennender Besetzung die Beantwortung der Fragen des Sachverständigen auch nur mit erheblichen Einschränkungen teilt. Die Kammer geht daher davon aus, daß die Prognoseentscheidung der Kläger, wie auch die der damaligen Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten von dem unternehmerischen Ermessen gedeckt war. Hierbei verkennt die Kammer nicht, daß für die Ausübung unternehmerischen Ermessens nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst dann Raum ist, wenn der Vorstand die Entscheidungsgrundlagen sorgfältig ermittelt und das Für und Wider verschiedener Vorgehensweisen abgewogen hat (BGH, NZG 2008, S. 751; NJW-RR 2009, S. 332). Die vor allem zur Prüfung von Kreditvergaben ergangene Rechtsprechung ist auf den zugrundeliegenden Fall aber nur mit Einschränkungen als vergleichbar heranzuziehen. Es ist nämlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Vorstand im Wohnungsbausektor darauf stützen kann, eigene Erfahrungswerte zugrunde zulegen. Entgegen der vielverbreiteten Ansicht könnte sich ein Vorstand auch nicht ohne weiteres dadurch entlasten, daß er ein – oftmals sehr teures – Sachverständigengutachten vorab einholt und diesem ohne eigene Sachprüfung vertraut. Das zeigt letztendlich auch die unternehmerische Praxis der Beklagten in der Folgezeit, als die Kläger nicht mehr mit Führungsverantwortung betraut waren. Die Beklagte hat unstreitig das streitgegenständliche Objekt zwischenzeitlich - ihrerseits ohne Einholung eines Wertgutachtens - veräußert. Sie verlangt von den Klägern also praktisch einen höheren Sorgfaltsmaßstab als sie – sogar nachträglich – bereit war, selbst zu gewährleisten.

Auf dieser Grundlage ist dem Kläger zu 1.) nicht vorzuwerfen, daß er sich bei der hier maßgeblichen unternehmerischen Entscheidung keiner Fremdexpertise bedient oder etwa durchschnittliche Mietspiegelwerte herangezogen hat. Im zugrundeliegenden Rechtsstreit ist es unstreitig, daß zum Zeitpunkt der Planung des Projektes Lindenstraße in der unmittelbar benachbarten „Glienicker Spitze“ die vom Kläger zu 1.) vorgetragenen Mietpreise von 20,00 DM/m² erzielt worden waren. Wesentlich ist dabei, dass sich das Vorhaben Lindenstraße, wie die vernommenen Zeugen berichtet haben, lediglich als eine Fortsetzung der Gesamtinvestition der Beklagten in Glienicke dargestellt hat. Es sei bei der Entscheidung für dieses Projekt vorrangig auch gar nicht darum gegangen, ob dieses mit den Annahmen des Klägers über die Wirtschaftlichkeit durchgeführt werde; dies habe eigentlich als Konsens festgestanden. Hauptgegenstand der Beratungen sei eigentlich gewesen, ob man, anders als regelmäßig zuvor und ursprünglich geplant, wieder Mietwohnungen errichtet oder jetzt Eigentumswohnungen. Unter diesen Umständen kann es nachträglich nicht beanstandet werden, wenn sich Kläger zu 1.) bei seinen Planungen für die Beklagte von den ursprünglichen Kalkulationen für das Gesamtobjekt leiten lässt. Eine Verpflichtung, in dieser Situation der Vervollständigung des Vorhabens noch eine externe Wirtschaftlichkeitsberechnung einzuholen, kann nicht festgestellt werden. Die Vertretbarkeit dieser wirtschaftlichen Annahme wird auch dadurch bestätigt, daß alle Mitglieder des Aufsichtsrats ausweislich der protokollierten Zeugenaussagen vor der Kammer, an deren Richtigkeit sie nicht zweifelt, mit genau denselben Zahlen „gerechnet“ haben.

