FG Nürnberg, Urteil vom 16.07.2013 - 2 K 854/11
Fundstelle
openJur 2014, 4407
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung.

Die Klägerin ist eine mit notarieller Urkunde vom 30.12.1981 gegründete GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung von Kraftfahrzeugen aller Art, der Handel mit Ersatzteilen und Zubehör, der Betrieb einer Autoreparaturwerkstätte, Vermietung und Leasing von Kraftfahrzeugen aller Art sowie alle sonstigen Geschäfte und Tätigkeiten, die mit dem Kraftfahrzeugwesen in Zusammenhang stehen. Gesellschafter der Klägerin waren im Streitjahr 2005 B zu 55 % sowie dessen Töchter C zu 25 % und D zu 20 %. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren B, C und E. Für den kaufmännischen Bereich einschließlich Verkauf war C zuständig.

In der am 27.09.2006 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2005 wies die Klägerin Umsätze zum allgemeinen Steuersatz in Höhe von 5.308.760 €, innergemeinschaftliche Lieferungen in Höhe von 367.420 € und eine selbst errechnete Umsatzsteuer in Höhe von 167.620,22 € aus. Die Steuererklärung stand mit Eingang beim Finanzamt einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168, 164 AO).

Am 10.03.2009 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuernachschau gem. § 27 b UStG statt. Der Prüfer stellte fest, dass für die von der Klägerin mit Rechnung vom 20.05.2005 vorgenommene Veräußerung eines (gebrauchten) Fahrzeugs an die spanische Firma S die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gem. § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a Abs. 1 UStG nicht vorlagen. Er erhöhte daher die steuerpflichtigen Umsätze um 27.500 € (vgl. Aktenvermerk über die Umsatzsteuernachschau vom 11.03.2009, USt-Akte Bl. 12ff). Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte die Umsatzsteuer 2005 mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 01.04.2009 auf 172.233,34 € (+ 4.400 €) fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Hiergegen legte die Klägerin am 20.04.2009 Einspruch ein.

In der Zeit vom 23.03.2010 bis 14.04.2010 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt, die sich auf die Jahre 2005 bis 2008 erstreckte. Der Prüfer stellte das Bestehen einer Organschaft zwischen der Klägerin und der F GmbH & Co. KG fest. Daraufhin änderte das Finanzamt gem. § 164 Abs. 2 AO die Umsatzsteuerfestsetzung und setzte mit Bescheid vom 19.11.2010 die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 0 € herab. Gleichzeitig hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf und erklärte den Einspruch vom 20.04.2009 für erledigt.

Hiergegen hat die Klägerin wiederum Einspruch eingelegt. Eine Begründung erfolgte nicht. Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens stellte das Finanzamt fest, dass die für die Annahme einer Organschaft erforderliche organisatorische Eingliederung nicht vorlag. Mit Einspruchsentscheidung vom 18.05.2011 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer 2005 unter Änderung des Bescheids vom 19.11.2010 wiederum auf 172.233,34 € fest. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Problematik der innergemeinschaftlichen Lieferung ging es in der Einspruchsbegründung nicht ein.

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 2005 vom 01.04.2009, geändert durch Bescheid vom 19.11.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.05.2011 dahin zu ändern, dass Erlöse in Höhe von 31.900 € (brutto) als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt werden.

Zur Begründung trägt sie vor:

Die Klage richte sich ausschließlich gegen die Nichtanerkennung der steuerfreien innergemeinschaftliche Lieferung aufgrund der Veräußerung des PKW an die spanische Firma S. Aus der Einspruchsentscheidung ergebe sich nicht, dass das Finanzamt sich überhaupt mit dieser Frage befasst habe. Zur Vermeidung von Wiederholungen nehme sie auf ihre Schriftsätze vom 13.07.2009 und 08.09.2009 Bezug. Entgegen der Auffassung des Finanzamts sei der Einspruch nicht erledigt, denn mit der Einspruchsentscheidung sei die Umsatzsteuer erneut in der ursprünglichen Höhe festgesetzt worden. Streitig bleibe der Betrag von 4.400 €.

