BGH, Beschluss vom 14.09.2010 - VIII ZR 219/07
Fundstelle
openJur 2010, 10971
  • Rkr:
Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 27. Juni 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird verworfen, soweit sie mit einer Revision ihren Anspruch auf Ersatz von nutzlosen Aufwendungen für den Vertrieb von T. -Produkten in Syrien weiterverfolgen will; im Übrigen wird ihre Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird für die Klägerin und die Beklagte zu 1 auf 12.324.837,66 € und für die Beklagte zu 2 auf 12.133.607,72 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin und die zur L. -Gruppe gehörende T. Werk GmbH (im Folgenden: T. ) schlossen am 22. Dezember 1994 einen "Vertriebs- und Handelsvertretungs-Vertrag", der die Klägerin zum ausschließlichen Vertrieb von Geflügelimpfstoffen und tierärztlichen Produkten der T. in Syrien auf eigene Kosten berechtigte.

Infolge von Umstrukturierungsmaßnahmen in der L. -Gruppe zum 1. Juli 1996 trat anstelle der T. die Beklagte zu 1, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2 ist, in den Vertriebsvertrag ein. Die Klägerin hatte spätestens im Februar 1996 von der geplanten Umstrukturierung erfahren. Diese hatte zur Folge, dass die auf Veranlassung der Klägerin bereits durch syrische Behörden erteilten Registrierungen für Produkte der T. gegenstandslos wurden. Bei einer Besprechung am 9. August 1996 vereinbarten die Klägerin und die Beklagte zu 1, dass die Klägerin versuchen sollte, in Syrien eine "Umregistrierung" der Produkte zu erreichen, was nach den syrischen Vorschriften eigentlich nicht möglich war (vielmehr hätte eine vollständige Neuregistrierung erfolgen müssen).

Die Klägerin teilte der Beklagten zu 1 mit Faxschreiben vom 6. Oktober 1996 mit, welche Unterlagen die Beklagte zu 1 zu welchen Zeitpunkten vorlegen sollte, damit das geplante Vorgehen zum Erfolg geführt werden könne. Am 18. Januar 1997 schrieb sie an den Länderreferenten F. der Beklagten zu 1, sie habe heute mit den Registrierungsbehörden alles geklärt. Sämtliche in der Anlage aufgeführten T. -Produkte würden auf L. umgeschrieben. Es müssten je 10 Muster inklusive zugehörigen Analysezertifikaten geschickt werden, um die neue L. -Produktaufmachung darzustellen. Sie habe sich auf pauschale Bearbeitungskosten in Höhe von 3.000 $ geeinigt, mit denen alle "UM-Registrierungen" abgegolten seien. Den Betrag habe sie heute bezahlt; sie bitte um Erstattung. In der Folgezeit gelangen jedoch die Umregistrierungen jedenfalls nicht vollständig. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte zu 1 für Verzögerungen verantwortlich ist, die im "Umregistrierungsverfahren" eingetreten sind.

Am 3./5. November 1997 schlossen die Klägerin und die Beklagte zu 1 eine Vereinbarung, die (unter Nr. 11) als Vergleich bezeichnet wurde. Darin verpflichtete sich die Beklagte zu 1, soweit noch notwendig und möglich, die für den Abschluss der Produkt-Registrierung in Syrien erforderlichen Schritte unverzüglich zu unternehmen. Der Klägerin wurde vorbehalten, von der Beklagten zu 1 zurückgewiesene Schadensersatzansprüche unter anderem wegen angeblicher Verzögerungen im Zusammenhang mit der neuen fusionsbedingten Registrierung bis zum 1. April 1998 näher zu begründen und geltend zu machen. Des Weiteren erkannte die Klägerin in der Vereinbarung an, der Beklagten zu 1 einen Betrag von 424.012,87 DM zu schulden, der in Raten getilgt werden sollte. Das Recht der Klägerin zur Aufrechnung mit etwaigen Gegenforderungen sowie ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Zahlungsanspruch wurden ausgeschlossen (Nr. 3, 4 und 6). Bis April 1998 leistete die Klägerin auf die anerkannte Forderung fünf Raten ? 10.000 DM; anschließend stellte sie die Zahlungen ein. Mit Schreiben vom 15. April 1998 vertrat sie die Auffassung, die Geschäftsgrundlage für den Vergleich sei wegen des Verhaltens der Beklagten entfallen; ferner rechnete sie mit Schadensersatzforderungen gegen den restlichen Zahlungsanspruch der Beklagten zu 1 auf.