Selbst wenn man - entgegen der hier vertretenen Auffassung - eine Pflichtverletzung des Klägers zu 1.) annehmen würde, so scheitert eine aufrechenbare Gegenforderung der Beklagten jedoch zudem daran, daß sie den ihr entstandenen Schaden schon nicht hinreichend dargelegt hat. Die Schadenberechnung nach § 34 GenG erfolgt nach den Grundsätzen des § 249 BGB. Die Beklagte wäre daher durch den Kläger zu 1.) so zu stellen, wie sie ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses stünde. Die Schadenskausalität muß sich jedoch auf die Pflichtverletzung beziehen. Die von der Beklagten angestellte Wirtschaftlichkeitsberechnung, welche im Wesentlichen die zu erwartenden jährlichen Mieteinnahmen (228.176,40 EUR) in ein Verhältnis zu den zu erwartenden jährlichen Finanzierungskosten (301.886,73 EUR) setzt und daraus eine Unterdeckung ermittelt (Bl. 51 f. d.A.), ist zwar zunächst geeignet, eine Fehlplanung zu belegen. Der hierzu erhobene Einwand, es wäre unter den gegebenen Bedingungen am Besten gewesen, von dem Bauvorhaben abzusehen (Bl. 52 d.A.), umschreibt aber lediglich eine Sorgfaltspflichtverletzung, sie begründet aber noch keinen Schaden, welcher kausal auf einem vorgeschilderten (pflichtwidrigen) Verhalten beruhen könnte.

Die Schadensbezifferung versucht die Beklagte zu den Punkten 3.) und 4.). Soweit die Beklagte dort einen konkreten Schaden in Höhe von 3.091.289,11 EUR geltend macht, soll sich dieser Betrag aus der Differenz der aktuellen Vermögenslage der Genossenschaft zu der hypothetischen Vermögenslage ergeben, die bestünde, wenn es zu dem Bauvorhaben nicht gekommen wäre. Dazu setzt die Beklagte den aktuellen Marktwert der bebauten Grundstücke mit 2.836.000,00 EUR an. Letzteren stellt sie ins Verhältnis zu den Baukosten von 5.424.421,08 EUR. Insoweit ist festzustellen, daß der Kaufpreis der Grundstücke in Höhe von 502.868,03 EUR von vornherein nicht in diese Berechnung eingestellt werden darf, denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, weshalb schon der Erwerb - und nicht nur die Bebauung - ein Minusgeschäft war. Der Kaufpreis für die fraglichen Flurstücke betrug 1.025.882,57 EUR. Den aktuellen Grundstückswert beziffert die Beklagte mit 502.868,03 EUR (Bl. 54 d.A.). Die Ursache dieses Wertverlustes bleibt völlig unklar.

Damit ist der behauptete Schaden mangels eines dazu passenden pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers schon nicht uneingeschränkt schlüssig auf die Anspruchsgrundlage des § 34 Abs. 2 Satz 1 GenG zu stützen. Auszugehen wäre vielmehr von der Differenz zwischen dem Bebauungswert, den die Beklagte auf 2.333.131,97 EUR beziffert und den entstandenen Baukosten (ohne Grundstückskaufpreis). Letztere belaufen sich auf ca. 4.398.539 EUR (5.424.421,08 EUR Gesamtkosten abzgl. 1.025.882,57 EUR Kaufpreis). Abzüglich des Gebäudewerts von 2.333.131,97 EUR verbleibt ein möglicher Schadensbetrag von ca. 2.065.408,- EUR. Gesondert zu berechnen und ggf. als Schadensbetrag in Ansatz zu bringen wäre der Wertverlust der reinen Grundstücksfläche in Höhe von ca. 523.014,- EUR, sofern dieser Wertverlust dem Kläger angelastet werden könnte, wofür bisher nichts vorgetragen ist.