Die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung lägen vor. Die Kontaktaufnahme sei durch einen Spanier erfolgt und Besteller sei ein in Spanien ansässiges Unternehmen gewesen, für das ein Handelsregisterauszug und eine gültige Umsatz-Identifikationsnummer vorlägen. In der an den spanischen Erwerber adressierten Rechnung habe sie darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug nicht als differenzbesteuertes Fahrzeug verkauft werden dürfe und in Spanien der Umsatzbesteuerung unterliege. Der Kaufpreis sei durch den Erwerber aus dem Ausland überwiesen worden. Der Abholer sei ein Bevollmächtigter aus Spanien gewesen. Im Übrigen wäre ein Verbleib des abgemeldeten Fahrzeugs in Deutschland sinnlos gewesen, da eine erneute Zulassung durch das „Abschneiden“ des Fahrzeugbriefs nicht möglich gewesen sei.

Hilfsweise berufe sie sich auf die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG, da sie alle Maßnahmen ergriffen habe, die vernünftigerweise von ihr hätten erwartet werden können, um eine Beteiligung an einer Steuerhinterziehung zu verhindern. Sie weise ausdrücklich darauf hin, dass nach ihren Ermittlungen das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich nach Spanien verbracht worden sei. Ausweislich des Herstellerbestandsystems seien am 21.12.2005 Garantiearbeiten an diesem Fahrzeug in Spanien durchgeführt worden.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor:

Im Streitfall liege ein Versendungsfall vor, da die Beförderung des PKW durch einen selbständigen Beauftragten erfolgt sei. Der Belegnachweis, der der Nachprüfung unterliege, könne im Versendungsfall durch einen CMR-Brief geführt werden. Seien die Belegangaben jedoch unzutreffend oder ergäben sich Zweifel an deren Richtigkeit, sei die Lieferung nur steuerfrei, wenn der Unternehmer diese Zweifel ausräume. Vorliegend weise der CMR-Brief fälschlich die Klägerin als Absender aus, obwohl sie nicht Vertragspartner des Frachtführers gewesen sei. Es lägen auch sonst keine nachprüfbaren Belege vor, die einen Zusammenhang zwischen dem Erwerber, der Firma S und dem Spediteur, Firma T, erkennen ließen. Es sei daher auch möglich, dass die Firma T der tatsächliche Warenempfänger gewesen sei. Dies lasse sich erst ausschließen, wenn eine Empfangsbestätigung vorliege. Es fehle auch der Nachweis, dass das veräußerte Fahrzeug tatsächlich in das EU-Ausland zum Abnehmer gelangt sei. Die Klägerin trage das Risiko einer nicht geglückten Aufklärung einer als zweifelhaft erscheinenden Beförderung zum Bestimmungsort oder einer zweifelhaften Bevollmächtigung eines Abnahmebeauftragten. Die Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes gem. § 6a Abs. 4 UStG lägen ebenfalls nicht vor, weil die Klägerin ihren Nachweispflichten gem. §§ 17a ff UStDV nicht vollständig nachgekommen sei.

Soweit die Klägerin vortrage, dass an dem Fahrzeug Garantiearbeiten in Spanien durchgeführt worden seien, lasse sich hieraus nicht ableiten, dass die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorlägen. Denn das veräußerte Kfz müsse nicht aufgrund der hier streitigen Lieferung zwischen der Klägerin und der Firma S nach Spanien gelangt sein. Das Verbringen von Fahrzeugen in das EU-Ausland, ohne Offenlegung der tatsächlich zugrunde liegenden umsatzsteuerlichen Lieferung und damit des wirklichen Abnehmers, erfülle nicht den Tatbestand einer innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. § 6a Abs. 1 UStG.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg, weil die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a UStG nicht vorliegen.

1. Die Klage ist zulässig, weil ein Vorverfahren durchgeführt worden ist, das mit der Einspruchsentscheidung vom 18.05.2011 abgeschlossen wurde (§ 44 Abs. 1 FGO). Die Klage führt nicht bereits deswegen zum Erfolg, weil das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung keine Stellung zu der innergemeinschaftlichen Lieferung genommen hat. Zwar ist gem. § 366 AO die Einspruchsentscheidung zu begründen. Hat sich das Finanzamt mit einem Teil des Einspruchsbegehrens nicht auseinandergesetzt, liegt ein Verfahrensfehler vor, der zur (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Einspruchsentscheidung führen kann. Nach § 127 AO kann der Steuerpflichtige aber nicht die Aufhebung der unter Verletzung der Vorschriften des Verfahrens zustande gekommenen Einspruchsentscheidung beanspruchen, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können (BFH-Beschluss vom 29.02.1996 X B 303/95, BFH/NV 1996, 606). Im Streitfall hätte in der Sache nicht anders entschieden werden können, weil die Klägerin die Voraussetzungen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen hat.