Mit Schreiben vom 26. und 29. Mai 1998 - der vorliegende Rechtsstreit war zu diesem Zeitpunkt bereits anhängig - kündigten zunächst die Beklagte zu 1 und sodann die Klägerin den Vertriebs- und Handelsvertretungsvertrag fristlos und stellten die Zusammenarbeit anschließend ein.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz entgangenen Gewinns in Höhe von insgesamt 5.202.548 DM (= 2.660.020,55 €) nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung weiterer Schadensersatzpflichten der Beklagten begehrt. Die Beklagte zu 1 hat im Wege der Widerklage Zahlung ihrer restlichen Forderung aus der Vereinbarung vom 3./5. November 1997 in Höhe von 374.012,87 DM (= 191.229,74 €) zuzüglich Zinsen verlangt.

Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil vom 14. April 2000 festgestellt, dass der Klägerin dem Grunde nach Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns für importgenehmigte, nicht ausnutzbare T. -Mengen (Schadensposition I) sowie für geplante T. -Mengen, die wegen nicht vollzogener Registrierung nicht mehr zum Importverfahren zugelassen worden seien (Schadensposition II), zustehe, allerdings beschränkt auf den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 5. November 1997. Eine Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch in Höhe von 52.905 DM (= 27.049,90 €) wegen vergeblicher Kosten für Importlizenzen (Schadensposition IV) hat das Landgericht vorbehalten. Im Übrigen (Schadenspositionen I und II für die Zeit nach dem 5. November 1997, Schadenspositionen III, V, VI und VII sowie Feststellungsanträge) hat es die Klage abgewiesen, der Widerklage dagegen in vollem Umfang stattgegeben.

Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten war erfolglos geblieben; auf die Berufung der Klägerin hatte das Berufungsgericht durch Urteil vom 19. Mai 2004 das Urteil des Landgerichts hinsichtlich der Widerklage aufgehoben und hinsichtlich der Klage teilweise abgeändert. Dieses Urteil hat der Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten durch Beschluss vom 26. September 2006 (VIII ZR 180/04) wegen Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im zweiten Berufungsverfahren hat die Klägerin ihren Zahlungsantrag (neu) beziffert und beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns aus importgenehmigten, aber nicht mehr ausnutzbaren T. -Mengen sowie aus geplanten T. -Mengen, die nicht mehr zum Importverfahren zugelassen worden sind, in Höhe von 12.133.607,72 € nebst Zinsen zu zahlen, und festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin als Gesamtschuldner zu weiterem Schadensersatz verpflichtet sind wegen Nichtbelieferung der Klägerin mit T. -/L. -Fertigprodukten zur lokalen Abfüllung in Syrien, wegen besonderer Aufwendungen der Klägerin für den Wiederaufbau des zusammengebrochenen Vertriebs sowie wegen des Schadens, den die S. Co. mit Sitz in H. dadurch erlitten hat und noch erleidet, dass sie in den Jahren 1996 und 1997 ihre Produktionsanlagen auf die Herstellung und den Vertrieb von veterinärmedizinischen Produkten der Beklagten ausgerichtet hat im Vertrauen darauf, dass die Beklagten willens und in der Lage sind, mit der Klägerin einen Vertrag über die Lizenzproduktion in H. zu schließen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Berufungsgericht auf die Berufungen beider Parteien unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen das Grund- und Teilurteil des Landgerichts vom 14. April 2000 erneut teilweise aufgehoben und teilweise abgeändert. Es hat nunmehr die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit die Klägerin Schäden wegen entgangenen Gewinns geltend macht, weil 27 im einzelnen aufgelistete L. -Produkte in der Zeit zwischen dem 1. Oktober 1998 und dem 31. Dezember 1999 sowie weitere zwei Produkte zwischen dem 1. März 1999 und dem 31. Dezember 1999 von der Klägerin nicht eingeführt und vermarktet werden konnten; im Übrigen hat es die Klage, soweit sie Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen ist, abgewiesen. Hinsichtlich der Widerklage hat es den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht haben beide Parteien Beschwerde eingelegt. Die Klägerin verfolgt damit ihren Zahlungsantrag in Höhe von 12.133.607,72 € in vollem Umfang weiter. Die Beklagten erstreben mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde weiterhin die vollständige Abweisung der Klage sowie die Beklagte zu 1 darüber hinaus die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Widerklage.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Dagegen hat die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision Erfolg.

A. Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist mangels Beschwer unzulässig, soweit sie mit der Revision ihren Anspruch auf Ersatz von nutzlosen Aufwendungen für den Vertrieb von T. -Produkten in Syrien weiterverfolgen möchte. Das Landgericht hat die Entscheidung über diesen Teil der Klage ausdrücklich vorbehalten und nur ein Teilurteil erlassen, weil es der Klägerin die Möglichkeit einer Substantiierung ihres Sachvortrags dazu offen halten wollte. Im zweiten Berufungsdurchgang hat die Klägerin zwar den von ihr erstinstanzlich für vergebliche Aufwendungen im Zusammenhang mit T. -Importlizenzen verlangten Betrag von 52.905 DM (= 27.049,90 €) in ihren Zahlungsantrag in Höhe von insgesamt 12.133.607,72 € aufgenommen, wie sich aus ihren im Betragsverfahren eingereichten Schriftsätzen vom 18. Oktober 2004 und 26. Januar 2006 ergibt, auf die sie zur Berechnung der Zahlungsforderung Bezug genommen hat. Ob diese Erweiterung des Berufungsantrags zulässig war, obwohl derselbe Anspruch weiterhin in erster Instanz anhängig war, kann aber offen bleiben. Denn das Berufungsgericht hat über die - gegenüber dem landgerichtlichen Urteil - erweiterte Klage nicht entschieden. Es hat sich damit in den Gründen seines Urteils nicht auseinandergesetzt und nach Nr. II des Tenors die Klage auch nur insoweit abgewiesen, als sie "Gegenstand des Berufungsverfahrens war". Diese Einschränkung kann sich allein auf den vom Landgericht vorbehaltenen Teil der Klageforderung beziehen, weil die Klage, soweit das Landgericht darüber entschieden hat, durch die beiderseitigen Rechtsmittel in vollem Umfang in die Berufungsinstanz gelangt ist.

Ob das Teilurteil erster Instanz nach § 301 ZPO unzulässig war, weil es die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen birgt (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, juris Rn. 21 mwN), und ob das Berufungsgericht deshalb den in erster Instanz verbliebenen Teil der Klage - auch unabhängig von einem dahingehenden Antrag der Klägerin - hätte an sich ziehen müssen, wenn es, wie geschehen, in der Sache über die anderen Teile entscheiden wollte (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 2002 - II ZR 287/01, juris Rn. 25; Urteil vom 12. Januar 1994 - XII ZR 167/92, NJW-RR 1994, 379 unter 5), kann dahinstehen. Da es tatsächlich über den vom Landgericht vorbehaltenen Teil nicht entschieden hat, hätte die Klägerin im Hinblick auf ihren Berufungsantrag allenfalls Urteilsergänzung gemäß § 321 ZPO beantragen können, ist sie aber insoweit durch das Berufungsurteil nicht beschwert.

2. Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zwar zulässig, aber unbegründet, weil im Hinblick auf die vom Berufungsgericht abgewiesenen Teile ihrer Zahlungsklage weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

B. Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten Der Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist stattzugeben, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO, § 544 Abs. 6 und 7 ZPO), soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil erkannt hat. Es hat dabei den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht, soweit für die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten von Interesse, ausgeführt:

Bei der Registrierung der Lebendimpfstoffe T. und T. -M. habe es erhebliche Schwierigkeiten gegeben, weil die Beklagte zu 1 die vom syrischen Landwirtschaftsministerium geforderten Produktmuster pflichtwidrig erst im Dezember 1997 verschickt habe. Auch hinsichtlich der Präparate P. , Ta. , Ti. und F. sowie hinsichtlich der Produkte C. (250 und 500 ml Flasche) sei kein Grund ersichtlich, warum die erforderlichen Muster incl. Analysezertifikate nicht spätestens im Mai oder Juni 1997 übersandt worden seien. Außerdem habe die Klägerin die ihr vom syrischen Landwirtschaftsministerium mit Telefax vom 4. November 1997 in Rechnung gestellte Registrierungsgebühr von 250 $ je Produkt für die im September 1997 registrierten Produkte verspätet erst im Juli 1998 bezahlt. Aufgrund der zeitlichen Abfolge müsse angenommen werden, dass entsprechend dem Vortrag der Klägerin eine frühere Zahlung nicht erfolgt sei. Die Behauptung der Beklagten zu 1, sie habe im Juli 1998 zwar irrtümlich angenommen, noch zur Zahlung verpflichtet zu sein, der von ihr angebotene Scheck sei aber zurückgegeben worden, weil die Gebühr schon bezahlt gewesen sei, sei unplausibel und damit unbeachtlich. Auf den von den Beklagten für ihre Behauptung angetretenen Zeugenbeweis komme es deshalb nicht an, zumal die Beklagten auch zu den zeitlichen Abläufen, wann, von welchem Mitarbeiter der Scheck übergeben und wann, von wem, an wen und mit welcher Begründung er zurückgegeben worden sei, nicht substantiiert vorgetragen hätten.

Dass der Klägerin durch die verspätete Zahlung hinsichtlich der am 17. September 1997 registrierten Produkte sowie durch die fehlenden Muster für die oben genannten weiteren Produkte ein Schaden entstanden sei, liege auf der Hand. Es sei anzunehmen, dass letztere ebenfalls im September 1997 registriert worden wären, wenn die benötigten Registrierungsunterlagen spätestens im Juni 1997 vorgelegen hätten. Bei einer pflichtgemäßen Zahlung der im November 1997 angeforderten Registrierungsgebühren bis Ende Januar 1998 hätte die Klägerin unter Berücksichtigung eines Zeitraums von ca. 6 Monaten für das erst nach der Zahlung mögliche Lizenzerteilungsverfahren sowie von weiteren 2 Monaten für die Lieferung durch die Beklagte zu 1 alle aufgeführten Produkte mit Ausnahme von T. und M. spätestens ab Oktober 1998 wieder vermarkten können. Hinsicht der Produkte T. und M. habe die Beklagte zu 1 zwar zunächst nicht wissen können, dass sie in Stickstoff vorzulegen gewesen seien; es sei ihr aber anzulasten, dass sie nicht jedenfalls im nächsten Termin am 2. Mai 1998 hätten registriert werden können, bei dem eine Reihe weiterer Produkte der Beklagten zu 1 registriert worden seien. Lege man die oben dargelegten Zeiträume für die Zahlung der Registrierungsgebühren, die Erteilung der Importlizenz und die Bestellung und Lieferung von Waren zugrunde, sei davon auszugehen, dass die Klägerin diese Produkte spätestens ab März 1999 wieder hätte vermarkten können.

Dem lasse sich nicht entgegen halten, dass die Beklagte zu 1 die Vertragsbeziehung im Mai 1998 fristlos gekündigt habe und deshalb die Klägerin eine Lieferung der genannten Produkte im Herbst 1998/Frühjahr 1999 nicht mehr habe verlangen können. Denn die von der Beklagten vor allem auf grob beleidigende und verfälschte Vorwürfe in der in diesem Rechtsstreit - Anfang Mai 1998 - erhobenen Klage gestützte fristlose Kündigung sei unwirksam. Zwar habe im Anschluss daran auch die Klägerin die fristlose Kündigung erklärt. Auch der Klägerin habe jedoch kein Grund für eine fristlose Kündigung zur Seite gestanden; die Kündigung schließe zudem die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, nicht aus (§ 314 Abs. 4 BGB).

Zeitlich begrenzt sei der Schadensersatzanspruch nur durch die Dauer der regulären Mindestvertragslaufzeit, das heißt bis zum 31. Dezember 1999, nicht dagegen durch den Zeitpunkt des außergerichtlichen Vergleichs vom 5. November 1997. Es komme daher nicht darauf an, ob der Vergleich wirksam gekündigt worden oder seine Geschäftsgrundlage entfallen sei. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe die Klägerin Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Verzögerung der neuen fusionsbedingten Registrierungen geltend gemacht, die von dem Vergleich ausdrücklich nicht umfasst gewesen seien. Es sei vielmehr der Klägerin vorbehalten worden, diese Ansprüche bis zum 1. April 1998 gerichtlich geltend zu machen. Eine Begrenzung der gegebenenfalls einzuklagenden Schadensersatzansprüche auf einen bestimmten Zeitraum sei der Vereinbarung nicht zu entnehmen.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Annahme, die Beklagte zu 1 habe den - für das nachfolgende Lizenzerteilungsverfahren erforderlichen - Abschluss des Registrierungsverfahrens pflichtwidrig verzögert, dadurch dass sie die Gebühren für die im September 1997 registrierten Produkte erst im Juli 1998 bezahlt habe, entscheidungserhebliches und unter Beweis gestelltes Vorbringen der Beklagten unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) außer Acht gelassen hat.

a) Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe zwar im Juli 1998 irrtümlich angenommen, dass die Gebühren noch zu zahlen gewesen seien, und deshalb der syrischen Registrierungsbehörde eine Scheckzahlung angekündigt. Ihrem Mitarbeiter, der den Scheck habe überreichen wollen, sei jedoch seitens der Behörde mitgeteilt worden, dass eine Zahlung nicht erforderlich sei. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht diesen Vortrag als unplausibel und deshalb unbeachtlich zurückgewiesen und den dafür angebotenen Beweis nicht erhoben. Auch wenn die Beklagten nicht behauptet haben, sie hätten die im November 1997 angeforderten Gebühren bereits vor Juli 1998 bezahlt und deshalb sei der Scheck zurückgewiesen worden, lässt ihr Vorbringen jedenfalls die Möglichkeit offen, dass eine Zahlung - ungeachtet der Zahlungsaufforderung von November 1997 - nicht mehr erforderlich war, weil sich die Klägerin mit der Registrierungsbehörde im Januar 1997 auf einen Pauschalbetrag von 3.000 $ geeinigt hatte, der auch entrichtet worden war. Dass in diesem Betrag die Registrierungsgebühren nicht enthalten gewesen wären, wie die Klägerin behauptet, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es hat vielmehr angenommen, die Formulierung in dem Faxschreiben der Klägerin vom 18. Januar 1997 "Damit sind alle UM-Registrierungen abgegolten" sei für die Beklagte zu 1 jedenfalls missverständlich gewesen.

Das Berufungsgericht hat auch keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, dass in der Zeit zwischen dem 17. September 1997 - dem Zeitpunkt der ersten Registrierungen - und Juli 1998 Importlizenzanträge der Klägerin nicht gestellt oder nicht bearbeitet werden konnten, weil die Registrierungsgebühren noch nicht bezahlt waren. Es hat lediglich als unstreitig angesehen, dass generell das Registrierungsverfahren formaljuristisch erst in dem Zeitpunkt abgeschlossen gewesen sei, in dem der Hersteller die Registrierungsgebühren gezahlt habe, und dass die zuständige Behörde erst danach über etwaige Importanträge entschieden habe. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts kann ferner nicht angenommen werden, dass die zuständige Behörde erst aufgrund des Angebots der Zahlung im Juli 1998 bemerkt hätte, dass die Zahlungsaufforderung von November 1997 etwa wegen der Pauschalzahlung von Januar 1997 obsolet gewesen sei. Die Richtigkeit des Vorbringens der Beklagten zur Zurückweisung der Scheckzahlung unterstellt, kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei einer Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung dieses Vorbringens zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass sich die Kausalität der fehlenden Zahlung auf die Gebührenanforderung von November 1997 dafür, dass die Klägerin nicht bereits im Oktober 1998 die Vermarktung der betroffenen Produkte wieder aufnehmen konnte, - zum Nachteil der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin - nicht feststellen lässt.

b) Das Berufungsgericht hätte deshalb den von den Beklagten angebotenen Zeugenbeweis für ihre Behauptung, die Scheckzahlung sei von der Behörde zurückgewiesen worden, nicht als unbeachtlich behandeln dürfen. Damit hat es unzulässig das Gegenteil dessen, was die Beklagten unter Beweis gestellt haben, bereits als bewiesen angenommen. Die Ablehnung einer Beweisaufnahme mit dieser Begründung ist eine verbotene vorweggenommene Würdigung des nicht erhobenen Beweises (BGH, Urteile vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 260, und vom 19. März 2002 - XI ZR 183/01, NJW-RR 2002, 1072 unter II 3 c).