Zwischen der dargelegten Pflichtverletzung zu Punkt 1.) und 2.) und dem behaupteten Schaden zu den Punkten 3.) und 4.) besteht mithin kein vollständiger Zusammenhang. So sollen die Ausführungen zu den Punkten 1.) und 2.) eine wirtschaftliche Fehlplanung des Vorstandes bzgl. der (unterschätzten) Finanzierungskosten belegen. Der behauptete Schaden, der auf einem minderen Marktwert des Bauvorhabens beruhen soll, kann darauf nicht ohne weiteres gestützt werden, denn es ist nicht ersichtlich, wie die Differenz zwischen Finanzierungskosten und objektivem Verkehrswertes allein auf eine unzureichende Planung zurückzuführen sein sollte. Eine vollständig kausale Pflichtverletzung würde insoweit nur dann vorliegen, wenn die Durchführung des Projektes nach Größe, Planung und Rahmenbedingungen an Ort und Stelle verfehlt und auch ein allgemeiner Wertverfall des Grundstücks vorhersehbar war. Dafür bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Wieso das konkret geplante Bauvorhaben eine wirtschaftliche Fehlplanung war und aufgrund welcher Einzelfaktoren der aktuelle Marktwert des Bauvorhabens unterhalb der aufgewendeten Kosten liegt hätte durch die Beklagte näher dargelegt werden müssen. Dafür kann es viele, nicht zwingend vorhersehbare Ursachen geben.

Jedenfalls aber hat die Beklagte auf etwaige Schadensersatzansprüche durch den Abschluß der Vereinbarung des Klägers mit dem Aufsichtsrat vom 30. Mai 2002 verzichtet. Diese Vereinbarung hat die Wirkung eines Vergleichs, mit der Folge, daß die Parteien dadurch auf weiterreichende Forderungen wechselseitig verzichtet haben (vgl. Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 39 Rn. 32). Sie ist als sogenannter Abfindungs- oder Abgeltungsvergleich geeignet, bestimmte Ansprüche aus einem Schuldverhältnis wirksam festzustellen, d.h. dem Streit zu entziehen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 779 Rn. 12). Ein solcher Vergleich schafft in der Regel keinen neuen Schuldgrund (Schuldumschaffung), sondern verändert das ursprüngliche Verhältnis nur, soweit es ungewisse Punkte gibt. Hierzu im einzelnen:

Die Vereinbarung ist als Trennungsvereinbarung auszulegen, wonach sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu 1.) bei der Beklagten abgegolten werden sollten. Für die Annahme einer Trennungsvereinbarung mit Vergleichscharakter spricht zunächst, daß die für die Beklagte handelnden Personen zur Zeit des Abschlusses der Vereinbarung die zur Begründung der Gegenforderung dargelegten Gründe gekannt haben. Der Aufsichtsrat hatte Kenntnis davon, daß die wirtschaftliche Situation der Beklagten zwischenzeitlich sehr kritisch war. Die kreditfinanzierenden Baken der Beklagten hatten mit Nachdruck darauf hingewirkt, daß der Kläger zu 1.) als Vorstand der Beklagte ausscheiden müsse, damit ein weiteres Kreditengagement erfolgen könne. Der Aufsichtsrat kannte darüber hinaus die Kalkulationsgrundlagen des Klägers zu 1.) für das Bauvorhaben Lindenstraße, die auf der Aufsichtsratssitzung vom 1. September 1999 beraten worden waren. Er kannte auch die wirtschaftliche Entwicklung des Bauvorhabens und war dadurch informiert, daß im Ergebnis Mißkalkulationen vorlagen. Auf diesen Grundlagen haben die Parteien auch wechselseitig nachgegeben.

