OLG Köln, Urteil vom 19.02.2014 - 6 U 103/13
Fundstelle
openJur 2014, 4577
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.05.2013 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 3/13 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich des Unterlassungsanspruchs 100.000 €, im Übrigen für die Beklagte 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die Klägerin 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beklagte betreibt eine Apotheke in den Niederlanden, von wo sie Arzneimittel insbesondere auch an deutsche Kunden versendet. In Bezug auf ihre Verkaufspreise warb sie seit Beginn ihrer Geschäftstätigkeit im Jahr 2000 mit Bonusmodellen, die sich an der Höhe der gesetzlichen Zuzahlung orientierten. Im November 2012 kündigte sie in Prospekten und im Internet (Anlagen K 1 und 2) ein verändertes Modell an, wonach sie ihren Kunden "als Aufwandsentschädigung für Ihr Mitwirken bei unserer Qualitätssicherung" eine Geldprämie von bis zu 15 € pro Rezept versprach.

Die Klägerin hält das Anbieten und Gewähren eines als Vergütung für einen Arzneimittel-Check ausgelobten Bonus in Höhe von bis zu 15 € bei der Einlösung von Kassen- oder Privatrezepten in der im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Ausgestaltung für ebenso wettbewerbswidrig wie das früher von der Beklagten praktizierte Bonusmodell, das gegen das ihrer Ansicht nach auch für ausländische Versandapotheken geltende deutsche Arzneimittelpreisrecht verstoßen habe, wonach für verschreibungspflichtige und zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebene Arzneimittel einheitliche Abgabepreise der Apotheken vorgesehen sind. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Diese hält die gesetzliche Neuregelung, die ausländische Versandapotheken ausdrücklich dem inländischen Arzneimittelpreisrecht unterwirft, wie auch den für das bisherige Recht zum gleichen Ergebnis kommenden Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22.08.2012 - GmS-OGB 1/10 - für unvereinbar mit dem Recht der Europäischen Union und deutschem Verfassungsrecht, einen Verstoß gegen die geltende Rechtslage zudem nicht für gegeben.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen hat diese Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage und - hilfsweise - ihre Verfahrensanträge auf Aussetzung und Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union bzw. des Bundesverfassungsgerichts weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung (§§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 78 AMG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 1 AMPreisV) und zur Erstattung der Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) verurteilt. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Die Beklagte hat mit der in konkreter Form beanstandeten Ankündigung von rezeptbezogenen Vergütungen und deren Gewährung an ihre Kunden den als Marktverhaltensregeln (§ 4 Nr. 11 UWG) anzusehenden Bestimmungen des deutschen Arzneimittelpreisrechts zuwidergehandelt.

a) Hiernach haben Apotheken bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Fertigarzneimitteln an Endverbraucher einen einheitlichen Abgabepreis (§ 78 Abs. 2 S. 2 AMG) in Höhe von 3 Prozent über dem Nettoabgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich 8,10 € und Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AMPreisV) zu berechnen.

b) Diese Bestimmungen sind - wie § 78 Abs. 1 S. 4 AMG nunmehr klarstellt -auch auf Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union anzuwenden, die wie die Beklagte solche Arzneimittel an deutsche Verbraucher im Wege des Versandhandels abgeben.

aa) Soweit der Senat früher im Anschluss an Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSGE 101, 161 = PharmR 2008, 595) und des Oberlandesgerichts Hamm (MMR 2005, 101) für Fälle der Bestellung und Kurierlieferung von in den Niederlanden verkauften Arzneimitteln über deutsche Apotheken (PharmR 2010, 197 = MD 2010, 77 - Holland-Preise) eine andere Auffassung vertreten hatte, wird daran angesichts der gesetzlichen Neuregelung und der Entscheidung des vom Bundesgerichtshof (NJW 2010, 3724 = GRUR 2010, 1130 = WRP 2010, 1485 - Sparen Sie beim Medikamentenkauf) angerufenen Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22.08.2012 - GmS-OGB 1/10 (BGHZ 194, 354 = GRUR 2013, 417 = WRP 2013, 621) - nicht mehr festgehalten. Danach unterscheiden die deutschen Vorschriften, die einen Preiswettbewerb auf der Stufe der pharmazeutischen Unternehmen zulassen, auf der Einzelhandelsstufe aber einen einheitlichen Apothekenabgabepreis vorsehen, nach ihrem Wortlaut, ihrem Zweck, ihrer Systematik und ihrer Entstehungsgeschichte nicht nach einer Abgabe im herkömmlichen Apothekenbetrieb oder im Versandhandel oder nach dem Sitz der Apotheke im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (GmS-OGB, a.a.O. [Rn. 23 ff.]).

Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung gehen fehl:

bb) Gegen die kollisionsrechtliche Anknüpfung wendet sich die Berufung nicht, so dass sich ergänzende Ausführungen zur Anwendung deutschen Sachrechts auf den zwischenstaatlichen Arzneimittelversandhandel erübrigen.

cc) Die Bindung der in den Niederlanden ansässigen, als Aktiengesellschaft niederländischen Rechts organisierten Beklagten an deutsches Arzneimittelpreisrecht verstößt entgegen der von ihr und ihren anwaltlichen Vertretern (vgl. Diekmann, WRP 2013, 290) am Beschluss des Gemeinsamen Senats geübten Kritik nicht gegen höherrangiges europäisches Recht.

(1) Maßnahmen von Mitgliedstaaten, die den Handel mit Arzneimitteln betreffen, sind mangels vorrangiger Regelung durch die zuständigen Organe der Europäischen Union nur an primärem Unionsrecht, nämlich insbesondere der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV zu messen. Arzneimittel sind Waren im Sinne von Art. 28 Abs. 2 AEUV. Soweit die Beklagte als Versandhändlerin auch Dienstleistungen erbringen mag, ist die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 ff. AEUV gegenüber dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV subsidiär (vgl. Pfeifer, jurisPR-ITR 23/2013 Anm. 6, sub C II 6).

(2) Gemäß Art. 34 AEUV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieser Tatbestand liegt hier jedoch nicht vor.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist allerdings grundsätzlich jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, als eine Maßnahme gleicher Wirkung gemäß Art. 34 AEUV anzusehen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 11.07.1974 - 8/74 - Dassonville = NJW 1975, 515; GemS-OGH, BGHZ 194, 354 = GRUR 2013, 417 = WRP 2013, 621 [Rn. 40] m.w.N.). Eine Einschränkung greift aber bei Vorschriften der Mitgliedstaaten, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten; diese dürfen auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten angewandt werden, solange sie für alle im Inland tätigen Wirtschaftsteilnehmer gelten und den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren, den Marktzugang für diese Erzeugnisse also nicht stärker behindern als für inländische Waren (vgl. EuGH, Urteil vom 24.11.1993 - C-267 und 268/91 - Keck und Mithouard = NJW 1994, 121 = GRUR 1994, 296 m. Anm. Bornkamm; vgl. auch GemS-OGH, a.a.O.). Solche Vorschriften begründen keine Behinderung im Rechtssinne, weil ihnen das Element einer (formellen oder materiellen) Diskriminierung der Anbieter aus anderen Mitgliedsstaaten fehlt (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.2009 - C 531/07 - LIBRO = GRUR 2009, 792).

In den von der Berufung angeführten Entscheidungen zur Buchpreisbindung (EuGH, Urteil vom 10.01.1985 - C 229/83 - Leclerc = NJW 1985, 1615; Urteil vom 30.04.2009 - C 531/07 - LIBRO = GRUR 2009, 792) lag eine Diskriminierung darin, dass die nationale Regelung den Absatz importierter Bücher gegenüber dem Absatz der einheimischen Buchausgaben erschwerte, indem sie dem Importeur gezielt die Möglichkeit nahm, seine durch einen günstigeren Einstandspreis im Ausfuhrmitgliedstaat erzielte Beschaffungsvorteile über den Endverkaufspreis weiterzugeben.