Soweit das Berufungsgericht den Tatsachenvortrag für nicht hinreichend substantiiert hält, weil die Beklagten die zeitlichen Abläufe nicht näher dargelegt hätten, insbesondere wann und von welchem Mitarbeiter der Scheck übergeben und wann, von wem und an wen er mit welcher Begründung zurückgegeben worden sei, überspannt es die Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an die Substantiierung des Tatsachenvortrags zu stellen sind. Grundsätzlich genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, die daraus abgeleitete Rechtsfolge zu tragen. In welchem Maße eine Partei ihr Vorbringen durch Darlegung konkreter weiterer Tatsachen substantiieren muss, hängt von den besonderen Gegebenheiten des Falles ab. Die Angabe näherer Einzelheiten ist grundsätzlich nur dann nötig, wenn diese für die Rechtsfolgen von Bedeutung sind, wenn der Vortrag infolge der Einlassung des Gegners unklar wird oder wenn die Angabe weiterer Umstände erforderlich ist, um dem Gegner die Nachprüfung der behaupteten Tatsachen und den Antritt von Gegenbeweisen zu ermöglichen (Senatsurteil vom 26. Mai 1999 - VIII ZR 123/98, WM 1999, 1986 unter II 4 a). Keiner dieser Gesichtspunkte ist hier einschlägig. Der unter Beweis gestellte Tatsachenvortrag der Beklagten lässt sich auch ohne Kenntnis weiterer Einzelheiten eindeutig der mit Schreiben der Beklagten vom 17. Juli 1998 an das syrische Landwirtschaftsministerium angekündigte Scheckzahlung zuordnen. Die Klägerin hat - wie die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend geltend macht - die Behauptung der Beklagten, die tatsächliche Zahlung sei zurückgewiesen worden, nur ganz pauschal als unglaubwürdig bezeichnet.

III.

Falls die Beklagten in dem wieder eröffneten Berufungsverfahren den Nachweis für eine Zurückweisung der Scheckzahlung durch die syrische Behörde im Juli 1998 nicht führen können und/oder das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Beklagte zu 1 durch eine verspätete Zahlung der Gebührenrechnung von November 1997 oder durch eine verspätete Übersendung von Registrierungsmustern pflichtwidrig eine Ursache dafür gesetzt hat, dass die Klägerin nicht bereits im Oktober 1998 die im September 1997 registrierten oder - bei rechtzeitiger Verschickung der Muster registrierungsfähigen - Produkte vermarkten konnte, wird das Berufungsgericht auch Gelegenheit haben, sich mit den im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobenen weiteren Einwänden der Beklagten gegen das angefochtene Urteil auseinanderzusetzen.

Das betrifft insbesondere die Frage, ob die Beklagten ungeachtet der Tatsache, dass sie nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bei der überwiegenden Zahl der Produkte allenfalls eine Verzögerung der Registrierung um sechs Monate (von Januar bis Juli 1998) zu vertreten haben, Schadensersatz für den gesamten Zeitraum von Oktober 1998 bis Ende 1999, also für 15 Monate schulden. Tatsächlich hat die Klägerin bereits im Mai 1998 die weitere Vertriebstätigkeit für die Beklagte zu 1 in Syrien eingestellt und dafür eine Vielzahl von Gründen angeführt, die erheblich über die von den Beklagten verursachten Verzögerungen bei der Umregistrierung hinausgingen, ohne dass sie aber die Klägerin nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur fristlosen Kündigung berechtigten.

Das betrifft ferner die von der Nichtzulassungsbeschwerde als nicht nachvollziehbar gerügte - weil nur durch einen leerlaufenden Verweis auf "obige Ausführungen" begründete - Auffassung des Berufungsgerichts zum Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung vom 5. November 1997, nach der eine Aufrechnung der Klägerin mit den von ihr geltend gemachten Schadensersatzansprüchen gegenüber der im Wege der Widerklage verfolgten, unstreitigen Gegenforderung der Beklagten zu 1 jedenfalls zunächst ausgeschlossen war.

Ball Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Bünger Vorinstanzen:

LG Stade, Entscheidung vom 14.04.2000 - 8 O 50/98 -

OLG Celle, Entscheidung vom 27.06.2007 - 3 U 251/00 -