Das Nachgeben des Klägers zu 1.) besteht darin, daß dieser - wie geplant - auf der Mitgliederversammlung freiwillig seinen Rücktritt erklärt hat. Da sein Anstellungsvertrag bei Fortbestehen bis zum Ende des Jahres 2007 angedauert hätte, wäre die Beklagte zu Gehaltsfortzahlungen von jährlich 250.000,00 DM verpflichtet gewesen. Erhebliche Streitereien und ggf. auch gerichtliche Auseinandersetzungen, die den Geschäftsbetrieb der Beklagten hätten erheblich beeinträchtigen können, wurden dadurch vermieden. Umgekehrt hat die Beklagte die Fortzahlung der Bezüge wie im Falle einer fristgerechten Kündigung zugesagt (§ 3) und ferner, der Mitgliederversammlung am 27. Juni 2002 die Entlastung des Vorstandes vorzuschlagen (§ 4), was auch geschehen ist. Ferner weist die vereinbarte „Einmalzahlung“ einen gewissen Abfindungscharakter auf, deren verhältnismäßige Geringfügigkeit wiederum im Zusammenhang mit im Raum stehenden Vorwürfen gegenüber dem Kläger zu sehen ist. Zu dieser Auslegung paßt zudem die schriftsätzlich vorgebrachte Formulierung der Beklagten, „die Parteien schlossen die Vereinbarung vom 30. Mai 2002 ab, um die Beendigung der Tätigkeit des Klägers einvernehmlich unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zu regeln“ (Bl. 259 d.A.).

Das Bestreiten der Beklagten, daß ihr die zur Begründung der im Wege der Aufrechnung geltend gemachten Gegenforderungen behaupteten Pflichtverletzungen bereits zur Zeit der Aufhebungsvereinbarung bekannt gewesen seien steht der vorgenannten Auslegung nicht entgegen. Schon dem eigenen Vortrag der Beklagten ist es nämlich zu entnehmen, daß es im Zusammenhang der Auseinandersetzung, die letztlich zur Auflösung des Vertragsverhältnisses führte, um die Sanierung der Genossenschaft ging. Zu einem Sanierungsfall soll die Genossenschaft aber gerade durch das im Rahmen der Schadensersatzforderung bezeichnete pflichtwidrige Verhalten des Klägers geworden sein. Es ist lebensfremd anzunehmen, daß der Aufsichtsratsvorsitzende, Herr ..., die Schuld für die Krise nicht bei dem Kläger bzw. dem für die Genossenschaft handelnden Vorstand gesehen hat, weil andere Ursachen außer einer wirtschaftlichen Fehlplanung nicht kaum Betracht kommen. Ein weiterer Gesichtspunkt, der insoweit eine Kenntnis des Aufsichtsratsvorsitzenden von den relevanten Umständen indiziert, ergibt sich aus der „Zweiten Zusatzvereinbarung“ (Anlage K6, Bl. 21 d.A.). Diese datiert auf den 27. Juni 2002, mithin auf den Tag der Mitgliederversammlung, anläßlich derer der Kläger seinen Rücktritt erklärt hat. Ausweislich des Protokolls bzw. der abgehandelten TOP zu 1. bis 3. (vgl. Anlage K3, Bl. 12 f. d.A.) müssen dem Aufsichtsratsvorsitzenden spätestes an diesem Tag die Vermögenssituation und deren mögliche Ursachen bekannt geworden sein. Insoweit kann in der am gleichen Tage abgeschlossenen „Zweiten Zusatzvereinbarung“ mittelbar auch eine Bestätigung für den - im Ergebnis unveränderten - Regelungsinhalt der Aufhebungsvereinbarung vom 30. Mai 2002 zu sehen. Das pauschale Bestreiten der Kenntnis eines Schadensersatzanspruches „in der geltend gemachten Höhe“ (vgl. Bl. 259 d.A.) ist daher irrelevant, da dem Zeugen ... die Anspruchslage zumindest dem Grunde nach bekannt gewesen sein muß. Eine Bezifferungsmöglichkeit ist im Rahmen einer Vergleichsregelung nicht erforderlich; es genügt für ein relevantes Nachgeben bereits die Ungewißheit, ob ein Anspruch überhaupt bestehen könnte.