(b) Im Streitfall dagegen liegt keine damit vergleichbare, sondern in gewisser Hinsicht sogar eine gegensätzliche Konstellation vor, insofern sich die Beklagte durch "Auswanderung aus dem deutschen Arzneimittelpreisrecht" einen Sondervorteil gegenüber inländischen Apotheken zu verschaffen versucht. Sie behauptet nämlich nicht etwa, auf Grund niedrigerer Beschaffungskosten für Arzneimittel in den Niederlanden über einen unionsrechtlich geschützten Wettbewerbsvorteil zu verfügen, den sie an deutsche Endverbraucher müsse weitergeben dürfen; vielmehr ist davon auszugehen, dass die Abgabepreise der Pharmaunternehmen und damit die Einkaufspreise der in Rede stehenden, deutschen Patienten von ihren Ärzten verordneten Medikamente in beiden Ländern gleich sind (vgl. die entsprechenden, von der Berufung nicht in Frage gestellten Feststellungen des Gemeinsamen Senats betreffend die Apotheke Venlo, a.a.O. [Rn. 43]). Das Vergütungsmodell der Beklagten beruht demgemäß nicht auf niedrigeren Gestehungskosten; die niederländischen Anforderungen an ihre Qualitätssicherung führt sie nunmehr sogar als zusätzlichen Kostenfaktor an. Gemäß ihren Angaben (vgl. Berufungsbegründung S. 7) hat sie bisher jedoch die Situation genutzt, dass sie in den Niederlanden nur Höchstabgabepreise zu beachten hat, um die an die Einkaufspreise gekoppelten Mindestabgabepreise ihrer inländischen Mitbewerber zu unterbieten.

(4) Unabhängig davon, dass es danach an einer diskriminierenden Ungleichbehandlung der Versandhandelsanbieter aus anderen Mitgliedsstaaten - wie der Beklagten - durch ihre Bindung an die für die Abgabe an Endverbraucher geltenden Mindestpreise des deutschen Arzneimittelpreisrechts fehlt, scheidet ein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit auch deshalb aus, weil die Anwendung der deutschen Bestimmungen - gemäß der im angefochtenen Urteil aufgegriffenen (Hilfs-) Begründung des Gemeinsamen Senats (a.a.O. [Rn. 44 ff.]) - nach Art. 36 AEUV zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt wäre.

Das nationale Arzneimittelpreisrecht betrifft die Gesundheitspolitik und Organisation des Gesundheitswesens der Mitgliedsstaaten. Der Senat teilt die überzeugend begründete Auffassung des Gemeinsamen Senats, dass der deutsche Gesetzgeber den ihm insoweit eingeräumten Wertungsspielraum nicht überschritten hat, indem er bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Interesse der sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung einen einheitlichen Apothekenabgabepreis vorgesehen hat.

Das gegenteilige Vorbringen der Berufung erschöpft sich trotz seines Umfangs letztlich darin, die Stichhaltigkeit der vom deutschen Gesetzgeber angeführten Gründe - nämlich der Verhinderung eines ruinösen Preiswettbewerbs unter Apotheken, der Sicherung einer flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung und der Minderung der Gefahr eines Fehl- oder Mehrgebrauchs von Medikamenten - pauschal zu bestreiten, ohne hinreichend nachvollziehbar aufzuzeigen, welches andere konkrete System bei geringeren Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit ebenso geeignet wäre, die vorbeschriebenen Ziele zu erreichen. Entgegen der Auffassung der Berufung ist es angesichts der vom deutschen Gesetzgeber vorgenommenen Wertung keineswegs Aufgabe der Klägerin, die drohende Beeinträchtigung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung bei Aufgabe des Systems substantiiert darzulegen; vielmehr hätte es nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen der Beklagten oblegen, die Voraussetzungen ihrer anspruchsvernichtenden Einwendung schlüssig vorzutragen und über den Hinweis auf mögliche oder bereits umgesetzte unterstützende Maßnahmen hinaus belegbar darzutun, dass und gegebenenfalls wie die vom deutschen Gesetzgeber mit dem derzeitigen System verfolgten legitimen Gemeinwohlziele auf andere, den Preiswettbewerb auf der Handelsstufe der Apotheken weniger einschränkende konkrete Weise ebenso effektiv erreicht werden könnten. Daran fehlt es.