2. Gem. §§ 4 Nr. 1b i.V.m. 6a Abs. 1 Satz 1 UStG ist eine innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei, wenn der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet, der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Die Voraussetzungen der Steuerfreiheit sind vom Unternehmer gem. § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17a ff. UStDV beleg- und buchmäßig nachzuweisen. Kommt der Unternehmer den Nachweispflichten nicht oder nur unvollständig nach, erweisen sich die Nachweisangaben bei einer Überprüfung als unzutreffend oder bestehen zumindest berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Angaben, die der Unternehmer nicht ausräumt, ist von der Steuerpflicht der Lieferung auszugehen. Trotz derartiger Mängel ist die Lieferung aber steuerfrei, wenn objektiv zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllt sind, es sei denn, der Verstoß gegen die Nachweispflichten (die formellen Anforderungen) verhinderte den sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen der Steuerfreiheit erfüllt werden (EuGH-Urteil vom 27.09.2007 C-146/05 Collee in Slg. 2007, I-7861, BFH-Urteile vom 06.12.2007 V R 59/03, BStBl II 2009, 57 und vom 12.05.2009 V R 65/06, BStBl II 2010, 511). Wie der Unternehmer den Beleg- und Buchnachweis im Einzelnen zu führen hat, bestimmt sich danach, ob ein Versendungs- oder ein Beförderungsfall vorliegt.

Die Abholung durch einen selbständigen dritten Unternehmer (Spediteur), der nicht in das Unternehmen des Abnehmers eingegliedert ist und somit als selbständig Beauftragter handelt, führt zu einem Versendungsfall. Gem. § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 UStDV soll der Unternehmer in den Fällen, in denen der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, den Nachweis hierüber durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes) und durch einen Versendungsbeleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV, insbesondere durch einen Frachtbrief führen. Ein CMR-Frachtbrief ist umsatzsteuerlich als Versendungsbeleg i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV anzuerkennen, wenn er die in § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV bezeichneten Angaben enthält (BFH-Urteil vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011, 1448).

3. Das Finanzamt hat zutreffend die Steuerfreiheit für die Lieferung an die Firma S versagt, weil die Klägerin den ihr obliegenden Buch- und Belegnachweis nicht ordnungsgemäß geführt hat.

Der von der Klägerin vorgelegte CMR-Brief vom 03.06.2005 erfüllt die in § 10 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStDV genannten Erfordernisse nicht, insbesondere ergibt sich hieraus nicht, wer den Transport in Auftrag gegeben hat und wer Empfänger der Lieferung war. Der Versendungsbeleg soll gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2b UStDV Auskunft geben über Name und Anschrift des Unternehmers sowie des Auftraggebers, wenn dieser nicht der Unternehmer ist. Gem. Art. 6 Abs. 1 Nr. 1b des CMR-Übereinkommens (BGBl II 1961, 1119 in der Fassung des Protokolls vom 05.07.1978, BGBl II 1980, 721) muss ein CMR-Frachtbrief den Namen und die Anschrift des Absenders enthalten; es handelt sich dabei um konstitutive Frachtbriefangaben. Unter „Absender" ist der Vertragspartner des Frachtführers zu verstehen (BGH-Urteil vom 27.04.2006 I ZR 162/03, TranspR 2006, 361; Urteil des FG München vom 09.11.2011 3 K 2748/09, EFG 2012, 886). In dem vorgelegten CMR-Frachtbrief ist als Absender in Feld 1 fälschlich nur die Klägerin und in Feld 22 (wohl) die Unterschrift des Mitarbeiters der Klägerin enthalten, obwohl die Klägerin nach eigenem Vortrag den Spediteur nicht beauftragt hat und damit nicht dessen Vertragspartner war. Der dem Belegnachweis dienende CMR-Frachtbrief ist inhaltlich jedenfalls falsch, wenn sich der liefernde Unternehmer als Vertragspartner des Frachtführers ausgibt (Urteil des FG München vom 09.11.2011 3 K 2748/09, EFG 2012, 886). Das Fehlen der Unterschrift des Absenders in Feld 22 ist demgegenüber ebenso wie die fehlende Unterschrift des Empfängers in Feld 24 umsatzsteuerlich unerheblich (vgl. BFH-Urteile vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011, 1448 und vom 14.12.2011 XI R 32/09, BFH/NV 2012, 1004).