Gegen den Abschluß eines wirksamen Abfindungsvergleichs spricht auch nicht, daß gemäß § 34 k der Satzung der Beklagten allein die Mitgliederversammlung über etwaige Regreßansprüche gegenüber Vorstandsmitgliedern entscheiden soll (vgl. Anlage K9, Bl. 144 d.A.). Nach § 21 der Satzung ist „für den Abschluß von Aufhebungsvereinbarungen“ der Aufsichtsrat, vertreten durch den Vorsitzenden, zuständig ist (Anlage K9, Bl. 14 d.A.). Im Rahmen von solchen Aufhebungsvereinbarungen müssen sinnvoller Weise die Frage von etwaigen Ansprüchen der Genossenschaft gegen ein zu entlassendes Vorstandsmitglied nicht selten Gegenstand von Überlegungen sein, die in die Aufhebungsvereinbarung einfließen. Auch ist der Aufsichtsrat gem. § 39 GenG „ermächtigt“, die Genossenschaft bei Abschließung von Verträgen mit dem Vorstand zu vertreten. Ein Beschlußerfordernis der Mitgliederversammlung ergibt sich daraus gerade nicht, denn Beschlüsse der Mitgliederversammlung sind nur im Falle der Geltendmachung von Ansprüchen im Prozeß erforderlich (mißverständlich insoweit Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 39 Rn. 32). Der Aufsichtsrat ist in die Geschäftspolitik der Genossenschaft eingebunden und kann daher im Gegensatz zu den Teilnehmern an der Mitgliederversammlung beurteilen, ob ein Fehlverhalten des Vorstandes vorliegt. Wenn daher der Aufsichtsrat erklärt, daß eine Entlastung vorgeschlagen wird, dann kann ein objektiver Dritter diese Erklärung im Gegensatz zu einer Entlastung durch die Mitgliederversammlung nur so verstehen, daß im Ausgleich zu einer vorzeitigen Beendigung des Anstellungsverhältnisses auf die Geltendmachung von Schadensersatzforderungen hinsichtlich bekannter Pflichtenverstöße verzichtet wird. Dies führt auch zu keiner unbilligen Benachteiligung der Genossenschaft. Denn gemäß § 41 GenG steht der Genossenschaft auch gegen Aufsichtsratsmitglieder ein Schadensersatzanspruch zu. Soweit ein außergerichtlicher Erlaß oder Vergleich nach den Statuten (Satzung) der Genossenschaft der Beteiligung der Genossenschaftsversammlung bedarf, hindert dies die Wirksamkeit einer vom Aufsichtsrat abgeschlossenen Vereinbarung daher nicht. Die normhierarchisch nachrangige Satzung der Beklagten kann die Außenwirkung der gesetzlichen Ermächtigung nicht beschränken der Vergleichsschluß kann jedoch pflichtwidrig sein und den Aufsichtsrat seinerseits – wie bereits dargelegt - schadensersatzpflichtig machen (vgl. bereits oben zur außergerichtlichen Aufrechnungsbefugnis; ferner Beuthien, GenG, § 34 Rn. 4d; Hettrich/Pöhlmann, GenG, 1. Aufl., § 39 Rn. 1; ebenso Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 39 Rn. 20). Darüber ist im zugrundeliegenden Rechtsstreit aber nicht zu entscheiden.

Ob ein Verzicht auf Schadensersatzansprüche zudem aus der Entlastung des aus den Klägern bestehenden Vorstandes auf der Mitgliederversammlung vom 27. Juni 2002 folgt oder ob die erhobenen Schadensersatzforderungen verjährt sind und die Aufrechnung auch aus diesen Gründen nicht durchdringt, kann daher im Ergebnis dahinstehen.

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich gem. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB aus Verzug.