(5) Vor diesem tatsächlichen Hintergrund besteht auch kein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die vom Landgericht gefundene Entscheidung des Streitfalles beruht vielmehr auf einer Auslegung des Unionsrechts, die ihre Grundlage in der gesicherten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat (vgl. hierzu den Beschluss des Gemeinsamen Senats, a.a.O. [Rn. 47], m.w.N.).

c) Ebenso wenig verstoßen die deutschen Vorschriften über den einheitlichen Apothekenabgabepreis wegen unverhältnismäßiger Einschränkung der von der Beklagten bzw. ihren Geschäftsführern für den Betrieb einer Versandapotheke in einem europäischen Nachbarland in Anspruch genommenen Berufsausübungsfreiheit gegen Art. 12 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Da sich die Berufung zur Begründung der materiellen Verfassungswidrigkeit der Regelung nur auf den angeblichen Verstoß gegen die unionsrechtlich fundierte Warenverkehrsfreiheit bezieht, genügt in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die vorstehenden Erwägungen, wonach ein solcher Verstoß nicht feststellbar ist.

Die Einfügung des neuen § 78 Abs. 1 S. 4 AMG, wonach die Arzneimittelpreisverordnung auch für Arzneimittel gilt, die gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a AMG von einer Versandapotheke in einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraum aus nach Deutschland verbracht werden, hat an der im Beschluss des Gemeinsamen Senats vom 22.08.2012 näher dargestellten Rechtslage ersichtlich nichts geändert. Soweit die Berufung aus einem vermeintlichen Verstoß des deutschen Gesetzgebers gegen die unionsvertragliche Pflicht zur Notifizierung geplanter wettbewerbsverzerrender Vorschriften des nationalen Rechts gemäß Art. 116, 117 Abs. 1 AEUV die auch von der Beklagten geltend zu machende Unwirksamkeit der Gesetzesänderung meint herleiten zu können, geht dies schon deshalb fehl, weil mit der Neufassung keine Rechtsänderung bewirkt, sondern lediglich die bereits bestehende, durch Auslegung feststellbare Rechtslage klargestellt worden ist.

Da diese Rechtslage - wie ausgeführt - mit Art. 34 AEUV wie mit Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG im Einklang steht, war weder die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 78 Abs. 1 S. 4 AMG gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht noch die seiner Vereinbarkeit mit Unionsrecht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorzulegen.

d) Mit ihrer angegriffenen Werbung hat die Beklagte gegen die von ihr nach alledem zu beachtende deutsche Regelung des Apothekenabgabepreises verstoßen.

aa) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur vor, wenn ein Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt, sondern auch, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen; insbesondere eine über einen bestimmten Geldbetrag lautende Gutschrift kann einen entsprechenden Vorteil darstellen (vgl. BGH, GRUR 2010, 1136 = WRP 2010, 1482 [Rn. 17 f.] - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE; GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 [Rn. 13] - RezeptBonus).

bb) Die streitbefangenen "Geldprämien" stellen solche geldwerten Vorteile dar. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung insbesondere gegen die zutreffende Bewertung des Landgerichts, dass es sich bei dem im November neu eingeführten Prämien- und Bonusmodell der Beklagten gerade auch aus Verbrauchersicht um verschleierte wettbewerbswidrige Minderungen des Arzneimittelabgabepreises handelt.