Von besonderer Bedeutung für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung ist aufgrund der personenbezogenen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b sowie Nr. 3 UStG außerdem der Nachweis, wer der wirkliche Abnehmer der Lieferungen ist. „Somit setzt die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraus, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers ("Erwerbers") dieser Lieferung bekannt ist, da sonst das Ziel, Steuereinnahmen dadurch auf den Bestimmungsmitgliedstaat zu verlagern, dass der Erwerber der innergemeinschaftlichen Lieferung in diesem Mitgliedstaat Steuerschuldner ist, nicht erreicht werden kann“ (BFH-Urteil vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011 m.w.N.). Erforderlich sind daher (zutreffende) Angaben zur Person des Erwerbers (Abnehmers) mit Namen und Anschrift in Feld 2 des CMR-Briefs.

Nach den Feststellungen der spanischen Behörden bestehen Zweifel an der Existenz der Firma S (vgl. Aktenvermerk über die Umsatzsteuernachschau vom 11.03.2009 USt-Akte 2005, Bl. 13 und spanisches Auskunftsersuchen vom 23.11.2006). Zudem ergeben sich auch aus den Unterlagen des Umsatzsteuerprüfers berechtigte Zweifel, wer Empfänger der Lieferung ist. In der Handakte des Umsatzsteuerprüfers findet sich ein Telefax vom 02.06.2005 der Spedition T, wonach der – laut CMR-Brief von der Klägerin verkaufte - Pkw bei einer Firma Z in München abgeholt werden soll. Als Käufer für dieses Fahrzeug wird die Firma S Spanien und als Ort der Ablieferung die Firma U Spanien, genannt. Ein weiteres Telefax vom 01.06.2005 der Spedition T bezeichnet als Ort der Auslieferung des Fahrzeugs (Direccion para dejar el coche in Munich) die Firma Z in München. Die hier vorliegenden Widersprüche konnten nicht aufgeklärt werden, die Firma Z in München war der Klägerin nicht bekannt.

4. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass objektiv zweifelsfrei feststehe, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorlägen. Dies kann der Fall sein, wenn eine zeitnahe Registrierung bzw. Zulassung der PKW im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Lieferungen auf die Abnehmer im EU-Ausland vorliegt (BFH-Urteile vom 14.12.2011 XI R 32/09, BFH/NV 2012, 1004, vom 14.11.2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596). Welcher Zeitraum als zeitnahe Zulassung bzw. Fahrzeugregistrierung zu qualifizieren ist, ist unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu klären (BFH-Beschluss vom 09.03.2012 V S 21/11, BFH/NV 2012, 1191). Als zeitnah kann wohl ein Zeitraum von ein bis zwei Monaten, in Ausnahmefällen bis vier Monaten nach Lieferung angesehen werden (vgl. Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 28.06.2012 6 K 2615/09 juris). Soweit die Klägerin vorträgt, dass an dem gelieferten Fahrzeug am 21.12.2005 in Spanien Garantiearbeiten durchgeführt worden seien, fehlt es sechs Monate nach der Lieferung bereits an dem Aspekt der Zeitnähe. Außerdem kann die Klägerin nicht die Zulassung auf den Abnehmer nachweisen. Entscheidend ist aber, ob der Unternehmer das betreffende Kfz an einen zur Erwerbsbesteuerung verpflichteten anderen Unternehmer geliefert hat und einer von beiden den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (BFH-Urteil vom 14.12.2011 XI R 32/09, BFH/NV 2012, 1004). Der Person des Abnehmers und seiner Identität kommt für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung entscheidende Bedeutung zu, da innergemeinschaftliche Lieferung und innergemeinschaftlicher Erwerb "ein und derselbe wirtschaftliche Vorgang" und dabei Teil eines "innergemeinschaftlichen Umsatzes" sind, der bezweckt, die "Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt" (EuGH-Urteil vom 27.09.2007 C-409/04 Teleos in Slg. 2007, I-7797). Diese Verlagerung erfolgt auf denjenigen, der den innergemeinschaftlichen Erwerb bewirkt, und damit auf den Abnehmer der Lieferung als sog. Erwerber (BFH-Urteil vom 17.02.2011 V R 28/10, BFH/NV 2011, 1448). Im Streitfall bestehen aufgrund der Umstände des Transports Zweifel, wem tatsächlich Verfügungsmacht verschafft wurde. Diese Zweifel konnte die Klägerin nicht beseitigen.