Auch die Klage des Klägers zu 2) gegen die Beklagte ist begründet. Der Anspruch des Klägers zu 2.) folgt aus der mit der Beklagten abgeschlossenen Vereinbarung, die sich aus der Anlage K 5 (Bl. 478 d.A.) ergibt. Darin hat sich die Beklagte unstreitig verpflichtet, dem Kläger zu 2.) monatlich bis einschließlich März 2004 einen Betrag von 1.474,57 EUR zu zahlen. Wirksamkeitshindernisse sind hierfür weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der vertraglichen Verpflichtung ist die Beklagte unstreitig seit dem Monat September 2003 nicht mehr nachgekommen, weshalb der Kläger zu 2.) an sich die Zahlung der monatlichen Beträge bis einschließlich März 2004 verlangen kann, was der nunmehr gestellten Klageforderung entspricht.

Der Anspruch des Klägers zu 2.) ist ebenfalls nicht durch Aufrechnung gem. §§ 389, 387 BGB erloschen. Da den Kläger zu 2.) prinzipiell der gleiche Pflichtenkreis betrifft, wie den als hauptamtlichen Vorstand der Beklagten tätigen Kläger zu 1.), kann zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Auch hier ist dem Kläger zu 2.) im Ergebnis weder eine Pflichtverletzung nach § 34 GenG vorzuwerfen. Jedenfalls aber fehlt es an der hinreichenden Darlegung eines durch eine etwaige Pflichtverletzung entstandenen Schadens. Schließlich wäre mit der gleichen Argumentation, wie auch beim Kläger zu 1.) davon auszugehen, daß die Beklagte und der Kläger zu 2.) mit dem Inhalt des Schreibens vom 16. Juli 2002 (Bl. 478 d.A.) eine abschließenden Trennungsvereinbarung getroffen haben, die weitergehende Ansprüche der Beklagten gegen den Kläger zu 2.) ausschließt. Auch hier kommt es auf die Frage der Entlastungswirkung durch die Mitgliederversammlung der Beklagten und die vom Kläger zu 2.) erhobene Verjährungseinrede nicht an.

Die Widerklagen der Beklagten gegen die Kläger sind zulässig.

Der Aufsichtsrat war bei seiner Beschlußfassung über die Erhebung der Widerklage ordnungsgemäß besetzt. Zwar sind zwei der Aufsichtsratsmitglieder turnusgemäß und damit nicht im Laufe ihrer Amtszeit im Sinne des § 24 Abs. 3 S. 1 der Satzung ausgeschieden. Allerdings ist diese Regelung unter Berücksichtigung von § 24 Abs. 3 S. 2 der Satzung auszulegen, wonach frühere Ersatzwahlen nur erforderlich sind, wenn die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder unter 3 sinkt. Aus dieser Regelung folgt damit, daß § 24 Abs. 3 S. 1 im Zeitraum zwischen dem Ausscheiden und einer Mitgliederversammlung eine Handlungsfähigkeit des Aufsichtsrates gewährleisten und damit auch ein turnusgemäßes Ausscheiden umfassen soll. Ein abweichendes Verständnis, wie es von den Klägern in diesem Zusammenhang vorgetragen wurde, hätte zur Folge, daß die Beklagte weitgehend handlungsunfähig gewesen wäre, was schon dem originären Interesse der Genossenschaft widersprechen würde. Jedenfalls aber liegt hier ein Beschluß der Mitgliederversammlung der Beklagten vor, der zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Kläger ermächtigt.

Die Widerklagen sind jedoch unbegründet, weil die Beklagte, wie ausgeführt, keine Ansprüche auf Schadenersatz wegen einer Pflichtverletzung gegen die Kläger hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auch insoweit auf die Ausführungen zu den gegenüber den Forderungen der Kläger zur Aufrechnung gestellten Ansprüchen Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die weitere prozessuale Nebenentscheidung findet ihre rechtliche Grundlage in § 709 ZPO