(1) Es kommt insoweit im Ergebnis nicht darauf an, ob Barrabatte bei der Abgabe von Arzneimitteln unabhängig von Wertgrenzen wettbewerblich stets unzulässig sind oder ob nach den für den Verletzungszeitpunkt (vor Neufassung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG mit Gesetz vom 07.08.2013, BGBl. I S. 3108) maßgeblichen, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (vgl. BGH, GRUR 2010, 1136 = WRP 2010, 1482 [Rn. 24] - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE) in Fällen, in denen es sich bei den gewährten Vergünstigungen um geringwertige Kleinigkeiten handelt, ein Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht nicht geeignet ist, den Wettbewerb bzw. die Interessen von Marktteilnehmern in relevanter Weise zu beeinträchtigen. Denn selbst wenn danach der Beklagten in Bezug auf die Werbeaussage "Garantierter Bonus: 1 Euro pro Medikament (bis zu 3 Euro pro Rezept)" kein spürbarer Wettbewerbsverstoߠ (§ 3 Abs. 1 und 2 S. 1 UWG) anzulasten sein mag (vgl. BGH, GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 - RezeptBonus; GRUR 2013, 1262 = WRP 2013, 1590 - Rezept-Prämie), ist jedenfalls die mit der Klage in konkreter Form angegriffene Ankündigung und Gewährung einer Vergütung bis zu 15 € als unzulässige spürbare Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Verbraucher anzusehen.

(2) Dieser der Höhe nach erheblichen, den Kunden entweder im Wege der Verrechnung oder in bar gewährten Vergütung steht - entgegen dem Berufungsvorbringen - keine wirtschaftlich adäquate Gegenleistung gegenüber, die geeignet sein könnte, die Unentgeltlichkeit der Vergünstigung auszuschließen oder ihre Spürbarkeit aufzuheben (vgl. Senat, GRUR-RR 2008, 446 [447] - Allinclusive Testwochen; GRUR-RR 2011, 380 - PTA-Gewinnspiel). Die in ihrer (Internet-) Werbung mitgeteilte Begründung, dass die Prämie den Verbrauchern als Aufwandsentschädigung für die Mitwirkung bei der Qualitätssicherung der Beklagten gewährt werde, ist nach den Umständen des Streitfalles vielmehr als vorgeschoben anzusehen.

Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, kann es bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht überzeugen, dass die Beklagte die ihr nach niederländischem Recht obliegenden Pflichten zur Qualitätssicherung - denen sie nach ihrem eigenen Vorbringen keineswegs erst ab November 2012 nachzukommen hatte - zum Anlass genommen haben will, ihren Kunden statt der bisherigen, an die Rezepteinreichung anknüpfenden Boni nunmehr ungefähr gleich hohe Prämien für ihre Teilnahme an einem nicht sehr genau beschriebenen Arzneimittel-Check anzubieten und zu gewähren. Aus Verbrauchersicht stellt sich die angebliche "Aufwandsentschädigung" vielmehr weiterhin als - wettbewerbsrechtlich unzulässiger - Rabatt beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente dar, der maßgeblich an die Einlösung des Rezepts gekoppelt ist. Zu Recht hat das Landgericht insoweit auf den inneren Widerspruch hingewiesen, dass die Beklagte bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln keine Vergütung für einen Arzneimittelcheck anbietet, obwohl bei diesen frei verkäuflichen, ohne ärztliche Verordnung abzugebenden Medikamenten eher höhere Anforderungen an die Qualitätssicherung der (Versand-) Apotheken und die Beratung der Kunden bestehen. Umgekehrt honoriert die Beklagte bei chronisch Kranken die Einreichung von Folgerezepten trotz geringeren Aufwands des angeblichen Arzneimittelchecks in gleicher Höhe wie die Einreichung des Erstrezepts.

2. Neben dem der Klägerin nach alledem zu Recht zuerkannten Unterlassungsanspruch steht ihr ein Anspruchs auf Erstattung ihrer Abmahnkosten zu, gegen dessen Grund oder die Höhe die Berufung im Übrigen nichts Erhebliches vorgebracht hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Das Urteil betrifft - wie dargestellt - Fragen der tatrichterlichen Anwendung gefestigter Rechtsgrundsätze, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.