5. Die Lieferung ist auch nicht gem. § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes steuerfrei.

Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. Entsprechend der EuGH-Rechtsprechung sind die zuständigen Behörden des Liefermitgliedstaats nicht befugt, einen gutgläubigen Lieferanten, der Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Gegenständen belegen, zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf diese Gegenstände zu entrichten, wenn die Beweise sich als falsch herausstellen, jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war, soweit er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH-Urteil Teleos in Slg. 2007, I-7797 und BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 46/10, BStBl II 2011, 957).

Die Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG kommt jedoch nur in Betracht, wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten ihrer Art nach erfüllt hat. Erforderlich ist insbesondere die formelle Vollständigkeit, nicht aber auch die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt. Die Frage, ob der Unternehmer die Unrichtigkeit der Angaben des Abnehmers auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte, stellt sich danach erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten nach §§ 17a ff UStDV vollständig nachgekommen ist (BFH-Urteil vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81).

Im Streitfall greift der Vertrauensschutz gem. § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG nicht, weil der Belegnachweis der Klägerin formell unvollständig ist. Der CMR-Brief enthält in Feld 1 ausschließlich den Namen der Klägerin, obwohl sie unstreitig nicht Vertragspartner des Frachtführers und damit nicht „Absender“ im Sinne des Frachtbriefrechts war. Feld 22 enthält keinen Stempel des Absenders, sondern lediglich eine unleserliche Unterschrift, die die Klägerin nicht zuordnen konnte. Als Empfänger in Feld 2 ist S 2004 (statt 04) mit Angabe der Straße, aber ohne Städte- oder Länderbezeichnung, und als Auslieferungsort ist in Feld 3 Madrid genannt, ohne weitere Konkretisierung. Statt der geforderten Angaben in Feld 4 zu Ort und Zeit der Warenabholung ist fälschlich Spanien eingetragen. Mit einem derart unvollständig und falsch ausgefüllten CMR-Brief kann der Belegnachweis nicht geführt werden. Die Klägerin hat damit nicht alle ihr zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine objektive Beteiligung an einer Steuerhinterziehung auszuschließen, ohne dass es dabei darauf ankommt, ob ihr ein subjektiver Vorwurf zu machen ist. Dass der Klägerin eine qualifizierte Bestätigungsabfrage zur USt-IdNr. des Abnehmers vorlag, ersetzt den fehlenden Belegnachweis nicht (BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 46/10, BStBl II 2011, 957).

Die zur Steuerpflicht führende Bösgläubigkeit kann sich im Übrigen auch aus Umständen außerhalb der Beleg- und Buchangaben ergeben (BFH-Urteil vom 25.04.2013 V R 28/11, BFH/NV 2013, 1359). Im Streitfall wurde der geschäftliche Kontakt über die Firma Y angebahnt und abgewickelt. Zudem tauchen in den Faxen des Spediteurs T vom 01.06.2005 und 02.06.2005 fremde Namen auf, wonach das verkaufte Fahrzeug bei einer Firma Z in München abgeholt und zu einer Firma U in Spanien transportiert werden soll. Aufgrund dieser Umstände hätte die Klägerin Anlass zu Zweifeln am Vorliegen einer Geschäftsbeziehung mit der als Käufer auftretenden spanischen Firma haben können.

Die Klage konnte danach keinen Erfolg haben.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da zu klären ist, inwieweit fehlerhafte Angaben in Feld 1 des CMR-Briefs zur Unvollständigkeit des Belegnachweises mit der Folge der Versagung der Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.